Protocol of the Session on December 11, 2008

Das Wort hat der Abgeordnete Mohaupt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen nur ganz kurz ankündigen, dass die CDU-Fraktion dem zur Debatte stehenden Antrag zustimmen wird, obwohl sie vor Jahr und Tag, nämlich im August 2005, einen nicht ganz unähnlichen Antrag der damals noch oppositionellen GAL-Fraktion abgelehnt hatte. Zur Begründung …

(Zurufe von Dr. Monika Schaal und Dr. Mar- tin Schäfer, beide SPD)

Stellen Sie sich vor, es gibt etwas Neues dazu zu sagen. Da kann man zuhören.

Zur Begründung kann ich im Wesentlichen auf das verweisen, was mein Vorredner gesagt hat, vor allem hinsichtlich der parteiübergreifend gehegten Hoffnung, dass man diese schrecklichen Waffen – atomare Waffen oder andere schlimme Tötungsinstrumente – vielleicht doch eines Tages wieder ganz vom Erdboden verschwinden lassen könnte. Ich möchte mich, lieber Kollege, auch ausdrücklich Ihren lobenden Worten anschließen, die Sie für die Vereinigung "Mayors for Peace" gefunden haben. Entsprechend könnte man auch Unterstützungsorganisationen nennen wie die Vereinigung "Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs" und andere.

Ich möchte eigentlich nur dies sagen: Was den Sinneswandel der CDU angeht von damals zu heute, so verdankt er sich – das sage ich unumwunden – der Kompromissfähigkeit beider Seiten in dieser gut und immer besser funktionierenden Koalition. Kompromissfähigkeit ist eine der höch

sten Tugenden des Parlamentarismus und der Demokratie überhaupt. Derjenige, der vielleicht im Anschluss gedenkt, diesen Kompromiss zu kritisieren als Umfallen oder etwas Ähnliches, der möge sich bitte ins Stammbuch schreiben lassen, dass in Zeiten wechselnder Mehrheiten und hoher Fluktuation in den Wählerschichten die Unfähigkeit zum Kompromiss zugleich bedeuten dürfte, unfähig zum Regieren zu sein.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Der Sinneswandel der CDU verdankt sich einem Kompromiss in dem Antrag der GAL.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Widerwillig!)

In dem Antrag der GAL ist dankenswerterweise einiges gekürzt worden, was in Sachen Friedenspolitik und Abrüstungspolitik für uns nicht konsensfähig gewesen wäre. Auch die CDU musste und muss über ihren eigenen Schatten springen, denn die CDU ist nun einmal den Formen politisch demonstrativen Engagements gegenüber immer etwas skeptisch gewesen.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Reden Sie doch einmal zur Sache!)

Deswegen fällt es uns nicht ganz leicht, dieser Form einer sehr demonstrativen und weltweit inszenierten Gemeinschaft der "Mayors for Peace" beizutreten. Aber wir wollen das gerne tun, weil wir in der Sache mit der GAL verbunden sind und uns geeinigt haben. Wir sind bereit das Ersuchen an den Senat zu richten, dieser Vereinigung nun anzugehören. Wir sind sicher, dass der Senat dieser Bitte der Bürgerschaft auch folgen wird. Schon damals, 2005, ist übrigens durchaus ernsthaft darüber nachgedacht worden. Es gab eine Kleine Anfrage, die seitens des Senats mit dem kühlen Satz beschieden wurde:

"Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.",

aber am nächsten Tag rief mich "die tageszeitung" an – wenn ich das als kleine persönliche Erinnerung anfügen darf – und fragte, ob das wirklich alles wäre. Ich habe damals meiner beruflichen Prägung entsprechend einfach nur ein bisschen Salböl der Beschwichtigung austeilen wollen und dem Redakteur gesagt: Wir denken darüber noch intensiv nach, es wird noch recherchiert. Nehmen wir es einfach so: Die Recherche hat zwar etwas länger gedauert, aber jetzt kommt sie zu einem positiven Abschluss.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Herr Frank.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Mohaupt, das haben Sie sehr höflich und elegant formuliert. Es

(Andreas Waldowsky)

klang aber nicht danach, als seien Sie zu anderen Erkenntnissen gekommen. Sondern es klang eher danach, als sei das eine widerwillige Zustimmung, und daran sieht man auch, was Koalitionen bewirken können und welche Wunder sie bewirken können. Aber eine Überzeugungsgeschichte ist das bei Ihnen offenbar nicht, so klang es auf jeden Fall nicht in meinen Ohren. Sie haben im Übrigen für die Fraktion gesprochen. Das Problem war weniger die Fraktion, denn die hat das wahrscheinlich auch nicht mitgetragen, aber das Problem war der erste Bürgermeister und dazu sage ich gleich noch etwas.

Dieser Antrag der GAL ist völlig richtig. Herzlichen Glückwunsch übrigens zu Ihrer Rede. Sie bekommen später noch ein zweites Lob.

(Frank Schira CDU: Da würde ich aber auf- passen!)

Dieser Antrag fordert Gutes, denn in dieser Welt gibt es 30 000 atomare Gefechtsköpfe und unzählige Urananreicherungsanlagen, die atomares Material für die Produktion von Atombomben jeglicher Art produzieren. Das ist erläutert worden. Es gibt immer mehr Staaten, die in den Besitz von Atomwaffen gelangen möchten oder auch schon gelangt sind. Herr ElBaradei, der Leiter der Internationalen Atomenergie-Behörde hat in einem Interview gesagt:

"Noch nie war die Gefahr größer als heute. Wenn die Welt ihren Kurs nicht verändert, riskieren wir die Selbstzerstörung."

Je mehr Menschen, je mehr Städte und je mehr Bürgermeister in dieser Welt ihre Stimme erheben und etwas für die weltweite Abschaffung von Atomwaffen tun, umso besser. Es spricht also alles dafür. Insofern sind wir jetzt alle einer Auffassung. Es spricht alles dafür, dass sich Hamburg so wie Berlin und all die Städte, die Sie genannt haben – München, Bremen, Frankfurt, Köln –, auch der "Mayors for Peace"-Bewegung anschließt und Mitglied wird. Das Problem – das haben Sie sehr schön dargelegt, zumindest sehr elegant, schön weniger – ist nicht die Mehrheit in diesem Hause links von der CDU, sondern das Problem war bisher Herr von Beust. Sie haben auf die Kleine Anfrage verwiesen. Als Antwort darauf stand an allen wichtigen Stellen, zum Beispiel bei der Frage, inwieweit sich der Erste Bürgermeister anderweitig im Kampf gegen Atomwaffen engagiert, oder, ob eine Feierstunde bezüglich Hiroshima stattfinden wird – Sie haben das zitiert:

"Der Senat hat sich hiermit nicht befasst."

Das ist auch noch nicht so lange her. Insofern ist dieser Sinneswandel, wenn er denn ernst gemeint ist, in Ordnung. Ich habe das auch begrüßt, aber es klang eher danach, als ginge es um den Bestand der Koalition und nicht um eine andere Überzeugung.

Die internationale Ärztevereinigung ist mit ihrer mehrfachen Bitte, Hamburg möge Mitglied werden, von Herrn von Beust immer wieder – wie sie schreiben – kategorisch und barsch zurückgewiesen worden. So war die Situation bisher. Und wenn jetzt der Bürgermeister – ich hoffe, dass Sie für ihn mitgesprochen haben, ich gehe einmal davon aus …

(Wolfgang Beuß CDU: Ja!)

Sie haben doch gar nicht geredet. Er hat doch geredet. –

Wenn jetzt also der Bürgermeister und die CDU diesen Meinungswechsel vollzogen haben, ist das nur zu begrüßen. Und jetzt kommt noch ein Lob, Herr Waldowsky: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben beim Bürgermeister – ich weiß nicht, wie viel Arbeit das gekostet hat – erfolgreiche Überzeugungsarbeit geleistet. Möge das in anderen Bereichen auch so funktionieren.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Der Antrag, wenn ich das noch anmerken darf, wäre noch ein bisschen besser, wenn Sie nicht nur den formalen Beitritt gefordert hätten, sondern auch Aktivitäten, wie wir das in den anderen Städten gesehen und erlebt haben. Aber das ist in Zukunft ja nicht ausgeschlossen.

Die nächste Überprüfungskonferenz der UNO zum Atomwaffensperrvertrag findet 2010 statt, 2005 ist diese Konferenz gescheitert. An dieser nehmen auch NGOs teil, aber auch die Bürgermeister der "Mayors for Peace"-Bewegung. Unserer Stadt wäre aber nicht damit gedient, wenn die Zweite Bürgermeisterin, Frau Goetsch, so sehr ich ihr das gönnen würde, zu dieser Konferenz nach New York fahren würde, während Herr von Beust sich wieder fein heraushält und in Hamburg für die Atomkraftverlängerung wirbt. Das geht nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das wäre auch ein Widerspruch und unglaubwürdig. Wir wollen einmal schauen, wer in solchen Zusammenhängen aus voller Überzeugung wohin fährt.

Hamburg sollte mit ihrem Bürgermeister Mitglied werden, mit einem Bürgermeister, der nicht nur Symbolik betreibt, sondern sich ehrlich und glaubwürdig engagiert. In dieser Erwartung werden wir diesem Antrag zustimmen. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der GAL)

Die Abgeordnete Schneider hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Endlich – möchte man sagen. Endlich tritt auch Hamburg dem welt

(Günter Frank)

weiten Bündnis "Mayors for Peace" bei. Viele Bürgermeister und Oberbürgermeister – auch in deutschen Großstädten – sind längst Mitglied. Ich habe auch vieles von dem aufgeschrieben, was Sie gesagt haben, das schenke ich mir: Hannover seit 1983, Köln seit 1985, Stuttgart seit 2004, Leipzig und München seit 2005 – um nur einige Beispiele zu nennen.

In Hamburg hat nicht nur die GAL, sondern haben auch Friedensinitiativen und IPPNW, also die Hamburger Regionalgruppe der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs / Ärzte in sozialer Verantwortung, seit Jahren immer wieder gefordert, dass der Bürgermeister sich den "Mayors for Peace" anschließt. Leider erhielten sie immer wieder eine Abfuhr. Herr von Beust, mehrfach persönlich angeschrieben, hat es nicht einmal für notwendig befunden, persönlich zu antworten. Es ist also ein Fortschritt, wenn Hamburg dem Bündnis beitritt.

(Beifall bei der LINKEN und bei Martina Gregersen und Andreas Waldowsky, beide GAL)

Doch mit dem Beitritt ist es nicht getan. Zum einen ist eine weitere Forderung von Friedensinitiativen und IPPNW bisher unerfüllt, nämlich dass auch Hamburg einen Hiroshima-Platz erhält, so wie Nürnberg, Potsdam oder Göttingen – da ist es der Rathausplatz –, zum Gedenken und zur Mahnung, dass im Zeitalter der Massenvernichtungswaffen Frieden mehr denn je eine Bedingung des Überlebens der Menschheit ist. Wir fordern den Senat auf, Initiative für einen Hiroshima-Platz in Hamburg zu ergreifen, es muss nicht unbedingt der Rathausmarkt sein, es wäre aber schön.

Zum Zweiten muss nach Auffassung der LINKEN der Beitritt der Auftakt zu einer aktiven Abrüstungspolitik Hamburgs werden.

(Heiterkeit bei der CDU)

Hier gibt es eine Menge zu tun. Im aktuellen Weißbuch von 2006 schreibt die Bundesregierung die nukleare Teilhabe der Bundesrepublik Deutschland fort. Es heißt dort, ich zitiere:

"… die glaubwürdige Demonstration von Bündnissolidarität und fairer Lastenteilung erfordern es, dass Deutschland bei der nuklearen Teilhabe einen seiner Rolle im Bündnis und der im Strategischen Konzept von 1999 vereinbarten Grundsätze entsprechenden Beitrag leistet."

(Egbert von Frankenberg CDU: Müssen Sie eigentlich jede Debatte für Klamauk nut- zen?)

Zitat Ende.