Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion! Ihre Aufforderung an den Senat, ein Gesamtkonzept für die Schaffung und Erhaltung und Pflege sowie die Nutzung von Orten des Gedenkens an die Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 bis 1945 in Hamburg aufzulegen, findet die volle Unterstützung der SPD-Fraktion, zeigt doch diese Forderung schließlich auch, Frau Senatorin, dass zumindest in den letzten Jahren kein Konzept vorhanden war. Bereits bei der Beantwortung der Großen Anfrage der SPD-Fraktion "Erinnern statt vergessen", die wir an dieser Stelle im Januar 2005, also vor über zwei Jahren debattiert haben, wurde schon deutlich, dass es an einer Konzeption des Umgangs mit diesen Problemen mangelt.
In der Antwort des Senats fehlte eine Bewertung der Aktivitäten des Gedenkens, der Erinnerungsarbeit und der Erinnerungskultur in Hamburg insgesamt. Dieses Dilemma haben Sie jetzt aktuell auch beim Lohseplatz.
Ich möchte kurz auf die Punkte eingehen, die das Konzept nach Meinung aller leisten sollte. Eine Vervollständigung und laufende Aktualisierung der vorliegenden Broschüre "Gedenkstätten in Hamburg" wäre doch auf jeden Fall zu begrüßen. Die zurzeit erhältliche Fassung dieser Broschüre ist nämlich schon rund viereinhalb Jahre alt, meine Damen und Herren. Sie wurde bereits im März 2003 von der damaligen Bürgerschaftspräsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt und dem Ersten Bürgermeister herausgegeben. Seitdem ist, wie wir alle wissen, einiges geschehen, was eine Aktualisierung dieser Broschüre erforderlich macht. Ich möchte nur drei Punkte nennen.
Erstens die Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die im Mai dieses Jahres abgeschlossen wurde. In dem Zusammenhang wurde eine neue Dauerausstellung "Gefängnisse und Gedenkstätte: Dokumentation eines Widerspruchs" eröffnet. In Hamburg wurden seit 2002 nicht nur 700, verehrte Kollegin, sondern rund 1.900 Stolpersteine verlegt, wie wir das herausgefunden haben. Diese sehr individuelle Form des Gedenkens, der immer eine Recherche von Initiativen, von Schulen, Angehörigen und Hinterbliebenen vorausgeht, sollte in der zukünftigen Broschüre unbedingt eine größere Würdigung und Beachtung zugestanden werden, unterlegt mit einigen Beispielen, wie zum Beispiel das Grindelviertel.
Auch die jetzt vorhandene Gedenktafel am Lohseplatz wird in dieser genannten Broschüre nicht erwähnt, weil sie nämlich erst nach dem Erscheinen der Broschüre eingeweiht wurde.
Weiter fordert die CDU, dass das Konzept festlegen soll, in welchem Verhältnis die bereits bestehenden Orte des Gedenkens zueinander und zu künftig hinzukommenden Orten bezüglich ihrer Gestaltung, ihrer inhaltlichen Schwerpunkte und ihres pädagogischen Angebotes stehen sollten. Auch diese Forderung unterstützen wir, vor allem, wenn das Konzept festlegt, wie mit vorhandenen Gedenkstätten entsprechend würdevoll umgegangen wird, denn wäre ein solches Konzept schon im vergangenen Winter vorhanden gewesen, wäre es vielleicht nicht zu dieser skandalösen Behandlung des Mahnmals für die Weiße Rose in Volksdorf gekommen. Oder klingt in Ihrer Forderung nach einer Festlegung ein wenig die Befürchtung durch, es könne eine Inflation von Gedenkstätten geben, die wir uns nicht leisten können oder wollen, denn die Begriffe "Vielzahl der Orte" und "möglicherweise bedeutsam" in der Begründung müssen uns doch aufhorchen lassen. Dieses sollten wir deshalb intensiv im Ausschuss besprechen.
In diese Richtung geht möglicherweise auch die Betonung auf die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, die "die zentrale Rolle in der Topografie der Hamburger Gedenkorte einnehmen soll", denn eine Gedenkstätte am ehemaligen Hannoverschen Bahnhof hat schließlich einen ganz anderen Hintergrund. Dort wurden Tausende von jüdischen Kindern, Frauen und Männern in die Vernichtungslager deportiert. Darum gebührt auch diesem Ort eine wesentlich würdigere Gedenkstätte als die, die jetzt mit der schwarzen Tafel, wie sie aufgestellt worden ist, vorhanden ist. Schließlich unterstützen wir deshalb, Frau Kollegin Ehlers, auch Ihre Forderung nach einem Sachstandsbericht über die Gestaltung des Lohseplatzes. Vielleicht gibt es im Ausschuss berichtenswerte Neuigkeiten, aber das Gutachten zum Lohseplatz liegt schließlich seit Januar 2005 vor, also über zweieinhalb Jahre. Runde Tische haben inzwischen stattgefunden und allen Beteiligten ist klar, dass es langfristig eine angemessene Lösung für diesen Ort der Deputation geben muss, die weit über eine schwarze Tafel hinausgeht. Von daher ist eine weitere Beratung dieses Antrages im Kulturausschuss eine richtige Weiterbehandlung. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! 62 Jahre ist die Naziherrschaft zu Ende und seit 62 Jahren sind die Konzentrationslager nicht mehr da, sondern befreit. Es ist doch merkwürdig, dass wir uns nach 62 Jahren immer noch mit der Frage beschäftigen, wie die Erinnerung aussehen muss und dass das offenbar eine Sache ist, die sich ständig neu bewegt. Soweit sich darüber Gedanken gemacht worden sind, gibt es die Argumentation zu sagen, dass es einen Unterschied zwischen der Erinnerung derjenigen gibt, die dabei waren und in deren Köpfen und Gefühlen das unmittelbar weiterlebt, und derjenigen, die sich zwei Generationen später erinnern. Es entwickelt sich dann ein Auseinandertreten zwischen der aktiven Erinnerung und der sogenannten archivalischen. Wir wissen endlos viel. Das Staatsarchiv ist voll, die Bibliotheken sind voll, der Wissensbestand ist ungeheuer, aber das, was uns noch bewegt in Bezug auf die Ereignisse bis 1945, ist offenkundig dadurch, dass alles im Archiv ist, noch lange nicht aktiv und handlungs
bestimmend für unsere Gegenwart. Weil wir diese Aufgabe immer neu organisieren müssen, was eigentlich aktive Erinnerung ist, finde ich diesen Antrag hilfreich und auch dass er im Ausschuss beraten werden soll.
Wenn man sich den Gedanken noch ein bisschen weiter klar macht, kann man sich das auch an Beispielen vergegenwärtigen. Sie erinnern sich - das hat jetzt nicht eng etwas mit dem Nationalsozialismus zu tun -, dass ein wichtiger Streitpunkt in der Erinnerungskultur der Hamburger der "Kriegsklotz" am Dammtor gewesen ist. Nach 1945 sind die Leute wahrscheinlich einige Jahrzehnte lang daran vorbeigegangen, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen, also stand er da einfach rum. Vielleicht kam hin und wieder der Erinnerungsverein, immer tapriger mit dem Stock und dann wurde ein Kranz niedergelegt. Ansonsten spielte der aber keine Rolle mehr.
Dann wurde er ungefähr 1968 wieder ins aktive Gedächtnis der Stadt geholt, und zwar dadurch, dass sich eine neue Generation darüber erregte, dass dieser Klotz, der das Sterben für Kaiser und Vaterland thematisierte und lobte, immer noch dort stand und seine Botschaft aussendete. Erst indem dagegen protestiert wurde, setzte man sich wieder mit dem "Kriegsklotz" auseinander, der sonst völlig der Vergessenheit anheim gefallen wäre. Diese Auseinandersetzung wurde dann sogar dokumentiert, indem Hrdlicka sein Gegendokument halbfertig übergab. Der Rest wurde dann nicht mehr bezahlt, weil das Thema für den Senat inzwischen nicht mehr so bedeutsam war.
So war es leider, es ist nicht fertig geworden, aber es gab immerhin eine Thematisierung durch ein Gegendenkmal.
Heute ist die Entwicklung in Bezug darauf noch weiter. Heute sind beide Denkmäler vergessen, sowohl der "Kriegsklotz" als auch der Hrdlicka und der Senat lässt auch alles schön zuwuchern. Die übrige Stadt wird in Glanz gebracht und da wird ein Doppeldenkmal ganz vergessen.
Wenn das so ist, dann besteht diese Aufgabe tatsächlich in jeder Generation neu, sich zu entscheiden, was wir uns gegenwärtig halten wollen und wie wir das machen wollen. Es wurde eben das Thema der Stolpersteine angesprochen. 700 sind verlegt worden. Zu Anfang war es noch halb skandalös. Ich erinnere mich noch, als das in der letzten Legislaturperiode thematisiert wurde und es in einigen Bezirken Auseinandersetzungen gab. Die SchillLeute wollten das gar nicht. Sie von der CDU haben dann nachher mitgemacht, aber sie hatten ja ein Koalitionsproblem. Auf jeden Fall wurde es dann hier in der Bürgerschaft einhellig, aber es ist keineswegs einhellig in der Stadt. Kürzlich sind in Farmsen drei Stolpersteine, die an Homosexuelle erinnern, die ermordet worden sind, mit Naziparolen übersprüht worden. Man muss sich dabei noch zusätzlich überlegen - so widerlich das ist -, dass man insofern immer noch ein bisschen Hoffnung daraus schöpfen kann, denn indem die Nazis das übersprühen, aktualisieren sie unsere Erinnerungen an die Verbrechen, die sie begangen haben.
Warum ich aber auch möchte, dass wir das im Ausschuss erörtern, ist, dass möglicherweise über die Orte noch kein abschließender Befund besteht. Wir haben viele Erinne
rungen dokumentiert. Kürzlich hatten wir das Thema des Mollerschen Palais, das auf unvermutete Weise eine Erinnerungsstätte, an die wir alle nicht so richtig gedacht hatten, an das Wirken der Nazis und an die Auseinandersetzung mit der Nazivergangenheit geworden ist. Wenn wir den Senat bitten, uns ein Konzept vorzulegen, ist es sinnvoll, das so zu tun, dass wir alle in gewisser Weise an der Auftragsformulierung teilhaben können. Darum begrüße ich die Überweisung und denke, dass wir das auch bald im Kulturausschuss formulieren können. Frau Ehlers will das mit Recht zeitig haben. - Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte nur sagen, dass ich sehr froh über diesen Antrag der CDU-Fraktion bin. Ich denke, das ist genau die Diskussion, die wir jetzt auch führen müssen und freue mich, dass alle Parteien das fraktionsübergreifend so sehen. Eine kleine Sache möchte ich allerdings ergänzen, lieber Herr Maier. Die Denkmäler am Dammtor sind nicht vergessen, sondern sie sind zum Beispiel in dem neuen Buch über Kunst im öffentlichen Raum erwähnt. Sie sind auch gepflegt worden und wir kümmern uns darum. Das möchte ich hiermit nur richtigstellen. Aber vielen Dank für diesen Antrag und diese Gemeinsamkeit.
Ich habe eben eine Sache vergessen. Es geht speziell auch um das Thema Lohseplatz. Bevor wir nun ganz allgemein darüber reden, was daraus alles werden soll, muss sichergestellt werden, dass die Spuren, die da noch existieren, nicht etwa im Rahmen irgendeiner Renovierung in Bezug auf die HafenCity abgeräumt werden. Dass die erhalten werden, ist die erste Bedingung dafür, dass man über alles Weitere nachdenken kann. - Danke.
Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 18/6962 an den Kulturausschuss zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Ich beginne mit dem Bericht 18/6935. Hierin sind nur einstimmige Empfehlungen enthalten. Wer möchte diesen folgen? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig.
Nun zum Bericht 18/6936. Wer schließt sich der Empfehlung an, die der Eingabenausschuss zu der Eingabe 602/07 abgegeben hat? - Gegenprobe. – Enthaltungen? - Das ist mit Mehrheit so beschlossen.
Wer möchte der Empfehlung folgen, die der Eingabenausschuss zu der Eingabe 611/07 abgegeben hat? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen.
Wer schließt sich den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben an? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig. Im Übrigen hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.
Schließlich zum Bericht 18/6937. Zunächst zu Ziffer 1. Wer möchte den Empfehlungen folgen, die der Eingabenausschuss zu der Eingabe 430/07 abgegeben hat? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mit Mehrheit so beschlossen.
Wer schließt sich den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben an? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig.
Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft die unter A aufgeführten Drucksachen zur Kenntnis genommen hat.
Wer schließt sich der Ausschussempfehlung unter B an? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 3 der Tagesordnung, Drs. 18/6679, Große Anfrage der SPD-Fraktion: Steigt die Gewaltbereitschaft gegen öffentlich Bedienstete in Hamburg? Die Entwicklung ab 2005.
[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Steigt die Gewaltbereitschaft gegen öffentlich Bedienstete in Hamburg? (II) – Die Entwicklung ab 2005 - Drs. 18/6679 -]
Diese Drucksache möchte die GAL-Fraktion an den Innenausschuss überweisen. Wer stimmt dem Überweisungsbegehren zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mit Mehrheit abgelehnt.