Protocol of the Session on September 17, 2008

(Beifall bei der LINKEN – Martina Gregersen GAL: Wer sagt denn das?)

Das ist aus Ihrer Richtung gesagt worden und das ist falsch.

Herr Freistedt, mit dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Schule für alle soll in Hamburg keineswegs erreicht werden, dass es keine Ersatzschulen mehr gibt. Das können Sie nirgendwo herauslesen und das trifft nicht zu, es wird sie weiterhin geben. Über die Bedingungen für den Erhalt von Ersatzschulen werden wir uns heute noch bei einem anderen Tagesordnungspunkt unterhalten können.

Frau Goetsch, Ihr Zitat aus dem Schulgesetz ist großartig. Nur, ich glaube, das ist eine Zielvorstellung und vielleicht ein Wunschdenken. Es hat mich ein bisschen an das Grundgesetz erinnert, in dem steht:

"Männer und Frauen sind gleichberechtigt."

In der Realität sind wir noch Lichtjahre davon entfernt und von dem Zitat, das Sie genannt haben, sind wir ebenfalls Lichtjahre entfernt. Es geht darum, dass man darauf hinarbeitet. Darüber sind wir uns sicherlich einig, nur über den Weg noch nicht.

Es trifft nicht zu, dass dieser Gesetzentwurf zur Einführung einer Gemeinschaftsschule eine reine Strukturreform ist. Wer ihn aufmerksam liest, stellt fest – ich habe darauf hingewiesen –, wenn das Prinzip der Inklusion angestrebt wird und es jahrgangsübergreifende und kursübergreifende integrative Möglichkeiten geben sollte, ist es auch eine inhaltliche Strukturreform, die wir dringend benötigen.

Es wurde das Argument genannt, so schnell könnten wir eine Schulreform nicht durchführen oder eine Schulstruktur nicht ändern. Ich möchte an Folgendes erinnern: Im Mai ist die Regierung gewählt worden und die Senatorin hat das ehrgeizige Ziel, im Jahre 2010 eine neue Schulstruktur, nämlich das Zwei-Säulen-System einzuführen. Wenn das Volksbegehren und der Volksentscheid im Jahre 2009 erfolgreich sind, ist vorgesehen, dass im Schuljahr 2011/2012 mit einer Schule für alle gestartet wird. Der Zeitrahmen ist genau der Gleiche wie jetzt, das heißt, es wird überhaupt nichts Unmögliches verlangt. Wir müssen nur endlich anfangen, die Dinge zu ändern. Hier höre ich immer, dass doch alle wissen, dass Schüler nicht die gleichen Chancen haben. Das können wir doch aber nicht einfach zur Kenntnis nehmen und abheften,

(Mehmet Yildiz)

wir müssen etwas ändern. Das ist ein realistischer Weg, den wir unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, sodass wir zum zweiten und dritten Thema der Aktuellen Stunde kommen.

China Time in Hamburg – erfolgreiche Zusammenarbeit und kritischer Dialog mit Handel mit China – Menschenrechte einfordern

Wer wünscht das Wort? – Herr Heintze, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf dem Rathausmarkt erleben wir in diesen Tagen nach 2006 erneut die China Time; 170 Veranstaltungen mit Begegnungen und Dialog zusammen mit dem China Summit in der Handelskammer, eine rundum gelungene Veranstaltung, die sich intensiv Zeit nimmt, unseren Dialog mit China zu pflegen und auf unterschiedlichen Ebenen zu fördern.

Wir haben dieses Thema heute zur Aktuellen Stunde angemeldet, weil der CDU-Fraktion dieser Dialog sehr wichtig ist. Wir haben eben gehört, wichtige Themen in dieser Stadt gehören in der Aktuellen Stunde nach vorne. Hier wollen wir unseren Akzent setzen. Die CDU will hiermit ein Signal setzen, der Dialog mit China ist uns wichtig, der Dialog mit China muss fortgeführt werden und den Dialog mit China sollten wir in dieser Stadt regelmäßig auf die Tagesordnung setzen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Es ist nicht nur ein gegriffenes Thema, sondern es ist ein Thema mit Tradition. In unserer Stadt leben 10 000 Menschen mit chinesischer Herkunft. Wir hatten 1921 sogar eine kleine Einwanderungswelle und in der Schmuckstraße auf St. Pauli entstand ein China Town. Seit 1972 gibt es das chinesische Generalkonsulat, seit 1973 die Deutsch-Chinesische Gesellschaft und seit 1986 das SchanghaiMemorandum, das final in die Städtepartnerschaft geführt hat.

Wir haben also eine gute Tradition im Umgang mit China. Wir haben aber nicht nur eine gute Tradition im Handel, wir haben auch eine gute Tradition im sich gegenseitig die Meinung sagen. Von dieser Stelle haben wir auch das Thema der Laogai-Lager diskutiert, das zu einem offenen Dialog dazu gehört.

Nichtsdestotrotz haben wir heute einen anderen Schwerpunkt, nämlich auf dem Handel. Bei allen

kritischen Diskussionen gehört zu einer Partnerschaft, gemeinsame Leistungen zu betonen und herauszustellen. Wir haben mit China in dieser Stadt sehr viel geleistet, Hamburg hat in China viel geleistet. Auch dafür muss an dieser Stelle Zeit für Dank sein.

(Beifall bei der CDU)

Nur wenn man sich die Zeit nimmt, gemeinsame Leistungen herauszustellen, können Vertrauen und Respekt geschaffen werden. Dieser ist nötig, um diese Partnerschaft erfolgreich fortzusetzen. Eine notwendige Grundvoraussetzung, um solche Veranstaltungen, wie wir sie in diesen Tagen in der Stadt erleben, erfolgreich durchzuführen.

Es gibt viel Gemeinsames: Wir haben den Hafen, wir haben die Logistik, wir haben den Tourismus, wir haben das Thema Umwelt, wir haben mit dem Teehaus, das in diesen Tagen eröffnet wurde, das Thema Kultur. Allein der Hafen hat einen Umschlag von 3,2 Millionen Containern aus China. Die Partnerschaft mit Hamburg ist nicht nur eine Chance für Hamburger Unternehmen, sondern sie sichert in dieser Stadt tagtäglich Arbeitsplätze. Auch das gilt es in einer solchen Debatte zu betonen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Arbeitsplätze werden aber nicht nur hier geschaffen, sondern es gibt Engagement auch in China – Nordex, REpower, Airbus mit der Endmontage und Beiersdorf. Die CDU ist dezidiert der Meinung, diesen Austausch gilt es zu stützen, zu fördern und zu begleiten. Wir haben verschiedene Handlungsfelder, die in diesen Tagen von uns vorangebracht werden. Ein Beispiel ist das Chinesisch-Deutsche Schiedsgericht zu Wirtschaftsfragen, das seine Arbeit aufnimmt und sehr wichtig für 400 chinesische Unternehmen ist, die hier ansässig sind, sowie für 900 Unternehmen, die allein in Hamburg im Chinageschäft tätig sind. Es geht aber auch um den fairen Handel, um zu vermeiden, dass Produkte, die von Zwangsarbeitern in Laogai-Lagern hergestellt werden, auf den Markt kommen. Auch hier ist der Senat auf Initiative dieses Parlaments tätig geworden. Das Thema Grüne Wirtschaft ist ein weiteres Handlungsfeld. Auch an der EXPO 2010, die in Shanghai stattfindet, werden wir Anteil haben, ebenso an der Logistik durch die Güterverbindung ab 2010 nach Peking. Im Bereich Bildung gibt es die Europe-China School of Law, eine juristische Fakultät, die eine sinnhafte Form des Wissenstransfers begleitet.

Wir bauen also unsere Partnerschaft auf Augenhöhe zu China aus. Das Ziel ist eine verantwortungsbewusste Partnerschaft, von der alle profitieren, das Ziel ist aber auch eine Partnerschaft auf Augenhöhe, in der man kritische Themen mit Respekt voreinander beleuchten soll. Das Ziel der CDUFraktion ist aber nicht – das wurde in diesen Tagen mehrfach betont –, eine eigene Außenpolitik Ham

(Dora Heyenn)

burgs gegenüber China zu betreiben. Wir sehen die Stadt in einer Mittlerrolle, die in diesen Tagen in all diesen Veranstaltungen deutlich wird. Wir sollten uns auch als Parlament noch stärker einbringen. Wir sehen Hamburg als Mittlerin zwischen allen Erdteilen und den Völkern im Geiste des Friedens, wie es auch schon die Präambel unserer Verfassung sagt. Das ist uns mit der China Time erneut hervorragend gelungen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Frank.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Heintze, das haben wir alles schon mehrfach gehört.

(Barbara Ahrons CDU: Deswegen ist es ja nicht verkehrt!)

CDU und GAL haben das Thema China innerhalb kürzester Zeit zum dritten Mal angemeldet. Aber es gibt nichts Neues, meine Damen und Herren, was wir jetzt hätten neu diskutieren können. Nur die politische Luft, Herr Heintze, ist für diesen Senat offenbar dünner geworden. Sie kneifen vor Themen, die die Menschen in dieser Stadt wirklich interessieren: Moorburg, Elbphilharmonie, Schulden, Altenpflege, Studiengebühren.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wenn Sie sich nicht mehr trauen, solche Themen von allein anzumelden, dann muss es um Sie sehr, sehr schlecht bestellt sein.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Reden wir also noch einmal über das schon Gesagte zum Thema China.

(Wolfgang Beuß CDU: Ja, da sind wir ganz gespannt!)

Hamburg hat schon 1986 unter dem SPD-geführen Senat in unserer Partnerstadt Schanghai ein Vertretungsbüro eröffnet und die China-Politik forciert. Das frühe Engagement der Stadt hat sich bezahlt gemacht, denn sehr, sehr viele Firmen kommen zum Beispiel aus Schanghai. Die folgenden Senate haben diese Politik erfolgreich weitergeführt. Hamburg hat sich zur Hochburg des Chinahandels mit rund 400 Firmen aus China und 900 Unternehmen, die mit China Handel betreiben, entwickelt. Mehr als 50 Prozent des deutschen Außenhandels mit China wird über den Hamburger Hafen abgewickelt und Sie wissen, dass ein Drittel der Container aus China kommt oder dorthin verschifft wird. Erstaunlich ist auch, dass inzwischen mehr als die Hälfte aller Airbus-Flugzeuge chinesische Technologie und Bauteile an Bord hat.

Hamburg hat sich eine führende Position in Sachen China erarbeitet und ich denke, dass die von allen Fraktionen getragen wird.

Dass das Programm China Time offener geworden ist und dass die Themen Klima und Umweltschutz im Fokus von Hamburg Summit standen, wird von uns ausdrücklich begrüßt. China muss sich für diese Themen und Menschenrechtsfragen weiter öffnen. Die Partnerschaft Hamburgs mit China muss einhergehen mit einem ständigen Dialog über die Menschenrechtslage in China, aber auch über die katastrophalen Folgen des Turbokapitalismus, der keine Rücksicht auf die Lebenssituation der Menschen nimmt. Dieser Dialog muss aus unserer Sicht mit einem noch größeren Engagement als bisher sichtbar geführt werden.

(Beifall bei der SPD)

Ein schlechtes Beispiel kommt von der Handelskammer. Dort können Sie auf der Website Folgendes lesen. Ich zitiere:

"Die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, also das Parlament des Bundeslandes Hamburg, hat unsere Handelskammer gebeten, eine BürgerschaftsDrucksache auf unserer Website zu veröffentlichen, in dem sie ihre Besorgnis über das von ihr in der Volksrepublik China vermutete System von Zwangsarbeiterlagern zum Ausdruck bringt.

Dieser ausdrücklichen Bitte kommen wir [...] nach.

Unserer Handelskammer ist in diesem thematischen Zusammenhang wichtig zu betonen, dass wir uns der Auffassung der Bürgerschaft zur Existenz solcher Einrichtungen in China hiermit weder anschließen noch ihr widersprechen. Unsere Handelskammer hat hierüber vielmehr keine Erkenntnisse, die über Medienberichterstattungen hinausgingen."

Meine Damen und Herren, das ist ein schlechtes Beispiel. Ein gutes Beispiel ist die Einrichtung eines Chinesisch-Europäischen Schiedsgerichts mit Sitz in Hamburg. Auch wenn es in erster Linie um wirtschaftliche Fragen geht, aber eine solche Einrichtung wird den Rechtsstaatsdialog mit China verstärken und insofern von uns unterstützt.

Wie es um die Menschenrechte in China bestellt ist, ist auch in dem Ausschussgespräch – so ist es im Protokoll nachzulesen – mit dem chinesischen Generalkonsul Herrn Ma Jinsheng deutlich geworden. Für ihn sind das Umerziehungslager für Einbrecher, Betrüger oder – man höre – sonstige Störer der Sozialordnung und Personen, die gegen die Verfassung verstoßen, ohne Gerichtsverfahren, sondern von der zuständigen Behörde entschieden. Nicht jeder, der eine von der Regierung ab

(Roland Heintze)

weichende Meinung äußere, werde eingesperrt, sagte er. Er hat dann zweimal vorgeschlagen, eine Delegation zu entsenden, um sich vor Ort über die Laogai-Lager ein eigenes Bild zu machen. Die Bereitschaft Chinas sei vorhanden. Bisher ist niemandem gestattet worden, diese Lager zu betreten, weder Amnesty International noch UN-Vertretern und bisher auch keinem deutschen Länderparlament. Es stände aus meiner Sicht gerade Hamburg und der Hamburgischen Bürgerschaft gut an, als erstes bundesdeutsches Länderparlament eine Delegation in Laogai-Lager zu entsenden