Meine Damen und Herren! Prävention muss eindeutig vor Repression kommen. Senator Nagel, wenn Sie sich hier immer hinstellen und rühmen, Sie täten ja so Vieles, ja, was ist denn das, was Sie hier immer wieder hervorkauen und wiederholen? Die Verantwortlichkeit für die Präven
tion liegt nämlich hauptsächlich in der Schule und in der Sozialbehörde und die beiden Behörden zeichnen sich durch ein hohes Maß an Phantasielosigkeit aus. Die einzige Antwort der Sozialbehörde auf Jugendgewalt ist das Familieninterventionsteam - wir haben es auch von Herrn Hesse wieder gehört - und die geschlossene Unterbringung. Das sind zwei repressive Maßnahmen, die wirklich soweit davon entfernt sind, präventiv für die Jugendgewalt einzutreten, und sie erfüllen nicht das, was wir uns unter Gewaltprävention vorstellen. Und die Schulbehörde - das wird jetzt schon fast langweilig, weil es immer wieder gesagt wird - macht in Kooperation mit der Polizei Maßnahmen wie Cop4U, Streitschlichter und Faustlos. Das sind zweifellos alles Projekte, die lobenswert sind, aber wie ich in der Anfrage vom Kollegen Dressel lesen konnte, wird keines dieser Projekte evaluiert. Meine Damen und Herren, woher wollen wir denn wissen, dass diese Projekte wirklich die Zielgruppen erreichen, die wir erreichen müssen? Ich befürchte, dass angesichts der steigenden Zahlen da doch irgendetwas schief läuft, sodass eine Evaluation dieser Projekte dringend angezeigt ist.
Wenn wir über Gewaltprävention reden, dann müssen wir noch viel eher anfangen. Ich habe im März schon einmal versucht, das darzustellen. Ganz mager wird es nämlich im Bereich der Kindertagesbetreuung. Ich erzähle Ihnen, glaube ich, keine Neuigkeiten, wenn ich sage, dass es absolut erforderlich ist, Kindern so früh wie möglich Gewaltprävention anzubieten. Aber hier sind die Aktivitäten des Senats nur mit dem Elektronenmikroskop sichtbar. Gewaltprävention in der Kita findet nur statt, wenn es aktive Kita-Träger gibt. Vorgaben des Senats, Fortbildung, Konzepte für die Arbeit mit Kindern bis sechs Jahren - bei diesem Senat Fehlanzeige. Warum nicht mal eine Präventionsstudie, wie sie zum Beispiel in Frankfurt in Auftrag gegeben wird? Warum nicht einmal Gewaltpräventionsprojekte in der Kita? Das ist doch die Prävention, die wir brauchen, denn die Gewalttäter von heute sind in der Kita schon auffällig. Stattdessen verbrauchen Sie Ihre Kraft, Energie und vor allen Dingen das Geld für die Aufrechterhaltung eines geschlossenen Heimes in der Feuerbergstraße, in dem die Rechte der Jugendlichen mit Füßen getreten werden und in denen Erziehung nicht funktionieren kann, weil nämlich die Jugendlichen das Gefühl haben, bestraft zu werden, anstatt dort eine Erziehungshilfe zu erhalten.
Wir können jetzt in schöner Regelmäßigkeit alle drei Monate in der Bürgerschaft über Jugendgewalt sprechen, aber sinnvoller ist es in der Tat, wenn wir auf den Polizeisprecher Fallak hören, der Ähnliches wie Sie gesagt hat: Es bringt gar nichts, mit kurzlebigen Konzepten zu reagieren. Ja, recht hat er. Konzepte zur Bekämpfung von Jugendgewalt müssen frühzeitig ansetzen, je eher, desto besser. Vor allen Dingen müssen sie einen ganzheitlichen Ansatz haben, und zwar auf gleicher Augenhöhe: Justiz, Innenpolitik und Jugendhilfe. Das gibt es einfach in Ihren Konzepten nicht. Vor allen Dingen dürfen Sie nicht lediglich auf anscheinend wirksame Verbotslösungen setzen, denn weder ein Verbot von Killerspielen, noch ein Auftrittsverbot des Rappers Bushido
Erfolgreich werden diese Konzepte nur, wenn sie die Angst um die Jugendlichen in den Mittelpunkt der Arbeit stellen und nicht mit einer Angst vor den Jugendlichen hausieren gehen. Deswegen brauchen wir den ganzheitlichen Ansatz in der Bekämpfung der Jugendgewalt und den vermisse ich bei Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe CDU, Sie haben die letzten Wahlen mit großen Ankündigungen zum Thema Innere Sicherheit gewonnen und Sie merken jetzt, wie groß Ihre Misserfolge sind. Vielleicht, Herr Hesse, werden deshalb ihre Wortbeiträge hier immer lauter. Das lässt sich feststellen. Ich möchte einmal folgende Zusammenfassung machen: Wir Sozialdemokraten haben bei der letzten Debatte eine umfassende Sache vorgelegt und gesagt, lasst uns das doch debattieren. Es gibt dieses Thema. Senator Nagel bringt es nicht fertig, hier einmal deutlich zu erwähnen – er hat eine Reihe von Einzelmaßnahmen durchexerziert, was alles gemacht wird –, ja, die Gewalt nimmt zu, ja, die Gewalt wird brutaler, aber, wir haben nicht jede Antwort darauf. Wenn Sie nicht bereit sind, parlamentarisch daran zu arbeiten, dann wird es den Opfern nicht helfen, und es wird nicht helfen, mit den Tätern in irgendeiner Form wirklich einmal andere Wege zu gehen, sodass es weniger Opfer gibt. Das, was Sie machen, kommt bei den Menschen in der Stadt nicht an. Das finde ich wirklich sehr traurig, dass Sie dies nicht eingestehen. Sie wollen diesen Weg parlamentarisch nicht gehen, nur noch Wahlkampfgetöse daraus machen. So viele Monate vor der Wahl ist das bedauerlich, denn das würde die ernsthafte Arbeit völlig minimieren.
Frau Vorsitzende, liebe Damen, liebe Herren, ein Patentrezept für die Bekämpfung von Jugendgewalt haben wir alle nicht. Sie müssen hier nicht sitzen und so tun, als ob Sie das hätten. Das hat keiner.
Ich glaube, wir Christdemokraten setzen uns wirklich dafür ein, dass in unserer Stadt die Jugendlichen eine gute Zukunft bekommen und dass wir tatsächlich dieses Problem Jugendkriminalität in den Griff bekommen. Das tun die Jugendpolitiker genauso wie die Innenpolitiker. Ich bin Herrn Nagel sehr dankbar dafür, dass er diese Konferenz zusammengerufen hat und dass wir aktiv daran arbeiten. Wir werden ein Problem nicht innerhalb kürzester Zeit vom Tisch kriegen.
Ich möchte ihnen ganz deutlich sagen, dass wir im Kinder- und Jugendbereich alle Kräfte zusammen sammeln, damit Jugendkriminalität kein Problem mehr für diese Stadt ist. Dieses Problem ist insbesondere ein Problem von Großstädten, und Hamburg ist zum Glück eine Großstadt. Wir haben in Hamburg das beste westdeutsche Kita-System. Das darf nicht einfach unter den Tisch gekehrt werden. Das sind Präventivmaßnahmen gegen Jugendkriminalität.
Wir setzen uns ganz deutlich für die frühkindliche Bildung ein. Wir sind dabei, Bildungshäuser zu schaffen. Ganz wichtig ist die Vernetzung von Kindertagesstätten mit den Grundschulen. Durch uns kommen die Familienhebammen, Welcome Projekte, Beratungs- und Unterstützungsangebote,…
…Kooperationen zwischen Kitas und Erziehungs- und Beratungsstellen, Familienbildung, Projekte für Menschen mit Migrationshintergrund, Anti-Mobbing-Projekte und Vieles mehr.
Ich möchte ganz deutlich sagen, dass das alles Präventivmaßnahmen sind, die dieses Problem in den Griff bekommen werden.
Damit ist die Redezeit der Aktuellen Stunde abgelaufen. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 3, der Wahl der Präsidentin beziehungsweise des Präsidenten des Hamburgischen Verfassungsgerichtes.
[Senatsmitteilung: Wahl der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Hamburgischen Verfassungsgerichts - Drs. 18/6256 -]
Da das Gesetz über das Hamburgische Verfassungsgericht in Paragraph 4 eine geheime Wahl vorschreibt, findet die Wahl in Wahlkabinen statt. Wir verfahren so, dass Frau Martens und Frau Thomas abwechselnd die Mitglieder der Bürgerschaft in alphabetischer Reihenfolge aufrufen werden. Ich bitte Sie dann zur Kanzleibank zu gehen und dort Ihren Stimmzettel entgegen zu nehmen. Jeder Stimmzettel enthält Felder für Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung. Mit dem Stimmzettel gehen Sie
bitte in eine der Wahlkabinen und nehmen Ihre Wahlentscheidung vor. Ich bitte, den Stimmzettel jeweils nur mit einem Kreuz zu versehen. Stimmzettel, die den Willen des Mitgliedes nicht zweifelsfrei erkennen lassen oder Zusätze enthalten, sind ungültig. Auch unausgefüllte Stimmzettel gelten als ungültig. Nach der Wahlhandlung begeben Sie sich zu Frau Rogalski-Beeck, bei der die Wahlurne steht. Stecken Sie bitte Ihren Stimmzettel in die Wahlurne. Ich darf nun Frau Martens bitten, mit dem Namensaufruf zu beginnen.
Bei der Wahl des Präsidenten des Hamburgischen Verfassungsgerichts sind 112 Stimmzettel abgegeben worden. Davon war ein Stimmzettel ungültig, also waren 111 Stimmzettel gültig. Herr Gerd Harder erhielt 60 JaStimmen, 45 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen. Damit ist Herr Harder zum Präsidenten des Hamburgischen Verfassungsgerichts gewählt worden.
Herr Harder, die Bürgerschaft hat Sie soeben zum Präsidenten des Hamburgischen Verfassungsgerichts gewählt. Ich darf Ihnen die Glückwünsche des Hauses aussprechen. Ich frage Sie nun, ob Sie die Wahl annehmen? -