Protocol of the Session on October 10, 2007

Das heißt, Sie gehen Verpflichtungen ein, die für den nächsten Senat das Konsolidierungsprogramm bereits zwingend am Horizont erscheinen lässt, weil er diese Ausgabenhöhe nicht wird durchhalten können. Das wird kein Senat durchhalten können, weil nicht davon auszugehen ist, dass die gegenwärtige Konjunkturwelle anhält. Die ersten Zeichen deuten sich bereits an, dass das nicht der Fall sein wird. Aber Sie gehen voll in die Ausgaben hinein.

Dann erklären Sie, dass Sie jetzt erstmals im Unterschied zur SPD früher den Tugendpfad der sparsamen Haushaltspolitik entdeckt hätten. Das ist doch völlig lächerlich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie machen genau das, was sozusagen pervertierte keynesianische oder pervertierte sozialdemokratische Politik geworden war, nämlich in Phasen der guten Steuereinnahme und der Mehreinnahme durch Konjunkturbelebung die Ausgaben des Staates höher zu fahren anstatt Rücklagen für die Mehrausgaben in Situationen der Krise zu bilden. Das heißt, Sie bereiten jetzt schon vor, dass Hamburg in Situationen der Krise eine restriktive Haushaltspolitik fahren muss. Das ist verrückt.

(Beifall bei der GAL und der SPD - Robert Hei- nemann CDU: Frau Blömeke hat vorher gerade Mehrausgaben gefordert!)

- Wir reden jetzt über globale Daten. Lieber Herr Heinemann, das ist ein Sachverhalt, der in allen Fraktionen gleichermaßen vorhanden ist.

(Robert Heinemann CDU: Sie können sich nicht durchsetzen!)

- Nein, Sie können sich nicht durchsetzen. Sie machen die Regierung, Sie machen die Mehrausgaben. Ihr Finanzsenator hält die Ausgaben nicht zurück. Seitdem Herr Peiner weg ist, sind die Deiche offen und

(Beifall bei der GAL und der SPD)

es werden einfach Ihre Wahlkampfprogramme finanziert. Das ist richtig besorgniserregend, zumal Sie gleichzeitig mit Ihrem Verschuldungsverbotsantrag versucht haben, die öffentliche Debatte in der Weise zu stilisieren, dass man jetzt vorsorgend und gegen weitere Neuverschuldung arbeiten würde. Aber Sie setzen einfach nur Ihre Ausgabenpolitik auf der Grundlage von Inanspruchnahme des Vermögens der Stadt und durch Inanspruchnahme der gegenwärtigen Steuermehreinnahmen für laufende Programme weiter fort. Das ist ruinös.

Das hilft Ihnen im Moment - so hoffen Sie wenigstens - in Bezug auf die Wahl. Aber aus der Geschichte der Bundesrepublik wissen wir, dass das eine Taktik ist, die eigentlich jede laufende Regierung versucht hat, nämlich in der jeweiligen Situation kurz vor der Wahl alles herauszuschmeißen, was nur irgend ging. Das haben wir 2001 nicht versucht und hierauf bin ich sogar ein bisschen stolz. Wir hatten 1999 und 2000 auch ausgeglichene Haushalte, aber selbst im Wahljahr 2001 haben wir das Konsolidierungsprogramm durchgezogen.

Nun können Sie sagen: Sie sehen, was Sie davon gehabt haben.

(Lachen bei Wolfgang Beuß CDU)

- Ja, Herr Beuß, das ist sozusagen das Lachen des politischen Zynismus.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Aber Sie sollten nicht gleichzeitig in Anspruch nehmen, dass Sie eine langfristige Haushaltskonsolidierung betreiben. Die Konsolidierung haben Sie sowieso aufgegeben, denn Sie nehmen keine mehr vor. Im Gegenteil, Sie nehmen sie zurück und fahren jetzt in einer Situation der momentanen Konjunkturentwicklung den Haushalt in der von Herrn Zuckerer demonstrierten Weise nach oben, der möglicherweise bereits über die Kippe hinüber ist. Es kann einem Angst und Bange bei der Vorstellung werden, was der nächste Senat an Problemen vor sich haben wird.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält Senator Dr. Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal die Opposition ausdrücklich loben,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wofür?)

denn sie hat es verdient, weil sie unerschütterlich an die Zukunft dieses Senats glaubt.

(Petra Brinkmann SPD: Das hat keiner gesagt!)

Was Sie in Ihrem Antrag verlangen, meine Damen und Herren von der Opposition, ist die Aktualisierung der Finanzplanung 2008 bis 2012. Diese haben wir Ihnen noch gar nicht vorgelegt, weil das erst mit dem Haushaltsplan 2009/2010 im nächsten Herbst von diesem Senat geschieht. Das versprechen wir Ihnen bereits heute.

(Beifall bei der CDU - Gesine Dräger SPD: Der Finanzplan von 2008!)

Was Sie meinen, ist eine Aktualisierung der Finanzplanung 2007 bis 2011. Mit der November-Steuerschätzung werden wir selbstverständlich über eine Aktualisierung dieser Daten berichten. Das war schon immer so, auch bei früheren Senaten. Nur haben wir als damalige Opposition - und das erinnere ich als finanzpolitischer Sprecher noch relativ genau - nicht die Jahreszahlen miteinander verwechselt. Sie haben uns hiermit im Grunde genommen dokumentiert, dass Sie fest davon ausgehen, dass wir weiterhin als Senat Ihr Gesprächspartner sein werden. Ich verspreche Ihnen, das wollen wir gern sein.

Sie müssen sich schon entscheiden, was Sie wollen. Auf der einen Seite werfen Sie uns vor, dass wir an bestimmter Stelle Geld ausgeben. Das sei falsch, sagen Sie. Auf der anderen Seite haben Sie uns vorgeworfen, dass wir Rücklagen gebildet haben. Das sei auch falsch. Was denn nun? Sie kritisieren, dass wir zum einen das Geld nicht ausgeben sollen und zum anderen nicht in die Rücklage stellen dürfen.

(Rolf-Dieter Klooß SPD: Sie haben ja gar nicht zugehört!)

Hierauf kann ich Ihnen nur entgegnen, dass ich Ihre Aufregung nicht verstehe. Dieser Haushalt befindet sich in einem hervorragenden Zustand. Hiervon sind nicht allein der Senat oder die Regierungsfraktion überzeugt, sondern auch unabhängige Institutionen, die die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität aller 16 Bundesländer genau überprüft haben. Und Tatsache ist, dass wir die Nummer 1 in Deutschland sind.

(Beifall bei der CDU - Dr. Willfried Maier GAL: Sie haben das laufende Jahr gar nicht in der Betrach- tung!)

- Schauen wir uns doch einmal an, Herr Maier, wie Ihre Zahlen gewesen sind.

Im Jahre 2001 haben Sie uns im Betriebshaushalt ein rotgrünes Defizit in Höhe von 700 Millionen Euro hinterlassen. Jetzt aktuell unter dem CDU-geführten Senat haben wir ein Plus von 540 Millionen Euro. Ich bin der Meinung, das ist ein Unterschied.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich wissen wir, dass nicht alle Dinge geregelt sind und wir wissen auch, dass die kameralistische Buchführung Risiken birgt. Selbst wenn wir 500 Millionen Euro in einem ausgeglichenen Betriebshaushalt als Plus haben - wir haben also den Haushalt nicht nur ausgeglichen, sondern auch ein Plus erwirtschaftet - haben wir allerdings noch kein Plus im Investitionshaushalt. Das ist die Frage der Nettokreditaufnahme, der Neuverschuldung, die wir so schnell wie möglich auf null reduzieren müssen, um gar keine neuen Schulden mehr zu machen. Hier sind wir sehr viel näher dran, als Sie es zu Ihrer Regierungszeit waren, denn Sie haben uns zuletzt eine Nettokreditaufnahme Neuverschuldung in Höhe von 820 Millio

nen Euro hinterlassen. Wir haben in unseren Zahlen jetzt die Hälfte von dieser Summe und werden diese sicherlich bei anhaltender Haushaltskonsolidierung noch weiter reduzieren können.

Natürlich wissen wir, dass die Risiken im Haushalt langfristig beseitigt werden müssen. Daher, Herr Maier und Herr Zuckerer, haben wir als erstes Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland eine kaufmännische Bilanz vorgelegt, eine mit doppelter Buchführung durchgebuchte Bilanz.

Diese Bilanz hat eine sehr interessante Facette erbracht. Aus den nach der Kameralistik soeben genannten 500 Millionen Euro Plus im Betriebshaushalt des Jahres 2006 werden über 500 Millionen Euro Minus, wenn man eine kaufmännische Buchführung zugrunde legt. Warum 1 Milliarde Euro Unterschied zwischen 500 Millionen Euro Plus und 500 Millionen Euro Minus? Das sind 600 Millionen Euro Abschreibungen, Ressourcenverbrauch und Werteverzehr, den wir in einer doppischen kaufmännischen Buchhaltung berücksichtigt haben, sowie 400 Millionen Euro Rückstellungen für Pensionszahlungen, die die Kameralistik in der Form nicht kennt. Daher haben wir in Deutschland eine Vorreiterrolle bei der Modernisierung der Haushalte übernommen. Dies ist eine sehr verantwortungsbewusste und in die Zukunft gerichtete Haushaltspolitik. Wir geben das Geld nicht "auf Teufel komm raus" aus, sondern wir halten es zusammen, um die Zukunft der Stadt zu sichern.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben bereits gestern im Haushaltsausschuss eine qualitativ gute Debatte geführt. Wir wollen gemeinsam mit dem gesamten Parlament unseren Haushalt weiterentwickeln, weil wir mit der Kameralistik am Ende tatsächlich nicht weiterkommen. Was wir jetzt seit sechs Jahren vorantreiben, ist eine ganz knallharte Konsolidierung des Haushalts, die nicht nur auf einer komfortablen Steuereinnahmesituation basiert, sondern auf jährlich eingesparten 500 Millionen Euro durch die sogenannten Jesteburg-Prozesse.

Der Lohn dieser Einsparungen ist jetzt zu spüren. Wir haben wieder Luft zum Atmen und vor allen Dingen können wir eine Finanzpolitik machen, die nicht auf Kosten unserer Kinder betrieben wird. Das ist ein großes Plus dieser Finanzpolitik.

(Beifall bei der CDU)

Die größten Risiken in unserem Haushalt sehe ich ganz klar in zwei Positionen.

Zum einen sind das die Zinszahlungen für die Altverbindlichkeiten, die ich nach wie vor für einen sehr dramatischen Tatbestand halte. Es trifft uns alle, dass wir insgesamt Altschulden von über 22 Milliarden Euro haben und wir hierfür noch heute Tag für Tag 3 Millionen Euro Zinsen zahlen müssen. Das ist der erste große Posten, den wir noch weiter abräumen müssen. Wir müssen anfangen, alte Schulden zu tilgen und neue Schulden zu vermeiden.

Zum anderen sind das die Pensionslasten. Der Rechnungshof hat sehr eindrucksvoll vorgelegt, was es bedeutet, wenn wir nichts unternehmen. Das betrifft Pensionslasten, nicht nur für Beamtinnen und Beamte, die im Moment aus dem laufenden Haushalt bestritten werden müssen,

(Michael Neumann SPD: Auch für Senatoren und Staatsräte, Herr Schill, glaube ich!)

sondern beispielsweise auch für Anstalten des öffentlichen Rechts und öffentliche Unternehmen, die hierfür keine Rückstellungen gebildet haben. Was jetzt auf uns als Pensionslasten aus alten öffentlichen Unternehmen zukommt, haben doch nicht wir mit diesem Senat den Steuerzahlern eingebrockt. Das waren rotgrüne Versäumnisse, die wir jetzt ausbaden müssen.

(Beifall bei der CDU)

Meine große Bitte wäre, gemeinsam zu versuchen, sich diesen Altlasten zu stellen. Wir führen unseren Haushalt nicht in der Weise, dass wir jetzt Wahlgeschenke verteilen.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh! Ha, ha!)

Es stimmt schlichtweg nicht, dass wir die Steuermehreinnahmen sofort in Ausgaben umgesetzt haben. Sie haben doch soeben die Allgemeine Rücklage zitiert.