Frau Möller, Sie sagen, das sei nicht das Thema. Sie haben es offenbar immer noch nicht begriffen, dass es einen Zusammenhang zwischen Wirtschafts- und Sozialpolitik gibt,
denn nur das, was wir durch Ansiedlung, durch Investitionen hineinbekommen, können wir für die Ärmeren in unserem Land auch ausgeben.
Der Einzelplan 4 hat mit seinem Ausgabevolumen von 1,6 Milliarden Euro einen Anteil von 16,4 Prozent am Gesamthaushalt des Landes. Der allergrößte Teil der Ausgaben, Frau Brinkmann, entfällt dabei auf gesetzlich und vertraglich gebundene Leistungen. Finanzielle Gestaltungsmöglichkeit hat der Senat letztlich nur bei einem geringen prozentualen Anteil und das gilt insbesondere für den Sozialetat. Seit zweieinhalb Jahren hören wir von Ihnen, Frau Brinkmann, immer etwas in Sachen sozialer Kälte, die vermeintlich von der CDU-Regierung und insbesondere der Sozialsenatorin ausgeht.
Frau Brinkmann, Sie haben das in Ihrer Rede noch einmal sehr eindrucksvoll ausgeführt, dass wir angeblich die falschen Schwerpunkte setzen, an falscher Stelle sparen und schlicht zu wenig tun. Nun habe ich mich einmal umgesehen, zum Beispiel auch in der Herzkammer, im Ruhrgebiet, in Nordrhein-Westfalen, einem sozialdemokratisch geführten Bundesland.
Nein, das ist ja wichtig. Es betrifft ja auch ein bisschen die Grünen, weil sie dort zurzeit noch mitregieren. Aber lassen Sie mich das einmal kurz ausführen.
(Antje Möller GAL: Reden Sie doch mal über Ihre Politik! – Petra Brinkmann SPD: Das interessiert uns überhaupt nicht! Uns interessiert Hamburg!)
Ach, Sie interessiert das nicht. Das ist hochinteressant, Frau Brinkmann. Ich habe Sie vorhin auch ausreden lassen. Lassen Sie mich doch meine Rede vernünftig zu Ende bringen,
Fast 1 Million Euro wurden bei der Betreuung und Beratung von Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen eingespart, fast 2 Millionen Euro beim Ehrenamt, über 1 Million Euro bei den Hilfen für Wohnungslose, 2,3 Millionen Euro bei den Frauenhäusern. Das sind immerhin 30 Prozent des Gesamtetats dieser Einrichtungen in NordrheinWestfalen.
Dann komme ich zurück zu Ihrem Prinzip, Frau Brinkmann: Einen Aufschrei vor Empörung und gleichzeitig viel tiefer gehende Einsparungen in Berlin und in Ihren eigenen SPD-regierten Bundesländern veranstalten. Das ist künstlich und vor allen Dingen ist es in der Realität hier in Hamburg einfach nicht redlich, wenn Sie das ausblenden.
Ja, Herr Kienscherf, zurück zu Hamburg. Da habe ich auch etwas Interessantes gefunden, und zwar auf der Homepage der Hamburger SPD. Da gab es unlängst eine Abstimmung. Gefragt wurde, was Hamburg gegen die Finanznot tun soll.
Da haben sich immerhin 62 Prozent der Teilnehmer – und ich vermute einmal, wer die Homepage der SPD aufruft, ist in der Regel Ihrer Partei auch etwas zugeneigt – entschieden …
62 Prozent dieser Teilnehmer – Sie haben da ja solch ein Barometer, da sieht man das schön, Sie sind ja auch etwas transparenter geworden – haben sich entschieden: Wir möchten Einsparungen vornehmen.
Auf der anderen Seite kritisieren Sie hier in der Bürgerschaft und vor Ort in den Stadtteilen die gesamte Sozialpolitik der Sozialsenatorin, der Bürgermeisterin, und gleichzeitig fordern Ihre eigenen Wähler Sie auf, Einsparungen vorzunehmen. Und was machen Sie? Sie machen gar nichts. Stattdessen sind in Ihrem Haushaltsantrag, Frau Brinkmann, viele Forderungen. Einmal davon abgesehen, dass Sie mit einigen Ideen einfach zu spät dran sind, ist überhaupt nicht die Rede davon, wie Sie diese Forderungen bezahlen wollen. Ich habe Ihren Antrag gründlich durchgelesen, bis auf eine kleine Ausnahme gab es keine Deckungsvorschläge. Sie fordern auch das hier, was Sie jahrelang in Hamburg und nicht nur in der Sozialpolitik betreiben: Viel Geld, wenig Konzepte und noch weniger Erfolgskontrolle.
muss der Sozialstaat in unseren Augen auch wirtschaftlicher gemacht werden, die Eigenverantwortung der Menschen muss gestärkt werden und natürlich müssen auch der Missbrauch von sozialen Leistungen stärker bekämpft und die Leistungen zielgenauer verwendet werden.
Gleichzeitig, meine Damen und Herren, muss das dichtgeknüpfte soziale Netz auch weiterhin den Schwächeren in unserer Gesellschaft Schutz und Sicherheit bieten.
Um in diesen Zeiten eine vernünftige Sozialpolitik zu machen, brauchen wir ein klares und geradliniges Konzept und ich bin sehr stolz darauf, dass wir in den zweieinhalb Jahren schon sehr viel erreicht haben.
Was haben wir bisher geschaffen? Wir haben endlich Strukturen verändert, Aufgabenkritik vorgenommen und, wie es die Bürgermeisterin einmal so schön gesagt hat, der Stadt das richtige Maß zurückgegeben. Wir müssen sparen, aber wir gucken genau, was machbar und vertretbar ist. Dabei ist der Vergleich mit anderen Bundesländern oder vergleichbaren Großstädten sehr sinnvoll. Niemandem fällt es leicht, gerade im sozialen Bereich Gelder zu kürzen. Natürlich ist auch, wenn wir beim nächsten Mal auf den Doppelhaushalt 2005/2006 zu sprechen kommen, die Angleichung des Blindengeldes auf das Niveau von vergleichbaren Bundesländern wie Bremen und Berlin sehr schmerzlich und gehört sicherlich zu den schwierigen Entscheidungen, die wir haben treffen müssen.
Zum aktuellen Haushalt 2004: Zu den fachlichen Schwerpunkten des vorliegenden Haushaltsplanes gehören für uns die Steigerung des Ansehens und der Ausbildungsbereitschaft in der Altenpflege. Wir haben in der Vergangenheit – Sie wissen das – auch durch eine Imagekampagne, die Sie nicht mitgetragen haben, deutliche Zeichen gesetzt: Verbesserung der Pflege und Betreuung Demenzkranker durch niedrigschwellige Betreuungsangebote, die Intensivierung der externen Qualitätsprüfung in der Pflege durch verbesserte Zusammenarbeit der Prüfinstanzen, die Neuordnung und Förderung der Altentagesstättenarbeit und die Verbesserung des Hilfesystems für Menschen mit Behinderung und natürlich die Förderung des ehrenamtlichen Engagements.
Erfolgreiche Sozialpolitik, meine Damen und Herren, heißt für uns eben auch Politik für diejenigen, die Hilfe und Unterstützung benötigen,
Politik für eine aktive Beteiligung aller am Gemeinwohl und Politik für ein engagiertes Miteinander verschiedenster Gruppen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Schnieber-Jastram, Ihr Sozialhaushalt ist für mich konzeptionslos und gespickt mit vielen Versäumnissen. Ich möchte das gerne anhand von Beispielen belegen, denn Sie lassen die Menschen, für die Sie verantwortlich sind, buchstäblich am Rande stehen.
Nun zu den Beispielen: Nehmen wir einmal die Behindertenpolitik. Die Behinderten in Hamburg warten seit vielen Jahren auf ein Gesetz zu ihrer Gleichstellung und nichts ist passiert. Die Bundesregierung hat es Ihnen vorge
macht. Das Bundesgleichstellungsgesetz gibt es seit Jahren und auch die GAL-Fraktion hat bereits vor vier Jahren einen sehr umfangreichen Gesetzentwurf vorgelegt. Auf Ihre Arbeit warten aber die Betroffenen schon sehr lange und nichts ist passiert. Auch diese Menschen lassen Sie am Rand stehen.
Nehmen wir das Beispiel Pflege. Nicht alle pflegebedürftigen Menschen möchten in ein Heim. Viele möchten in ihrer vertrauten Umgebung bleiben und in ihrer Wohnung gepflegt werden. Aber Sie, Frau Bürgermeisterin – auch wenn Herr Schira uns das eben anders verkaufen wollte –, tun nichts zur Verbesserung der ambulanten Pflege. Sie tun auch nichts Wesentliches, um die pflegenden Angehörigen bei dieser schweren Tätigkeit zu entlasten und endlich zu unterstützen.
Der Personalmangel in der stationären Pflege ist ganz eklatant – und warum? Die qualifizierten und sehr teuer ausgebildeten Altenpflegerinnen und Altenpfleger sind mit ihrem Job unendlich unzufrieden. 70 Prozent von ihnen schmeißen schon nach fünf Jahren ihren Job hin und suchen sich woanders ein neues Berufsfeld.