Ich finde es wirklich drollig, was Sie hier machen. Früher hat die SPD ihre Wahlversprechen immer erst nach der Wahl gebrochen, jetzt machen Sie es schon vorher. Das ist originell, aber aufschlussreich.
Nun sagt Herr Naumann immer - ich habe eben nur zwei Beispiele genannt, ich kann noch mehr bringen -, seine Versprechen kosten insgesamt nur 250 Millionen Euro in der Legislaturperiode.
(Ingo Egloff SPD: Das hat er nicht gesagt! - Gegenruf von Bernd Reinert CDU: Doch, in den "Kieler Nachrichten"!)
Nun gibt es neue Tabellen der SPD. Da wird gesagt, wir können unsere Wahlversprechen nicht sofort einlösen, aber irgendwann einmal. Deshalb wächst das so langsam auf. Aber auch wenn es aufwächst, sind das bei mir - Ihre eigene Pressenotiz von gestern - 610 Millionen Euro in der Legislaturperiode, die Sie ausgeben wollen.
- Ach, Herr Neumann, Sie sollten lieber keine Zwischenrufe riskieren, wenn Sie von Haushaltspolitik nichts verstehen, denn den Eindruck haben Sie eben vermittelt.
Sie haben eben gesagt, es gebe 1,1 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen und damit hätten Sie schon das Geld für Ihre Wahlversprechen. Das Problem ist, dass wir die 1,1 Milliarden Euro im Haushalt schon vergeben haben, die sind schon ausgegeben. Sie müssen einfach lernen, dass das Geld, was nicht da ist, nicht noch einmal ausgegeben werden kann. Daran kranken Sie, meine Damen und Herren.
610 Millionen Euro - das sagen Sie jetzt selber - würden Sie in den nächsten vier Jahren ausgeben wollen. Wie Sie das machen wollen, sagen Sie natürlich nicht. Herr Naumann hat ja gesagt, das sagt er nicht, wem er was wegnimmt, denn er will sich im Wahlkampf nicht mit den Interessengruppen ärgern. Doch, Herr Naumann, Sie sollten gerade vor der Wahl sagen, wem Sie das Geld wegnehmen müssen, und nicht hinterher.
Nehmen wir einmal die 610 Millionen Euro - tatsächlich brauchen Sie noch viel mehr -, die Sie umschichten wollen. Nun gucken Sie sich einmal unseren Haushalt an. Unser Haushalt circa 10 Milliarden Euro, Betriebshaushalt etwa 9 Milliarden Euro - das sind die laufenden Ausgaben und Einnahmen - und die, meine Damen und Herren, sind komplett ausgegeben. Da ist kein Spielraum für 600 Millionen Euro. Ich sage Ihnen das, weil Sie es offenbar nicht wissen. Dauerhafte Personalausgaben sind 3,3 Milliarden Euro. Zinsen für die Altschulden, die Sie uns hinterlassen haben, 1 Milliarde Euro im Jahr. Gesetzliche Leistungen, die wir zahlen müssen, etwa 2,3 Milliarden Euro und dann kommen die gesamten laufenden Ausgaben für verschiedenste Institutionen mit weiteren
etwa 2,3 Milliarden Euro. Das heißt, die gesamten Betriebskosten sind komplett verplant. Wenn Sie jetzt etwas ändern wollen, wenn Sie 600 Millionen Euro oder 100 Millionen Euro herausnehmen und umschichten wollen, dann müssen Sie sagen wo. Ich habe einmal geguckt, wo es aus Ihrer Sicht, wenn Sie es wollten, Umschichtungspotenzial gibt. Wir würden das nicht machen. Sie könnten zum Beispiel die laufenden Ausgaben für Theater kürzen. Das sind im Moment 81 Millionen Euro. Da könnten Sie umschichten. Sie könnten die Oper kleiner machen, Sie könnten das Thalia-Theater reduzieren. Es gibt laufende Ausgaben für Museen - 29,7 Millionen Euro. Den Museen könnten Sie etwas wegnehmen. Es gibt die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen. Die könnten Sie schließen, 24,8 Millionen Euro für die Hamburger Öffentlichen Bücherhallen.
(Michael Neumann SPD: Wissen Sie was, man könnte die Senatspensionen mal kürzen für Leute, die Quatsch erzählen!)
Die Zuwendungen an das Universitätskrankenhaus Eppendorf sind 210 Millionen Euro. Da könnten Sie auch etwas wegnehmen aus der Gesundheitsversorgung der Stadt. Die Jugendhilfe Hamburg bekommt 11 Millionen Euro. Das Diakonische Werk bekommt 6 Millionen Euro. Auch da kann die SPD etwas wegnehmen. Die Arbeitslosentelefonhilfe bekommt 1,2 Millionen Euro. Auch denen können Sie das Geld wegnehmen. Der Kinderschutzbund bekommt 1,6 Millionen Euro, die Caritas 1 Million Euro, Hamburgs Frauenhäuser 1 Million Euro. Denen können Sie das Geld wegnehmen und umschichten.
(Michael Neumann SPD: Ihre Bezüge können wir Ihnen auch wegnehmen! - Dr. Till Steffen GAL: Das ist doch Ihre Horrorliste!)
- Nein. Ich würde die Debatte gerne ungestört fortsetzen. Ich glaube, es gibt noch viele Wortmeldungen, denen wir uns dann widmen können.
Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit heißt, dass man vor der Wahl seriös sagt, was man bezahlen kann und vor allen Dingen, wie man es bezahlen will. Wer dies nicht tut, wer nicht belegt, was er wie bezahlen will, dem glaubt man schlichtweg nicht. Wir haben viele Jahre daran gearbeitet, auch frühere sozialdemokratische Senate haben am Sparprogramm mitgewirkt.
Sie reißen alles wieder ein, was Sie gestern auch selber gesagt haben, was die Achtziger-/Neunzigerjahre angeht, wenn wir wieder in den alten Schuldenstaat zurückfallen. Schulden sind unsozial, weil die sozial Schwachen sie bezahlen müssen und nicht die Starken, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU - Christian Maaß GAL: Das wären genauso fünf Minuten wie Ihr Haushalt aus- geglichen ist!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Senator Freytag, Sie selber haben doch Ende letzten Jahres einen Haushalt aufgestellt und das gesamte Geld in diesem Haushalt verteilt. Komischerweise haben Sie seitdem in diese Bürgerschaft Vorlagen eingebracht, die weitere 450 Millionen Euro Ausgaben bedeuten. Erzählen Sie uns doch einmal, woher das Geld kommt, wenn Sie das alles so klasse finanzieren und ausgleichen.
Ich will noch etwas zu dem sagen, was von Herrn Neumann zitiert worden ist. Herr Kruse, wenn Sie ehrlich wären, dann würden Sie sagen, dass Sie eine zwei Jahre alte Rede von Herrn Neumann zitiert haben.
Vor zwei Jahren war die Einnahmesituation des Bundes und dieser Stadt eine andere. Wenn man in dieser Situation darauf hinweist, dass man in dieser Stadt nicht ungestraft an der Gebührenschraube drehen darf, dann ist das politisch klug und richtig gewesen, meine Damen und Herren.
Sie selber haben doch kräftig an der Gebührenschraube gedreht, obwohl - Herr Neumann hat es zitiert - der Bürgermeister gesagt hat, das würden Sie nie tun. Ich sage Ihnen, wer die Zeche in dieser Stadt zahlt: Die zahlt der Bürger beim Büchergeld, bei den Vorschulgebühren und bei den Studiengebühren und der Bürger, der keine Arbeit hat, zahlt die Zeche dafür, dass Sie die Arbeitsmarktmittel von 100 Millionen Euro auf 22 Millionen Euro gekürzt haben. Das ist Ihre unsoziale Politik.
Die Bürger, die in benachteiligten Stadtteilen wohnen, zahlen die Zeche dafür, dass Sie jahrelang diese Stadtteile vernachlässigt haben. Jetzt haben Sie gemerkt, dass es eng wird, und deswegen haben Sie dieses komische Programm "Lebenswerte Stadt" aufgelegt.
Wissen Sie, was das ist? - Das ist weiße Salbe für die Wunden, die Sie in den Stadtteilen geschlagen haben, weil Sie jahrelang nichts getan haben.
Und, meine Damen und Herren, der Bürger zahlt die Zeche dafür, dass Sie beispielsweise nicht in der Lage sind, den Bildungsbereich ordentlich zu organisieren - eine unfähige Senatorin und ein Bürgermeister, der Regierungspolitik nach Radiomeldungen macht.
Wenn er morgens etwas hört, was ihm nicht gefällt, was ihm gefährlich werden könnte, wird der zuständige Senator zusammengefaltet. Government by Phone Call heißt so etwas neuerdings, anstatt vorher dafür zu sorgen, eine
anständige und konzeptionell durchdachte Politik zu machen. Das wäre es, was die Bürger dieser Stadt verdient haben.
Sprechen Sie doch mit den Eltern. Die interessiert nicht die komische Kampagne, die sich Herr Heinemann ausgedacht hat. Die Eltern interessiert, ob ihre Kinder in den Schulen anständig behandelt werden, ob die Planungen verlässlich sind oder ob jede Woche eine neue Sau durch das Dorf getrieben wird. Ist das eine Senatorin, die weiß, was sie tut? Nein, diese Senatorin weiß es nicht. Sie weiß nicht, wie viele Lehrer sie hat, sie weiß nicht, wie sich große Klassen auswirken - das hat sie hier selber gesagt -, sie weiß nicht, wie sie die Probleme des zwölfjährigen Gymnasiums lösen will, und sie weiß nicht, wie sie die Organisation und Einführung von Stadtteilschulen herbeiführen will. Eigentlich weiß diese Senatorin überhaupt nichts.
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL - Wolfgang Beuß CDU: Und Sie wissen nicht, wie Sie es finanzieren sollen!)
Wir wollen jedenfalls nicht, dass Bildung und Zukunftschancen davon abhängen, wie viel Geld Eltern haben oder in welchem Stadtteil man wohnt. Sie haben in diesem Hause ausreichend bewiesen, dass Sie nicht mit Geld umgehen können.
Nicht nur 300 Millionen Euro für zwei Stationen bei der U 4, wie Sie den Investoren in der HafenCity versprochen haben, sondern gleich noch 50 Millionen Euro teurer, bevor überhaupt der erste Spatenstich stattgefunden hat.