Protocol of the Session on June 20, 2007

(Beifall bei der CDU)

Frau Dräger hat das Wort.

(Wolfgang Beuß CDU: Die sagt jetzt, wie es geht!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Frau Senatorin, ich kann Ihr Bedürfnis, das geradezurücken, was die Abgeordneten der Sie tragenden Fraktion verbockt haben, gut verstehen. Natürlich ist es nicht so, wie Frau Ahrons es hier dargestellt hat - Herr Kerstan hat es gesagt, vorrangig aus ideologischen Gründen -, als ob der Staat sich aus der Ausbildung herausziehen müsse und da nichts tun dürfe, weil das die Unternehmen nur noch mehr behindern würde.

(Barbara Ahrons CDU: Das habe ich gar nicht ge- sagt!)

Es gibt Schritte, die der jetzige Senat entweder neu unternimmt oder weiterführt, um die Ausbildung und den Übergang von Schule und Beruf zu verbessern. Aber es bleibt bei der Kritik, dass Jugendliche keinen Abschluss

haben und dass sie nicht weiterkommen. Das ist schlecht für die Stadt. Es bleibt auch bei der Kritik, dass viele Maßnahmen in dieser Stadt nicht auf die Bedürfnisse von Jugendlichen, die es besonders schwer haben, ausgerichtet sind. Sie haben eben die Sonderprogramme EQJ genannt. Es handelt sich sozusagen um ein Hamburger Modell, das auf QUAS gegründet wurde, einer alten Qualifizierung für Schulabgängerinnen und -abgänger vorheriger Senate - jetzt mache ich auch ein bisschen Geschichtsbetrachtung -, das bundesweit übernommen wird. Ich will dazu zwei Sachen sagen:

Erstens haben die Hamburger Wirtschaft und der Hamburger Senat sehr lange gebraucht, um das Modell in Hamburg zu etablieren.

Zum Zweiten wird dieses Modell in Hamburg nicht nur von Jugendlichen genutzt, für die es besonders wichtig ist, sondern auch von sehr vielen, für die es ursprünglich nicht gedacht war, also auch von Abiturienten und Jugendlichen mit zum Teil guten Schulabschlüssen.

Die Schwelle für Jugendliche mit besonderen Problemen ist immer noch sehr hoch und wir haben Schwierigkeiten, sie im Ausbildungsmarkt unterzubringen.

Natürlich ist der freiwillig bereitgestellte Ausbildungsplatz im dualen System durch Unternehmen die allerbeste Lösung. Darin stimmen wir mit Ihnen überein. Aber nur, weil eine Lösung die allerbeste ist, kann man nicht so tun, als ob die anderen Lösungen alle "Schrott" wären - um es einmal verkürzt zu sagen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Jedes Mal, wenn wir über Ausbildungsplätze reden, kommen Sie mit der gleichen Leier und sagen, aber das duale System ist toll, es ist das beste und es gibt gar nichts anderes, und übersehen, dass dieses duale System bei all seiner hohen Qualität, die völlig unbestritten ist, einen bestimmten Teil der Jugendlichen nicht erreicht.

Wir Politiker sind Teil der Gesellschaft und wir bilden uns alle ein, wir seien ein Teil der Gesellschaft, der diese wesentlich beeinflusst. Hoffentlich sind wir das, denn sonst könnten wir uns manche Sitzung sparen. Auch der Senat ist hoffentlich ein Teil der Gesellschaft, der diese Gesellschaft wesentlich mit beeinflusst, sonst wären Ihre Redebeiträge zum Thema, wie toll der Senat Wirtschaftspolitik betreibt, ziemlich absurd.

Wenn wir das sind, dann müssen wir gerade diese Jugendlichen, gerade die Schwachen, im Auge haben. Denen helfen Ihre Ausführungen darüber, wann Unternehmen unter welchen wirtschaftlichen Bedingungen Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, überhaupt nicht. Wir haben einen Bereich von Jugendlichen, die es weder zu Zeiten schlechter noch zu Zeiten guter Konjunktur schaffen. Deswegen brauchen wir darüber hinaus Maßnahmen.

Am Schluss eine kleine Spitze: Es waren unsere Vorschläge, liebe Kolleginnen und Kollegen von der GAL, die wir heute beraten.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Aber wir freuen uns sehr, dass Sie alle übernehmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Herr Heinemann hat das Wort.

(Dr. Till Steffen GAL: Jetzt hat er es gefunden, was er sagen will!)

Die Diskussion war am Anfang etwas öde, weil Sie nur das wiederholt haben, was immer schon gesagt wurde.

(Michael Neumann SPD: Das stimmt, das war Frau Ahrons!)

Aber zum Schluss wurde es noch ein bisschen interessanter und es wurde vor allen Dingen viel Unsinn geredet. Das sollte man noch einmal richtigstellen.

In der Enquete-Kommission haben wir sehr sachlich über die Problematik diskutiert. Wir haben gemeinsam Ergebnisse gefunden, von denen wir alle wissen, dass die Politik allein sie nicht umsetzen kann. Es sind teilweise die Sozialpartner gefragt, wenn es darum geht, welche Ausbildungen wir anbieten; bieten wir Ausbildungsplätze an, die auch für schwächer qualifizierte Schülerinnen und Schüler geeignet sind, gehen wir in solche Bereiche oder machen wir es nicht. Sie kennen die Probleme, ich brauche sie Ihnen nicht zu erzählen.

Ein weiteres Thema ist die Kammerprüfung. Sie haben uns dafür offen gefunden. Sie wissen aber auch, dass die Politik keine Kammerprüfung beschließen kann. Eine solche Frage kann man nur gemeinsam mit den Kammern klären. Sagen Sie hier also nicht, der Senat würde nichts tun. Der Name sagt es schon, es ist eine Kammerprüfung und keine Senatsprüfung.

Bei einer anderen Frage sind wir auf einem sehr guten Wege. Wir haben die Berufsschulreform durchgeführt. Unser Ziel war - damit nicht wie auch heute wieder immer nur gegeneinander diskutiert wird, wer Schuld hat, der Staat oder die Wirtschaft -, dass Wirtschaft und Staat gemeinsam an einem Tisch sitzen, damit wir vor Ort, an den Schulen die Grundlage für eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Staat legen können. Das funktioniert dort.

(Michael Neumann SPD: Dann verhindern Sie, dass Frau Ahrons in Zukunft dazu redet!)

Nur weil das dort funktioniert, kommt es jetzt auch dazu, dass die Betriebe in der Lage und bereit sind, weitere Ausbildungsplätze anzubieten. Sie machen es mit großem Erfolg.

Ein weiteres Thema ist die Frage der Schulabbrecher. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie mit Zahlen arbeiten, die Schülerinnen und Schüler betreffen, die im Sommer 2006 ohne Abschluss von der Schule gegangen sind, also vier Jahre, nachdem im Sommer 2002 die ersten Reformen vom CDU-Senat eingeführt werden konnten. Sie konnten also noch nicht greifen, die Schülerinnen und Schüler waren bereits in der fünften, sechsten Klasse. Ich habe vorhin ausführlich erläutert, dass es nicht hilft, bei Zehn-, Elf-, Zwölfjährigen mit der Förderung zu beginnen, sondern dass man in der Kita und in der Vorschule mit Sprachförderung, mit Frühförderung anfangen muss, so wie wir es jetzt machen. Das heißt, Sie können uns irgendwann an den Kindern messen, die wir 2003/2004 in die Vorschule bekommen haben. Seien Sie aber nicht so unehrlich, uns die Zahlen vorzuhalten, die Sie selber verkorkst haben.

(Beifall bei der CDU)

Frau Goetsch hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es sehr lobenswert, dass Sie das heilen wollen, was vorhin zynisch angemerkt wurde. Ich möchte noch einmal auf die blanken Zahlen eingehen.

Zurzeit sind maximal 30 bis 40 Prozent aller jugendlichen Schulabgängerinnen und -abgänger in der dualen Ausbildung. Das ist der eine Fakt. Das heißt auch, wenn es jetzt unter konjunkturell besseren Bedingungen mehr Ausbildungsplätze gibt - es wird natürlich auch immer beklagt, dass die Stellen nicht besetzt würden, weil nicht die passenden gefunden werden -, dann handelt es sich um eine Zahl zwischen 700 und 900. Wenn Sie die von den 10.000 abziehen, die in den Übergangssystemen sind, dann haben wir es jedes Jahr immer noch mit 9.000 Jugendlichen zu tun. Die können wir nicht wegreden und wir können auch nicht warten, bis ein System durchgewachsen ist, das durch stärkere frühkindliche Bildung dazu beiträgt, dass wir weniger Abbrecher haben. Aber selbst in den Ländern, in denen Schulsysteme besser funktionieren, wird es immer einen Teil von schwächeren Jugendlichen geben, um die wir uns entsprechend kümmern müssen. Es geht nicht um Verstaatlichung, sondern es geht um 60 Prozent der Jugendlichen, die nicht im dualen System sind. Es reicht nicht, sich ein bisschen um sie zu kümmern und um irgendwelche Maßnahmen - beispielsweise um eine Berufsvorbereitungsschule und eine Berufsfachschule -, sondern wir müssen endlich dafür Sorge tragen, dass diese Maßnahmen so wirksam sind, dass deren Bildungsgänge anerkannt werden. Das ist hier schon mehrfach gesagt worden. Natürlich ist die Kammerzertifizierung eine Sache der Kammern, aber sie müssen das einfordern. Ich weiß, Frau Senatorin DingesDierig, dass Sie dieses, weil Sie aus Baden-Württemberg kommen, eigentlich befürworten würden. Dort werden nämlich voll qualifizierende Berufsfachschulen betrieben. Wir können es uns nicht weiter erlauben, dass wir im berufsbildenden Bereich viele "Sonderschulen" haben, anstatt an die Schulen, die duale Ausbildungen haben, die Berufsvorbereitung anzudocken, sodass man modulmäßig das anerkennt, was man geleistet hat, und fortführt. Dann würden in den Berufsvorbereitungsschulen wesentlich mehr Jugendliche erfolgreich sein, ihre Module absolvieren und sukzessive in eine duale oder vollzeitschulische Ausbildung gehen. So müsste gearbeitet werden. Alle Jugendlichen werden dadurch vernünftig qualifiziert und ausgebildet, nur gut, weil wir ja Fachkräftemangel haben. Da haben Sie, Frau Ahrons, nicht nur zynisch agiert, sondern Sie haben keine Ahnung. Das ist um der Jugendlichen wegen richtig bitter.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Buss hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist gut, dass bei den Schulpolitikern noch einmal angekommen ist, diese Debatte in diesem Umfange zu führen. Wir haben es mit 15- bis 22-jährigen jungen Menschen zu tun, die den Weg in unsere Gesellschaft finden möchten. Wir haben als Politiker die Verpflichtung, den Jugendlichen - soweit wie möglich - Hilfe zukom

men zu lassen, damit sie ihr Lebensziel, eine vernünftige Ausbildung anfangen zu können, zu einer entsprechenden Berufsausbildung zu kommen und sich damit auf eigene Füße stellen zu können, erreichen können. Um diese entscheidende Frage muss es hier gehen: Wie viel Hilfe wollen oder müssen wir den Jugendlichen zukommen lassen, damit wir sie nicht in ein großes Loch fallen lassen, das volkswirtschaftlich und gesellschaftspolitisch ohnehin zu allen möglichen Auswüchsen führen kann. Das ist die große Verantwortung, die wir alle tragen und vor der niemand - auch Sie nicht, Frau Ahrons - die Augen verschließen kann.

(Beifall bei der SPD und der GAL - Michael Neu- mann SPD: Bravo!)

Auch Herr Heinemann hat es nicht endgültig klären können. Wenn Sie der Ansicht sind, dass unsere Vorschläge, die wir in diesem Antrag genannt haben, nicht die richtigen sind, dann ist es Ihnen unbenommen, den Antrag entweder an den Ausschuss zu überweisen, kritisch durchleuchten zu lassen oder das Ganze gegebenenfalls in anderen Vorschlägen wieder neu aufleben zu lassen. Oder aber Sie legen in dieser Debatte klar und deutlich Ihre Vorschläge vor, außer der Tatsache, dass Sie sagen, die Schulabbrecher, die es heutzutage noch zu 12 Prozent gibt, hat angeblich die SPD verschuldet, weil sie damals keine Viereinhalbjährigen-Untersuchungen eingeführt hat. Das ist an den Haaren herbeigezogen, denn die Schülerinnen und Schüler hatten damals, als Sie unglücklicherweise die Macht übernommen haben, schon die vierte Klasse hinter sich gebracht. Die sind nämlich zu Ihren Zeiten in der Sekundarstufe gewesen und haben sie zu Ihren Zeiten nicht erfolgreich abschließen können. Für diese ganzen Jahre tragen Sie die volle Verantwortung.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL - Kai Voet van Vormizeele CDU: Sie haben doch nie Verantwortung getragen!)

Gibt es weitere Wortmeldungen? - Die sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte den SPD-Antrag aus der Drs. 18/6401 annehmen? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 3 und 29, die Drs. 18/6063 und 18/6397, Große Anfrage der GAL-Fraktion: Entwicklung und Stand rechtsextremistischer Aktivitäten in Hamburg und den Antrag der SPD-Fraktion: Rechtsextremistische Straftaten seit 2003 verdreifacht - Hamburg braucht ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus!

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Entwicklung und Stand rechtsextremistischer Aktivitäten in Hamburg - Drs. 18/6063 -]

[Antrag der Fraktion der SPD: Rechtsextremistische Straftaten seit 2003 verdreifacht - Hamburg braucht ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus! - Drs. 18/6397 -]

Beide Drucksachen möchte die SPD-Fraktion an den Innenausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? - Frau Möller, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus hat sich in seinen Erscheinungsformen seit Bestehen der Bundesrepublik immer wieder verändert und gibt es europaweit.

Wir haben in Deutschland den Zustand, dass die NPD die Parlamente erreicht hat und außerparlamentarisch durch die sogenannten Kameradschaften unterstützt wird, die im Übrigen vor allem bei Jugendlichen erfolgreich sind, die keine Perspektive - beispielsweise keine Lehrstelle - haben. So viel zur letzten Debatte.