Protocol of the Session on November 19, 2008

Dann noch eine grundsätzliche Bemerkung zum Thema Defizit. Manchmal hilft es, wenn man die Sachen ein bisschen kleiner macht, als sie einem im Haushaltsplan vorkommen und ich versuche einmal, Ihnen das folgendermaßen klarzumachen. Wenn mein 18-jähriger Sohn 200 Euro auf dem Konto hat, die er sich verdient hat, und davon 214 Euro für einen neuen iPod ausgibt, dann hat er ein Minus von 14 Euro gemacht. Er kann jetzt dieses Defizit irgendwie ausgleichen. Er kann versuchen, seinen alten Herrn anzupumpen – das könnte von Erfolg gekrönt sein –, er kann aber auch sein Sparbuch plündern. Aber das Geld, das er sich da wegnimmt, fehlt ihm im nächsten Jahr, wenn er seine Freundin in den USA besuchen will und er bekommt es so ohne Weiteres nicht wieder.

(Jens Kerstan GAL: Doch, er kann den iPod verkaufen!)

Wenn Sie an diese Zahlen acht Nullen hängen, dann sind Sie ungefähr genau da, wo unser Haushalt sich in den nächsten beiden Jahren bewegt

(Dr. Joachim Bischoff)

(Ingo Egloff SPD: Aber Herr Freytag hat kein Sparbuch!)

nein, das hat er nicht mehr, das hat er schon geplündert –, dann sind wir schlicht und ergreifend bei den 1,4 Milliarden Euro minus, die wir haben und das, obwohl wir seit 2001 eine erhebliche Steigerung der Steuereinnahmen von 6,2 Milliarden Euro auf 8,5 Milliarden Euro zu verzeichnen hatten; das hat der Kollege Tschentscher eben gesagt. Sie haben soviel mehr an Steuereinnahmen, meine Damen und Herren von der Koalition, Sie können in Wahrheit wie Dagobert Duck im Geld schwimmen.

Stichwort Nullverschuldung und öffentliche Unternehmen. Wir haben schon dargestellt, dass Sie Schulden in öffentliche Unternehmen verschieben. Die HPA macht Schulden für Hafeninvestitionen, die Hochbahn für die Straßenbahn und möglicherweise auch noch für die Hafenbahnsanierung. Das stellen Sie im Haushalt nicht dar und das stellen Sie auch in der Bilanz nicht dar, denn die Bilanz schließt mit dem Jahr 2007 ab und alles, was in den nächsten Jahren dazukommt, was Sie in die öffentlichen Unternehmen schieben, findet in dieser Bilanz nicht statt.

Dritter Punkt, Konjunkturprogramm: Es ist schon eine kreative Geschichte, wenn man das eigene haushaltspolitische Versagen, die Aufblähung des Betriebshaushalts, das Minus, das Sie da produziert haben, umdichtet in ein Konjunkturprogramm. Ganz im Ernst: Sie fahren die Investitionen im nächsten Jahr zurück, die Finanzierungsquote sinkt; da wäre es angesagt, etwas zu machen. Sie haben angekündigt, dass noch etwas kommen werde. Ich bin sehr gespannt, was da kommen wird. Sie haben in Wahrheit die haushaltspolitischen Spielräume, die Sie dafür haben sollten, eingeengt. Bei den anderen jetzt erfundenen Maßnahmen wie den Primarschulen und Ähnlichem frage ich mich im Ernst, was das für die Konjunktur in Hamburg bewegen soll; ich weiß es nicht.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)

Letzter Hinweis: Herr Freytag, Sie zelebrieren jährlich die Vorlage der Bilanz als Hochamt des Finanzsenators. Da wird im Wesentlichen das Vermögen der Stadt bewertet. Bewertungsfragen kann man aber auch so oder so entscheiden. Die staunende Öffentlichkeit erfährt, dass man nun die Alster und die Straßenbäume mit einem Wert richtig bewertet und in der Bilanz ausgewiesen hat. Am Ende steht dann eine Zahl für ein längst abgelaufenes Jahr und für das Plus sind überwiegend die öffentlichen Unternehmen und nicht Ihre Finanzpolitik verantwortlich. Leider bleiben die Einsichten aus der Bilanz ohne Folgen. Sie verzichten sogar, ganz anders als noch im letzten Jahr, als die Bilanz für 2006 vorgelegt wurde, auf eine Ergebnisvorschau für das Jahr 2008 oder 2009. Ganz im

Ernst, was nützt mir eine Bilanz, wenn sie für Ihre Planung und Ihre Finanzpolitik irrelevant ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Niedmers.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe in der Vergangenheit bereits an gleicher Stelle gesagt

(Michael Neumann SPD: Mehrfach gesagt!)

und werde es heute wieder tun, wenn Sie in der Bundesrepublik Deutschland außerhalb Hamburgs finanzpolitische Tagungen besuchen, dann werden Sie immer wieder erleben, dass Finanzpolitiker anderer Länder und Kommunen voller Respekt und Anerkennung auf diese Stadt blicken, weil sie alle mit ein wenig Neid nach Hamburg schauen und sagen, wie gut sind doch die Finanzen in Hamburg in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das beweist einmal mehr die Vorlage dieses Haushaltsplan-Entwurfs für die Jahre 2009 und 2010.

(Dr. Peter Tschentscher SPD: Und darum sollen wir jetzt den Mund halten?)

Sie, sehr geehrter Herr Dr. Tschentscher, und Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion kommen einfach nicht an die Regierung heran. Sie versuchen das mit einem Kleinstfeuerwerk, erreichen aber keine wirkliche Wirkung. Es werden im Betriebshaushalt keine Löcher mehr gestopft, weil es sie einfach nicht mehr gibt. Das ist doch ganz großes finanzpolitisches Kino, was es hier in Hamburg gibt, da können wir doch wirklich nur froh und zufrieden sein.

(Michael Neumann SPD: Gibt es eigentlich Drogentests für Redner?)

Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn die SPD in dieser Stadt heute noch Verantwortung tragen würde. Da wäre wahrscheinlich HAMBURG WASSER schon lange privatisiert und demnächst ginge es auch der SAGA und GWG an den Kragen.

(Zuruf von der SPD: Das wollten Sie ja nie verkaufen!)

Alles würde verkauft, und zwar um die Deckungslücke im Betriebshaushalt zu schließen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Klaus- Peter Hesse CDU: Nein, die hätten Schul- den gemacht! – Gegenruf von Ingo Egloff SPD: Wir hätten es aber zugegeben im Ge- gensatz zu Ihnen!)

(Thomas Völsch)

Aktuell werden auch weiterhin Investitionen aus Einnahmeüberschüssen getätigt. Das ist ernsthafte und nachhaltige Politik für diese Stadt.

Im Jahr 2009 werden wir knapp 1 Milliarde Euro aus Rücklagen und Stöcken in Anspruch nehmen, um einen ausgeglichenen Gesamthaushalt zu haben. Das sind aber keine Schulden, lieber Herr Dr. Tschentscher. Das ist vielmehr das Ergebnis einer intelligenten Vermögensmobilisierung, das hätten Sie niemals hinbekommen.

(Michael Neumann SPD: Intelligent und pfif- fig! – Dr. Andreas Dressel SPD: Was ist denn daran intelligent?)

Im Übrigen habe ich Sie auch nicht verstanden, wenn Sie immer wieder davon sprechen, dass der schwarz-grün geführte Senat Schulden mache. Erklären Sie es uns hier und heute noch einmal und wenn die Zeit nicht ausreicht, dann erklären Sie es uns bitte im Haushaltsausschuss. Wir haben eben in unserer Reihe minutenlang gerätselt und verstehen Ihre Argumentation einfach nicht.

(Michael Neumann SPD: Das glaube ich gerne, dass Sie uns nicht verstehen, Herr Niedmers!)

Sie müssen sich einmal ernsthaft bemühen, Argumente auf den Tisch zu legen, die uns auch weiterbringen.

Die Stadt Hamburg, vertreten durch den Senat, legt als erstes eine Konzernbilanz eines deutschen Bundeslandes für das Jahr 2007 vor. Damit konnte ebenfalls endgültig mit dem immer wieder penetrierten Argument der Opposition aufgeräumt werden, es gebe angeblich eine verdeckte Verschuldung in sogenannten Nebenhaushalten, die ausufern würde; das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Konzernbilanz beweist nun, dass es diese Verschuldung zwar in einem gewissen Umfang gibt, sie aber eher zurückgefahren wurde als gesteigert. Das ist ebenfalls eine wichtige Voraussetzung zur Gestaltung zukünftiger ausgeglichener Gesamthaushalte.

Wenn wir zum Thema Konjunkturprogramm an dieser Stelle noch ein paar Worte verlieren wollen, dann möchte ich darauf hinweisen, dass auch Stimmungen sehr wichtig sind. Wo ist derzeit die größte Baustelle Europas? Die größte Baustelle Europas ist in Hamburg.

(Michael Neumann SPD: Elbphilharmonie, genau!)

Und wo ist sie in Hamburg? In der HafenCity. Sie bekommen im gesamten norddeutschen Raum bei so reger großer Bautätigkeit keinen einzigen Turmdrehkran mehr. Das zeigt, dass in dieser Stadt richtig etwas los ist. Die Bauwirtschaft boomt

(Michael Neumann SPD: Das ist Freytag für Arme!)

und das ist auch in der Zeit einer krisenartigen Stimmung und eines krisenartigen Umfeldes ein klares Signal. In Hamburg tut sich etwas und Hamburg ist weiterhin wirtschaftlich stark. In diesem Sinne wünsche ich mir jedenfalls einen guten Verlauf der Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuss.

(Michael Neumann SPD: Glückauf!)

Ich bin gespannt, ob der Kollege Dr. Tschentscher das Märchen von der Verschuldung im Laufe der Haushaltsberatungen endgültig wird aufklären können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Horst Becker GAL)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Waldowsky.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn Sie zu uns in die GAL-Landesgeschäftsstelle in der Burchardstraße kommen, dann finden Sie im Eingangsbereich ein Regal mit aktuellen Broschüren und Infomaterial zu grüner Politik.

(Beifall bei der SPD – Michael Neumann SPD: Das ist ja toll!)

Sie werden dort auch unser Wahlprogramm zur letzten Bürgerschaftswahl finden. Sie können sich gerne eins mitnehmen, denn wir brauchen das nach der Wahl nicht

(Michael Neumann SPD: Sie wollen daran nicht erinnert werden!)

wegzupacken oder zu verstecken. Zwar haben wir bekanntlich die absolute Mehrheit bei der letzten Wahl verfehlt und mussten uns einen Koalitionspartner suchen, aber in diesem neuen Haushalt, der Ihnen vom Finanzsenator heute vorgestellt wurde, finden sich viele grüne Ideen wieder.

Es macht einen Unterschied, ob grün mitregiert oder nicht. Das sehen die Hamburger nicht nur an spektakulären Projekten wie der Schulreform, dem Deckel über der A 7 oder der Stadtbahn. Viele kleine und große Veränderungen verstecken sich in dem vielbändigen Zahlenwerk des Haushalts und bedeuten konkrete Verbesserungen im Leben vieler Hamburgerinnen und Hamburger, denn wir investieren in den Menschen und in eine lebenswerte Stadt.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU – Michael Neumann SPD: Der hat das- selbe gemacht wie Niedmers!)

Zentral für die GAL ist das Thema grüne Metropole am Wasser, Klima, Verkehr und Naturschutz. Was tut der Senat? Zum Beispiel werden die Investitionen zur Förderung des Wärmeschutzes im Gebäudebestand von 14 Millionen Euro auf 22 Millionen

(Ralf Niedmers)