Protocol of the Session on March 4, 2009

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen, was in dieser Stadt im Bereich der Kultur ein Skandal ist. In weiten Bereichen der Kultur, sowohl bei den Theatern als auch bei den Museen, werden kulturelle Aktivitäten nur dadurch aufrechterhalten, indem dort Ein-Euro-Kräfte arbeiten.

Das ist im Evaluationsbericht deutlich angesprochen worden. Wir haben so etwas im Kulturausschuss diskutiert im Zusammenhang mit den Museen. Es ist ein arbeitsmarktpolitischer und ein kultureller Skandal in dieser Stadt, wenn wichtige kulturelle Aktivitäten von Ein-Euro-Kräften gemacht

(Dr. Eva Gümbel)

werden, und so etwas darf man nicht einfach übergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden dieses Thema in den nächsten Monaten ständig ansprechen. Wir werden Sie dazu bewegen, dass das nicht aufrechterhalten werden kann.

Ich möchte Ihnen einen zweiten wichtigen Bereich nennen, weil Sie so schön davon reden, wie es gegenwärtig aussieht, das ist der Bereich der öffentlichen Bücherhallen.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Ja!)

Dies ist gegenwärtig gar nicht besprochen worden. Wir müssen im Augenblick feststellen, dass es schon wieder eine öffentliche Bücherhalle weniger in dieser Stadt gibt. Dies ist ein Armutszeugnis für die Stadt. Im Kulturbericht zum Haushaltsplan-Entwurf ist dies an einer Stelle besonders gut nachzuvollziehen. Die möchte ich noch einmal besonders hervorheben, weil sie vergessen wurde.

Wir haben den Vergleich zwischen Hamburg und München und stellen fest, wie viele öffentliche Bücherhallen es dort gibt: In Hamburg 38, jetzt nur noch 37, und in München 39. Wie viele Besucherinnen gibt es? In Hamburg 4,2 Millionen, in München 4,6 Millionen. Wie viele Medienausleihen? In Hamburg 12 Millionen, in München 11,5 Millionen.

Wenn man das miteinander vergleicht, würde man denken, die Städte seien gleich groß. Hamburg hat 1,75 Millionen Einwohner, München 1,25 Millionen Einwohner. Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, um wie viel schlechter als in München wir in Hamburg in diesem wichtigen Bereich versorgt sind, und dann stellt man es immer noch so dar, als wären wir eine Kulturhochburg. Das sind wir in diesem Punkt nicht, sondern wir müssen von anderen Städten lernen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Elbphilharmonie wurden die wesentlichen Punkte von mir gestern schon aufgeführt. Ich will das nicht wiederholen, bin aber entsetzt darüber, dass es keine selbstkritischen Worte gibt, weder von der CDU, die dafür eigentlich zuständig ist, noch von der GAL, die eigentlich kritische Worte zu dem, was passiert ist, finden müsste.

Ich bin immer noch der Auffassung, dass dort eklatante Versäumnisse geschehen sind und im Vertragswerk immer noch vorhanden sind. Wir sind als Bürgerschaft hinters Licht geführt worden – das andere Wort darf ich hier nicht mehr benutzen – in diesem Zusammenhang. Das muss man hier doch aufklären. Wer soll denn dafür geradestehen?

Es wurde im Jahre 2007 ein Rechtsgutachten vorgelegt, mit dem alle beruhigt wurden in dieser Bürgerschaft. Heute wird darüber hinweggegangen, dass damals 200 Millionen Euro weggegeben wur

den. Ich denke, dass Herr Stuth natürlich einer der Hauptverantwortlichen ist im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie und sein Rücktritt ein erster Schritt ist. Das kann aber noch nicht alles gewesen sein. Es ist etwas faul in dieser Angelegenheit und das werden wir weiterhin im Auge behalten.

(Beifall bei der LINKEN und bei Dr. Christel Oldenburg und Dr. Dorothee Stapelfeldt, beide SPD)

Die Jugendlichen im Parlament haben sich die Kultur in Hamburg angesehen. Sie haben im Kulturausschuss darüber berichtet. Es ist natürlich schwierig, das alles wiederzugeben, aber sie haben uns als Bürgerschaft schriftlich zwei wichtige Hinweise gegeben. Diese beiden Hinweise sollten für uns, wenn wir gemeinsam interessiert sind an der Kultur in Hamburg, Leitmodelle sein.

Als Erstes sagten sie, unsere Ausführungen zur Kulturpolitik zeigten, dass Kultur in Hamburg immer mehr zur Unterhaltung der älteren Generation werde. Frau Senatorin, nehmen wir uns gemeinsam als Aufgabe vor, dass diese Zustandsbeschreibung der Jugendlichen in den nächsten Monaten verändert wird und Sie werden mich als großen Unterstützer haben.

Als Zweites nannten die Jugendlichen, dass Kultur zunehmend von finanziellen Mitteln der Einzelnen abhängig sei. Das heißt, viele Menschen in dieser Stadt werden durch ihre mangelnden finanziellen Mittel von der Kultur ausgeschlossen. Kultur für alle ist keine Realität in dieser Stadt. Wir haben in weiten Bereichen eine Kultur für eine Elite. Dies ist der zweite wichtige Punkt, den wir verändern wollen.

Wir sind sehr einverstanden mit diesen wichtigen Aussagen der Jugendlichen. Wir werden sie unterstützen und wir sehen es als unsere vornehmste Aufgabe an, in den nächsten Jahren in dieser Richtung etwas zu verändern. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält Senatorin von Welck.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Haushaltsplan-Entwurf für die Bereiche Kultur und Medien transportiert vor allem eine wichtige Botschaft: Der Bereich Kultur soll in den Haushaltsjahren 2009 und 2010 einen Zuwachs von knapp 8 Prozent verzeichnen, der Bereich Medien im Durchschnitt der Jahre 2009 und 2010 von etwa 10 Prozent. Das zeigt, dass der Stellenwert der Bereiche Kultur und Medien, die beide für unser Gemeinwesen so ungeheuer wichtig sind, in den vor uns liegenden Haushaltsjahren erheblich zunehmen kann, wenn Sie, sehr geehrte Abgeordnete, es denn so beschließen. Wir wären dann nicht nur allein in der Lage,

(Norbert Hackbusch)

bestehende Institutionen weiter zu fördern, sondern darüber hinaus auch neue Akzente zu setzen; meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen.

Erstens könnte die Privattheaterszene nachdrücklich gestärkt werden. Hamburg könnte sich als Musikmetropole weiter profilieren. Der Ausbau der Stadtteilkultur wäre gewährleistet und auch die Film- und Medienwirtschaft könnte verbesserte Rahmenbedingungen erhalten. Außerdem könnten wichtige Baumaßnahmen umgesetzt werden wie zum Beispiel der Ausbau der Bücherhalle am jetzigen Hühnerposten und auch das House of Design.

Aber wir wollen natürlich auch unsere großen Institutionen, unsere erfolgreichen Theater, die Oper und die Museen weiterhin fördern. So soll zum Beispiel bei den Museen der Reformprozess konsequent weitergeführt werden. Ein nächster großer Schritt wird dabei zum Beispiel die Wiedereröffnung des Helms-Museums sein. Das Inventarisierungsprogramm muss fortgeführt werden und vieles andere mehr.

Im Rahmen dieser Debatte kann ich nicht auf die Arbeit unseres Denkmalschutzamtes und des Staatsarchivs eingehen, aber ich will wenigstens erwähnen, dass ich sehr dankbar bin, dass wir mit dem uns vorliegenden Doppelhaushalt und dem Zusatzantrag der Fraktionen der großen Parteien – Herr Hackbusch, ich nehme auch Ihre Partei gerne mit dazu als Befürworter dieser Aktionen – in die Lage versetzt werden, endlich mit dem so wichtigen Entsäuerungsprozess unseres Archivguts beginnen zu können.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Die Kulturinstitutionen, das Staatsarchiv und unsere Ämter für Kultur und Medien haben also viel Arbeit vor sich und brauchen unsere Förderung. Sie brauchen aber auch das große, unermüdliche Engagement ihrer Mitarbeiter, für das ich mich einmal an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Gestatten Sie mir noch ein Wort zur Elbphilharmonie. Ich stehe, das muss ich zugeben, etwas konsterniert vor dem Antrag der SPD. Ich hatte den Eindruck, dass wir Ihnen in den Ausschusssitzungen immerhin in zehn Stunden Beratungen deutlich machen konnten, dass unser Handeln richtig und wirtschaftlich verantwortungsvoll ist. Vielleicht wollten Sie das aber auch nicht verstehen.

(Dr. Dorothee Stapelfeldt SPD: Das ist eine sehr plumpe Unterstellung!)

Aber ich gehe gerne noch einmal auf Ihre Vorschläge ein. Sie schlagen ein Schiedsgutachten vor; ich sage Ihnen erneut, die maßgeblichen rechtlichen Fragestellungen wird ein Schiedsgutachter nicht beantworten können. Ein Schiedsgutachten nach den Bestimmungen des Leistungsver

trags, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren, sieht die Bewertung rechtlicher Fragestellungen gerade nicht vor. Selbstverständlich haben wir schon im August 2008 auch diese Option durch eine Rechtsanwaltskanzlei prüfen lassen mit dem Ergebnis, dass es rechtlich nicht gangbar ist. Dieser Hinweis sei mir erlaubt. Sowohl die damalige als auch die neue Geschäftsführung der ReGe sahen in diesem Vorgehen keinen Lösungsweg.

Ab diesem Punkt werden alle anderen Betrachtungen hypothetisch. Aber auch auf diese Erwägungen möchte ich eingehen, wie wir es schon in den Ausschüssen ausführlich getan haben. Sie möchten in den ein bis zwei Jahren, die die Durchführung eines Schiedsgutachtens benötigen würde, einen Baustillstand vermeiden, indem Sie von einem vertraglich vorgesehenen Anweisungsrecht Gebrauch machen. Lieber Herr Tschentscher, das wird nicht funktionieren, und zwar aus zwei Gründen.

Erstens können Sie ein Anweisungsrecht für Einzelfälle nutzen, nicht aber für die Durchführung eines kompletten Baus. Zweitens – und das ist letztlich entscheidend – wird die von Ihnen so betonte Ausführungsplanung zu über 50 Prozent vom Generalunternehmer, also von HOCHTIEF, erbracht und spätestens hier läuft das Anweisungsrecht leer. Man kann den Generalunternehmer nicht zur Planung verpflichten. Dies wäre auch nicht im Interesse der Stadt. Sie würden mit solch einem Verhalten die gesamte Planungsverantwortung und damit die gesamte Hoffnung für alle technischen Fragen übernehmen und das kann wohl nicht unser Ziel sein.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Erlauben Sie mir abschließend eine kurze Bemerkung zum Wunsch, eine Generalquittung für die Zukunft zu erhalten. Diese Forderung wird genauso wenig funktionieren wie die Vorstellung, ein Bauwerk mithilfe des Anweisungsrechts zu errichten. Ich kann Sie daher im Interesse dieses Projekts nur bitten, verantwortlich zu handeln und zu den Positionen und Einstellungen zurückzukehren, die wir gemeinsam in den Ausschusssitzungen erarbeitet haben. Wunschträume helfen uns allen nicht weiter, vor allem nicht solche Wunschträume, mit denen wir zerstören würden, was wir in den letzten vier Monaten an positiven Fortschritten erreicht haben.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Noch einmal zu dem Haushaltsplan-Entwurf für Kultur und Medien. Meine Damen und Herren, liebe Frau Oldendorf, wir stimmen nicht nur für eine gute Kulturpolitik, wir machen sie und ich möchte sie gerne mit Ihnen allen zusammen gestalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

(Senatorin Dr. Karin von Welck)

Das Wort bekommt Herr Tschentscher.

Frau Präsidentin, Frau Senatorin! Sie müssen nicht konsterniert sein, wenn Sie unseren Antrag lesen. Sie dürfen gerne glauben, dass wir bis in die Nacht hinein versucht haben zu verstehen, was Sie uns über den Fortgang dieses Projekts berichtet haben.

Frau Gümbel, Sie haben gesagt, wir unterstellen hier etwas. Wir unterstellen heute gar nichts, aber wir glauben eben auch nicht alles, zum Beispiel nicht all das, was uns Herr Leutner in den Ausschüssen erzählt hat. Wir glauben auch nicht, Frau Senatorin, dass die baufachlichen Fragen, die hier einmal geprüft werden sollten, keine juristische Bedeutung hätten. Deshalb warten wir seit einigen Wochen und Monaten auf die Akten, denn es interessiert uns sehr, was darin zu lesen ist. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, dass der für die Elbphilharmonie zuständige Staatsrat gestern, wie es Herr Hackbusch formuliert hat, zurückgetreten wurde.

Wir kennen die Akten nicht, aber wir kennen die Verträge, die durften wir lesen. Sie haben ja recht zu sagen, die Verträge sind bei Weitem nicht so gut, wie der Bürgermeister noch vor einigen Monaten hier in der Bürgerschaft behauptet hat. Aber vor allem beinhalten sie keine vollständigen Planungen, auch keine ausreichende Beschreibung der Schnittstellen zwischen öffentlichem und privatem Bereich, vor allem keine realistischen und mit allen Beteiligten vereinbarten Termine; das ist richtig. Aber die Verträge, denen die Bürgerschaft zugestimmt hat, sind auch wiederum nicht so schlecht, wie Sie es jetzt darstellen, denn erstens kann der Bauunternehmer angewiesen werden, nach diesen Verträgen zu bauen. Er kann es vor allem dann, wenn, wie jetzt, alle Pläne vorliegen mit einem synchronisierten Terminplan.

Zweitens sehen die Verträge ausdrücklich nicht vor, dass die Stadt bei einem Baukonflikt nach Gutdünken des Bürgermeisters 200 Millionen Euro ohne Prüfung und Belege anerkennt, sondern die Verträge sehen etwas anderes vor. Bei einem Streit über die Mehrkosten – und in dem befinden wir uns eindeutig – hat die Bürgerschaft beschlossen, dass ein unabhängiger Sachverständiger der Handelskammer über die Forderungen des Bauunternehmens befinden soll.

Wir beantragen und verlangen heute im Grunde, nach den geltenden Verträgen vorzugehen. Nehmen Sie die mittlerweile erstellten Pläne der Architekten, nehmen Sie die Pläne zu angemessenen Kosten, weisen Sie damit den Baukonzern an, die Elbphilharmonie weiterzubauen und bringen Sie den Baukonflikt vor einen Schiedsgutachter, und zwar bevor die Rechtspositionen der Stadt geräumt werden, Millionensummen zulasten der

Steuerzahler an den Baukonzern überwiesen werden und durch eine Unterschrift unter weitere Verträge weitere Risiken von Mehrforderungen und Mehrkosten in der Zukunft eingegangen werden. Das ist es, was wir heute von Ihnen verlangen.