Protocol of the Session on April 2, 2008

(Michael Neumann SPD: Geht das überhaupt?)

Das ist politisch gesehen nicht nur bemerkenswert, sondern auch nicht zu akzeptieren und rechtlich gesehen äußerst zweifelhaft. Wir erwarten vom Präsidenten, dass er diese Drucksache zurückzieht.

(Beifall bei der SPD-Fraktion)

Er wäre sowieso gut beraten, sich seiner eigenen Auffassung und der seiner Fraktion aus dem Jahre 2004 anzuschließen. Wir hatten im Jahre 2004 mit der SPDAbgeordneten Barbara Brüning - damals stellvertretendes Mitglied im Ausschuss der Regionen - den gleichen Fall. Es ging damals wie heute auch um die Frage, wann ein solches Mandat abgelaufen ist und ob neu gewählt werden muss. Der Präsident selbst und die CDU haben diese Frage mit Ja beantwortet und alle Fraktionen haben sich nach strittiger Diskussion im Verfassungsausschuss dieser Auffassung angeschlossen. Ich darf einmal zitieren, damit man das glaubt. Es gibt eine Unterrichtung des Präsidenten von damals - Unterschrift: Berndt Röder, Präsident -, in der es heißt:

"Zum anderen bestimmt sich das Erlöschen des nationalen Mandats allein nach nationalem Recht. Daraus wäre meiner Ansicht nach zu schlussfolgern, dass sich im vorliegenden Fall die Beendigung des Bürgerschaftsmandats des bisherigen stellvertretenden Mitglieds im AdR nach dem hamburgischen Verfassungsrecht richten müsste. Damit ist der Grundsatz der parlamentarischen Diskontinuität als Ausfluss des demokratischen Prinzips in unserer Verfassung ausdrücklich niedergelegt. Demzufolge wäre (…) das AdR-Mandat mit Ende der gesamten Wahlperiode erloschen."

Das ist die Position der CDU und des Präsidenten vor wenigen Jahren gewesen. Herr Reinert hat das in der Ausschussdebatte bestätigt. Er hat sich zunächst auf die damalige Bürgerschaftspräsidentin Frau Dr. Stapelfeldt berufen, die etwas vorgelegt hatte, und sagt:

"Dann heißt es, dass nach dem Nizza-Vertrag die Amtszeit der AdR-Mitglieder mit dem Ablauf der Wahlperiode endet."

Das heißt also, wenn das Parlament, welches sie entsendet, neu gewählt wird.

Diese Auffassung hat auch der neue Bürgerschaftspräsident vertreten und es gibt keinerlei begründete rechtliche Zweifel. Das sind die Positionen der CDU, aber das ist auch die Position aller anderen gewesen. Es gab eine strittige Diskussion im Verfassungsausschuss, aber alle Fraktionen haben sich dann dieser Auffassung angeschlossen. Ich darf die CDU und auch den Präsidenten fragen, warum diese demokratische Anforderung nicht heute gelten soll und gelten muss und

(Beifall bei der SPD-Fraktion)

warum die Bürgerschaft in diesem Falle übergangen werden und hier nicht gewählt werden soll. Damit sind Sie aus unserer Sicht politisch völlig unglaubwürdig geworden.

Der Generalsekretär, auf den Sie sich auch berufen haben, hat noch etwas gesagt und das ist auch Ihrer damaligen Drucksache zu entnehmen und das gilt auch heute noch. Er hat gesagt - ich zitiere aus der damaligen Drucksache -:

"Die Frage, zu welchem Zeitpunkt das im AdR zugrunde liegende nationale Mandat abgelaufen ist, ist nach Auskunft des Generalsekretariats allein nach nationalem Recht zu beantworten."

Das gilt auch heute noch. Wenn diese Drucksache nicht zurückgezogen und wenn hier nicht gewählt wird, hat Herr Harlinghausen aus unserer Sicht keine politische Legitimation für eine Arbeit im AdR.

Kommen Sie mir bitte nicht mit der Feststellung des Rats in einem Antwortschreiben an den Ausschuss der Regionen vom 27. Mai 2005. Das steht auch wortwörtlich in dieser jetzt hier vorliegenden Drucksache. Alle Gesprächspartner in Brüssel, die fachlich zuständig sind, haben mir versichert, dass es zwar eine europäische Anforderung gibt, aber die Frage der politischen Legitimation nach nationalem Recht beantwortet werden muss. Der Präsident und alle Fraktionen haben diese Frage beantwortet. Ziehen Sie diese Drucksache bitte zurück. Sie haben einen Fehler gemacht. Das kann jedem passieren. Wir werden an dieser Stelle nicht lockerlassen.

(Beifall bei der SPD-Fraktion und vereinzelt bei der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Hesse.

(Uwe Grund SPD: Was geht uns das Geschwätz von gestern an?)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Frank, meine Damen und Herren, die eben so fleißig geklatscht haben! Es ist immer ein bisschen schwierig, wenn man

rechtliche Auslegungen politisch bewerten soll, insbesondere wenn man kein Jurist ist. Aber lieber Kollege Frank, seit 2004 hat sich in dieser Frage tatsächlich etwas getan, es hat Veränderungen gegeben. Ich denke, dass Ihre Aufregung, die Sie hier am Podium gezeigt haben, deswegen auch nicht nachzuvollziehen ist, da die Situation aus Sicht der Union mittlerweile eindeutig geklärt ist. Die Entscheidung im Jahre 2004, auf die Sie reflektiert haben, über den eventuellen Verlust eines Mandats, erfolgte auf der Grundlage des bereits von Ihnen erwähnten Artikels 263 des Vertrags von Nizza und entsprach tatsächlich der damaligen Lage. Es ist richtig, dass diese Auslegung strittig war und seitdem natürlich auch diskutiert wurde.

Auch in anderen Mitgliedsstaaten gab es unterschiedliche Auffassungen. Es gab ähnliche Fälle, also gab es die rechtliche Klärung seit 2004. Aufgrund dieser Auslegungsschwierigkeiten wurde der Europäische Rat vom AdR auch zu einer Klarstellung aufgefordert.

Ende Mai 2005 hat der Rat geantwortet - Sie sprachen es bereits an -, dass er bei der Prüfung dieser Fälle – damit wahrscheinlich auch des Hamburger Falls – im Lichte der seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Nizza gesammelten Erfahrungen zu den Schlussfolgerungen gekommen ist, die der Präsident auch in der Drs. 19/50 wirklich wiedergegeben hat und die eine Neubestellung nicht erfordern.

Anders verhält sich die Sachlage bei der Nominierung der Stellvertretung, die auch den geklärten Verfahren entsprechend durchgeführt wird.

Übrigens wurde während der Geschäftsführung des AdR die Neufassung vom Februar 2007 um diesbezügliche Auslegungsregeln ergänzt. Dieser nach Klärung neu erstellten Auslegungsauffassung des Rats und der Regelung in der AdR wurde seitens der Bürgerschaftskanzlei und des Präsidenten gefolgt. Mehr ist aus Sicht der Union auch nicht erforderlich.

Wir gehen davon aus, dass der Präsident daher in der Drucksache - er ist übrigens auch Jurist, insofern macht mich das besonders sicher -

(Zurufe von der SDP-Fraktion: Oh, oh! - Ingo Egloff SPD: Uns nicht!)

die Rechtslage richtig erkannt und umgesetzt hat. Wir sehen daher nicht den Bedarf, hier eine Änderung vorzunehmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU-Fraktion)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Maaß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben zwei unterschiedliche Rechtsauffassungen gehört, die für mich beide - das möchte ich nicht verhehlen - eine gewisse Plausibilität erweckt haben. Das ist hier aber nicht abschließend zu beurteilen. Nun bin ich zufälligerweise Jurist, aber das überfordert mich auch in einer solchen Situation.

(Michael Neumann SPD: Das ist für einen Juristen selten, dass er das zugeben kann! - Zurufe von den Fraktionen GAL und SPD)

Deswegen würde es meinem juristischen Verständnis entsprechen, die Gelegenheit zu nutzen, um diese Frage

noch einmal in Ruhe zu erörtern. Sicherlich ist dafür nicht das Plenum der richtige Ort, sondern der Verfassungsausschuss. Insofern ist unser Wunsch, diese Drucksache an den Verfassungsausschuss zu überweisen. Es geht nicht darum, darüber abzustimmen, ob Herr Harlinghausen in den AdR geschickt werden soll, sondern es geht um die Frage, die hier in den Raum gestellt wurde, ob das Verfahren, wie es vom Präsidenten in der Drucksache dargestellt wurde, korrekt war oder nicht. Das muss man jetzt - auch im Hinblick auf die Zukunft - quasi nachträglich erörtern. Insofern beantragen wir, die Drucksache an den Verfassungsausschuss zu überweisen.

(Beifall bei den Fraktionen GAL und SPD und bei Hans-Detlef Roock CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich lasse zunächst über den Überweisungsantrag dieser Drucksache an den Verfassungsausschuss abstimmen.

Wer möchte so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 22, Drs. 19/25, Antrag der SPDFraktion: Gute Arbeit verdient faire Löhne - Hamburg setzt sich für einen gesetzlichen Mindestlohn ein.

[Antrag der Fraktion der SPD: Gute Arbeit verdient faire Löhne – Hamburg setzt sich für einen gesetzlichen Mindestlohn ein - Drs. 19/25 -]

Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion an den Verfassungsausschuss überweisen. Wer möchte so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Tagesordnungspunkt 23, Antrag der SPD-Fraktion, Drs. 19/26: Gute Entlohnung für gute Arbeit für die Hamburger Ratsdienerinnen und Ratsdiener.

Antrag der Fraktion der SPD: Gute Entlohnung für gute Arbeit für die Hamburger Ratsdienerinnen und Ratsdiener - Drs. 19/26 -]

Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion ebenfalls an den Verfassungsausschuss überweisen. Wer möchte so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Ich beende die Sitzung und wünsche Ihnen einen schönen Heimweg.

Schluss: 18.14 Uhr

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Hinweis: Die mit * gekennzeichneten Redebeiträge wurden in der von der Rednerin beziehungsweise vom Redner nicht korrigierten Fassung aufgenommen.

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In dieser Sitzung war nicht anwesend: die Abgeordnete Hanna Gienow.

Anlage

N E U F A S S U N G