Protocol of the Session on September 12, 2007

(Unruhe im Hause - Glocke)

Ich möchte noch einmal wegen der Unruhe hier im Saal unterbrechen. - Danke schön.

Dieser Städtevergleich ist zum einen durch objektive Daten und zum anderen durch Befragungen von Unternehmen und Unternehmern zustande gekommen. Bei den Befragungen von Unternehmern kam auch die Frage: Ist Ihre Stadt sparsam und wirtschaftlich? Hierzu äußerten sich Hamburger Unternehmer dahingehend, dass Hamburg auf Platz 39 von 50 Städten gelandet ist. Also Hamburgs Unternehmer geben diesem Senat den Platz 39 in Sachen Sparsamkeit, während Stuttgart naturgemäß auf Platz 1 liegt. Das sind die Schwaben, aber auch Hannover ist auf Platz 19 und München auf Platz 21. Ich will damit nur dokumentieren, dass Ihr Geschäftsbericht, der sich so stark damit aufbläst, Hamburg sei auf einem Spitzenplatz, von der sozusagen näheren Klientel anders gesehen wird, und Hamburg demnach auf Platz 39 landet. Das ist eine Sache, über die Sie sich im Klaren sein müssen.

(Beifall bei der GAL)

Dieselbe Klientel gibt im Übrigen auf die Frage, ob die Stadt serviceorientiert und reformfreundlich ist, Hamburg Platz 19. Auch hier ist beispielsweise Osnabrück weiter vorn. Das führe ich nur aus, um zu verdeutlichen, was die eigene Klientel zu dem Teil sagt, den Sie heute vorlegen. Ich erwähne das, weil Sie das zum Thema dieses Geschäftsberichts gemacht haben. Sie erklären sich zur Nummer 1 auf allen Fronten. Man muss feststellen - und das ist richtig -, dass Hamburg das erste Bundesland ist, dass eine Bilanz vorgelegt hat. Das konnte Hamburg, weil Regierung und Opposition sich darin völlig einig waren. Ansonsten gibt es noch ziemlich viel Arbeit. In der Sache selbst - denke ich - debattieren wir das bei der nächsten Haushaltsberatung. - Danke schön.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält Senator Dr. Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Maier, Hamburg ist spitze. Die Bertelsmann-Stiftung hat wiederholt und zuletzt in diesem Jahr festgestellt, dass Hamburg im Ranking aller 16 Bundesländer an Nummer 1 steht.

(Beifall bei der CDU)

Ein solider Haushalt ist das Fundament für unsere Zukunft

(Karin Rogalski-Beeck SPD: Das schreiben Sie sich mal hinter die Ohren!)

und einen soliden Haushalt gibt es nicht ohne Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit.

Hamburg ist bei der Reform öffentlicher Haushalte in Deutschland Vorreiter. Wir haben die erste kaufmännische Gesamtbilanz mit Aktiva, Passiva und einer Ergebnisrechnung vorgelegt. Hiermit sind wir die Ersten, die eine derartige Reform in Deutschland durchgeführt haben.

Ich freue mich, dass die Opposition das auch begrüßt und mit begleitet. Ich glaube, dass Hamburg nicht nur in den Ergebnissen seiner Wirtschaft und seiner Politik spitze ist, sondern auch bei der Transparenz der öffentlichen Haushalte ganz oben steht. Das dokumentieren wir mit dem vorliegenden Bericht.

(Beifall bei der CDU)

Transparenz kann Klarheit bedeuten, kann aber auch Unangenehmes hervorrufen. Daher sind viele Bundesländer nicht so weit wie wir. Sie kennen zwar auch die Doppik, wenden diese aber nicht an.

Wir sind anders. Wir wollen mit der doppelten Buchführung Transparenz, Vermögen und Schulden ausweisen. Auch der gesamte Ressourcenverbrauch, der Werteverzehr, wird offen gelegt. Die doppelte Buchführung ermöglicht, Entscheidungen am tatsächlichen Verbrauch von Ressourcen wahrzunehmen, auszurichten und damit auch Verantwortung für Folgegenerationen zu übernehmen, die bei einer falschen Haushaltsführung die Zeche zahlen müssen.

Mit der Einführung der Doppik werden vor allen Dingen die methodischen Schwächen der bisherigen öffentlichen Haushaltsführung per Kameralistik ziemlich gnadenlos offen gelegt. Ich bin der Meinung, dass wir uns einige Punkte genauer anschauen sollten.

Wesentliche Ergebnisse unseres kaufmännischen Jahresabschlusses 2006 und der Prognose für 2007 liegen vor. Hamburg hat aus laufender Verwaltungstätigkeit - das ist schon einmal eine positive Nachricht - ein Plus von 313 Millionen Euro. Aber das Finanzergebnis ist mit einem Minus von 873 Millionen Euro negativ, was in erster Linie an den Zinszahlungen für die Altverbindlichkeiten von weit über 20 Milliarden Euro liegt, die uns nach wie vor schwer belasten.

Wir haben insgesamt 2006 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 561 Millionen Euro. Um diesen Betrag wird dann das festgestellte Eigenkapital aus der Eröffnungsbilanz reduziert.

Die Botschaft ist klar: Wenn wir ohne Haushaltskonsolidierung weitermachen würden, würde unser gesamtes Eigenkapital binnen weniger Jahre aufgezehrt sein. Wir liefern mit unserer Prognose für 2007 - das ist die positive Nachricht, Herr Maier und Herr Zuckerer - den Nachweis, dass es auch einer staatlichen Gebietskörperschaft möglich ist, mit einem kaufmännischen Jahresabschluss schwarze Zahlen zu schreiben. Nicht nur wegen der positiven Steuereinnahmen, sondern insbesondere aufgrund unserer dauerhaften Konsolidierungsanstrengungen.

Ich räume gern ein, dass sich, wenn man erstmals eine Eröffnungsbilanz aufstellt, wie sie mein Vorgänger Herr Peiner im letzten Jahr vorgenommen hat, Bewertungs- und Meinungsverschiedenheiten ergeben können. Wir haben intensiv mit dem Rechnungshof gesprochen und hier eine sehr gute, vertretbare Lösung gefunden. Bei einer Bilanzsumme von jetzt 49,4 Milliarden Euro haben wir das Eigenkapital auf 3,3 Milliarden Euro korrigiert. Das waren vorher 600 Millionen Euro mehr. Wenn man etwas Neues einführt - und es gab bisher keine Testierungen für den öffentlichen Sektor, Herr Zuckerer -, darf es selbstverständlich immer noch Korrekturen geben. Aber es ändert nichts daran, dass es eine richtige Entscheidung war, sich dieser kaufmännischen Buchführung zu nähern.

Ich nenne Ihnen den entscheidenden Grund, warum eine kaufmännische Buchführung echte Haushaltswahrheit bringt. Sehen wir uns das Ergebnis 2006 nach unserer althergebrachten kameralistischen Buchführung an. Dort hatten wir - der Kollege Kruse hatte schon darauf hingewiesen - ein Plus von über 500 Millionen Euro. Wir könnten uns eigentlich zufrieden zurücklehnen und sagen, wir haben einen Gewinn erwirtschaftet. In Wahrheit ist es

genau das Gegenteil, meine Damen und Herren. Mit der kaufmännischen Buchführung wird offengelegt, dass wir im letzten Jahr ein Minus von über 500 Millionen Euro hatten. Woran liegt das? Das liegt im Wesentlichen an zwei großen Stellschrauben, die die Kameralistik nicht kennt: Abschreibungen und Rückstellungen. Wir haben in der doppelten Buchführung Abschreibungen in Höhe von 600 Millionen Euro berücksichtigt - Stichwort: Werteverzehr - und wir haben Rückstellungen, insbesondere für die Pensionszahlungen der Beamten, von über 400 Millionen Euro gebildet. Diese 1 Milliarde Euro, die sich in der Kameralistik so nicht abbildet, wird in der Doppik aufgeführt. Dadurch wird transparent, dass man statt 500 Millionen Euro plus 500 Millionen Euro minus hat. Das heißt, die Doppik stellt insoweit die Kameralistik schlichtweg auf den Kopf. Es ist wichtig, dass wir mit dieser auch für uns nicht erfreulichen Wahrheit nicht so umgehen, dann lieber wieder die Kameralistik zu wählen, weil die im Grunde schönfärberischer ist, sondern wir müssen uns der Wahrheit stellen. Das heißt, wir müssen Abschreibungen und Rückstellungen berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, wir haben den richtigen Weg eingeschlagen. Ich fände es gut, wenn wir im Haushaltsausschuss gemeinsam darüber sprechen, welche Konsequenzen jetzt daraus folgen. Wir werden für das Jahr 2008 einen voll konsolidierten Haushalt vorlegen, der alle Zahlungsströme mit Hamburgs öffentlichen Unternehmen einbezieht. Wir haben dann erstmals eine Vollkonsolidierung. Im Haushaltsausschuss sollten wir darüber sprechen, das Doppikverfahren konsequent weiter umzusetzen. Im Fokus muss immer der Output stehen. Die Frage ist, was wir erreichen wollen, und nicht, wie viel Geld wir ausgeben. Wenn wir es schaffen, die Doppik für alle Bereiche des Haushalts einzuführen, sind wir bundesweit auf einem völlig neuen Niveau des öffentlichen Etats angelangt. Hamburg hat jetzt den ersten Schritt gemacht. Wir sind offen für das neue kaufmännische Rechnungswesen. Wir schaffen Transparenz, wir wollen auch in Deutschland Vorreiter sein. Wir haben im Bundesrat zusammen mit dem Bundesland Hessen einen Antrag eingebracht, die Doppik als eine mögliche Rechnungsform für staatliche Gebietskörperschaften vorzusehen. Ich denke, dass wir noch viele Bundesländer gewinnen werden, auch jene, die jetzt noch zögerlich sind, denn es gibt zu Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit keine Alternative. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 18/6741 an den Haushaltsausschuss zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 27, Drs. 18/6856, Antrag der CDU-Fraktion: Investitionsfonds des Sonderinvestitionsprogramms "Hamburg 2010", hier: Hamburger Gesundheits- und Familienmobil.

[Antrag der Fraktion der CDU: Investitionsfonds des Sonderinvestitionsprogramms "Hamburg 2010" hier: Hamburger Gesundheits- und

Familienmobil - Drucksache 18/6856 -]

Wird das Wort gewünscht? - Herr Krüger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Familien - darüber besteht hier sicherlich und hoffentlich Konsens - verdienen und brauchen die Unterstützung der ganzen Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU)

Familienfreundlichkeit zeigt sich aber nicht nur bei den großen Themen wie Kindertagesstätten, Schulen, Spielplätzen oder der sicherlich sinnvollen finanziellen Entlastung von Familien, oft setzen gerade kleine, individuelle Angebote Akzente.

Das Gesundheits- und Familienmobil, das dem Deutschen Kinderschutzbund für seine Arbeit zur Verfügung gestellt werden soll, ist eine neue Idee für einen solchen Akzent und es bietet sich darüber hinaus ganz hervorragend für eine Public Private Partnership an.

Die CDU möchte, dass Kinder, Jugendliche, die ganze Familie, direkt vor der eigenen Haustür, im eigenen Umfeld erreicht werden, beispielsweise regelmäßig auf dem Schulhof oder vor einer Kita, auf Spielplätzen, bei Straßenfesten, auf dem Wochenmarkt oder bei Sportveranstaltungen, eben dort, wo sich Kinder und Familien aufhalten und gern sind.

Dieses niedrig schwellige, ohne bürokratischen Aufwand vorgehaltene Angebot ist ein Mix aus Anregungen, Informationen, Vermittlung von Hilfen und auch Spaß und Unterhaltung. Themen für ein Familien- und Gesundheitsmobil können zum Beispiel die Gesundheitsvorsorge sein, Anregungen im Bereich der Psychomotorik, der Bewegungslehre, Tipps für gesunde Ernährung, bis hin zu Hinweisen für Früherkennungsuntersuchungen, Freizeit- und Familienangeboten, Anschriften von Behörden und Kindertagesstätten aus dem Umfeld oder Unterstützung für aktuelle Kampagnen der Stadt zu erforderlichen Impfungen. Außerdem gehören vielleicht auch kleine Spiel- und Bewegungsangebote dazu, um dieses Mobil überhaupt attraktiv zu machen und um es in Anspruch zu nehmen.

Der Deutsche Kinderschutzbund, den wir als Träger vorgesehen haben, ist sicherlich auch aufgrund seiner Vielzahl engagierter Ehrenamtlicher in besonderem Maße geeignet, dieses Fahrzeug zu betreiben.

Aus Kindertagesstätten, aus Schulen oder auch von den mittlerweile sehr erfolgreichen und von uns sehr forcierten Familienhebammen wissen wir, dass Eltern heute häufig die Grundinformationen fehlen, wie sie mit ihren Kindern umzugehen haben, welche Bedürfnisse gerade kleinere Kinder haben, welche Rolle die Ernährung spielt. Das liegt häufig daran, dass ihnen dieses Grundwissen oft gar nicht mehr von den eigenen Eltern übermittelt worden ist. Andererseits fehlen aber auch Kontakte oder man traut sich nicht zu fragen. Gerade diese Eltern sind es, die für öffentliche Beratungs- und Hilfsangebote oft nur schwer zu erreichen sind. Deshalb ist es sehr wichtig, gerade zu diesen Familien zu gehen und dort anzusetzen, wo Aufklärung erforderlich ist, um überhaupt eine erste Verbindung herzustellen.

Ich bin davon überzeugt, dass Freie Träger für ein solches Angebot vielleicht häufig besser geeignet sind, weil

die Vorbehalte, die man gegen staatliche, öffentliche Stellen hat, hier nicht gegeben sind und der Zugang somit viel einfacher wird.

Das Beratungsnetz wird erweitert und ausgebaut. Gesundheits- und Familienförderung passen inhaltlich sehr gut zueinander und ergänzen sich.

Das Gesundheits- und Familienmobil ist kein Allheilmittel, es soll und kann strukturelle Angebote nicht ersetzen. Aber es soll sinnvoll dazu passen und präventiv wirken. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung, für dieses Projekt einmalig 100.000 Euro aus dem SIP-Fonds zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Rogalski-Beeck.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der von der CDU eingebrachte Antrag sieht auf den ersten Blick ganz hübsch aus. Ich sage Ihnen auch gleich, dass wir ihn trotz seiner offensichtlichen Schwäche annehmen werden.