Wir hätten auch gerne schon 2001, zu einem Zeitpunkt, als noch niemand das voraussehen konnte, die Weitsicht gehabt zu sagen, das müssen wir abbauen; das hatten wir nicht.
Wir hatten ein Geschäftsmodell, zu dem Heide Simonis, die jetzt vielleicht etwas lockerer ist, um über solche Dinge nachzudenken, am Montag im NDR gesagt hat: Wir waren alle sehr zufrieden mit den Renditen, die wir erwirtschaftet haben.
Ist das Ganze eigentlich für einen Skandal, den Sie gerne hätten, geeignet? Dies wäre so, wenn es ein Einzelfall wäre, wenn es diese eine Bank wäre, die nicht in der Lage ist, in dieser Finanzwelt zu existieren und die Fehler über Fehler gemacht hätte. Es ist aber nicht so, dass die HSH Nordbank die erste oder einzige war, sie hat die Kette nicht in Gang gesetzt. Es ist richtig, dass ab dem Zeitpunkt, wo Lehman Brothers vom Markt war, diese Bank das auch nicht mehr aufhalten konnte, genauso wenig wie viele andere. Es ist eine weltweite Krise, es ist eine schwere Krise und es ist für uns alle ein ziemlicher Schock. Ich kann nur hoffen, dass es ein heilsamer Schock wird.
Aber wir haben Dinge gelernt, die wir vorher nicht wissen konnten. Hätten wir es gewusst – ich habe das neulich schon gesagt –, wären wir entweder alle Weltretter oder unverschämt reich. Es ist natürlich auch ein bisschen lustig, dass wir uns in Deutschland Sorgen darum gemacht haben, ob Lottospielen süchtig macht, und wir gesagt haben, wir können es nicht völlig ausschließen, und ein riesiges Bohei gemacht haben, um das in den Griff zu bekommen. Und wir haben weltweit nicht in den Griff bekommen, dass das Wetten auf Kurse doch eine gewisse Verwandtschaft zum Wetten auf Pferde hat.
Das ist ein Fehler gewesen, aber ein Fehler, den viele gemacht haben und wobei man auch sagen muss: In Europa haben wir im Banksektor mit Brüssel I und Brüssel II unsere Hausaufgaben gemacht. Das Problem ist, dass in anderen Ländern das in diesem Maßstab nicht gemacht worden ist. Damit will ich nicht globale Schuldzuweisungen an die USA oder Ähnliches betreiben, ich möchte nur einmal sagen: Unser System ist deutlich besser und das merken wir auch in der Krise. Denn unser System mit den Sparkassen, den Genossenschaftsbanken, den privaten Banken und den Landesbanken ist wesentlich stabiler als das in anderen Ländern. Und das sind nicht nur kleine Länder wie Island, die in große Schwierigkeiten gekommen sind. Wir stehen in dieser Krise – das muss man einmal festhalten – wesentlich besser da als die anderen. Trotzdem trifft uns das tief.
Sie können sicher sein, dass wir uns darum Gedanken machen. Wir machen uns auch Gedanken zu den Folgen. Wir sind jetzt dabei, im Zuge eines Konjunkturprogramms, zu sagen, wir werden vermutlich das komplementär zu Finanzierende nicht mehr ohne Verschuldung hinbekommen. Glauben Sie, das macht uns Spaß? Wir könnten natürlich sagen: Es sind nur 70 Millionen Euro, das ist auch nicht viel. Aber das wollten wir partout nicht. Insofern ist das eine Entwicklung, die uns allen extrem nahe geht.
ganz klar: Für mich ist Frau Nümann-Seidewinkel, mit den Bankgeschäften in ähnlicher Funktion wie Dr. Freytag vertraut, nicht schuldig. Heide Simonis halte ich – darauf würde ich immer plädieren – für nicht schuldig, Karin Roth nicht und auch nicht Ihren Bürgermeister Thomas Mirow. Bitte bleiben Sie auf der Sachebene und unterstützen Sie uns dabei.
Sie wissen, wir haben alles getan, wir haben KPMG beauftragt und wir werden diese Unterlagen bekommen. Man muss festhalten: Zu jedem Zeitpunkt haben dieser Senator und dieser Senat uns informiert und damit meine ich nicht bloß meine Fraktion, sondern auch Ihre Fraktionen. Das haben wir schon oft genug erläutert, sei es im Haushaltsausschuss oder in persönlichen Gesprächen mit den haushaltspolitischen Sprechern. – Herr Neumann, wenn Sie den Kopf schütteln, dann scheint die Distanz räumlich zwischen Ihnen zu groß zu sein für Kommunikation. Dafür kann ich nichts.
Wir sind – und damit meine ich Sie alle – immer informiert worden. Und Sie wissen, dass natürlich man im August nur über das berichten kann, was im August berichtet werden kann. Danach ist etwas passiert und danach gab es eine andere Sachlage.
Doch, wir haben uns beeilt. Man hätte nämlich die Quartalszahlen abwarten können. Das hätte noch zwei Monate gedauert, Herr Grund. Und das hätte man auch begründen können.
Der Senator hat das nicht getan und hat umgehend am nächsten Tag – oder vielleicht am übernächsten Tag, das war es dann aber auch schon – uns informiert, und zwar alle Fraktionen. So werden wir das auch weiter halten und wir werden uns bemühen und alles tun mit Ihrer Hilfe – oder leider dann ohne, aber auch dann werden wir es schaffen –, diese Stadt von Schaden freizuhalten und gut durch diese Krise zu steuern. Das ist unsere Aufgabe und es wäre auch Ihre, uns dabei zu unterstützen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir befinden uns inmitten einer weltweiten Finanzkrise, die zu absurd hohen Verlusten und Belastungen für viele geführt hat und die im Moment dabei ist, die Konjunktur und die Wirtschaft in einen Abgrund zu reißen. Alle Beteiligten sind jetzt gefragt dieser Krise zu begegnen. Da
diese Krise von den Banken ausgegangen ist, ist natürlich auch die Frage, wie es mit der HSH Nordbank aber auch mit dem Landesbankensystem insgesamt und auch mit den anderen Banken weitergeht. Denn eins ist klar: Wenn wir die Bankenkrise nicht in den Griff bekommen, dann wird es für die wirtschaftliche Entwicklung und für Tausende und Millionen Arbeitsplätze nicht nur in Deutschland ganz schlecht stehen.
Wenn man sich die Daten und Nachrichten in den Finanz- und Wirtschaftsblättern anschaut, muss man feststellen, dass wir jetzt nach anderthalb Jahren Finanzkrise keineswegs am Ende angekommen sind, sondern dass eine weitere Runde an weltweiten Abschreibungen bei Banken droht, die weitere Banken drohen in den Abgrund und an den Rand der Insolvenz zu reißen, und dass mittlerweile Währungen anfangen abzustürzen und auch Volkswirtschaften unter Druck geraten, bei denen man sich das vor wenigen Monaten noch nicht hat vorstellen können. Heute gibt es Berichte über ein abstürzendes Pfund und zumindest Spekulationen, die man nicht mehr ausschließen kann, dass eventuell Großbritannien den gleichen Weg gehen könnte wie Island.
Das zeigt sehr deutlich, welch dramatische Situation wir bewältigen müssen, nicht nur bei der HSH Nordbank. Sie als Opposition haben heute in Ihrem Beitrag sich entschieden, wie Sie dieses Thema zu diskutieren gedenken.
Sie haben Ihren Beitrag unter die Maßgabe gestellt, wer schuld ist. Das können Sie natürlich so tun in dieser Situation. Das zeigt auch sehr stark, welches Selbstverständnis als gewählte Volksvertreter Sie pflegen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir Grüne in diesem Parlament sehen unsere Rolle in dieser wirklich schlimmen Situation als eine andere.
Wir werden uns als erste Priorität darauf konzentrieren, Lösungsansätze zu entwickeln, die dazu führen sollen, Hamburg und die Steuerzahler vor weiteren Risiken zu schützen und dafür zu sorgen,
dass die finanziellen Lasten, die unzweifelhaft im Moment groß sind, nicht noch größer werden. Wenn man verantwortungsvoll handelt, muss das auch die erste Priorität sein und ich bin froh, dass wir mit diesem Senat dabei einer Meinung sind.
Wenn Sie, Herr Tschentscher, die Frage stellen, wie es denn war, dann muss man doch einfach feststellen, dass wir im Moment in einer Situation
sind, wo die Wahrheit und die Tatsachen sich nicht nur täglich, sondern teilweise sogar stündlich weiterentwickeln. Das macht das Reagieren darauf und Lösungsansätze für diese Bank aber auch für die Wirtschaft zu finden nicht einfacher. Darum möchte ich Ihnen für meine Fraktion nicht die Lösung präsentieren. Ich möchte Ihnen auch nicht sagen, welchen Weg wir jetzt gehen müssen, damit alles gut wird. Ich glaube, das könnte im Moment keiner sagen. Aber ich möchte Ihnen ein paar Prinzipien und ein paar Grundsätze darstellen, die aus unserer Sicht notwendig sind, wenn es darum geht, die aktuelle Situation zu bewerten und auch mögliche Schritte zur Bewältigung dieser Situation und Lösungsschritte zu erarbeiten, wie denn die HSH Nordbank in Zukunft aufgestellt werden muss, damit die Risiken und die Lasten, die im Moment angefallen sind, in Zukunft nicht noch größer werden.
Der erste Punkt ist ein ganz wichtiger. Denn die HSH Nordbank ist mit ihrem Geschäftsmodell nicht eine Landesbank wie viele andere. Sie hat sich weiterentwickelt, sie hat einen öffentlichen Anteil, einen Mehrheitseigner, sie hat aber ein klar umrissenes Geschäftsfeld mit Schiffsfinanzierungen, Transport und erneuerbaren Energien, was sie sehr stark zu einer Spezialbank gemacht hat. Und auch der Weg, der einvernehmlich in diesem Haus beschritten wurde, sie an die Börse zu bringen, deutete an, dass das ein anderes Modell sein sollte, als viele andere Landesbanken es immer noch haben, die noch nicht so genau wissen, wohin sie wollen.
Nichtsdestotrotz ist für uns Grüne eines vollkommen klar. Für eine Bank, die im Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand ist, gelten strengere Regeln und strengere Kriterien in ihrem Geschäftsgebaren, als es die Ackermänner dieser Welt für die Banken, die sie zu verantworten haben, für nötig halten. Ich glaube, das ist erst einmal eine wichtige Botschaft auch für die Bevölkerung in dieser Stadt.
(Beifall bei der GAL, der CDU und vereinzelt bei der SPD – Michael Neumann SPD: Und was hat das für eine Konsequenz?)
Wir werden bei der Neuausrichtung der Bank darauf achten, dass das auch in Zukunft handlungsleitend ist.
Zweitens: Es kann nicht sein, dass, wenn es um die Sanierung dieser Bank geht, es allein die öffentliche Hand, die beiden Bundesländer, sind, die die Risiken und Lasten zu schultern haben. Es kann nicht sein, dass die öffentliche Hand die Risiken auf sich nimmt, die Bank saniert und private oder andere Anleger, die sich nicht an diesen Anstrengungen beteiligen, dann finanziell profitieren. Ich glaube, das ist die zweite wichtige Botschaft, die man einmal festhalten muss, wenn es um die Bewertung von zukünftigen Lösungsansätzen geht.
Drittens ist es auch wichtig zu sagen: Es ist nicht nur das Problem der HSH Nordbank, wo einzelne Vorstände oder Aufsichtsratsmitglieder vielleicht Fehler gemacht haben – wobei ich gar nicht sagen will, das so etwas nicht vorgekommen ist –, sondern wir haben es mit einer weltweiten Finanzmarktkrise, wo auch das Selbstverständnis des Bankensektors in der Kritik und in der Krise steht, und mit einer Situation zu tun, in der die Rettungsmaßnahmen für die HSH Nordbank nicht allein Sache der beteiligten Länder sein können. Was für bundesweit tätige Geschäftsbanken gilt, nämlich dass auch der Bund dort einen maßgeblichen Beitrag zur Rettung leisten muss, das muss natürlich auch für eine weltweit agierende Bank wie die HSH Nordbank gelten, die wichtige volkswirtschaftliche Funktionen nicht nur im norddeutschen Raum ausübt. Insofern kann es nicht sein, dass nur der Garantieschirm vom Bund bereitgestellt wird, sondern auch wenn es darum geht, das notwendige Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, um diese Bank weiterhin aufrechtzuerhalten, muss der Bund in diesem Bereich in die Pflicht genommen werden. Ich glaube, das wäre auch eine wichtige Forderung, bei der wir uns in diesem Haus einig sein sollten.
(Beifall bei der GAL, der CDU und bei Mi- chael Neumann [SPD] – Michael Neumann SPD: Freytag sieht nicht gerade glücklich aus dabei!)
Beim vierten Punkt, wenn es darum geht, wie es mit der Bank weitergehen soll, müssen wir bis Ende Februar gegenüber der SoFFin, die 30 Milliarden Euro Garantiesumme zur Verfügung gestellt hat, ein neues Geschäftsmodell vorstellen, das sicherstellt, dass diese Bank in Zukunft ein solides Fundament hat und die Risiken, die in der Vergangenheit entstanden sind, nicht wieder entstehen. Dabei ist für uns Grüne eins besonders wichtig. Diese Prüfung der Geschäftsmodelle darf keine Tabus kennen. Dort kann es nicht nur darum gehen, welche Geschäftsfelder man aufrechterhält und welche Dinge man in Zukunft vielleicht nicht mehr besetzen will. Sondern es muss auch darum gehen, ob die HSH Nordbank als eigenständige Bank überhaupt noch eine Zukunft haben kann.
Es muss auch darum gehen, ob in dem Bereich Fusionen mit anderen Landesbanken notwendig wären, obwohl wir natürlich wissen, dass in dieser Krise die Fusion von Banken schwierig ist. Selbst bei gesunden Banken wäre es in dieser Situation eine schwierige Operation, eine Fusion durchzuführen. Aber nichtsdestotrotz muss man diese Möglichkeit prüfen. Und letztlich, wenn man eine sehr beschränkte und kleiner werdende Bank mit
bestimmten Geschäftsfeldern sich anschaut, muss sich Hamburg auch die Frage stellen, ob das noch eine Bank ist, die einen öffentlichen Auftrag vertritt, und ob es überhaupt noch langfristig notwendig ist, dass die Hansestadt Hamburg an diesem Institut beteiligt ist. Das sind für uns alles Fragen, die geklärt werden müssen und wo Antworten gefunden werden müssen. Ich kann ehrlich sagen: Wir haben die Antworten noch nicht, weil man dafür Daten braucht. Das KPMG-Gutachten wird uns in diesem Bereich hoffentlich weiterhelfen.
Aber selbst wenn man zu dem Ergebnis kommen würde, dass vielleicht langfristig ein Schiffsfinanzierer und Transportfinanzierer gar keine öffentlichen Anteilseigner mehr braucht, ist eines klar. Diese ordnungspolitische Grundsatzentscheidung wird uns in der jetzigen Situation nicht weiterhelfen. Denn die Sanierung dieser Bank wird uns niemand abnehmen. Niemand würde die Bank im Moment geschenkt nehmen. Es ist Aufgabe der Politik, jetzt Lösungsansätze zu finden, die den Weg aus der Krise weisen, und langfristig die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Aber kurzfristig können wir alle finanziellen Risiken nicht ausschließen. Wir können sie nur durch vernünftige Entscheidungen für die Zukunft begrenzen. Ich würde mir erhoffen, dass wir unsere Aktivitäten und unsere Energien auf diese Frage beschränken, denn die Krise ist noch nicht vorbei. Es kann noch schlimmer werden. Wir müssen jetzt vernünftige Entscheidungen treffen. Das hat jetzt erste Priorität.
Ich will aber nicht leugnen, dass dann zu einem späteren Zeitpunkt Verantwortlichkeiten geklärt werden müssen. Aber wir müssen im Moment dafür sorgen, dass die Bankenkrise und die Krise der HSH Nordbank den öffentlichen Haushalt und auch die Steuerzahler nicht noch weiter in den Abgrund treibt. Wir werden uns dieser Aufgabe stellen. Ich würde mich freuen, wenn wir alle gemeinsam an dieser Aufgabe arbeiten würden. – Vielen Dank.