Sanft geschlummert haben Sie offensichtlich auch, als wir herausgefunden haben, dass es Staatsrat Schön war, der Teile des nach wie vor nicht veröffentlichten GedaschkoBerichts mitsamt Mitarbeiterdaten, und zwar Daten über Herrn Meister und Herrn Böwer hinaus, an die Presse und somit an unbefugte Personen weitergegeben hat. Wir durften herausfinden, dass der Bürgermeister auch noch Schadenfreude empfand, als er das im Nachhinein erfahren haben will. Ob das wirklich so war, dass er das erst im Nachhinein erfahren hat, können wir natürlich nicht widerlegen. Es mag so sein. Aber selbst wenn es so ist, dann haben beide - der Bürgermeister und Staatsrat Schön, also der engste Mitarbeiter des Bürgermeisters - diese selbst aufgestellte moralische Hürde "Die Form ist die Mutter der Demokratie" ganz bequem unterlaufen.
Sie haben offensichtlich auch gedöst, als wir uns die Verhältnisse in der Sozialbehörde genauer angesehen haben. Wir haben feststellen dürfen, dass die Leiterin der Präsidialabteilung, Staatsrat Meister, eine Sekretärin in der Präsidialabteilung, zwei Amtsleiter und die Pressesprecherin in unterschiedlicher Weise davon wussten, dass Unterlagen des PUA Feuerbergstraße sich in der Behörde befanden. Es wird also deutlich, das gesamte enge Umfeld, genau die Personen, die dort beschäftigt werden, um der Senatorin zuzuarbeiten, um dabei eine wichtige Stütze zu sein, diese Behörde zu leiten, all diese Personen waren frühzeitig involviert, haben einerseits keinen Anlass gesehen, selber Alarm zu schlagen und zu sagen, in unserer Behörde läuft irgendetwas schief, und andererseits auch keinen Anlass gesehen, die Senatorin darüber zu informieren. All diese Personen waren informiert, nur die Senatorin will nicht informiert gewesen sein. Es mag so sein, dass diese Senatorin tatsächlich derart ahnungslos war. Aber es fragt sich, warum diese Senatorin nicht einmal mit ihren engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern redet.
Wir haben auch herausgefunden, dass die Untersuchungen des damaligen Staatsrats Gedaschko genau an dieser entscheidenden Stelle der politischen Verantwortung und der Frage, welche Kenntnisse die Senatorin als Leiterin der Sozialbehörde hatte, äußerst ungenau wurden, um es vorsichtig auszudrücken. Der Leitspruch "Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen" war schon im Design der Untersuchung - wie man vielleicht Neudeutsch sagen würde - angelegt. Herr Gedaschko befragte - das haben wir ihn auch deutlich gefragt und versucht, einen sinnvollen Grund dafür zu finden - ausgerechnet die Senatorin als Allererste bei seinen Untersuchungen, ob sie irgendetwas wüsste. Er konnte sie gar nicht mit dem Wissen, mit den Umständen in ihrem direkten Umfeld konfrontieren und somit die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen überprüfen. Bei allen anderen Personen hat er das anders gemacht. Da ist er genau dem Weg der Protokolle und der sonstigen vertraulichen Unterlagen gefolgt und hat dann tatsächlich jeweils die Person, die dann als Zweite, als Dritte, als Vierte die Unterlagen hätte bekommen oder davon hätte erfahren können, befragt mit den Kenntnissen, die er vorher gewonnen hat, von den Personen, die diese Unterlagen als Erste bekommen haben. Dass natürlich in einer Behörde die Senatorin nicht die Erste ist, die ein solches Papier bekommt, sondern dass sie solche Unterlagen, wenn sie sie bekommen hat, über Mitarbeiter zugespielt bekommt, liegt auf der Hand. Deswegen ist es überhaupt nicht verständlich, dass die Senatorin hier als Allererste gefragt wurde und
nicht noch einmal befragt worden ist, nachdem es diese Erkenntnisse gab, dass das gesamte Umfeld der Senatorin in diese Protokollaffäre verstrickt war.
als wir genauer untersucht haben, wie eigentlich der Bürgermeister an die Aufklärung dieser Affäre herangegangen ist. Er wollte immer den Eindruck erwecken, als hätte er das Heft des Handelns in der Hand. Aber das Gegenteil war der Fall. Wir konnten durch die Untersuchungen, die wir im Untersuchungsausschuss durchgeführt haben, nachweisen, dass der Bürgermeister erst dann gehandelt hat, als ihm durch entsprechende Medienveröffentlichungen gar keine andere Wahl blieb, als die Flucht nach vorne anzutreten. Bis dahin hatte er mehrfache Versuche unternommen, die Protokollaffäre kleinzureden und, was Sie jetzt hier im Ergebnis auch tun, so zu tun, als sei da gar kein Problem. Erst als deutlich wurde, das funktioniert nicht, und ihm die Presse auf den Fersen war, hat er gehandelt und den Sonderermittler eingesetzt.
Ihr Schlaf wurde auch nicht unterbrochen, als wir im PUA ausdrücklich den Arbeitsauftrag an den Arbeitsstab gegeben haben, die Verstöße gegen das PUA-Gesetz zu untersuchen. Wir haben es Ihnen mehrfach erklärt. Das, was Herr Dressel Ihnen eben gesagt hat, haben Sie nicht das erste Mal gehört. Es ist sehr ärgerlich, dass Sie hier über diesen Untersuchungsauftrag absichtlich die Unwahrheit sagen. So kann man mit derartigen Untersuchungsergebnissen nicht umgehen. Sie sollten bei der Wahrheit bleiben und deutlich machen, dass es sich nur um einen Untersuchungsauftrag handelte, Verstöße gegen das PUA-Gesetz zu untersuchen. Sie vergessen dabei auch zu erwähnen, dass es gerade Ihr Fraktionsmitarbeiter war, der nach der Untersuchung von Herrn Gedaschko den Vermerk Nummer 18 an die Sozialbehörde weitergegeben haben soll. Das konnten wir nicht nachweisen, weil dieser Mitarbeiter natürlich - mit gutem Recht - die Aussage verweigert hat, weil das möglicherweise eine Straftat gewesen wäre.
Ganz kurz aufgeschreckt wurden Sie dann, als der Arbeitsstab seinen Sachbericht vorgelegt hat und wir auf der Basis dieses Sachberichts unsere Bewertungen vorgenommen haben. Da musste dann, damit Sie nicht tatsächlich doch aufwachen, ein eifriger Fraktionsmitarbeiter von Ihnen an den Sachbericht heran und ganz dringend Retuschen vornehmen.
Es wurden an ganz vielen Stellen scheinbar harmlose Veränderungen vorgenommen, die aber tatsächlich zu ganz erheblichen Verdrehungen geführt haben und den Versuch darstellen, die Geschichte umzuschreiben. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Herr Dressel hat bereits ein Beispiel genannt und ich möchte ein weiteres Beispiel benennen, was deutlich macht, mit welcher Methode Sie hier vorgegangen sind.
Sie haben bei der Frage, ob die Senatorin - das ist ein wichtiger Untersuchungsgegenstand gewesen - anlässlich ihres Fernsehauftritts bei Hamburg 1 die Unwahrheit gesagt hat, indem sie versichert hat, dass keinerlei Protokolle in ihrer Behörde gelesen worden seien, einen Satz von Herrn Meister eingefügt, der zu Frau Havemeister, der seinerzeitigen Pressesprecherin, gesagt haben will, ich zitiere:
Die Pressesprecherin wusste nämlich, dass das, was die Senatorin gesagt hatte, nicht der Wahrheit entsprach. Darüber war sie erschrocken, was sie uns gegenüber auch geäußert hat. Genau darauf bezieht sich dieses Zitat von Herrn Meister. Das hatte er zwar gesagt, aber Herr Meister hat so allerlei gesagt. Sie mussten aber Herrn Meister sehr lange und immer wieder befragen, bis genau diese Aussage kam.
Vorher hatte er aber auf die Frage von Herrn MüllerKallweit geäußert, als dieser seine Frage mit den Worten einführte, dass Frau Schnieber-Jastram in dieser Sendung gesagt habe, ich zitiere:
"Wir haben diese Protokolle allesamt zurückgeschickt - dahin, wo sie hingehören. Und ich darf Ihnen ein Weiteres versichern: Es hat sie noch nicht einmal jemand bei uns gelesen."
Ist das mit den Worten von Frau Schnieber-Jastram das, was Sie bei Ihrer ersten Unterhaltung zu diesem Thema gesagt haben? Daraufhin erwiderte Herr Meister - man muss genau zuhören -, ich zitiere:
"Ja, ich glaube ja. Wenn ich sage, ich glaube ja, so will ich sagen dieses in der Tat ja. Frau Tichy hatte mir, nachdem das im Ausschuss mir vorgehalten worden ist, dieses Schreiben von Herrn Mose habe ich Frau Tichy dazu befragt und sie hat mir gesagt, ich hätte die Dinge zurückgewiesen. Und so ähnlich muss ich es ihr auch gesagt haben. Ob ich zurückgeschickt gesagt habe, das weiß ich nicht. Das glaube ich eher nicht. Das weiß ich aber nicht. Also nageln Sie mich an dem Wort nicht fest. Also, ich habe jedenfalls - und das weiß ich aber genau -, ich habe zu Frau Schnieber immer gesagt: An diesem Protokoll, also immer, als es auftauchte, sei überhaupt nichts dran. Wir haben keine Protokolle. So, und deswegen kam ich mir wie ein begossener Pudel vor, als ich ihr berichtete, dass Frau Gschwendtner Protokolle gehabt hätte. Das fand sie gar nicht gut, wenn ich mich recht erinnere. Aber ich konnte es ja auch nicht ändern. Insofern habe ich eigentlich immer den Eindruck vermittelt, also immer in dieser Zeitspanne den Eindruck vermittelt, an dieser Protokollgeschichte sei nichts dran. Warum sie da in der Sendung gesagt hat, sie seien zurückgeschickt worden oder zurückgewiesen, ich weiß es nicht."
Also, Herr Meister sagt binnen nicht mal einer halben Stunde, einmal das eine und einmal das Gegenteil. Sie zitieren natürlich nur das, was für Sie günstig ist.
Aber ehrlich gesagt, wenn Sie solche Zeugen brauchen, um Ihre Position zu untermauern, dann sind Sie wirklich arm dran.
Nach allen diesen Dingen, die dieser PUA zutage gefördert hat, kann ich nur sagen: Herr Krüger, ich weiß nicht, wer Sie wachküssen soll.
Herr Präsident, liebe Kollegen! Ich habe mir auch noch einmal die 1.764 Seiten Protokoll unseres Ausschusses mit dem unaussprechlichen Namen angesehen.
Ich glaube, das Petitum muss ich hier nicht noch einmal erläutern. Es ist eigentlich glasklar, dass wir nach den Feststellungen des Ausschusses auch einige Veränderungen an gesetzlichen Vorschriften und Handlungsweisen sowie einige Verbesserungen vornehmen müssen, um für den Geheimschutz noch stärker zu sorgen als bisher. Ich denke, das ist vielleicht das Verbindende, was ich an den Anfang meiner Rede stellen will. Das gehört hier heute zum guten Ton, etwas Verbindendes zu sagen.
Zu Ihren Vorwürfen gegen Herrn Dr. Schön möchte ich Folgendes ausführen. Ich verstehe, dass Sie sich aus Wahlkampfgründen auf diesen Sachverhalt stürzen, aber lassen Sie uns doch einmal ganz nüchtern darüber reden. Bleiben Sie mit mir nüchtern.
Die Staatsanwaltschaft hat diesen Vorgang genauestens untersucht und hat keinerlei Anhaltspunkte für irgendeinen strafrechtlich relevanten Vorgang gegeben. Dieses Papier war weder geheim noch Verschlusssache. Der Vorgang ist auch ohne jede rechtliche Relevanz, sondern er ist dem politischen Handeln zuzuordnen. Das müssen Sie verstehen.
Da ich vorhin meine Zwischenfrage bei Herrn Dr. Dressel nicht stellen konnte, muss ich jetzt festhalten, dass Folgendes natürlich eine Falschdarstellung von ihm gewesen ist. Es stimmt zwar, dass Herr Dr. Schön gegenüber der Dienststelle Interne Ermittlungen nicht gesagt hat, dass er derjenige war, der weitergegeben hat. Aber diese Frage wurde ihm überhaupt nicht gestellt.
(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie müssen mal die Vernehmung durchlesen! Das stellt sich ganz anders dar!)
Der einzige Auftrag der Dienststelle Interne Ermittlungen war, festzustellen, was für eine Art Papier eigentlich der Gedaschko-Bericht ist. Und nur dazu ist Herr Dr. Schön befragt worden.
Und wenn Herr Dr. Steffen der Zweiten Bürgermeisterin vorwirft, sie hätte von den vertraulichen Dokumenten, die in ihre Behörde gelangt sind, keine Kenntnis genommen, dann ist das wirklich absurd. Sie wissen genauso wie ich, dass es im Ausschuss keinerlei Hinweise darauf gegeben hat, dass sie Kenntnis hatte. Das ist ein Sachverhalt, den man ihr natürlich auch nicht vorwerfen kann.