Protocol of the Session on May 13, 2009

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Ausbau der Öffentlich Privaten Partnerschaften? – Drs 19/2714 –]

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Zwischenbericht Modell Hamburg Süd – Drs 19/2930 (Neufassung) –]

Die Drucksache 19/2714 möchte die Fraktion DIE LINKE an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen. Die GAL-Fraktion möchte die Drucksache 19/2930 an den Schulausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Bischoff, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte am Schluss dieses Tages noch Ihre Aufmerksamkeit auf ein Problem lenken.

(Olaf Ohlsen CDU: Das ist nicht einfach!)

Das ist nicht einfach.

Dass Sie die Drucksache vielleicht nicht so wichtig finden, das kann ich noch akzeptieren. Aber was ist das Problem?

(Zuruf von Olaf Ohlsen CDU)

Was ist das Problem, Herr Ohlsen? Wir haben nicht nur in der Republik, sondern auch in Hamburg mit wachsender Tendenz eine Entwicklung hin zu PPP- und ÖPP-Projekten.

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Wir könnten den Bogen schließen zum Anfang der heutigen Debatte, der Hintergrund sind natürlich die begrenzten Investitionsmittel. Gerade für Kommunen ist in der nächsten Zeit ein möglicher Ausweg, auf PPP- oder ÖPP-Projekte zurückzugreifen. Sie können das gerne noch einmal in einem Antrag der Großen Koalition nachlesen, der dem Deutschen Bundestag vorliegt, nach dem ausdrücklich darauf hingearbeitet werden soll, diesen Anteil der PPP- und ÖPP-Projekte weiter zu steigern. Während dieser bislang bei den Investitionen im öffentlichen Bereich 4 Prozent beträgt, möchte man ihn gerne auf 15 Prozent anheben.

Jetzt können Sie fragen, was man dagegen einzuwenden hat, das wäre doch ein möglicher Ausweg. Die Anfrage, die auf eine Diskussion zurückgeht, die wir insgesamt haben, ist eben, ob dieses einfache Urteil, ein PPP- oder ÖPP-Projekt sei per se wirtschaftlicher und man hätte damit einen Effizi

enzvorteil von 15 Prozent, so aufrechtzuerhalten ist. Das ist keine Diskussion, in der DIE LINKE sagen würde, sie hätte große Zweifel, sondern aus unserer Sicht ist die Mehrheit der Landesrechnungshöfe, die sich dieses Verfahren angeschaut haben, der Meinung, dass dieser Nachweis des Effizienzvorteils nicht gegeben ist.

Sonst könnte man auch noch relativ locker sein, es handelt sich zwar um etliche Milliarden, aber diese werden über 25 bis 30 Jahre festgelegt, das heißt, es ist schon eine erhebliche Festlegung, die wir im kommunalen Bereich haben. Deswegen müssten solche Projekte mit besonderer Aufmerksamkeit angesehen werden und es gibt erhebliche Zweifel, ob diese Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Der Antrag der Großen Koalition in Berlin will selber in dieses Verfahren des Wirtschaftlichkeitsvergleichs eingreifen und Verbesserungen für ÖPP-Projekte herstellen, beispielsweise bei der Umsatzsteuerregelung und -anrechnung.

Darauf will ich aber gar nicht weiter eingehen, sondern ich möchte Sie bitten, sich noch einmal zu vergegenwärtigen, was der Rechnungshof in Hamburg uns und dem Senat ins Stammbuch geschrieben hat. Es ist eindeutig festgelegt worden – die CDU hat dieses Projekt auch mit der Veränderung der Landeshaushaltsordnung auf den Weg gebracht –, dass bei ÖPP-Projekten und bei einschlägigen großen Investitionsvorhaben ein genauer Wirtschaftlichkeitsvergleich vorgelegt werden muss und es auf dieser Grundlage möglich sein muss, dass sich die Bürgerschaft und die Ausschüsse hierzu ein kritisches Urteil bilden.

(Vizepräsident Wolfgang Joithe-von Krosigk übernimmt den Vorsitz.)

Nach Ansicht des Landesrechnungshofs, die ich teile, ist das bei einer Reihe von Projekten nicht gegeben und es ist jeweils aus der Auswertung, sei es die Katharinenschule, sei es die Grundschule Chemnitzstraße oder das Projekt Hamburg Süd, ich sage das einmal ganz zurückhaltend, vom Landesrechnungshof nachgewiesen oder moniert worden, dass die Vorgaben, die strikt einzuhalten sind, nicht eingehalten worden sind. Ich hoffe, das ist jedenfalls das eigentliche Begehr, das wir mit der Überweisung an den Ausschuss haben, dass wir das noch einmal prüfen und auch gemeinsam dem Senat auf den Weg geben können – ich bin ordnungspolitisch dagegen –, wenn schon solche Projekte gemacht werden, dann aber bitte die Vorgaben einzuhalten und sich an die Kleiderordnung und an die Rechtsordnung zu halten, damit die Bürgerschaft und die Ausschüsse wirklich die Wirtschaftlichkeit nachvollziehen können. Das ist in Ihrem eigenen Interesse, denn dann würde unsere Kritik, wenn Sie das jeweils tun, vielleicht hinfällig oder ihr der Boden entzogen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden)

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr von Frankenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beim Modell Hamburg Süd, auf das Sie Bezug genommen haben, geht es um 32 Schulen, die hinsichtlich der Sanierung an die SAGA GWG übertragen worden sind. Das ist eine wichtige Entscheidung, zum einen wegen der langen Bindung, aber auch durchaus von der Investitionssumme her. Insofern haben wir uns das seinerzeit gründlich überlegt und die Rückmeldungen, die bisher eingehen und die wir zur Kenntnis genommen haben, sind eigentlich recht positiv. Das heißt, es gelingt in kurzer Zeit, dort gut voranzukommen, und die notwendigen Sanierungen laufen gut an. Es ist durchaus schon eine positive Rückmeldung und auch eine Entlastung der Schulen, dass sie von der äußeren Bauverwaltung entlastet sind.

Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass, was die Zukunft angeht – wir haben es hier auch schon debattiert –, die Sanierungsoffensive mit einem Sondervermögen Schule mit einem Sanierungsbedarf von 3 Milliarden Euro, den wir erwarten, das Ziel sein wird, sodass wir diesen Weg gehen werden. Mittlerweile gibt es auch eine Wirtschaftlichkeitsüberprüfung durch ein externes Beratungsunternehmen, bei der die Wirtschaftlichkeit einschließlich der Hinweise des Rechnungshofs geprüft worden ist. Und was dabei herausgekommen ist, spricht dafür, dass es sich um ein besonders wirtschaftliches Modell handelt.

Es ist richtig, was Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben, dass wir im Ausschuss vereinbart haben, darüber noch einmal sprechen zu wollen. Daher wäre mein Vorschlag, dass wir Ihre Anfrage heute erst einmal zur Kenntnis nehmen – ich denke, das reicht auch –, aber den Antrag gerne überweisen können.

Dass Sie sich nicht ausreichend informiert fühlen, kann ich nachvollziehen, wobei Sie den Bericht auch so bekommen hätten; dazu hätten Sie keinen Antrag stellen müssen. Heute in der Aktuellen Stunde hat Frau Heyenn sich beschwert und meinte, die Schulen geben das Geld nicht schnell genug aus und das Konjunkturprogramm würde nicht schnell genug umgesetzt. Auf der anderen Seite wurde in der Behörde in den letzten Wochen mit Hochdruck daran gearbeitet, vernünftige Vorschläge zu machen. Mittlerweile läuft die Sanierung an, die Gelder für die Sanierung sind freigegeben und ich gehe davon aus, dass das dazu geführt hat, dass das nicht das Schwerpunktthema ist. Aber den Bericht als solches, die Informationen, sollen Sie bekommen. Die hätten Sie auch so bekommen

können, aber als vertrauensbildende Maßnahme überweisen wir den Antrag und dann bekommen Sie auch den Bericht.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Rugbarth.

(Olaf Ohlsen CDU: Genauso kurz!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der LINKEN zu den ÖPPs gibt uns die schöne Gelegenheit, einmal über Grundsätzliches zu streiten, nämlich über die Frage, ob wir vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise immer so weitermachen wollen mit den angeblich so modernen Modellen des Wirtschaftens. Ich meine, dass einiges dafür spricht, an diesem Punkt einmal innezuhalten. Wir sollten uns über unsere politischen, wirtschaftlichen und auch über unsere ethischen Grundsätze einmal verständigen und klar werden.

Aus politischer Sicht sollten wir uns nämlich das Heft des Handelns nicht von Banken und der Privatwirtschaft aus der Hand nehmen lassen. Die Mode der PPPs oder ÖPPs ist erst einige Jahre alt und dennoch gibt es eine Vielzahl von kritischen Anmerkungen dazu. Der Präsident des Hamburger Rechnungshofs, Herr Dr. Meyer-Abich, hat sich auf der Pressekonferenz bei der Vorstellung des Jahresberichts des Rechnungshofs 2009 noch relativ zurückhaltend geäußert, als er sagte:

"Für die Stadt und damit auch für uns ist die Wirtschaftlichkeit derartiger Projekte von besonderer Bedeutung. Wenn der Staat sich konventionell finanzierte Projekte nicht leisten kann, so ist auch eine alternative Finanzierung in öffentlich-privater Partnerschaft kein Allheilmittel. Nur nachgewiesene und haushaltswirksame Effizienzgewinne können zur Haushaltsentlastung beitragen."

Genau dort liegt der Hase im Pfeffer, nachgewiesen müssen sie sein. Die Konstrukte der PPP-Projekte sind nämlich eine Reaktion auf das klassische Argument, dass der Staat wieder einmal kein Geld habe und deshalb alternative kreative Lösungen hermüssten.

(Olaf Ohlsen CDU: Natürlich, das ist doch in Ordnung!)

Haben uns aber nicht gerade diese einfallsreichen kreativen Finanzierungskniffe von Banken in die derzeitige Finanz- und Wirtschaftskrise gebracht?

(Beifall bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Letztlich bedeuten die PPP-Modelle nur eine Verschiebung von staatlichen Aufgaben auf Private, nur eine Verschiebung der aufgenommenen Kredi

(Dr. Joachim Bischoff)

te in Schattenhaushalte, weil die Privaten es auch mit Krediten finanzieren.

Der nächste Punkt ist, dass zumindest von Ideologen dieses angeblich modernen Modells immer behauptet wird, dass dies per se wirtschaftlicher sei als das staatliche Handeln in Eigenregie. Diese Argumentation steht in eklatantem Widerspruch zu den Drucksachen mit den Erfolgen bei der Verwaltungsmodernisierung, die wir immer erhalten und die es sicherlich auch gibt, denn PPP ist nur effizienter, wenn die öffentliche Eigenerledigung ineffizient organisiert ist, und dagegen können wir schließlich etwas tun. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit von PPP und ÖPP habe ich meine Zweifel hinsichtlich der Qualität der herangezogenen Modellrechnungen. So ähnlich zweifelhafte Rechnereien gab es schließlich zur Begründung dafür, dass man öffentliches Eigentum verkauft, weil es zu teuer sei, es selbst zu halten; Asklepios lässt grüßen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich habe auch Zweifel hinsichtlich eines normalen Logikproblems. Es ist doch klar, dass die an solchen Projekten Beteiligten, die Baufirmen, die Banken und so weiter, Gewinn machen wollen. Ansonsten würde PPP die Gesetze des freien Marktes außer Kraft setzen. Sie müssen sogar Gewinn machen, damit es überhaupt einen Sinn hat. An dieser Stelle ist klar, private Partner zahlen höhere Zinsen am Kreditmarkt, können sich nicht so gut refinanzieren, wie das Kommunen können. Also ist doch sehr stark anzuzweifeln, ob das wirklich immer die billigere Lösung für die Kommune ist.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Selbst nach den Aussagen der Befürworter von PPP und ÖPP werden die angenommenen Finanzierungskosten für solche Projekte zukünftig noch viel höher liegen. Eine Folge der Finanzkrise. Damit schmelzen dann die bislang nur angenommenen Kostenersparnisse für die öffentliche Hand weiter zusammen.

Der Effizienzgewinn ist schon zusammengeschmolzen, aber einen Effizienzgewinn könnte es doch geben, und zwar an der Stelle, wo Firmen zu Dumpinglöhnen arbeiten lassen. Es ist Praxis draußen, dass die Firmen einen Subunternehmer beauftragen und der wiederum einen weiteren Subunternehmer beauftragt. Eine Folge davon ist, dass die Leute zu Dumpinglöhnen beschäftigt werden. Da müssen wir uns fragen, ob das von uns politisch gewollt ist, dass wir genau diese Entwicklung in Kauf nehmen.

Die genauere Untersuchung bezüglich der Wirtschaftlichkeit der bestehenden Hamburger PPPund ÖPP-Projekte steht noch aus, hat es bisher nicht gegeben. Insofern unterstützen wir den Antrag der LINKEN an dieser Stelle.

Ein weiteres grundsätzliches Problem, ich glaube, Herr Bischoff hat das schon angesprochen, besteht darin, dass man sich der politischen und auch wirtschaftlichen Steuerungsfähigkeit schlichtweg beraubt.

(Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Frau Rugbarth, fahren Sie bitte fort.

– Danke, Herr Präsident.

Ab der Auftragsvergabe ist der staatliche Einfluss extrem reduziert, die finanziellen Verpflichtungen sind aber auf lange Zeit festgeschrieben. Sie nennen sich dann nur nicht mehr Zinsen und Tilgung, sie nennen sich Nutzungsentgelte, Leistungsentgelte oder Miete. Ich kann dazu nur sagen, dass ich die immer weitergehende Beschneidung der parlamentarischen Rechte, unserer Rechte, die Weggabe des vornehmsten Parlamentsrechts, für eine extrem große Gefahr für das Gemeinwesen und die parlamentarische Demokratie halte.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)