Herr Lieven – möglicherweise ist er Ihnen bekannt, uns ist er noch bekannt – hat ungefähr vor einem Jahr in diesem Hause gesagt, dass die Wohnungsbaupolitik des damals allein regierenden CDU-Senats grottenschlecht sei. Und jetzt frage ich die Kollegen, die so staatstragend, Herr Becker, die jetzige Politik hier verteidigen, was sich denn seitdem substanziell getan hat. Es hat sich nichts getan,
im Gegenteil, aus den Antworten auf unsere Kleinen Anfragen wird deutlich, dass die Zahlen weiter in den Keller sinken.
Ich will noch einmal auf die Flächenpolitik eingehen. Hier wird immer – Herr Roock, Ihre Klientel ist es nicht – von den Baugemeinschaften gespro
chen. Wer sind denn die Baugemeinschaften? Die Baugemeinschaften sind reine Klientelpolitik für die GAL,
nämlich jene Objekte, die in Ottensen realisiert werden. Es handelt sich nur zum geringen Teil tatsächlich um Mietwohnungsbau, sondern es ist viel Eigentum dabei. Das weiß hier natürlich jeder, es wird nur nicht gesagt.
Bedenklich sind natürlich – es ist interessant, dass Frau Schneider darauf hingewiesen hat – die Abrisszahlen der SAGA-GWG. Wir sprechen von ungefähr 1000 Wohnungen, dazu wurde überhaupt nichts gesagt. Insgesamt wurde zu der städtischen Verpflichtung des Wohnungsunternehmens der Freien und Hansestadt überhaupt nichts vonseiten der GAL und der CDU gesagt. Im Saldo zwischen neuen und abgerissenen Wohnungen haben wir mittlerweile eine dramatische Diskrepanz.
Was sind die Auswirkungen? Die Auswirkungen sind, dass die fundamentalen Zahlen sich nicht geändert haben, das hat Herr Lieven damals bestätigt, weil nämlich die Flächen, auf die immer Bezug genommen wird, die der Wohnungswirtschaft für den Wohnungsbau angedient werden, nach wie vor – das hat auch die letzte Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses wieder bestätigt – "reine Ladenhüter" sind.
Bei diesem Zitat sagte Herr Becker noch, es sei ungeheuerlich, dass die SPD so etwas sage. Ihr eigener Kollege, Herr Lieven, hat es damals in diesem Haus an dieser Stelle genau so bezeichnet. Ich kann nur sagen: Recht hatte der Mann.
Problematisch sind die Auswirkungen; es geht hier nicht um den Selbstzweck. Die Auswirkungen von sinkenden Wohnungsbauzahlen werden zwangsläufig sein, dass die Mieten steigen. Diejenigen, die sich Reihenhäuser, Eigentumswohnungen und Einzelhäuser leisten können, werden nicht darunter leiden, sondern es werden jene Menschen in dieser Stadt darunter leiden, die sich diese Preise nicht mehr leisten können, und das ist Ihre Verantwortung.
Insofern bedauern wir diese Politik des Flächenfraßes, anstatt eine Politik des Wachstums mit Weitsicht zu realisieren. Weitsichtigkeit – ich habe das einmal nachgeschaut – wird definiert als pathologischer Zustand. Möglicherweise hat die GAL ganz besonders auf diesen Zusatz der Weitsichtigkeit Wert gelegt. Das Problem ist nur, dass Sie zu kurz greifen.
das ist das eigentlich Bedenkliche. Insofern war es an der Zeit, dass Herr Grote gestern die Forderungen der SPD-Fraktion vorgestellt hat. Wir haben erfreut zur Kenntnis genommen, dass Frau Senatorin Hajduk – ich habe einmal mitgezählt – acht unserer aufgeführten Punkte lobend erwähnt hat. Einige haben wir allerdings im Vorwege noch nicht gehört, insofern scheint es für sie eine interessante Anregung gewesen zu sein; wir nehmen das positiv zur Kenntnis.
Meine Damen und Herren! Was kommt nach Sinkflug? Ich habe gesagt, die Zahlen befinden sich im Sinkflug. Noch 2899 Wohnungen wurden 2007 fertiggestellt – das sind die Antworten Ihrer Behörde, hier nachzulesen. Frau Hajduk, ich weiß, dass die Verunsicherung in Ihrer Behörde im Moment besonders groß ist, da die Zahlen für 2008 noch dramatisch schlechter werden; das wissen Sie. Die Frage ist, und da sind wir sehr gespannt, wie Sie es verpacken. Nach Sinkflug kommt, ich arbeite in der Luftfahrtbranche, die Bruchlandung. Die Zeche werden, das sehen wir mit Erschrecken, die Mieterinnen und Mieter in dieser Stadt zahlen, möglicherweise auch Sie, weil Sie irgendwann natürlich an Ihrer Politik gemessen werden. Ich gebe Ihnen ein ganz praktisches Beispiel, wie in Hamburg Wohnungsbau betrieben wird beziehungsweise, ich wiederhole mich, Wohnungsverhinderungsbau. Ich bin Organmitglied einer großen Hamburger Baugenossenschaft und diese große Hamburger Baugenossenschaft – dass die CDU das Wort wahrscheinlich noch nie gehört hat, wundert mich gar nicht – versucht seit fünf Jahren, im innerstädtischen Bereich in der Grabenstraße direkt an der Messe 42 Wohneinheiten zu realisieren. Ich weiß nicht, wie man das anders als Wohnungsbauverhinderungspolitik nennen soll. Dank des Einsatzes von Bezirksamtsleiter Markus Schreiber kommen wir nun voran.
(Beifall bei der SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Wer regiert denn im Bezirk-Mitte! Fra- gen Sie mal Herrn Schreiber!)
Wir erwarten von Ihnen – insofern sind wir froh, Frau Senatorin, dass Sie uns hier die Hand ausstrecken – ein proaktives Vorgehen der Behörde in Bezug auf den Wohnungsbau. Wir brauchen dreierlei. Wir brauchen eine Bau-, Flächen- und Verwaltungsoffensive. Wir brauchen mehr Wohnungen und insbesondere, darauf ist auch niemand eingegangen, mehr Wohnungen im Geschosswohnungsbau.
Es geht zweitens um die Frage einer Flächenoffensive, nämlich intelligente Flächenbereitstellung statt Höchstpreisverfahren, bei denen nur diejenigen zum Zuge kommen, die sich die Filetstücke in dieser Stadt leisten können. Es bedarf also einer konzertierten Aktion aus Politik und Wohnungswirtschaft. Herr Roock, Sie haben auf Ihr geradezu freundschaftliches Verhältnis mit der Wohnungswirtschaft hingewiesen. Das sind die offiziellen Statements, wir wissen, wie es inoffiziell aussieht. Die Zusammenarbeit im zwischenmenschlichen Bereich ist geradezu tadellos, das kann ich auch gut verstehen bei einem so sympathischen Kollegen wie Ihnen. In der inhaltlichen Frage jedoch ist es desaströs, die Wohnungswirtschaft beklagt das übrigens seit Jahren, und das ist nicht das Versäumnis der GAL, sondern das geht auf Ihr Konto.
Und dann brauchen wir eine Verwaltungsoffensive. Da habe ich die Ausführungen von Senatorin Hajduk mit Freude zur Kenntnis genommen. Übrigens findet überhaupt keine Flächenbereitstellung statt, sondern es handelt sich um reines Planrecht, das wissen Sie, Herr Roock, sagen es hier aber natürlich nicht. Wir brauchen eine Flächenoffensive, um Hamburg wieder attraktiver zu machen für Geschosswohnungsbau, für Mietwohnungsbau und vor allem für jene Menschen in dieser Stadt, die nur ein mittleres Portemonnaie haben. Dass die GAL sich mittlerweile längst von dieser Klientel verabschiedet hat, haben wir mitbekommen.
Wir stehen an der Seite. Wir haben gestern ein Angebot vorgelegt. Die zehn Punkte sollten Sie jetzt abarbeiten. Bis Punkt acht sind Sie schon gekommen, die letzten zwei werden wir Ihnen noch mit auf den Weg geben. Wir werden sehr genau darauf achten, Frau Senatorin und verehrte Koalition, wie die Zahlen Mitte Mai aussehen. Dann werden die Zahlen von 2008 wohl vorhanden sein und dann werden wir uns erneut hier wiedersehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es fällt mir jetzt ein bisschen schwer, hier noch einmal zu entgegnen.
Aber mein Chef hat gesagt, ich solle es tun. Sie bringen hier Dinge an, die Herr Lieven in der letzten Legislatur genannt hat. Er ist ein sehr ge
schätzter Kollege, nur haben wir hier andere Zeiten, wir haben andere Rollen. Sie können meinetwegen auch über 1895 reden, aber das ist vorbei. Nach noch nicht einmal einem Jahr sagen Sie, die neue Koalition wäre mit ihren Zielen gescheitert.
Dabei wissen Sie oder sollten zumindest wissen, dass die Periodik am Wohnungsmarkt ungefähr zwei Jahre dauert. Das heißt also, die Zahlen, die wir jetzt haben, basieren auf den Grundlagen der letzten Legislaturperiode. Wenn wir jetzt etwas Neues aufbauen, dann wird es auch wieder zwei Jahre dauern, bis es frühestens greift. Das sollten Sie eigentlich wissen. Was Sie hier ablassen, ist vielleicht für das Fernsehen oder für die Presse oder wofür auch immer, aber es hat mit der Sache nichts zu tun.
Wir sind uns einig darüber, dass wir mehr Einheiten brauchen, und es ist angekündigt, dass wir im April das Programm bekommen werden und darüber können wir dann auch reden. Sie sagen, wir machten Klientelpolitik mit den Baugemeinschaften, aber wenn 20 Prozent der städtischen Flächen, die wir an Baugemeinschaften vergeben und die auch abgenommen werden, an die GAL-Klientel gingen, dann würden wir uns wahrscheinlich nicht in der Minderheitenposition befinden, in der wir jetzt sind.
Wir haben mit vielen anderen – vielleicht auch mit Ihnen – und auch mit dem Koalitionspartner erkannt, dass Baugemeinschaften letztlich das soziale Umfeld stabilisieren und wir erreichen können, dass Menschen in einer Qualität wohnen können, in der sie vielleicht sonst nicht wohnen könnten, dass vielleicht sogar Menschen Eigentum bilden können, die dazu sonst nicht in der Lage wären. Das ist für die Stadt eine sehr sinnvolle Investition. Insofern sollten Sie das als ein Konzept würdigen, das für die Stadt etwas Positives bewirkt, und das ist nicht exklusiv für Leute, die die GAL wählen. Wenn Sie einen Antrag stellen und selber gerne in einer Baugemeinschaft wohnen möchten, glaube ich nicht, dass Sie aufgefordert werden, Ihr GALMitgliedsbuch vorzulegen, Herr Grote,
abgesehen davon, dass Sie auch keines haben. Aber das empfinde ich in diesem Fall auch nicht als Mangel.
Es ist im Prinzip alles gesagt zu Ihrem Zehn-Punkte-Programm. Es hat sich schon sozusagen erledigt und wir werden das dann ernsthaft diskutieren, wenn uns die Planung der Behörde auf dem Tisch liegt.