Protocol of the Session on November 5, 2008

Wir haben daraufhin ein Unternehmen, das mit Großprojekten routiniert befasst ist, nämlich ECE gebeten, einmal aus der Sicht eines großen Investors zu prüfen, ob das ein Vertrag ist, der wirklich aus Sicht der Stadt schlecht ausgehandelt wurde oder nicht. Wir waren der Meinung, dass er es nicht war und baten ECE, das zu prüfen.

(Michael Neumann SPD: Und warum vorher nicht?)

Das Ergebnis dieser Prüfung ist gewesen, dass die Leute von ECE gesagt haben, der Vertrag sei zwar sehr kompliziert, aber er ist ein Vertrag, der die Interessen der Stadt in angemessener Weise und vernünftig berücksichtigt. Darum weise ich diesen Vorwurf zurück, Herr Neumann, er ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Nun sagen Sie in Ihren legendären Zwischenrufen, warum erst dann geprüft worden sei. Auch das kann ich sagen, Herr Neunmann, weil es da gar nichts zu verbergen gibt. Diese erste Besprechung im Sommer ist deshalb zustande gekommen, weil sowohl vonseiten HOCHTIEF als auch vonseiten der Architekten an die Senatskanzlei herangetragen wurde, dass sie sich in den Verhandlungen mit der ReGe so verhakt hätten, dass sie nicht weiter kämen und was sie jetzt machen könnten. Da haben wir gesagt, wir laden alle Beteiligten an einen Tisch. In diesen Diskussionen ist mir und den Senatsvertretern gegenüber dieser Vertrag zum ersten Mal von HOCHTIEF in bestimmten Dingen in

(Hans Lafrenz)

frage gestellt und gesagt worden, dass dieser Vertrag ihnen viele Schwierigkeiten macht. Das ist genau der Grund, warum wir gesagt haben, wenn es so sei, dass das der Grund für das Haken ist, prüfen wir, ob das die Schwierigkeiten sind oder nicht. Wir haben das durch externen Sachverstand prüfen lassen und die Prüfung hat ergeben, dass der Vertrag aus Sicht der Stadt ein richtiger Vertrag ist. Den mag HOCHTIEF vielleicht nicht gut finden, aber wir haben doch die Interessen der Stadt zu vertreten, Herr Neumann, und nicht die der anderen Vertragspartner.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das ist der erste Vorwurf. Der zweite Vorwurf ist der der mangelnden Transparenz. Nun kann ich ihn aus Sicht der Abgeordneten verstehen – ich war auch jahrzehntelang Abgeordneter –, denn man will und kann natürlich die Kontrollrechte nur richtig ausüben, wenn man alles weiß. Das ist mir völlig klar. Das ist nur eine sehr vertrackte Situation, und zwar aus folgendem Grunde: Wie es bei Großprojekten – aber bei kleineren manchmal auch – so ist, gibt es schätzungsweise über 200 Positionen in diesem Bauvorhaben, bei denen HOCHTIEF gesagt hat, das, was wir gemacht haben, ist eine Änderung zu dem Ursprünglichen, das die Mehrkosten verursacht hat. Aufgrund dieser zig Positionen sagte HOCHTIEF, wir wollen jetzt einen Betrag X als Mehrkosten haben.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten. Natürlich kann ich mich jetzt hinstellen und sagen, die Mehrkosten betragen soundsoviel. Das könnte ich dann machen, wenn diese Mehrkosten unstrittig wären. Die Mehrkosten sind aber in einzelnen Positionen strittig. Wenn ich also sage, die Mehrkosten betragen Summe X, heißt es damit, dass ich HOCHTIEF einen Freibrief dafür gebe zu verlangen, was sie verlangen können und das will ich nicht, ich will zäh verhandeln. Darum kann ich diese Summe nicht nennen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Nun wäre die andere Möglichkeit, ich nenne nicht den worst case, die Höchstsumme, weil ich damit HOCHTIEF eine gute Verhandlungsposition gebe, sondern nenne eine minimale Summe und sage, der kleine Betrag kann es sein. Was wird logischerweise die Folge sein, wenn ich HOCHTIEF wäre? Dass die Juristen von HOCHTIEF erklären, das stimmt nicht, die Summe ist nicht die kleine, es ist in Wirklichkeit die große. Was wird dann von der Opposition oder von mancher Zeitung kommen? – Der Senat sagt nicht die Wahrheit, völlig untertrieben, falsche Summe genannt. Genau das ist der Grund, warum man die Summe im Moment nicht nennen kann, nicht aus bösem Willen, sondern weil wir diese zähen Verhandlungen Position um Position führen.

Jetzt ist uns vorgeworfen worden, das Krisenmanagement sei katastrophal gewesen. Natürlich ist man hinterher immer klüger und kann sagen, warum erst im Juli, warum nicht schon im Mai? Wie das im Leben so ist, man beginnt dann eine Krise zu managen, wenn die Schwierigkeiten in ihrer Dimension an einen herangetragen werden. Hier war es in der Tat so, dass die Schwierigkeiten kurz vor diesem Termin von den Betroffenen herangetragen worden sind. Dann haben wir uns zwei Stunden zusammengesetzt. Da ging es teilweise sehr hart her. Es wurde aber deutlich, dass es nicht nur Schwierigkeiten zwischen dem bösen oder nicht bösen Herrn Wegener gab, sondern es gab mindestens genauso viele Verhakungen zwischen den Architekten und den Bauträgern, für die Herr Wegener wiederum gar nichts konnte. Die Sache war – es tut mir leid, das so sagen zu müssen – zwischen den drei oder den dreieinhalb Beteiligten, denn die Investoren waren ja auch noch dabei, in vielerlei Weise verhakt und verfahren, teilweise mehr emotional als tatsächlich. Es sind doch alles Menschen, um die es geht. Da haben wir gesagt, welches Verfahren wählen wir. Wir haben ECE gebeten, das Juristische zu prüfen, ist es gut oder nicht, haben gleichzeitig mit den anderen besprochen, dass wir eine Lösung finden wollen, die dann – jetzt will ich nichts Falsches sagen –, ich glaube, im August in einem Workshop enden sollte, um in dem Monat, in dem Zeit war, die Dinge zu erledigen. Dieser Workshop hat stattgefunden und es kam ein zweites Gespräch der Beteiligten. In diesem zweiten Gespräch hieß es, dass viele Schwierigkeiten schon beseitigt seien, aber einiges noch offen sei. Dann ging dieses, was noch offen war, nicht voran. Von der Leitung der ReGe wurde immer gesagt, morgen ist es soweit und dann war morgen und man sagte, noch einen Tag und dann hieß es, heute schaffen wir es nicht, aber morgen sind wir soweit. So ging es von Tag zu Tag. Da stand man vor der Frage, ob man bei morgen immer an den nächsten Morgen glaubt oder ob man irgendwann sagt, in dieser Konstellation geht es nicht mehr, wir brauchen einen kompletten Neuanfang und da sage ich, es war richtig. Es geht gar nicht gegen oder für Herrn Wegener, es geht doch gar nicht um Bauernopfer. Nebenbei, Herr Neumann, natürlich trage ich die Verantwortung, ich bin Erster Bürgermeister, da muss ich keinen Stempel draufhauen "Chefsache".

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich werde einerseits gelobt, wenn ich einweihe, wenn ich Grundsteine lege und andererseits werde ich aber auch kritisiert, wenn es schief geht. Das brauchen Sie mir nicht zu sagen. Ich weiß, wo meine Verantwortung liegt und wenn es schief geht, trage ich sie natürlich. Das ist doch völlig klar. Genauso wie ich mit Freude an einer Einweihung teilnehmen werde. Das gehört doch zum Geschäft.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

(Erster Bürgermeister Ole von Beust)

Also war nun der Punkt, wo ich gemeinsam mit den Senatskollegen den Eindruck hatte, dass wir uns nicht immer von einem Tag auf den nächsten trösten lassen können. Es hieß immer morgen, morgen und das geht nicht mehr. Es ging wirklich teilweise auch menschlich nicht mehr. Ich will das gar nicht im Detail sagen. Wir haben dann gesagt, wir holen einen neuen Geschäftsführer, jemanden, der auf der einen Seite die Erfahrung in diesem Projekt hat, weil er länger dabei war, auf der anderen Seite auch die nötige Distanz hat, gerade auch aufgrund seiner Erfahrungen mit den Beteiligten dort, um die Sache zum Erfolg zu bringen. Dieser Geschäftsführer hat nun angefangen. Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich fünf Minuten überziehe, aber mir liegt es einfach auf der Seele, das begründen zu wollen.

(Michael Neumann SPD: Das merkt man!)

Das ist doch schön. Mir liegt das auf der Seele, Herr Neumann, ich bin nicht so eiskalt wie mancher andere, mich umtreibt das.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Und die Grenze, Herr Neumann, zwischen Sorge und Häme ist bei Ihnen sehr fließend.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Ich möchte nur einen Punkt sagen: In diesen Zeiten – nennen wir es einmal Interregnum –, in denen der eine Geschäftsführer weg war und die Frage war, wann der nächste kommt, gab es keinen Stillstand, sondern die ReGe hat zwei Geschäftsführer, nebenbei einen zweiten sehr ordentlichen Geschäftsführer, der unter enger Abstimmung mit der Kulturbehörde ständig diese Verhandlungen mit HOCHTIEF und den Architekten geführt hat. Es gab überhaupt keinen Stillstand. Das heißt, der Vorwurf, der Vertrag sei schlecht, ist aus meiner Sicht falsch. Der Vorwurf, die Offenheit sei nicht da, ist bedingt richtig, nur wir können die Offenheit in diesem Punkt noch nicht bieten, weil wir in strengen Verhandlungen sind und die will ich zum Erfolg führen.

Auch der Vorwurf, dass es Tatenlosigkeit während des Interregnums gab, ist falsch. Die Sache ist die ganze Zeit weiter vorangetrieben worden.

Ein letzter Punkt, die angebliche Divergenz. Ich denke, ein neuer Geschäftsführer, der das jetzt macht, muss auch ein wenig Zeit haben, die Sache aus seiner Sicht sacken zu lassen, um dann ein abschließendes Ergebnis vorzulegen, und zwar sowohl, was nach Abschluss der Verhandlungen eine mögliche Kostensteigerung als auch – was mindestens genauso wichtig ist – den Zeitplan betrifft. Ich gebe da den Vorrednern recht, dass es mich neben dem möglichen Ärgernis über die Kostensteigerung mindestens genauso umtreibt, dass der künstlerische Anspruch, mit dem wir antreten, eventuell durch die Verzahnung von Kosten und

Zeitrahmen darunter leiden könnte, ein anspruchsvolles künstlerisches Programm zu machen. Das Künstlerische steht für uns hier im Vordergrund, meine Damen und Herren. Darum muss auch mit diesem neuen Geschäftsführer gemeinsam mit der künstlerischen Leitung zu einem bestimmten Zeitpunkt – ich habe gesagt, im ersten Quartal 2009 – die endgültige Entscheidung zu Zeitraum und Kostenbericht erfolgen. Frau von Welck wird im November, wenn es gewünscht wird, einen Zwischenstand mitteilen, aber in vertraulicher Sitzung, weil alles andere unsere Verhandlungsposition erschweren würde. So einfach ist das. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bürgermeister, Ihre Art und Weise zu reden gefällt mir ja. Ich muss aber feststellen, dass der Informationsgehalt, den Sie uns gegeben haben, nicht sehr hoch war.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Frank Schira CDU: Hat er doch gesagt, warum!)

Die Schwierigkeit, vor der wir stehen, ist, dass Sie uns praktisch gesagt haben, dass der Vertrag sehr kompliziert ist, dass man verhandelt, dass man viele Termine hat, dass man versucht, etwas von einem Tag auf den nächsten zu schieben und dass es immer irgendwelche Auseinandersetzungen gibt. Ich finde, dass das in dem Zusammenhang nicht ausreicht, um die gegenwärtige Situation zu beurteilen, vor allen Dingen aufgrund dessen, weil die Äußerungen, die heute in der Debatte gesagt worden sind, zum Teil andere waren. Es war nicht nur Herr Neumann, der vor allen Dingen etwas über den Vertrag gesagt hat, sondern auch Frau Dr. Gümbel hat gesagt, dass in der Grundstruktur etliche große Fehler gemacht worden sind, unter anderem mit den 25 Millionen Euro. Sie haben gesagt, in der Grundstruktur sei eigentlich alles richtig gewesen und trotzdem haben Sie in Ihren Verhandlungen jetzt alles Mögliche versucht. Das ist ein Widerspruch, der gelöst werden muss.

Herr Lafrenz hat gesagt, dass wir bisher in einer sehr komplizierten Situation gewesen sind und dass wir große Schwierigkeiten gehabt hätten, dass jetzt aber die Senatorin ein Bravourstück hingelegt hätte. Ich habe das nicht genau verstanden mit dem Bravourstück und was genau passiert ist. Wir bekommen ja auch keine Informationen darüber, aber ich muss sagen, dass das doch ein Unterschied ist zu der Aussage, die Sie gemacht haben. Wenn ein neues Bravourstück hingelegt worden ist, eine neue Grundstruktur, dann ist das etwas anderes als dass praktisch nur Verhandlungen

(Erster Bürgermeister Ole von Beust)

geschehen sind. Ich bin mir auch ganz sicher, dass dort jeden Tag Herr Wegener und alle getagt haben, um irgendetwas hinzubekommen. Trotzdem ist die Frage, die wir hier zu behandeln haben, noch nicht richtig beantwortet worden. Was sind die Grundstrukturen, dass hier solche groben Fehlentwicklungen geschehen sind. Dazu war Ihr Beitrag leider auch noch nicht ausreichend genug.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich möchte aber auch noch etwas zu dem Beitrag von Herrn Hamann etwas sagen. Ist er eigentlich noch da?

(Michael Neumann SPD: Der ist so un- scheinbar! – Dr. Andreas Dressel SPD: Der macht gerade eine juristische Prüfung!)

Wir haben sehr häufig und mit Begeisterung und großer Bravour den Vorwurf von der CDU gegenüber der LINKEN und dann und wann gegenüber der SPD im Zusammenhang mit Populismus gehört. Herr Hamann hat gesagt, es sei Populismus, wenn wir vom Festbetrag reden, und jeder wisse doch, dass es einen solchen Festbetrag nicht gibt. Wir haben die Situation, dass dieser Senat gegenüber der Presse, den Talkshows, den Menschen in dieser Stadt gesagt hat, es gebe einen Festpreis. Jeder Mensch in dieser Stadt hat Festpreis als Festpreis verstanden. Dann sind doch diejenigen die Populisten, die ein Jahr später sagen, das war gar nicht so gemeint.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das ist Populismus und das ist eine Art und Weise, die ich unanständig finde und die ich auch nicht akzeptieren will und dann noch diejenigen so zu beschimpfen, die nachfragen und sagen, Sie haben feste Preise versprochen und haben sie nicht eingehalten. Darauf geben Sie dann wutschäumend den anderen die Schuld. Das ist unakzeptabel, das ist unbürgerschaftlich und das gehört sich nicht.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Neumann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Herr von Beust, Sie haben Ihren emotionalen Ausbruch hier vorne mit den schönen Worten beendet: So einfach ist das. Ich will da nur einmal erwidern: So einfach kann man es sich machen, so einfach ist es bei Weitem nicht, wie Sie es dargestellt haben.

(Beifall bei der SPD und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

Ich kann sehr gut verstehen, wenn das Einzige, was Sie bisher wirklich in Ihrer Bürgermeisterei als eigene Duftmarke versucht haben zu setzen, diese

Elbphilharmonie, jetzt davor ist, Schiffbruch zu erleiden, dass Sie deswegen auch solche emotionalen Ausraster haben

(Unmutsäußerungen bei der CDU)

und solche persönlichen Angriffe starten. Das finde ich persönlich weder der Sache angemessen in dem Sinne wie das Frau von Welck meinte, noch der Form halber. Wir haben als Sozialdemokraten die Hand gereicht für dieses Projekt. Ich erinnere mich daran, dass kaum eine Woche verging, in der nicht Herr Wegener oder auch Frau von Welck in meinem Büro im Rathaus saßen, mit mir Tee tranken und mir immer wieder Argumente nannten, warum Sozialdemokraten auch Ja sagen sollten. Das Bemerkenswerte ist, dass wir, nachdem wir Ja gesagt haben, keinerlei Informationen bekommen haben

(Wolfgang Beuß CDU: Er ist mucksch!)

und es keine Gespräche mehr gegeben hat und dann müssen sich die Sozialdemokraten sogar noch beschimpfen lassen. Herr von Beust, so schmiedet man keine Koalitionen, jedenfalls nicht für die Elbphilharmonie.