Protocol of the Session on April 2, 2008

(Beifall bei der SPD-Fraktion)

Das Wort erhält der Abgeordnete von Frankenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ihr Antrag ist leicht zu durchschauen. Es geht Ihnen weniger um die Sache, die ist gar nicht so vordringlich, sondern Ihr Ziel ist, ein bisschen Sand in die Koalitionsverhandlungen zu streuen. Das haben Sie sich wahrscheinlich so gedacht. Das ist auch legitim und können Sie gerne machen. Das würden wir vielleicht an Ihrer Stelle auch versuchen, aber ich kann Ihnen versichern, dass Ihnen das nicht gelingen wird.

(Beifall bei der CDU-Fraktion - Carola Veit SPD: Zum Thema!)

Wir werden in Ruhe und unaufgeregt die Verhandlungen fortsetzen und dann freue ich mich schon auf die weitere Debatte mit Ihnen. Da werden wir noch genug Gelegenheit haben, ins Gespräch zu kommen. Frau Ernst sprach davon, dass das Fenster nur kurze Zeit da wäre. Ich kann Ihnen nur sagen, dass das Fenster für solche Showanträge mit Sicherheit zu ist, denn das macht hier keiner mit.

(Beifall bei der CDU-Fraktion - Michael Neumann SPD: Aber, dass Sie schon etwas für die GAL erklären, hätte ich nicht gedacht!)

Zu dem, was Sie, Frau Veit, zu der Sache mit der Mehrheit gesagt haben: Spätestens nach den Äußerungen der Genossin Schneider zur Tibet-Frage muss ich sagen, dass ich mich über die Mehrheit, die Sie da aufbauen, nur erschrecken kann.

(Beifall bei der CDU-Fraktion - Michael Neumann SPD: Ich sage nur ein Wort: Schill!)

Wünschen Sie das Wort, Frau Abgeordnete Blömeke? Das Wort hat die Abgeordnete Blömeke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion. Inhaltlich liegen Sie mit Ihrem Antrag wirklich voll im Trend. Das muss man eindeutig sagen, denn Sie konnten es alle lesen, hören und sehen und Frau Veit hat es eben auch gesagt: Wenn es zu einer schwarzgrünen Koalition kommt, dann ist das kostenfreie Jahr vor der Schule beschlossene Sache, egal, ob in der Kita oder in der Schule. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich ein entscheidender Durchbruch im Bereich der frühkindlichen Bildung. Das wissen wir alle.

(Beifall bei der GAL-Fraktion)

Deshalb, meine Damen und Herren von der SPDFraktion, sind Ihre inhaltlichen Ausführungen in dem Antrag auch durchaus richtig. Wesentliche Weichenstellungen erfolgen vor der Grundschule, Bildung darf nicht vom Geldbeutel abhängig sein. Das sind alles Forderungen, die wir schon lange aufgestellt haben. Das politische Ziel ist also klar und war uns übrigens schon vor vielen Jahren klar. Frau Veit, ich war in der letzten Legislatur oft mit Ihnen einer Meinung, aber sich jetzt hier hinzustellen und zu sagen, die SPD sei stolz, weil sie wieder die Richtung für die Kita vorgegeben habe, ist doch ein bisschen nach dem Motto "sich mit fremden Federn schmücken".

Ich will einmal darauf hinweisen, gerade auf für die LINKEN, die noch nicht so in der Historie drin sind:

(Dr. Michael Naumann SPD: Die LINKEN sind die Historie!)

Bereits 2002 hat die GAL einen Antrag "Bildungsjahr 5 plus gestalten" gestellt. In den Haushaltsberatungen 2004 gab es ebenfalls einen Antrag von uns, das letzte Jahr vor der Schule kostenfrei zu machen. So ging es dann im Laufe der gesamten Legislatur weiter.

Kommen wir doch noch einmal auf Ihren Antrag zurück. Inhaltlich ist er voll im Mainstream der grünen Politik, aber er hat einen entscheidenden Haken und den haben wir auch schon bei den Studiengebühren besprochen: Er macht keinerlei Aussagen über Finanzierung. Das, meine Damen und Herren, sehe ich wirklich als ein bisschen unsolide an. Mein Kollege Willfried Maier ist zwar nicht mehr da, aber das Erbe hat er irgendwie hinterlassen, dass wir da doch ein bisschen genauer hinsehen. In Ihrem Antrag ist dazu nirgendwo auch nur eine kleine Passage zu finden. Das kostenfreie Vorschuljahr kostet rund 15 Millionen Euro, das Mittagessen, das Sie fordern, 7 bis 8 Millionen Euro. Das sind mal eben 22 Millionen Euro. Das kann man nicht mal so per Fingerzeig abstimmen, sondern es ist üblich - das ist auch keine Notlösung und hat auch nichts damit zu tun, dass wir irgendwie in Bedrängnis sind -, dass das natürlich in den Ausschuss gehört, in dem so etwas beraten wird. Solche Finanzen kann man nicht einfach so abstimmen. Meine Kollegin Dr. Gümbel hatte schon gesagt, dass wir im Moment den Haushaltsausschuss nicht haben und es deshalb der Verfassungsausschuss ist. Politisch sind wir uns in dem Ziel sicherlich alle einig. Das Bildungsjahr wird kommen, kostenfrei in der Kita und in der Vorschule, wenn es zu dieser Koalition kommt. Wir sind uns inhaltlich auch mit der SPD-Fraktion einig und, ich glaube, wie ich es jedenfalls noch aus den Wahlkampfzeiten weiß, auch mit den LINKEN.

(Michael Neumann SPD: Herr Hackbusch weiß das sicherlich noch!)

Aber wir sollten uns doch an den parlamentarischen Ablauf halten und derartige Finanzsummen im Haushaltsausschuss beziehungsweise zunächst im Verfassungsausschuss beraten.

(Beifall bei der GAL-Fraktion)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Artus.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die LINKE wird den Antrag der SPD, ein kostenloses Mittagessen in Kitas zur Verfügung zu stellen und das letzte Jahr vor der Einschulung die Gebühren für den Kita-Besuch zu streichen, unterstützen. Es war eine unserer Forderungen in unserem Sofortprogramm zu den hamburgischen Bürgerschaftswahlen. Außerdem gibt es noch eine Partei in dieser Bürgerschaft, die dies gefordert hat, die GAL.

Ich finde, Ihr eiert hier heute ganz schön rum.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD-Fraktion)

Aus unserer Sicht sind diese beiden Maßnahmen ein erster Schritt aktiver Armutsbekämpfung. Hamburg kann

es sich eigentlich nicht leisten, kleine Schritte in dieser Frage zu gehen, denn die Armut in Hamburg verdient deutlichere Gegenmaßnahmen. Aber wir werden deswegen natürlich kleine Schritte nicht ablehnen. Ich kann Ihnen aber schon heute ankündigen, dass Sie für die kommenden Monate weitere Maßnahmen zur Entscheidung zur Armutsbekämpfung von der LINKEN vorgelegt bekommen.

Das warme Mittagessen kostet im Monat 13 Euro. Dieser Betrag erscheint auf den ersten Blick nicht hoch und in der Tat wurde eine entsprechende Kleine Anfrage der SPD im Dezember 2007 dergestalt beantwortet, dass 60 Cent pro Tag für ein warmes Mittagessen nicht viel seien. Das zeigt, dass der Senat keine Ahnung hat, was es heißt, arm zu sein.

(Beifall bei Wolfgang Joithe-von Krosigk DIE LINKE)

Es zeigt, dass der Senat auch noch bei den Ärmsten abkassiert. 13 Euro im Monat sind für einen Hartz-IVEmpfänger, für eine Hartz-IV-Empfängerin nicht selten eine glatte Überforderung. Die Abschaffung der Kostenpflicht ist deswegen überfällig. Es kommt aber hinzu - und deswegen ist das kostenlose Mittagessen in Kitas wirklich nur ein kleiner Schritt -, dass Nichterwerbstätige beim Kita-Zugang diskriminiert werden. Auch das muss beendet werden,

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

denn Kinder von Nichterwerbstätigen und Hartz-IVEmpfängerinnen und -Empfängern haben mitnichten, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft in Hamburg die gleichen Chancen auf frühkindliche Bildung, wie dies vor einiger Zeit in einer Senatsverlautbarung dargestellt wurde.

Der Hartz-IV-Tagessatz für Lebensmittel beträgt pro Kind 2,57 Euro. Davon kann kein Kind vernünftig und gesund ernährt werden. Das wissen wenigstens alle hier im Raum, die Kinder haben. Zumindest wissen es diejenigen, die einkaufen gehen und Mittagessen kochen. Das Geld reicht auch dann nicht, wenn für ein Mittagessen in einer Kita 60 Cent davon abgezogen werden. Erwerbslose Eltern haben keine Chance, ihre Kinder länger als fünf Stunden in eine Kita zu geben. Auf einen Krippen- oder Hortplatz haben sie gar keinen Anspruch. Kinder von Geringverdienerinnen und -verdienern und Erwerbslosen, die im Krippenalter sind, kippen schon ganz aus dem hamburgischen Betreuungssystem heraus. Ihnen fehlt die wichtigste Basis auf frühkindliche Förderung: das Lernen mit anderen Kinder unter pädagogisch geschultem Personal. Zudem gibt es noch viele Kinder, die nicht in eine Kita gehen oder unter drei oder über sechs Jahre alt sind, die aufgrund der ökonomischen oder auch psychischen Situation der Eltern keine gesunde warme Mahlzeit am Tag bekommen und auf Armenspeisung angewiesen sind, nicht etwa in einem DritteWelt-Land, sondern in dieser Metropole Hamburg.

Und dann kommt es auch immer darauf an, um welche Arbeit es sich handelt beziehungsweise welche Arbeitszeiten jemand hat, wie das Kind versorgt wird. Hier ist das Kindeswohl aufgrund dieses Gutscheinsystems vom Arbeitgeber der Eltern abhängig. Wenn eine Mutter oder ein Vater zum Beispiel einen Putzjob in einem Büro in der HafenCity hat, dann werden sie oder er diesen Job erledigen müssen, bevor das Büropersonal zur Arbeit kommt, das heißt, wir sprechen von Arbeitszeiten in den frühen

Morgenstunden. Wenn der Job dann um 9.00 Uhr oder 10.00 Uhr erledigt ist, muss das Kind wieder abgeholt werden, denn genau für diese Zeit wurde der Gutschein ausgegeben und nichts ist mit Mittagessen in einem Kindertagesheim.

A C

Hinzu kommt außerdem, dass die Ausstattung der Kitas und die Gehälter und Arbeitszeiten der Erzieherinnen und Erzieher davon abhängig sind, in welchem Stadtteil eine Kita liegt, denn in Stadtteilen mit hoher Erwerbslosigkeit gibt es weniger Acht-Stunden-Gutscheine und damit weniger Geld für Personal- und Sachausstattung. Das heißt, mit dem Gutscheinsystem wird Ungleichheit sogar noch forciert. Das ist Ihnen seit Jahren bekannt, sonst würden Sie sich hier und jetzt auch nicht unterhalten. Dennoch wird zugelassen, dass die Kinderarmut weiterhin steigt und die Auslese der Menschen schon stattfindet, bevor sie aus den Windeln heraus sind.

Wer hier noch von Chancengleichheit redet, hat den Blick für die Realitäten verloren. Oder ist das vielleicht sogar gewollt? Wollen Sie nur diejenigen fördern, wo die Eltern notfalls noch das Geld haben, kräftig in Nachhilfe zu investieren, damit es mit dem Abitur nach zwölf Jahren auch klappt, und die Studiengebühren kein Thema sind? Wir wollen, dass Krippen-, Kita- und Hortplätze in Hamburg kostenfrei sind ebenso wie das Mittagessen.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Fraktion DIE LINKE spricht sich außerdem dafür aus, das Gutscheinsystem durch einen freien bedarfsgerechten Zugang zur frühkindlichen Bildung und pädagogischen Betreuung zu ersetzen. Darin liegt die Verantwortung dieser Bürgerschaft und des neuen Senats und nicht darin, immer teurer werdende Leuchtturmprojekte wie die Elbphilharmonie zu initiieren.

B D

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Abgeordnete Böwer hat das Wort.

(Wolfgang Beuß CDU: Der hat doch Redeverbot!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Christiane Blömeke hat im Zusammenhang mit der heute zu beratenden Gesetzesänderung des Kinderbetreuungsgesetzes davon gesprochen, dass man sich im Erbe von Willfried Maier befände, jenem haushaltspolitischen Sprecher der letzten Legislaturperiode ihrer Fraktion. Das ist in Sachen Kita, liebe Christiane Blömeke, kein gutes Erbe.

(Christiane Blömeke GAL: Na, na!)

Willfried Maier hat dem Kinderbetreuungsgesetz in diesem Hause nicht zugestimmt, daran können wir uns erinnern, er hat sich der Stimme enthalten.

(Antje Möller GAL: Man soll nicht schlecht über Leute reden, die nicht mehr da sind!)

Das ist einer der Punkte, wo man sich fragen muss, wieso man sagt, das sei das Erbe. Christa Goetsch und ich wissen, wie schwierig es ist, wenn man sich als Bildungssenator in Kitafragen verhaddelt; das kann tragisch enden. Dieses Schicksal, liebe Christa Goetsch, möchte ich an dieser Stelle ersparen. Aus diesem Grunde ist der hier vorliegende Gesetzesentwurf einer, der für die Eltern in Hamburg, aber auch für die Kitas Klarheit schafft. Er macht nämlich, anders als das, was wir im Augenblick

gehört haben, ab dem 1. August dieses Jahres Ernst mit der Sache und schafft die Beiträge für das dritte Kindergartenjahr ab und das wäre gut, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD-Fraktion)

Wenn dieses Haus dem Gesetzesentwurf folgt, dann gibt es auch Klarheit für die Eltern in der Frage, ob für Mittagessen ebenfalls ab dem 1. August dieses Jahres Beiträge erhoben werden. Wenn Sie diesem Gesetzesentwurf folgen - abweichend übrigens vom Erbe von Willfried Maier -, dann ist es gut für die Eltern und schafft Klarheit.

Nun habe ich gehört, man habe in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und GAL auch über Beitragsfreiheit für das dritte Kindergartenjahr gesprochen.