Protocol of the Session on April 23, 2009

Das Wort bekommt Frau Weggen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wollen den Hamburger Energiemarkt umkrempeln,

(Beifall bei der GAL – Zurufe von der SPD: Hey!)

Und zwar durch ein stadteigenes Unternehmen, das zunächst als Stromanbieter agieren kann und anschließend möglicherweise auch als Stadtwerke, nämlich durch HAMBURG ENERGIE. Wir haben das klare Ziel, in Hamburg erneuerbare Energien noch konsequenter als bisher zu fördern und das auch mit Hilfe eines neuen Akteurs auf dem Hamburger Energiemarkt.

Dass wir hier in der Sache ein breites Bündnis haben, hat man eben auch an Ihrem Redebeitrag, Frau Schaal, gemerkt. Sie haben auch viele gute Argumente genannt, warum man Stadtwerke prüfen und einen Stromanbieter hier neu etablieren sollte. Das zeigt doch auch, dass wir als schwarz-grüne Koalition hier den richtigen Weg einschlagen.

Der erste Schritt ist zunächst die Gründung von HAMBURG ENERGIE als einen neuen Stromanbieter auf dem Hamburger Markt, der alle Hamburger Haushalte möglicherweise mit klimafreundlichem Strom versorgen kann. Ein großer Vorteil besteht darin, dass es sich um ein stadteigenes Un

ternehmen handeln soll, das bei HAMBURG WASSER angesiedelt ist. HAMBURG WASSER erreicht als Versorger sowieso schon alle Hamburger Haushalte und genießt ein hohes Vertrauen bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Hamburg. Das bietet die Voraussetzung dafür, dass sich HAMBURG ENERGIE als klimafreundlicher Stromanbieter auf dem Hamburger Markt etablieren kann.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der klimafreundliche Strom, der auch in Hamburg schon vor Ort erzeugt wird, den Hamburger Haushalten direkt zur Verfügung gestellt werden kann, etwa der Strom, der in der Müllverbrennungsanlage Stellinger Moor produziert wird durch die stadteigenen Windkrafträder oder auch durch die Biogasanlage, an der die Stadtreinigung beteiligt ist. Das könnte alles dann unter dem Dach von HAMBURG ENERGIE angeboten werden.

Ganz besonders wichtig ist mir aber auch, noch einmal zu unterstreichen, dass das Angebot von HAMBURG ENERGIE nur kohle- und atomfreien Strom beinhalten soll. So zeigen wir als Stadt auch, dass Kohle und Atomkraft Technologien zur Stromerzeugung sind, die der Vergangenheit angehören.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Durch Kohlekraftwerke werden enorme Mengen an CO2 ausgestoßen, die den Klimawandel und seine Folgen befördern und verstärken. Also wird im Angebot von HAMBURG ENERGIE im Interesse des Klimaschutzes auf Kohlestrom verzichtet werden.

(Thomas Böwer SPD: Bravo!)

Wir wollen auch keinen Strom aus Atomkraft bei HAMBURG ENERGIE. Die Risiken, die von Atomkraft ausgehen, sind nach wie vor unberechenbar für Mensch und Umwelt. Das muss und sollte man sich immer wieder vor Augen führen. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur daran erinnern, dass sich der Super-Gau von Tschernobyl am kommenden Sonntag zum 23. Mal jährt.

(Michael Neumann SPD: Klatscht ihr mal, CDU! Atom! Klatschen!)

Ein weiterer Vorteil von HAMBURG ENERGIE ist, dass ein stadteigener Stromanbieter verbraucherfreundlich agieren kann. Zurzeit sinken die Rohstoffpreise enorm, aber die großen Energiekonzerne zeigen trotzdem keine Bereitschaft, die Strompreise relevant zu senken. Das ist alles andere als verbraucherfreundlich und das kann man mit einem stadteigenen Unternehmen anders und besser machen.

Aber einen neuen, stadteigenen Stromanbieter auf dem Hamburger Markt zu etablieren, ist erst einmal nur ein erster Schritt. Die Gründung von HAM

(Rüdiger Kruse)

BURG ENERGIE bietet noch viel größere Chancen, erneuerbare Energien in Hamburg zu fördern.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir haben nämlich die Möglichkeit in Hamburg, die ersten Stadtwerke in einer deutschen Großstadt zu gründen, die konsequent auf klimafreundlichen Strom setzen. Auch wenn es natürlich sehr schön wäre, dieses sofort umzusetzen, ist der Weg dahin leider natürlich etwas länger. Die Verträge über die Verfügbarkeit der Netze laufen noch bis 2014 beziehungsweise 2015. Erst dann könnten die Energienetze zurück in die öffentliche Hand gelangen und da muss auch noch einiges geprüft werden. Aber gerade die Übernahme der Strom-, Gas- und Wärmenetze bietet die große Chance, in Hamburg flächendeckend auf eine klimafreundliche Energieversorgung zu setzen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Man könnte dann nämlich entscheiden, aus welchen Quellen die Energie kommt, die man in die Netze einspeist.

Die Prüfung der Übernahme der Gas-, Strom- und Wärmenetze ist somit ein erster wichtiger Schritt und ein wichtiger Schritt auch dafür, weiter klimapolitischer Vorreiter zu sein. Wir haben die Weichen dafür bereits gestellt, indem wir das Klimaschutzkonzept verabschiedet haben, denn darin sind die Mittel zur Prüfung der Übernahme der Netze festgelegt.

Liebe SPD, ich verstehe Ihr Informationsinteresse, wie es denn jetzt weitergehen soll, auch sehr gut. Selbstverständlich ist es wichtig, dass wir als Parlament diskutieren, dass wir in den parlamentarischen Gremien diskutieren, die Gremien sich mit diesem Projekt befassen, sobald es die nötigen Informationen über die Umsetzung und weitere Planung gibt, die wir dann auch diskutieren können. Da stimme ich komplett mit Ihnen überein.

Ich würde deshalb vorschlagen, dass wir noch vor der Sommerpause im Umweltausschuss eine Selbstbefassung zu HAMBURG ENERGIE machen. So erhalten wir dann auch den Zwischenbericht, den Sie fordern. In dem Fall bräuchten wir Ihren Antrag auch nicht und wir können mit den Beratungen über HAMBURG ENERGIE und die Zukunft des Hamburger Energiemarkts beginnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Frau Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Warum diskutieren wir heute hier über die Stadtwerke?

(Jens Kerstan GAL: Tja!)

Im September letzten Jahres musste die grüne Senatorin Hajduk das Kohlekraftwerk Moorburg genehmigen. Und, Frau Weggen, wenn Sie hier jetzt vollmundig erklären, Kohlekraftwerke oder Energiegewinnung aus Kohle gehöre der Vergangenheit an, dann haben Sie diesen Tag nicht verstanden. Moorburg ist unsere Zukunft. Kohle ist in Hamburg auch unsere Zukunft. Aber es zeigt das Dilemma, in dem die Grünen sind. Die grüne Seele musste irgendwie beruhigt werden, weil das Wahlversprechen natürlich gebrochen wurde. Aus dem Grunde wurde als Kompensation für die Genehmigung des Kohlekraftwerks angekündigt, dass wir ein Stadtwerk in Hamburg bekommen für atomund kohlefreien Strom. Die Details sollten im Klimakonzept dargelegt werden, das erhielten wir im Dezember 2008, ein bisschen verspätet, aber daran haben wir uns schon gewöhnt.

Was haben wir jetzt in dem Klimakonzept festgelegt? Wir haben eine Projektgruppe in der BSU mit drei Mitarbeitern, die ein Konzept zur Netzübernahme erarbeiten sollen. Und wir haben mal wieder einen Prüfauftrag, wo festgestellt werden soll, wie das Angebot in Hamburg an regenerativer Energie ausgeweitet werden kann.

Die Anfragen von unserer Fraktion haben deutlich gemacht – Frau Dr. Schaal hat darauf hingewiesen –, dass mehr als ein weiterer Stromhändler unter dem Dach von HAMBURG WASSER mit dem vollmundig angekündigten Projekt Stadtwerk nicht geplant ist.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal ein Wort zur Informationspolitik sagen. Frau Hajduk hat vollmundig versprochen, dass mit einem Stadtwerk eine ökologische Alternative zum Kohlekraftwerk errichtet wird, und das hat Frau Weggen eben noch einmal richtig unterstützt. Wenn ich dann lese, was Sie der SPD in ihrer Großen Anfrage als Antwort geben, ich zitiere:

"Im Übrigen äußert sich der Senat grundsätzlich nicht zu Einzelheiten der Vorbereitung seiner Entscheidungen."

Da kann ich nur sagen: So geht das nicht.

(Viviane Spethmann CDU: Ist aber so!)

Der Senat ist es der Öffentlichkeit schuldig, zeitnah darzustellen, wie er sich die alternative Energieversorgung und wie er sich eine Netzübernahme vorstellt, vor allen Dingen bei dieser Ankündigung.

Immerhin hatte der Senat im Umweltausschuss erklärt, dass wir im ersten Vierteljahr 2009 – Frau Dr. Schaal hat darauf hingewiesen, dass es in NDR 90,3 erwähnt wurde – Genaueres erfahren sollten. Das erste Vierteljahr ist herum, wir haben leider noch keine Informationen.

Der Senat sollte auch sagen, wenn er etwas nicht will.

(Jenny Weggen)

(Klaus-Peter Hesse CDU: Ihre Anträge!)

Unser Eindruck ist, dass hier vollmundig etwas angekündigt wird, wo einfach die Taten fehlen. Frau Dr. Schaal hat darauf hingewiesen, dass Sie am 30. Juni 2009, wenn Sie das wirklich wollen mit der Netzübernahme, einen Gutachter einschalten müssten. Hinzu kommt, dass eine Netzübernahme viel Geld kostet. In Hamburg ist die Rede davon, dass die Netzübernahme ungefähr 1 Milliarde Euro kosten wird. Vor einem Jahr hätten wir uns noch erschrocken, inzwischen haben wir uns an diese Summen gewöhnt.

Auch wenn das erst im Jahre 2015 umgesetzt wird, muss man sich doch jetzt schon mit der Frage der Finanzierung auseinandersetzen.

Ich habe nachgesehen, was eigentlich ein Stadtwerk ist. Und bei Wikipedia finde ich:

"Als Stadtwerke bezeichnet man ein kommunales Unternehmen oder zumindest einen gemeindenahen Betrieb, der die Grundversorgung der Bevölkerung mit Strom, Wasser und Gas[…] abdeckt."

Grundversorgung heißt für uns auch Daseinsvorsorge und ohne Strom und Wärme kann niemand existieren. Insofern ist Energiepolitik auch Sozialpolitik. Das will ich an einem Beispiel deutlich machen. Im Jahre 2008 ist in Hamburg 15 000 Haushalten – wohlgemerkt, nicht 15 000 Personen – der Strom gesperrt worden. Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie die Menschen dann existieren können. Mir ist das ein Rätsel. Dafür müssten eigentlich ein Stadtwerk und die Stadt geradestehen, dass alle Menschen versorgt sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Das hätte die Stadt auch gekonnt, denn es ist darauf hingewiesen worden, dass die Stadtreinigung Hamburg durchaus auch schon Strom erzeugt. Die Stadtreinigung Hamburg ist zurzeit in der Lage, 18 700 Haushalte zu versorgen. Das ist für uns sehr wichtig, dass die Energieversorgung eine Daseinsvorsorge ist und dass alle Menschen damit versorgt werden müssen.

Energiepolitik ist auch Umweltpolitik. Wir reden immer davon, dass wir den CO2-Anteil senken und den Anteil an regenerativer Energie erhöhen müssen. Wenn wir nur eine Verteilerbörse haben für Strom, auch wenn es denn atom- und kernenergiefreier Strom ist, dann erhöhen wir den Anteil an regenerativer Energie in Hamburg nicht und das ist dringend nötig. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns von der Stromhändleridee als Stadtwerk verabschieden, sondern es muss massiv in eine öffentliche und erneuerbare Energie investiert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur dann ist ein Stadtwerk auch wirklich ein Beitrag zum Klimaschutz. Der Senat hat im Rahmen