Jetzt zum Thema soziale Barrieren abbauen: Das ist unsere gesellschaftspolitische Herausforderung in Hamburg und deshalb wird die Vorschule zum neuen Schuljahr auch wieder kostenfrei. Es werden 15 000 Familien davon profitieren; unter anderem sind das 3,5 Millionen Euro.
Das leidige Büchergeld: Neu ist, dass die Eltern, die Wohngeld beziehen, jetzt mit einbezogen werden. Auch das sind noch einmal zusätzlich 620 000 Euro. Außerdem wollen wir allen Kindern in den 61 Grundschulen, deren Eltern ihr Kind kein Instrument erlernen lassen können, ein Instrument zur Verfügung stellen. Hinzu kommt die Ausstattung der neuen Schulbibliotheken. All das hat etwas damit zu tun, soziale Disparitäten aufzuheben.
Wir haben im letzten Jahr schon acht Wochen nach Amtsantritt Ganztagsschulen zum neuen Schuljahr eingerichtet. Es werden in diesem Jahr 2009 Ganztagsschulen eingerichtet und natürlich werden die großen Tranchen 2010/2011 folgen, das ist logisch. Wir werden 50 neue Ganztagsschulen einrichten, das müssen Sie erst einmal nachmachen, und das werden richtig gebundene Ganztagsschulen.
Dann noch einmal zu der Frage, warum das längere gemeinsame Lernen sein muss. Die Qualitätsveränderungen hatte ich angesprochen, das ist ganz zentral. Wir haben doch nicht umsonst die isolierten Hauptschulklassen abgeschafft, wir sehen es doch jetzt auch in den Förderschulen. Da sind teilweise drei Lehrer in den Klassen, aber sie erreichen nichts, weil die Schülerinnen und Schüler in einem nicht anregungsreichen Lernmilieu lernen. Die Erkenntnisse der Schulforschung sagen eindeutig, dass es sinnvoll ist, in heterogenen Gruppen zu lernen.
Die Enquete-Kommission hat parteienübergreifend beschlossen, dass frühzeitig mehr integriert gearbeitet wird. Der sonderpädagogische Förderbedarf für die Kinder soll möglichst mit den Kollegen aus den Förderschulen entsprechend unterstützt werden. Also lesen Sie sich noch einmal die Empfehlungen der Enquete-Kommission durch.
Ich fand es sehr beachtlich, was ich am Wochenende in der "Welt am Sonntag" gelesen habe. Der Schweizer Kinderarzt und Buchautor Remo Largo hat gesagt, es gäbe keine guten Gründe, die Kinder früh zu trennen, sondern nur sozialpolitische und elitäre, die pseudopädagogisch begründet würden.
Ich wiederhole noch einmal: Es gibt keine Gründe, die Kinder zu früh zu trennen, sondern nur sozialpolitische und elitäre, die pseudopädagogisch begründet werden. Das sollten wir uns alle noch einmal vor Augen halten und daran werden wir weiter arbeiten.
Noch einmal ein paar Zahlen. Wir haben, um genau diese Reform nicht zu schnell und nichts übers Knie zu brechen, entsprechende Gelder eingestellt, um die Kollegen fortzubilden. Sie werden jetzt einen der großen Brocken beschließen, das sind 13 Millionen Euro, womit dieser Begleitprozess sorgfältig finanziert wird. Die Schulen werden im kommenden Schuljahr auch zusätzliche Mittel erhalten, um bei der Umsetzung der Reform entsprechend begleitet zu werden – das macht jeder vernünftige Betrieb, der Reformen einführt –, sei es an den neuen Standorten, sei es bei der Erarbeitung der Bildungspläne; all dies muss sorgfältig gemacht werden.
Ich will einen Punkt ansprechen, bei dem ich ausnahmsweise mit Herrn Rabe konform gehe. Jetzt hört er gar nicht zu. Und zwar haben Sie angesprochen, dass Qualitätssteigerungen nicht nur durch neue Ressourcen zu erreichen sind. Da sind wir an dem Punkt, Wiederholungen zu reduzieren, Sitzenbleiben zu reduzieren, Abschulungen zu reduzieren. Es sind rein rechnerisch immer noch 300 Leh
rerstellen jedes Jahr, roundabout 20 Millionen Euro, die wir in Hamburg in die Sitzenbleiberei stecken. Das ist vergeudetes Geld. Dieses Geld brauchen wir für die individuelle Förderung und eben auch, um den Starken genügend Anregungen und Leistungsanreize zu bieten.
Wir haben heute die berufliche Bildung nicht angesprochen. Hier haben wir, soweit ich das mitverfolge, seit Jahrzehnten ein riesiges Problem, nämlich das Übergangssystem Schule/Beruf. An diesem Punkt arbeiten wir sehr konzentriert in Abstimmung mit der Wirtschaft, den Gewerkschaften, den Kammern und der Agentur für Arbeit. Unsere Ergebnisse werden wir Ihnen im Aktionsbündnis für Ausbildung und Arbeit vorstellen und dort wird auch der Doppeljahrgang eine Rolle spielen. Das wird spätestens im Mai erfolgen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch sagen: Ich bin mir dessen vollkommen bewusst, dass bei einem solch großen Beteiligungsprozess und bei der Umsetzung so einer Reform natürlich Skepsis, Verunsicherung und Ängste ausgelöst werden und ich nehme das sehr ernst. Wir sind dabei, die vielen auftauchenden Fragen Schritt für Schritt zu beantworten. Ich nehme alle Anregungen aus den verschiedenen Veranstaltungen vor Ort, in den Bezirken auf und unsere Planungen werden diese Anregungen immer einbeziehen.
Doch letztendlich müssen wir uns alle, die wir hier als Politikerinnen und Politiker sitzen und agieren, immer wieder nicht nur fragen, was tun wir, sondern auch, warum tun wir das. Wir müssen offenlegen, was uns eigentlich antreibt, was uns leitet. Dabei geht es um gemeinsame Werte und Überzeugungen, und zwar nicht nur in der Schulpolitik.
Die Schulpolitik ist auch kein Selbstzweck. Wir wollen aus einer tiefen Überzeugung heraus in der Gesellschaft etwas verändern. Es geht um die Frage der Chancengerechtigkeit, aber auch um den Nachwuchs von Fachkräften, um das Aufzeigen beruflicher Perspektiven für die Jugendlichen. Letztendlich streben wir mit dieser großen Schulreform doch an, dass jedes Kind in Hamburg das gleiche Recht hat auf die Chance zu einem selbstbestimmten Leben. Die bekommt es heute nicht und deshalb ist es notwendig, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen. Dass Kinder aufgrund ihrer sozialen oder kulturellen Herkunft keine Chancen haben, ist zutiefst ungerecht und das wollen wir ändern. Wir wollen ein gerechteres und ein leistungsstärkeres System aufbauen und dazu gibt uns dieser Haushalt eine sehr gute Grundlage. – Vielen Dank.
Ich nehme Herrn Kerstan beim Wort. Er sagte vorhin, heute gehe es um Zahlen, um Haushaltsentwürfe, die letztendlich Politik als Grundlage voraussetzen. Diese Zahlen wären das Thema gewesen. Und was hören wir jetzt von gleich drei Rednern, inklusive der Senatorin. Werte, Überzeugungen, Versprechungen, Ankündigungen und was uns überhaupt antreibt. Das ist ja alles schön und gut, aber dies ist eine Haushaltsdebatte und da darf doch wohl mal gefragt werden, ist das, was Sie alles an Werten und Überzeugungen treibt, eigentlich auch Teil Ihrer Politik und wird es auch umgesetzt?
Sehen wir uns doch einmal den Haushaltsplan-Entwurf an, da spricht Herr Gwosdz so locker von 8 Prozent mehr, da muss man aber gewaltig rechnen. 120 Millionen Euro höher ist er in der Tat. Aber bei unseren Debatten im Schulausschuss verplapperte sich ein Senatsbeamter und sagte, 40 waren sowieso schon ausgegeben, das können Sie gar nicht zählen. Und von den 80 Millionen Euro, die noch bleiben, werden 40 Millionen Euro in den globalen Minderausgaben weggespart. Dann bleibt so viel übrig und davon soll alles bezahlt werden. Das ist genau die Politik, die Hamburg ständig in das Chaos hineintreibt: große Versprechungen, riesige Ankündigungen und es passiert nichts.
Bleiben wir doch einmal bei den Zahlen. Wenn Sie Ihren Ankündigungen wenigstens selber glauben würden. Was ist mit den Sitzenbleibern, werden es weniger? Dazu steht auch etwas im Haushaltsplan-Entwurf, nämlich dass sich nichts ändert; lesen Sie es nach. Was ist mit den Abiturienten und den Schulabbrechern? In den regionalen Schulkonferenzen konnten wir Ihre Zahlen einsehen und finden genau die gleichen Zahlen wie jetzt. Wenn Sie schon selbst nicht an Ihre Reform glauben, dann versuchen Sie uns das hier nicht ständig einzureden.
Es ist alles richtig, was Sie zu den Zielen gesagt haben. Wir brauchen individualisierten Unterricht, wir brauchen jahrgangsübergreifendes Lernen, wir müssen das Sitzenbleiben bekämpfen, aber all das sind Ankündigungen. Wir stellen eine Kleine Anfrage, wie Sie das eigentlich machen wollen, und als Antwort kommt ein kurzer Dreizeiler vom Senat: Das wissen wir auch noch nicht. Wir fragen, wie es mit den Klassenlehrer- und Jahrgangsteams weitergeht, wie die miteinander sprechen werden. Kurze Antwort: Das ist sowieso im Rahmen der normalen Arbeitszeit gegeben. Das ist die Reform, die wir kennengelernt haben. Alles geht zum Nulltarif und am Ende klappt nichts. Das ist die Reform der CDU und die wird an dieser Stelle – mit guten Absichten, aber schlecht gemacht – fortgesetzt.
Eine Bemerkung zum Schluss. Es ist ja schön, was Sie uns alles erzählen, dass Sie die Eltern mitnehmen wollen. Ich kann zahlreiche Wissenschaftler zitieren, die eine andere Position haben immer nach dem Motto: Wer hat beim Kreuzzug die meisten Ritter auf seiner Seite. Die spannende Frage ist aber, wie ernst Sie denn die Eltern nehmen. Natürlich machen die mit in der Regionalen Schulentwicklungskonferenz, aber an dem Punkt, wo die Eltern wirklich etwas entscheiden könnten, nämlich beim Schulwechsel, wo es wirklich konkret wird und die Eltern nicht nur eine Empfehlungs- und Wunschliste abgeben können, die von der Behörde dann korrigiert wird, nehmen Sie ihnen das Elternwahlrecht weg
Ich musste, um auf das Gymnasium gehen zu können, noch in der Grundschule Börnsen an einem Dienstagvormittag Diktat, Aufsatz und Rechenarbeit schreiben. Genau das ist wieder Teil Ihrer neuen Aufnahmeprüfung. Das ist die neue Gerechtigkeit, die Sie uns verkaufen wollen, und darin besteht das Ernstnehmen der Eltern.
Sehen Sie in Ihre Rahmenpläne, dort steht das, valide Kompetenzmessungsverfahren. Das Schönste ist, dass die Lehrer auch eine Sozialprognose abgeben sollen. Wenn Anna heult und kratzt und Florian immer Anastasia haut, ist er dann reif für die Grundschule, für das Gymnasium oder für die Stadtteilschule? Was Sie dort schreiben, ist viel Phantasie, aber aus politischer Sicht nicht zu Ende gedacht. Genau das ist das Thema heute und Sie haben die Chance verpasst, uns genau zu erklären, wie das gehen soll. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Opposition muss sich hier schon großer Begriffe bedienen. Von Schulkampf war die Rede, von Kreuzrittern, die kreuz und quer durch Herrn Rabes Phantasien gehen. Gebracht hat es wenig. Auch mit solchen Reden machen Sie keine ernsthafte Oppositionsarbeit; Sie haben heute Ihre Chance verpasst.
Feststellbar ist, dass es bei der SPD ein bisschen in den Überschriften – scheinbar wie ein roter Faden – menschelt, doch wenn man genauer nachliest, merkt man, dass das Ganze sehr wenig Substanz hat. Es sind im Grunde genommen alles schöne Seifenblasen und das fällt besonders im Bildungsbereich auf. Als Mitglied im Schulausschuss müsste ich eigentlich ganz aufgeregt alles lesen, was von der Opposition kommt, denn da könnte etwas spannendes Neues kommen, doch das ist bei der SPD ohnehin nie der Fall.
Ich musste mich bei Ihrem Papier wirklich zwingen es durchzulesen, weil es so langweilig war, und das entspricht im Grunde genommen dem Bild, das Sie abgeben. Ein Konzept ist nicht wirklich da, über Finanzierung reden wir lieber gar nicht, über Geld zu reden, ist Ihnen anscheinend ein bisschen peinlich, weil sie da in der Vergangenheit auch nicht allzu glorreich dagestanden haben. Und weil die Hamburger SPD sich nicht wirklich entscheiden kann, bewegt sie sich auch gar nicht, das ist ihr Konzept.
Sie kritisieren alles, aber die Gefahr ist bei Ihnen viel zu groß, dass ein neuer Flügelkampf ausbricht. Raab oder Rabe, das ist bei der SPD die Frage und nichts anderes.
Von der Opposition erfahren wir im Grunde genommen nur, was alles nicht geht, doch Sie bringen keinen Gegenvorschlag. Sie bekommen es gerade noch hin, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu Papier zu bringen.
Herr Rabe, die Lagebeschreibung, die Sie in Ihrem ersten Beitrag abgegeben haben, war im Grunde genommen die Abschlussbilanz, die Sie uns hinterlassen haben und nichts anderes. Die SPD versucht sich als Kämpfer für die Ergebnisse der Enquete-Kommission darzustellen. Im Dezember 2007 haben wir einen Antrag in der Richtung eingebracht, aber als es um die Zustimmung ging, blieben die Arme der SPD-Abgeordneten unten. Jetzt haben Sie das als etwas entdeckt, womit Sie von Ihrer eigenen Ziellosigkeit ablenken können. Zur Bildungspolitik der letzten Jahre kann ich nur feststellen, dass die guten Kurven nach oben und die schlechten nach unten gehen. Das ist der Trend, den wir in Hamburg haben.
Was den Sanierungsstau betrifft, da haben wir vor Kurzem erst deutlich gesagt, dass der Sanierungsstau in Höhe von drei Milliarden Euro, der uns aus SPD-Zeiten geblieben ist, nach und nach über ein Sondervermögen abgebaut wird.