Protocol of the Session on June 10, 2009

von der GAL-Fraktion:

Verkehr unter Strom setzen – Hamburg Modellregion für Elektromobilität

und von der Fraktion DIE LINKE:

Erzieherinnen brauchen Rechtsanspruch auf Gesundheitsförderung – Was fehlt, sind die räumlichen, sachlichen und personellen Voraussetzungen für gute Erziehung und Bildung

Ich rufe nun das erste Thema auf. Wird das Wort gewünscht? – Herr Heintze, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hamburg hat Europa gewählt und Hamburg hat Glück gehabt.

(Ingo Egloff SPD: Ihr habt Glück gehabt! – Gegenruf von Frank Schira CDU: Wir alle!)

Wir können drei Abgeordneten aus Hamburg gratulieren, dass sie in das Europäische Parlament eingezogen sind. Das sollten wir an dieser Stelle auch tun.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Dennoch war es knapp. Das lag nicht unbedingt am Wählerwillen – der ist aus Sicht von CDU und GAL bestens repräsentiert, für die Kollegen der SPD wage ich da nicht zu sprechen –, sondern an der Wahlbeteiligung. Vielleicht sollte das Thema Wahlbeteiligung einmal außerhalb der Fragestellung betrachtet werden, welche Partei welches Ergebnis gut findet, schlecht findet, schön redet, schlecht redet, sondern vielmehr einer übergreifenden Betrachtung unterzogen werden. Hier ist aus unserer Sicht das Parlament gefragt, deswegen haben wir das Thema zur Aktuellen Stunde angemeldet. In puncto Wahlbeteiligung bilden wir mit dem neuen Tiefpunkt von 34,7 Prozent weiterhin das Schlusslicht, nur Brandenburg liegt noch ein Stück hinter uns, was uns nicht unbedingt glücklich stimmt. Was uns zumindest für Hamburg glücklich stimmen kann, ist die Tatsache, dass wir die Rechtsradikalen in Deutschland rausgehalten und diese auch keinen Zuwachs zu verzeichnen haben.

(Beifall bei der CDU und der GAL und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

Das ist allerdings bei niedrigen Wahlbeteiligungen nicht selbstverständlich und hätte auch ganz anders ausgehen können. Jetzt stellt sich die Frage, wie wir mit dieser schlechten Wahlbeteiligung in Hamburg umgehen beziehungsweise was wir tun müssen, um die hier häufig debattierten Vorteile, die gerade Hamburg von Europa hat, für die Hamburger stärker sichtbar zu machen. Ich erinnere mich an eine recht spannende Diskussion, die ich gemeinsam mit den Kollegen Klooß und Waldowsky im Debattierklub der Uni Hamburg geführt habe. Es ging um das Thema, das EU-Parlament abzuschaffen, weil es unsinnig ist; dagegen argumentierten Waldowsky, Heintze und Klooß. Nun könnte man denken, dass das ja ganz einfach ist; mitnichten. Dort kamen sehr viele Probleme zur Sprache, die gerade junge Menschen in Hamburg damit haben, Europa zu verstehen. Ich glaube, aus dieser Veranstaltung können wir einiges lernen, was wir hier gemeinsam bewegen können. Unser Engagement sollte sich zukünftig nicht mehr nur auf die Europawahlen und den Wahlkampf beschränken, sondern wir, die CDU und auch die Grünen, würden uns wünschen, dass das Thema Europa wesentlich stärker hier im Hause behandelt wird und wir viel öfter klarmachen, was eigentlich europäische Entscheidungen für Hamburg bedeuten.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das ist Ziel der CDU. Wir haben in der letzten Woche im Landesausschuss der Union einen entsprechenden Leitantrag beschlossen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Da war doch nur die Hälfte da! Machen Sie doch mal nicht so dicke Backen!)

um Europa nach Hamburg zu bringen und für die nächsten fünf Jahre eine Handlungsguideline zu haben.

Worum geht es im Kern? Im Kern geht es aus unserer Sicht darum, dass wir Europa in Hamburg stärker erlebbar machen müssen. Dass das geht, zeigt eine Große Anfrage der SPD, wo über 43 Seiten in der Drucksache 19/2798 dargelegt wird, was denn alles in Hamburg passiert. Das nimmt nur keiner wahr. Von daher wollen CDU und Grüne eine Zäsur und gemeinsam mit allen Parteien hier im Hause zusehen, wie wir Europa in den nächsten fünf Jahren deutlich stärker in die Köpfe der Hamburger bekommen.

Dazu bietet unserer Meinung nach Lissabon mit dem Thema Subsidiaritätskontrolle eine Chance. Wir haben hier die Möglichkeit, gezielt zu überlegen, welche Entscheidung für Hamburg gut ist, was sie für Hamburg bedeutet und ob sie nach Brüssel oder nach Hamburg gehört. In den nächsten Wochen und Monaten müssen wir uns gemeinsam intensiv Gedanken darüber machen, wie wir uns als Hamburger Parlament aufstellen, wie wir die Landesregierung, den Senat, einbinden, und wie wir an dieser Stelle Europa in Hamburg ein großes Stück erlebbarer machen, als es bisher der Fall ist. Wir, die CDU und die Grünen, werden daran arbeiten und würden uns freuen, wenn Sie an dieser Stelle mitarbeiten und deutlich intensiver diskutieren, als wir es bisher getan haben. Wir verstehen dieses Wahlergebnis als deutlichen Aufruf, dass wir gemeinsam stärker am Thema arbeiten müssen. Ich möchte alle Parteien einladen, sich daran zu beteiligen.

(Beifall bei der CDU und der GAL – Michael Neumann SPD: Danke, vielen Dank!)

CDU und Grüne in Hamburg sehen in den europapolitischen Arbeitsleitlinien des Senats, die uns im Europaausschuss in der nächsten Woche noch einmal beschäftigen werden, gute Ansatzpunkte. Es sind im Wesentlichen drei, die eine gute Chance dafür bieten, Europa in Hamburg sichtbarer zu machen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wo ist eigentlich der Europa-Staatsrat!)

und zwar in der Schule – dafür gibt es ein entsprechendes Gutachten, das wir umsetzen wollen –, dann mit der Internationalisierung der Universität und drittens mit den europäischen Projekten in der Stadt, die wir deutlich sichtbarer machen und wer

den. Und das wollen wir gemeinsam tun. – Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Frank.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch von meiner Seite herzlichen Glückwünsch allen drei neuen Europa-Abgeordneten aus Hamburg und viel Glück bei ihrer Arbeit auch für Hamburg.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Es wiederholt sich, meine Damen und Herren von der CDU – ich muss das noch einmal sagen und werde es auch beim nächsten Mal sagen, wenn ich den Eindruck habe, dass das so ist – , dass Sie sich seit geraumer Zeit nicht mehr trauen, die Themen in Hamburg auf die Tagesordnung zu setzen, die die Menschen wirklich bewegen.

(Viviane Spethmann CDU: Ach, das wissen Sie!)

Sie haben immer zwei Alternativen, die als Ersatz herhalten müssen: entweder China oder Europa. Heute ist es Europa, beim nächsten Mal wird es dann wieder China sein.

(Beifall bei der SPD)

Was verlangen Sie eigentlich von den Menschen in dieser Stadt, wenn Sie selbst das wichtige Thema Europa ständig zu einem Verlegenheitsthema machen? Das ist kein akzeptabler Umgang mit diesem so wichtigen Thema.

(Beifall bei der SPD und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Sie haben die Themen Freiheit, Sicherheit, Wohlstand auf die Tagesordnung gesetzt. Auch das habe ich schon einmal gesagt: Wenn zu Ihrer Programmatik keine Sozialunion gehört – diese abstruse Presseerklärung Ihrer Spitzenkandidatin haben wir ja gelesen –, wenn zu Ihrer Programmatik also kein soziales Europa gehört – davon steht jedenfalls nichts in Ihrem Titel –,

(Frank Schira CDU: Der Wahlkampf ist vor- bei!)

das sich vorrangig um die soziale Lebenssituation der Menschen kümmert, dann dürfen Sie sich auch an dieser Stelle, meine Damen und Herren von der CDU, über nichts mehr wundern. Die Menschen wollen in erster Linie ein soziales Europa und das wollen wir Sozialdemokraten auch.

(Beifall bei der SPD und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

Drei Tage nach der Wahl – und das auch noch in fünf Minuten und besetzt mit zwei Rednern – der

(Roland Heintze)

Frage nach den Ursachen für die wiederum so niedrige Wahlbeteiligung im Bund und die so katastrophale in Hamburg nachzugehen, ist doch absurd. Ich plädiere dafür, Herr Heintze, und spreche auch den Vorsitzenden des Europaausschusses an, uns mit diesem so wichtigen Thema ausführlich im Europaausschuss zu beschäftigen. Wir sollten dazu auch Experten einladen, die vielleicht wichtige Hinweise, insbesondere auch für Hamburg, geben könnten. Das könnten wir in der nächsten Woche einvernehmlich beschließen.

(Frank Schira CDU: Sehr gut!)

Dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen müssen, ist keine Frage, aber nicht hier in fünf Minuten in der Aktuellen Stunde, nur weil Sie andere Themen nicht ansprechen wollen.

Ich möchte an dieser Stelle nur einige Fragen aufwerfen. Hat der Senat den Menschen in Hamburg ausreichend dargestellt, wie eng unsere Stadt mit der europäischen Politik verbunden ist? Ist die Öffentlichkeitsarbeit des Senats für Europa richtig angelegt oder gibt es dabei Defizite? Ist die Hamburger Politik europaorientiert genug? Braucht Hamburg einen Europasenator, der das Thema vielleicht wirkungsvoller anpacken kann als Staatsräte, die mit mehr oder weniger Begeisterung arbeiten oder auch nur verwalten?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Nicht mal der Europa-Staatsrat ist da! – Michael Neumann SPD: Abgehalfterte Versorgungsplätze schaffen Sie!)

Braucht die Bürgerschaft stärkere Informationsund Mitwirkungsrechte, um Europa wirksamer darstellen zu können?

Die Werbekampagne der Bürgerschaft wurde von vielen sehr kritisch gesehen, als zu spät, falsch angelegt oder auch wirkungslos. Wie ist sie zu bewerten, was lässt sich in Zukunft anders machen? Muss Europa stärker personalisiert sein, stärker mit Gesichtern verbunden werden? Brauchen wir zum Beispiel eine Direktwahl des Präsidenten der Europäischen Kommission? Brauchen wir eine europäische Regierung? Und letzte Frage: Warum orientieren sich über 60 Prozent der Wählerinnen und Wähler bei ihrer Entscheidung oder auch Nichtteilnahme an der Innenpolitik und nicht an der Europapolitik? Wie auch immer die Antworten auf diese und andere Fragen ausfallen mögen, aus meiner Sicht wird sich nur dann etwas wesentlich ändern, wenn es mit welchen Maßnahmen, Methoden und Inhalten auch immer gelingt, Europa emotional in die Herzen der Menschen zu tragen, in die Herzen insbesondere auch der jungen Generation

(Beifall bei der SPD)

In der Serie "Gute Zeiten – Schlechte Zeiten" ist das lösbar, in der Politik aber eine äußerst schwierige Aufgabe. Wir müssen uns in der Tat ernsthaft

mit diesem Thema beschäftigen und sollten im Europaauschuss damit beginnen. – Schönen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Waldowsky.