Protocol of the Session on January 21, 2009

Ich will nicht sagen, dass sich das von heute auf morgen ändert. Aber ich finde, dass wir daran arbeiten sollten.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wir haben über diese individuelle Ebene hinaus erkannt, dass der Sport auch ein Wirtschaftsfaktor ist. Er ist auch ein Standortfaktor und der Sport löst Emotionen aus. Viele Emotionen liegen im Sport, wenn ich sehe, dass für Länderspiele oder Weltmeisterschaften hochrangige Politiker ihre Kabinettsitzungen unterbrechen oder sie hierbei auf der Tribüne sitzen und in der Pause dann den Bundestrainer beraten, wen er auswechseln soll. Der Sport hat längst eine Wichtigkeit, die größer ist als früher. Aber die Organisation des Sports – in dieser Stadt zumindest – hat damit nicht Schritt gehalten. Wir haben ungefähr 500 000 Menschen, die alleine dem organisierten Sport in dieser Stadt zuzurechnen sind. Das ist eine enorme Kraft. Aber es gibt kein konzeptionelles Fundament. Die Handlungen divergieren, jeder arbeitet in seine Richtung, manche arbeiten sogar gegeneinander. Aber es gibt keine gemeinsame Zielsetzung im Hamburger Sport, es gibt keine Konzepte und vor allem gibt es zu wenig Vernetzung und gemeinsames Handeln. Das ist es, was wir mit dieser Entwicklungsplanung erreichen wollen.

Wenn die SPD sich beklagt, dass dieses oder jenes nicht im Antrag steht, dann muss ich sagen: Vielleicht haben Sie es nicht richtig verstanden. Wir sehen ihn tatsächlich als Aufschlag. Wir wollen einen Prozess in Gang bringen und alle mitnehmen. Wenn wir eine Aufzählung in den Antrag geschrieben hätten, wären das 34 Seiten geworden und Sie hätten uns am Ende immer noch vorhalten können, dass etwas fehlt. Wir werben dafür, dass alle mitgenommen werden und sich an diesem Prozess beteiligen, damit die Liste vollständig wird und wir im Endeffekt ein Fundament für den Sport in dieser Stadt bekommen.

(Juliane Timmermann)

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Dafür werben wir. Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass die SPD sich wieder darauf beschränkt,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Schon wieder die!)

sich mehr auf Parteipolitik zu projizieren als in der Sache zu arbeiten.

(Karin Timmermann SPD: Oh Mannomann! Darüber kann keiner mehr lachen!)

Das finde ich schade. Ich hoffe, dass Sie sich im Ausschuss, wohin wir das ganze Konglomerat überweisen werden, konstruktiv einbringen werden im Sinne der Beteiligten im Hamburger Sport. Darauf hoffe ich. Deswegen werden wir der Überweisung Ihres Antrags an den Sportausschuss zustimmen. Wenn der fünf vor zwölf mit einer Mail kommt – ich habe vor der Sitzung nicht am Computer gesessen und habe geschaut, ob die SPD noch einen Antrag auf den Weg bringt. Insofern war keine Zeit mehr, das vernünftig abzustimmen, sodass wir das im Ausschuss machen werden. Aber damit wir nicht unnötig Zeit verlieren, bitten wir um Zustimmung für diesen Antrag zur Initiierung dieses Prozesses. – Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort bekommt Herr Bischoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ploog, Herr Becker, ich möchte ausdrücklich sagen, dass das seit Langem das Beste ist, was aus Ihren Fraktionen hervorgekommen ist.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das tut mir jetzt schon ein bisschen weh!)

Das mag sein.

Es ist nämlich längst überfällig, Herr Hesse, umfassende und belastbare Daten zur hamburgischen Sportentwicklung vorzulegen und das Ganze in eine mittel- und langfristige Sportentwicklungsplanung einzubetten. Das war eines der größten Probleme in den vergangenen Jahren, dass der Senat den Eindruck machte – ich sage bewusst, den Eindruck machte –, Sportpolitik nicht nur an falschen Prioritäten zu orientieren, sondern zum Teil auch noch unsauber oder schlampig zu arbeiten. Nehmen wir nur das Beispiel, dass seit mittlerweile drei Jahren Bemühungen existieren, endlich eine computergestützte Datenerhebung und -verwaltung zur Vergabe von Hallenzeiten auf den Weg zu bringen. Das hat leider – Sie mögen das vielleicht für belanglos halten – dieser Senat nicht zuwege gebracht.

Insofern, Frau Timmermann, muss ich Ihnen an diesem Punkt – Sie üben auch sehr viel Kritik am Senat – widersprechen, wenn Sie sagen, Herr Jäger und das Sportamt sortieren Sie in die allgemeine Ankündigungspolitik des Senats ein. Ich gebe zu, dass ich wenig Erfahrung habe – nur diese acht Monate, aber ich muss wirklich sagen: Im Vergleich mit den Senatsbehörden, mit denen ich konfrontiert wurde, ist ein solches Ausmaß an Inkompetenz und Verachtung gegenüber der Bürgerschaft, wie vom Sportamt immer wieder herüberkommt, in dieser Stadt einzigartig. Insofern begrüße ich diesen Antrag von GAL und CDU ausdrücklich, weil – Sie haben darauf hingewiesen – dieser Antrag nur einen Zweck hat, nämlich das Hin-und-her-Geschiebe, das Aussitzen und das Verschlampen dieser beständigen Ankündigung, es werde demnächst in Hamburg einen Sportentwicklungsplan geben, endlich zu beenden. Und ich bin ziemlich sicher: Wenn Sie den Antrag jetzt nicht stellen würden, würde Herr Jäger noch im nächsten Jahr sitzen und irgendeinen Grund vorschieben. Wahrscheinlich wäre es der Grund, dass er mit der Einrichtung seines neuen Büros beschäftigt ist, wo er jetzt pausenlos mehr Quadratmeter beansprucht hat und gar nicht weiß, was in diesen Quadratmetern passieren soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern sind wir sehr dafür und werden diesem Antrag zustimmen. Ich hoffe, dass das wenigstens einen Umdenkungsprozess in dieser Behörde einleitet. Das wäre eindeutig ein Schritt nach vorne.

Herr Ploog und Herr Becker, es wäre aus unserer Sicht schön, wenn Sie aus dem Antrag die zeitliche Vorgabe mit übernehmen würden. Herr Jäger und die Verwaltung werden ohne zeitliche Vorgabe nichts tun. Insofern würde ich ganz gerne sehen, dass wir uns darauf verständigen. Ich möchte das noch einmal ausdrücklich sagen: Der 3. Juni, den Sie vorgeschlagen haben, wäre meines Erachtens wichtig. Wir werden dem Antrag zustimmen und werden schauen, was man vielleicht an Gesichtspunkten im Ausschuss berücksichtigen kann. Aber ich möchte Sie, die Koalitionsparteien, wirklich bitten darauf zu drängen, dass dieser Sportentwicklungsplan nicht weiter ausgesessen wird. Und zwar geht es nicht nur einfach darum, dass das eine Schlamperei ist und nichts mit der Würde der Bürgerschaft zu tun hat, was dort passiert, sondern der Sport und die Vereine brauchen endlich einen anderen Geist. Wenn wir das interfraktionell hinbekommen, diesem müden Verein ein bisschen Beine zu machen, dann …

(Michael Neumann SPD: Fehlbesetzung!)

Fehlbesetzung können Sie auch sagen.

Herr Ploog, ich möchte noch ein paar kritische Anmerkungen zu Ihrem Antrag loswerden. Sie schreiben und haben es eben noch einmal ausgeführt:

(Horst Becker)

"… Sport ist ein wichtiges gesellschaftliches Bindeglied in einem zunehmend vom Individualismus geprägten Gemeinwesen."

Herr Becker hat schon darauf hingewiesen: Sport als ein wichtiges gesellschaftliches Bindeglied – wenn ich mir die Besetzung der Fraktionen anschaue, dann werden Sie in Ihrer Fraktion noch einiges tun müssen. Ich glaube, dass das nicht richtig gesehen wird mit diesem wichtigen gesellschaftlichen Bindeglied und auch nicht für Hamburg gesehen wird. Wenn Sie sagen, Sport sei nicht nur Bindeglied, sondern auch Abbild – wenn Sie sich konkret den Sport in Hamburg anschauen, ist der Sport momentan Abbild der gesellschaftlichen Verhältnisse. Der Sport ist nicht nur durch Individualismus geprägt, sondern er hat ganz viel mit Gewinnstreben und Ausgrenzung ganzer gesellschaftlicher Gruppen im Sport zu tun.

(Zuruf)

Da können Sie gerne röhren. Ich versuche Ihnen das gerne noch …

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Das sind ja langsam Grimms Märchen, was Sie hier er- zählen!)

Doch, ich werde Ihnen jetzt noch ein paar Sachen dazu sagen.

(Wolfgang Beuß CDU: Das ist eine Dro- hung!)

Es kann jedenfalls nicht sein, dass in der Freien und Hansestadt Hamburg bis heute Sportunterricht in Ermangelung von ausreichenden Lehrerkapazitäten ausfällt, von der oftmals geträumten dritten Turnstunde einmal ganz abgesehen. Es kann nicht sein, dass die in diesem Hause schon des Öfteren kritisierte, zum Teil wirklich desolate Situation der Schulturnhallen, der Lehrschwimmbecken und so manches Sportplatzes hingenommen, bagatellisiert oder in Mäuseschrittchen angegangen wird. Das gehört zum Abbild des Sports dazu. Das heißt, gerade wenn wir respektieren, dass wir begrenzte Haushaltsmittel haben, kommt es wirklich darauf an, mit diesen Mitteln verantwortlich umzugehen. Für viele Hamburgerinnen und Hamburger ist es wichtig, dass sie, wenn Sie schon in einer schwierigen sozialen Lage sind, wenigstens nicht ihre Bewegungsmöglichkeiten einschränken müssen. Ich möchte darauf hinweisen – vielleicht fragen Sie einmal in Ihrem Sportverein nach –, dass in den Sportvereinen – jedenfalls in dem, dem ich angehöre – ein Monatsbeitrag von 25 Euro geboten ist.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Bei mir auch!)

Es gibt ganz wenige Sportvereine in Hamburg, wirklich ganz wenige, die die von sozialer Ausgrenzung Betroffenen beitragsfrei stellen. Wir haben keine Lösung in Hamburg. Das bedeutet, dass wirklich Hunderttausende nicht in der Lage sind, zumal sie auch nicht über die Mobilität in der Stadt

verfügen, ihrem Grundbedürfnis nach Bewegung und Sport nachzukommen.

(Vizepräsidentin Nebahat Güclü übernimmt den Vorsitz.)

Uns ist ganz wichtig, dass Sie das aufnehmen als Problem. Das heißt, Sport ist nicht nur Bindeglied, sondern Sport ist Abbild. Und wir müssen, wenn die Vision "Sportstadt Hamburg" real werden soll, auch darüber nachdenken, die Probleme erfassen und sehen, wie wir schrittweise auch der Umsetzung der Bedürfnisse dieser Bevölkerungsgruppen vernünftig Rechnung tragen können. Das gilt im Übrigen gerade auch für Integrationspolitik im Hinblick auf die große gesellschaftliche Gruppierung von Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund. Das, finde ich jedenfalls, gehört für uns als Aufforderung mit in diesen Komplex hinein.

Wenn ich jetzt einmal – und das ist der nächste Punkt, den ich noch ansprechen möchte –, das Verhältnis von Breiten- und Spitzensport vergleiche: Sie sagen im Unterschied zur SPD, dass faktisch eine Gleichrangigkeit existieren soll in der Förderung von Breitensport und Spitzensport. Ich glaube aus meinem Eindruck aus vielen Gesprächen in Vereinen heraus, dass wir uns keinen Gefallen tun, wenn wir diese Bereiche gleichrangig behandeln. Ich glaube, dass eine Sportstadt nur Wirklichkeit werden kann, wenn wir konzentriert daran arbeiten, die Sport- und Bewegungsmöglichkeiten in Hamburg zu verändern. Dann kann es in der Tat sinnvoll sein, auch mehr Aktivitäten in den Spitzensport hineinzupacken. Das heißt, wir brauchen in der gesamten Diskussion – und ich hoffe, dass wir demnächst darauf zurückkommen – auch eine klare Auseinandersetzung über die Prioritäten.

Konkret zu dem, was wir zum Haushalt jetzt noch beraten: Aus unserer Sicht brauchen wir keine millionenschweren Neubauten in Kombination mit einer Pferdebahn, um das einmal zu sagen; das werden wir auch ablehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wir stattdessen brauchen, sind erheblich günstigere Eintrittspreise in den verbliebenen Schwimmbädern und den Sportanlagen und wir brauchen dringend eine qualitative Verbesserung der Sportanlagen in ganz Hamburg.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Schauen Sie sich dieses Projekt der Schwimmweltmeisterschaft an. Ich weiß ja, welche Überlegungen dahinterstecken. Natürlich konnte München damals bei der Olympiabewerbung einen Riesensprung als Sportstadt machen, aber es wurden sehr viele Investitionen, die die Stadt beziehungsweise der Sport erhielten, in die Infrastruktur gepackt. Herr Jäger hat uns das Projekt für die Schwimmweltmeisterschaft für 20 Millionen vorge

stellt, aber es soll nicht mit überwiegend nachhaltigen Investitionen für Hamburg, sondern mit einem aufblasbaren Schwimmbecken realisiert werden, was hinterher wieder abgerissen wird. Und da muss man sich genau überlegen, ob das eine kluge Politik ist, wenn man ein paar Schritte hin zu einer Sportstadt Hamburg kommen will. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Senatorin von Welck.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sportstadt Hamburg, Herr Ploog hat es gesagt, ist in Bewegung. Sport ist ein wichtiges gesellschaftliches Querschnittsthema, das uns alle verbindet. Deshalb begrüße ich den vorliegenden Antrag zur Sportentwicklungsplanung ausdrücklich.

Es gibt nämlich, liebe Frau Timmermann, keinen Dissens zwischen den Regierungsfraktionen und der Sportsenatorin und dem Sportamt. Und Ihre Bemerkungen, Herr Dr. Bischoff, hinsichtlich des Sportamts finde ich so albern und bar jeden Wissens, dass ich dazu gar keine Stellung nehmen möchte.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL – Michael Neumann SPD: Das sagen die Sportvereine selbst!)

Die Sportstadt Hamburg ist durch konsequente Senatspolitik der vergangenen Jahre sowie die gute Zusammenarbeit zwischen dem Hamburger Sportbund, dem Sportamt und den anderen Akteuren in den letzten Jahren immer wieder überregional beachtet worden. Das zeigt unter anderem das aktuelle Sportstätten-Ranking. Hamburg konnte dabei zum zweiten Mal die Bronzemedaille erringen, aber im Sport gibt man sich nicht mit einem dritten Platz zufrieden. Insofern ist das Ranking auch ein Ansporn für uns weiterzumachen. Aus dem Ranking geht hervor, dass wir als Sportstadt in den Bereichen Organisationsgrad des Sports, Profisport, Sportveranstaltungen und Infrastruktur bundesweit sehr gute Plätze belegen. Im Übrigen bedeutet Sport für mich persönlich mehr, als alle sogenannten messbaren Kriterien es vermitteln. Sport steht für mich für die Zukunftsfähigkeit und Lebensqualität unserer Stadt.