Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Zur Vergabe von Psychopharmaka heißt es ursprünglich in der ersten Fassung:
"In den Übergabebüchern ergeben sich Sanktionen, die für den Fall der Einnahmeverweigerung verhängt werden sollen."
Dieser Passus wurde von der CDU ersatzlos gestrichen. Das kann ich mir vorstellen, dieser Satz gefällt Ihnen nicht.
An einer anderen Stelle heißt es in der ersten Fassung zur Rückführung eines entwichenen Jugendlichen durch Sicherheitsdienstmitarbeiter:
"Der geschilderte Ablauf markiert einen offenkundigen Verstoß gegen die Ziffer 6 der Dienstanweisung. Die Mitarbeiter haben somit eindeutig ihre Kompetenzen überschritten."
"Die genauen Umstände dieser Rückführung konnte der Ausschuss nicht mit hinreichender Sicherheit klären."
Von solchen Beispielen könnte ich noch mehr nennen, Herr Voet van Vormizeele. Es ist kein Wunder, wenn Sie sagen, das Ergebnis sei mager und beim PUA sei gar nicht richtig etwas herausgekommen. Wenn man das so verändert, ist das mager.
(Kai Voet van Vormizeele CDU: Sie können sich doch die Wahrheit nicht so hinreden, wie Sie sie haben wollen!)
Sie machen sich damit unglaubwürdig, meine Damen und Herren der CDU, aber ich meine, das ist die Art demokratischen Verständnisses, das wir von der CDU gewöhnt sind und was uns an allen Ecken immer wieder begegnet.
Kommen wir zum zweiten Vorwurf, der PUA sei überflüssig gewesen. Fast jede Sitzung begann damit, dass ein Gestöhne durch die Reihen der CDU ging und es hieß: Wieder eine Sitzung, das, was ihr macht, ist doch alles überflüssig, schon wieder neue Zeugen.
(Zurufe von der CDU) - Ich verstehe, dass Sie das nicht hören mögen, aber es ist so. Dieser PUA wäre überflüssig gewesen, wenn Senatorin Schnieber-Jastram ihre Aufgabe als Sozialsenatorin wahrgenommen (Beifall bei der GAL und der SPD)
Erinnern wir uns daran, warum der PUA eingesetzt wurde: Im Dezember 2004 gelang zwei Vierzehnjährigen die Flucht aus dem geschlossenen Heim. In den Medien erhoben sie schwere Vorwürfe. Viele von Ihnen können sich sicherlich noch daran erinnern. Die Jugendlichen machten Interviews und behaupteten, sie seien mit Medikamenten ruhiggestellt worden, die Medikamente hätten sie nicht vertragen, ihnen sei es danach schlecht gegangen, sie seien gefesselt und angebrüllt worden. Der LEB, der stadteigene Träger dieser Einrichtung, dementierte damals diese Vorwürfe. An dieser Stelle hätten Frau Senatorin Schnieber-Jastram und dieser Senat noch die Möglichkeit gehabt, diesen Untersuchungsausschuss abzuwenden, wenn sie gehandelt und sich mit den Zuständen und den Vorwürfen der Minderjährigen auseinander gesetzt hätte. Das ist eine Selbstverständlichkeit als zuständige Senatorin. Aber sie hat es versäumt und sie hat nicht gehandelt. In ihrer Befragung haben wir auch erfahren, warum. Das möchte ich Ihnen einmal vortragen.
Wir haben die Senatorin gefragt, warum sie damals nicht gehandelt hat. Wissen Sie, was Sie gesagt hat? Die Glaubwürdigkeit dieser jungen Menschen sei für sie in Frage gestellt gewesen, sie habe sich mehrfach darüber informiert, was das für Jungen seien, die in so einer Einrichtung säßen. Bevor man als junger Mensch, als Kind, in eine solche Einrichtung kommt, müsse man schon eine gewaltige Liste von Dingen haben, die man auf dem Kerbholz hat.
Das ist das traurige Bekenntnis einer Sozialsenatorin, die ihr Amt nicht ausfüllt und nicht für das Wohl der Jugendlichen sorgt, egal, ob sie Straftaten begehen oder nicht.
Weil die Senatorin nicht gehandelt hat, haben wir Akteneinsicht beantragt. Wer einmal in diese Akten gesehen
hat - Akteneinsicht haben SPD und GAL reichlich genommen -, der kann nur zu dem Entschluss kommen, einen Untersuchungsausschuss einzurichten. An den zahlreichen Anhaltspunkten bei den Mängeln der Betreuung, an den Rechtsverstößen und an dem hohen Maß von Gewalt in der Einrichtung kommt keiner vorbei. Zwangsläufig war die Folge ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Aber das können Sie nicht der Opposition anlasten, sondern dieser handlungsunfähigen Senatorin.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Erzähl doch kein dummes Zeug!) - Das war jetzt eine sehr qualifizierte Zwischenbemerkung. Immer, wenn Ihnen nichts mehr einfällt, werden Sie ein bisschen dummerhaft. (Beifall bei der GAL und der SPD)
Für die GAL kann ich nach zwei Jahren Arbeit im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss feststellen, dass sich unsere Vorwürfe leider komplett bestätigt haben. In diesem Heim herrschte streckenweise Chaos. Ich will nur kurz einige Punkte wiederholen, weil Thomas Böwer sie bereits ausreichend aufgeführt hat:
Die Betreuung war unzureichend, weil pädagogisches Personal fehlte. Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma ersetzten die fehlenden Pädagogen und übernahmen auch gleich noch die Medikamentenausgabe. Pech für einige Jugendliche, dass die Absprache zwischen den Pädagogen und den Sicherheitsmitarbeitern auch mal nicht klappte. So haben die Jugendlichen manchmal auch die doppelte Dosis an Psychopharmaka erhalten. Jugendliche wurden ohne ihr Wissen auf HIV getestet. Fünf Jugendlichen wurde Blut abgenommen, ohne dass eine Einverständniserklärung vorlag oder ohne dass sie wussten, wofür ihnen Blut abgenommen wurde. Jugendliche wurden dort aufgenommen, die aufgrund ihrer Problemlage und ihrer schwerwiegenden psychischen Störung nie in die Feuerbergstraße gedurft hätten. Wir hatten vorhin das Fallbeispiel des Jugendlichen gehört, der zwei Selbstmordversuche begangen hat. Es kam von Gewalteskalationen bis zu Selbstmordversuchen. Im Untersuchungszeitraum von zwei Jahren gab es 153 besondere Vorkommnisse. Das ist die Hälfte aller Meldungen von allen Jugendhilfeeinrichtungen in ganz Hamburg. Es ging immer um Gewalt untereinander und um Entweichungen.
Das alles geschah unter den Augen von Senatorin Schnieber-Jastram, die eine Mauer der Ignoranz um sich aufgebaut hat, an der sämtliche frühzeitige Warnhinweise abgeprallt sind. Frau Senatorin Schnieber-Jastram hat immer wieder beteuert, sie habe sich informiert und man habe ihr versichert, es sei alles in Ordnung.
Ich weiß wirklich nicht, was schlimmer ist: Eine Senatorin, die so naiv ist, dass sie sich trotz diverser Hinweise in Medienberichten und parlamentarischen Anfragen auf Aussagen verlässt, es sei alles in Ordnung, es aber nicht für nötig hält, selbst das Zepter in die Hand zu nehmen, zu hinterfragen, nachzuschauen, was in dieser Einrichtung läuft, die unter ihrer Obhut ist? Oder ist es schlimmer, eine Senatorin zu haben, die über die Probleme in der Feuerbergstraße Bescheid wusste, aber keinen Handlungsbedarf sah? Ich glaube, beides ist nicht zu ertragen und in beiden Fällen lässt sich aus dem PUA nur ein Fazit ziehen: Senatorin Schnieber-Jastram hat ihre politische Verantwortung nicht wahrgenommen
Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, Sie können in dem Abschlussbericht des PUA so viel herumstreichen, wie Sie wollen, und die unerwünschten Passagen herausstreichen, Sie machen sich und die Senatorin dadurch noch unglaubwürdiger, wenn das überhaupt in diesem Abgrund noch geht.
Zwei, drei Anmerkungen zum Kollegen Voet van Vormizeele. Sie sagten, diese Stadt braucht eine derartige Einrichtung.
(Dr. Willfried Maier GAL: Für Abgeordnete!) - Das ist ein guter Vorschlag. Dann braucht sie aber eine Einrichtung, die mit den Rechtsnormen der Bundesrepublik Deutschland einhergeht. Dieses haben Sie, Frau Senatorin, nicht geleistet. Das muss man feststellen. (Beifall bei der SPD)
Wir haben dort nicht zum Spaß gesessen, wir hatten es mit einer Einrichtung zu tun, in der gegen das Post- und Fernmeldegeheimnis verstoßen wurde und gegen vertrauliche Gespräche zwischen Mandanten und Rechtsanwälten. Wir hatten es mit einer Einrichtung zu tun, in der es Freiheitsberaubung im Amt gab. Wir hatten es mit einer Einrichtung zu tun, in der der Verdacht nahe lag, dass es Körperverletzung im Zusammenhang mit der Vergabe von Psychopharmaka gab. Wir hatten es mit einer Einrichtung zu tun, in der gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen wurde.
Wir hatten es mit einer Einrichtung zu tun, von der die Senatorin sagte, sie habe sich darum gekümmert und sie sei auch da gewesen. Als wir sie gefragt haben, wann sie da war, hat sie geantwortet, das könnte sie uns nicht mehr sagen, aber sie sei oft da gewesen. Als wir sie fragten, ob sie zweimal oder dreimal da war, sagte sie, das wisse sie auch nicht. Wir glauben mittlerweile - auch der Senat konnte sich nicht mehr daran erinnern konnte, das war zu weit entfernt -, dass es außer den beiden Presseterminen - einmal dem Trommeln nach Schill und sozusagen ein weiterer Termin - keine weiteren Termine und Gespräche mit ihr im Zusammenhang mit der GUF gegeben hat.
Was die Leistungsbilanz angeht, Herr Voet van Vormizeele, stimme ich Ihnen zu. Man soll sich die Leistungsbilanz angucken. Der Kollege Sardina war so freundlich und hat eine Kleine Anfrage gestellt. Da konnte man feststellen, wie erfolgreich diese Einrichtung war. Keiner der Jugendlichen hat die selbst festgesetzten Erziehungsziele der Einrichtung geschlossene Unterbringung erreicht. Nur jedem siebenten entlassenen Jugendlichen
Es gibt noch zwei Zahlen, die uns zu denken geben sollten. Jeder vierte Jugendliche aus der Geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße ist danach inhaftiert worden. Von jedem zweiten Jugendlichen konnten Sie im Jahre 2007 gar nicht mehr sagen, was mit dem passiert war, der war auf einmal weg. So kann man sich keine Jugendhilfe vorstellen. Deswegen gebe ich Ihnen die Empfehlung, Frau Schnieber-Jastram: Entscheiden Sie sich zwischen dem Amt der Zweiten Bürgermeisterin und der Sozialsenatorin. Wir brauchen keine Teilzeitsenatorin, wir brauchen jemanden, der sich voll und ganz um diesen Job kümmert. - Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Anschließen möchte ich mich dem Dank an den Arbeitsstab. Gerade als Vorsitzender hätte ich meine Aufgaben ohne die hervorragende Unterstützung des Arbeitsstabs nicht erfüllen können.