Protocol of the Session on June 18, 2004

Über die Abschlusszahlen aus den Textzahlen 86 stimmen wir später ab.

Ich rufe auf den

Einzelplan 3.3: Kulturbehörde

Wer möchte das Wort? – Frau Dr. Stapelfeldt.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden uns heute wohl das erste Mal seit etwa drei Jahren in der Haushaltsdebatte über Inhalte in der Kulturpolitik auseinander setzen und nicht über die Person der Kultursenatorin. Das ist ein Fortschritt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Und tatsächlich ist in Hamburg Erleichterung eingetreten, jedenfalls was die Kultur betrifft, nicht unbedingt über den Haushalt 2004 und schon gar nicht über den noch zu beratenden Doppelhaushalt. Aber, es gab ein Aufatmen, als Sie, Frau von Welck, zur neuen Kultursenatorin ernannt worden sind. Die Kulturinstitutionen, die Kulturschaffenden, die Öffentlichkeit, das Parlament, alle haben jetzt – nach der Zeit der Skurrilitäten – hohe Erwartungen an Sie. Unsere Erwartungen möchte ich in vier Punkten formulieren.

Erstens: Wir erwarten, dass Sie Kultur als eine elementare und bedeutende öffentliche Aufgabe verstehen, die wir gemeinsam fördern wollen.

Zweitens: Wir erwarten, Frau Senatorin, dass Sie der Kultur in Hamburg den Rücken stärken, anders, als es in den vergangenen zwei Jahren der Fall war.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Dabei geht es gar nicht allein um finanzielle Zuwendungen, es geht vielmehr um das öffentliche Klima und die Atmosphäre für Kultur, darum, dass Kultur gepflegt, künstlerische Kreativität und kulturelle Vielfalt gefördert werden, und darum, dass Raum und Entfaltungsmöglichkeiten für Kultur geschaffen werden.

(Inge Ehlers CDU: Das tut sie doch!)

Drittens: Wir erwarten, Frau Senatorin, dass wir über die Leitlinien für die Hamburger Kulturpolitik hier im Parlament diskutieren, am besten im Rahmen eines Kulturentwicklungskonzepts. Wenn dabei ein Konsens über Prioritäten und Schwerpunkte deutlich würde, umso besser.

Viertens erwarten wir einen fairen und offenen Dialog über die kulturpolitischen Grundsatzentscheidungen dieser Legislaturperiode. Wenn wir einzelnen oder mehreren Projekten zustimmen und sie unterstützen, wie die ElbPhilharmonie oder die Auswandererhallen, wird eine kontinuierliche Information und Beteiligung aller im Parlament vertretenen Parteien notwendig sein.

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

Herr Bürgermeister, Frau Senatorin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erinnere Sie an das Bündnis für Kultur, das es vor Jahren in Hamburg gegeben hat. Trotz unterschiedlicher Auffassungen und Bedenken in Einzelfällen sah beispielsweise Rolf Mares die Zustimmung der CDU zum Einzelplan der Kulturbehörde als – ich zitiere ihn – "Signal für die Kunst und Kultur dieser Stadt".

Wohl wahr. Wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind, wenn in wesentlichen Punkten Übereinstimmungen erreicht worden sind, werden wir diese Frage wieder für uns aufwerfen. Es liegt an Ihnen, die Voraussetzungen für den früheren Grundkonsens zur Förderung der Kultur in Hamburg wiederherzustellen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Den Haushalt 2004 lehnen wir ab. Was die Zukunft bringt, wird sich zeigen. Die Zeichen sehen nicht gut aus.

Auch wenn es in der Leitung der Kulturbehörde eine Veränderung gab, so ist das vorliegende Zahlenwerk des Einzelplans immer noch die alte Horáková-Vorlage. Das zeigt insbesondere der im Senatsentwurf nach wie vor radikal gekürzte Zuschuss an die Geschichtswerkstätten und Stadtteilarchive. Wir hoffen, dass die unseriöse und unsägliche Kulturpolitik von Aqua-Dome und TerrorMuseum der Vergangenheit angehört.

Wir hatten im Kulturausschuss auch den Eindruck, Frau Senatorin, dass Ihnen dieser radikale Einschnitt bei den Geschichtswerkstätten gar nicht recht sei. Umso bedauerlicher ist eigentlich – an die CDU-Fraktion gerichtet –, dass Sie einen interfraktionellen Antrag abgelehnt haben, um diese unverhältnismäßige Kürzung vollständig und nicht nur zu einem Teil zurückzunehmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die Geschichtswerkstätten machen eine lebendige und vielfältige Arbeit. Sie beziehen Zeitzeugen und deren Lebensgeschichte mit ein, rekonstruieren die Geschichte der "kleinen" Leute und sie haben die Öffentlichkeit bisweilen auf vergessene Spuren in der Hamburger Geschichte aufmerksam gemacht. Darüber hinaus wird ihre Arbeit von einem hohen ehrenamtlichen Engagement getragen. Das ist es, was wir brauchen, Identifikation mit der Stadt. Geben Sie sich also einen Ruck, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, und stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

Die weitaus größere Bewährungsprobe für die Kulturpolitik steht noch bevor. Daher nur ein sehr knapper Ausblick auf den ersten "Von-Welck-Haushalt", den für 2005 und 2006.

Vor wenigen Tagen hat der Senat ein weiteres Sparpaket für den Doppelhaushalt vorgestellt. Insgesamt 110 Millionen Euro sollen alle Behörden erbringen. Das sind im Durchschnitt knapp 1,5 Prozent. Die Kulturbehörde ist aber mit 5 Prozent dabei und das heißt, es wird dort überproportional gespart

(Wilfried Buss SPD: Hört, hört!)

und voraussichtlich wird damit auch der Anteil des Kulturetats am gesamten Haushalt sinken. Das finden wir bedenklich.

Ich will zwei Punkte herausgreifen: Erstens ist die Kürzung der Filmförderung ein Debakel für die Medienmetropole Hamburg.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Uwe Grund SPD: Sehr richtig!)

Der Senat macht sich viel Gedanken über das Marketing in Hamburg. Es wird eine GmbH gegründet mit 800 000 Euro Verwaltungskosten und es gibt eine MarketingKampagne mit Kosten von 14 bis 15 Millionen Euro. Gleichzeitig wird die Filmförderung halbiert. 3,5 Millionen Euro fehlen ab 2005. Dazu gibt es viel kulturpolitisch und wirtschaftlich zu sagen, aber ich will nur ein Argument herausgreifen, nämlich das des Marketings. Hamburger Filme sind eine Werbung für unsere Stadt, besonders wenn sie Preise gewinnen. Hier zu kürzen, heißt auch, die Marke Hamburg als Film- und Medienstadt zu vernachlässigen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Gleichzeitig koppeln NDR und ZDF ihre Förderungen an die staatliche Förderung und würden damit diesen Kürzungseffekt noch einmal vervielfachen. Das ist ein falsches Signal.

Zweitens: Die Kürzungen bei den Öffentlichen Bücherhallen. Da wir seit langem um die engen Spielräume im Etat der HÖB wissen, kann Optimierung der Standortstrukturen neu- oder umstrukturieren, zusammenlegen oder schließen heißen. Ich appelliere nachdrücklich an die einzusetzende Kommission, die kulturelle Balance in unserer Stadt, in unserer Gesellschaft nicht aus dem Auge zu verlieren.

Es gibt weitere Ungereimtheiten im Haushalt. Ich will nur einige wenige aufführen. Für die angekündigten Auswandererhallen auf der Veddel als eines der älteren Projekte gibt es immer noch kein Betreiberkonzept.

Zum Tamm-Museum: Auch da stockt es. Im Januar wurde der Bürgerschaft noch schnell vor der Wahl eine Drucksache zur Zustimmung vorgelegt. Jetzt informiert der Finanzsenator den Haushaltsausschuss, es gäbe Schwierigkeiten bei den Vertragsverhandlungen. Die Verhandlungsposition der Stadt habe sich unter einem selbst induzierten Zeitdruck nicht unbedingt verbessert. Wer ist für den Zeitdruck verantwortlich? Der Senat wollte dieses Projekt, das vielleicht noch gar nicht so weit war, noch vor der Wahl öffentlichkeitswirksam vermarkten. Nun muss unter Umständen der Steuerzahler für diese Schwächung der Verhandlungsposition bezahlen. So befördert man gute Projekte nicht.

Zur Elb-Philharmonie: Das ist ein weiteres großes strukturentscheidendes Prestigeprojekt und, kein Zweifel, viele Hamburger und auch viele Besucher würden gern dort hingehen. Man braucht in der Politik aber auch den Mut zu sagen, was es kostet, und man braucht auch Haushaltsklarheit über die Auswirkungen solcher großen Strukturentscheidungen. Deswegen brauchen wir ein Konzept für den Betrieb der neuen Elb-Philharmonie und der alten Musikhalle.

Zum Ballett-Museum: Herr Neumeier hat für sein Engagement für das Ballett in Hamburg alle Anerkennung verdient. Was er nicht verdient, ist die Aufnahme in die lange Liste der Ankündigungen und Versprechen des Senats. Wir wissen immer noch nicht, woher die Mittel für dieses Museum, das jeder von uns unterstützt, kommen sollen.

(Beifall bei der SPD und bei Claudius Lieven GAL)

Wir brauchen also Transparenz und keine Unsicherheiten und bedrohlichen Kürzungsperspektiven für die Zukunft.

Vor zwei Tagen ist an dieser Stelle viel von Verantwortung und verantwortungsvollem Handeln gesprochen worden. Der Bürgermeister hat uns vorgeworfen, wir, die SPD-Opposition, verhielten uns verantwortungslos. Das weise ich mit aller Entschiedenheit zurück.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich sind wir uns der Verantwortung bewusst, den Haushalt, die Einnahmen und die Ausgaben, zum Ausgleich zu bringen und solide mit öffentlichen Mitteln umzugehen. In diesem Politikfeld Kultur muss aber auch Verantwortung dafür gezeigt werden, dass die phantastischen kulturellen Ressourcen unserer Stadt erhalten,

gepflegt und nicht gefährdet werden. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Drews.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Hamburger Kulturszene ist äußerst lebendig, vielfältig und kreativ und so soll es auch bleiben. Täglich sorgen unsere engagierten, motivierten Intendanten, Geschäftsführer, Dirigenten, Musiker, Schauspieler, Regisseure, Dramaturgen, Techniker, Statisten, Angestellte, freie und ehrenamtliche Mitarbeiter dafür, dass sich die Türen öffnen, der Vorhang aufgeht und der Spielbetrieb läuft.

Nach Berechnung der Handelskammer sind im Hamburger Kultursektor mittlerweile 14 500 Beschäftigte tätig, die sich jeden Tag mit Leib und Seele einbringen. Ihnen allen möchte ich an dieser Stelle im Namen der CDU-Fraktion herzlich danken.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Da kann man sich viel für kaufen!)