Protocol of the Session on June 17, 2004

denn Sie, Frau Dr. Hilgers, haben mit Ihren Anträgen nichts Wesentliches dazu beigetragen. Das, was gestern Ihr Fraktionsvorsitzender Herr Neumann in 60 Minuten massiv kritisiert hat, hätten Sie heute anreichern können. Heute hätten Sie hier gestalten und Ihre Alternativen darstellen können. Stattdessen hat Herr Neumann gestern 60 Minuten kritisiert, kritisiert, kritisiert. Bei der Frage, wie das finanziert werden soll und welche Vorschläge es

dazu gibt, kam er mit der Pendlerpauschale. Das ist unseriöse Haushaltsführung, das sind unseriöse Vorschläge und auf solche können wir uns nicht einlassen. Wenn Sie etwas zu kritisieren haben, kommen Sie und sagen Sie, wie Sie das finanzieren wollen.

(Beifall bei der CDU)

Zu Ihren Anträgen – es gibt ja welche, als Opposition muss man auch Anträge stellen: Wenn man eine neue politische Linie einschlagen will – die Zufriedenheit mit der Umschichtung in der Jugendpolitik ist durchaus bei uns angekommen –, dann muss man natürlich ein Berichtswesen einfordern. Wir haben das zur Kenntnis genommen. Ich könnte jetzt der Reihe nach die einzelnen Punkte auflisten.

Im Bereich Hilfen zur Erziehung soll die Entwicklung der Fallzahlen vorgestellt werden. Es passiert seit Monaten nichts anderes, wir bekommen alle drei Monate einen ausführlichen Bericht und haben im Jugendausschuss eine ausführliche Diskussion über die Fallzahlentwicklung. Das Gleiche gilt für die Umschichtung. Da wurde von der SPD gefordert zu berichten, was in den Bezirken passiert. Die ersten Maßnahmen laufen gerade und es wäre unseriös, bereits jetzt diesen Bericht zu fordern. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Behörde ihn liefern wird. Insoweit brauchen wir über ein von Ihnen gefordertes reines Berichtswesen nicht abzustimmen.

Von der GAL, Frau Blömeke, habe ich zu der ganzen Umschichtung und dem gesamten Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit, den Sie gerade kritisiert haben, keinen Antrag gesehen. Ich hätte mich gern darauf eingelassen und gesagt, wir sind für die Umschichtung, weil offene Kinder- und Jugendarbeit gut ist. Sie haben das gerade kritisiert und gesagt, das sei nicht auskömmlich.

Zum Kita-System: Da gibt es bei Ihnen einen gewissen Widerspruch. Herr Dr. Maier hat genau zugehört und gesagt, das Bildungsjahr Fünf Plus solle eingeführt werden und alle 12 000 Kinder sollten ein kostenloses Vorschuljahr bekommen. Früher war es in der GAL-Fraktion so üblich, dass Haushaltsanträge durch die Hände von Herrn Dr. Maier mussten, und wenn in ihnen keine konkrete Finanzierung stand, wurden diese abgelehnt. Das scheint sich geändert zu haben, Herr Dr. Maier. Es steht keine Finanzierung in Ihren Vorgaben. Das sind fast 10 Millionen Euro. Sagen Sie, woher Sie das Geld nehmen wollen, dann können wir ernsthaft darüber diskutieren, aber machen Sie keine leeren Versprechungen.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt auch einen logischen Widerspruch, bei aller Kritik. Sie haben Recht mit der Aussage, dass man darüber diskutieren müsse, wo die 40 Millionen Euro geblieben sind, wenn die Betreuung nicht gestiegen ist. Darüber müssen wir reden und das haben wir auch klar gesagt. Die Behörde – sie hat das wahrgenommen – hat den Auftrag, mit den Trägern für die zukünftigen Aufgaben zu verhandeln.

Ein Widerspruch ist es aber dann, Frau Dr. Hilgers, wenn Sie in Ihrem Antrag manifestieren, es dürfe auf gar keinen Fall eine Standardabsenkung geben – Punkt –, und das so stehen lassen. Das bedeutet also, dass Herr Dr. Maier Recht hat mit der Aussage, es würden zusätzliche 40 Millionen Euro ausgegeben und es sei nichts passiert. Sie aber blockieren gleichzeitig, indem Sie sagen, auf

keinen Fall dürfe es eine Absenkung der Standards geben. Das ist der Widerspruch.

Die CDU-Fraktion möchte klar wissen, wie es dazu kommt, und wir fordern von den Trägern auf jeden Fall ein, dass sie bei den Verhandlungen mit der Behörde ihre gesellschaftliche Aufgabe wahrnehmen. Es kann wirklich nicht sein, dass 40 Millionen Euro irgendwo bleiben.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Sagen Sie das dem Staatsrat?)

Sie sind ja nicht versenkt worden, sie sind im Kita-System geblieben. Da wollen wir in der Perspektive der nächsten Jahre ganz klar von den Trägern verlangen, dass sie sich hier einbringen. Da nützen Ihre politischen Aussagen in dem Zusammenhang leider gar nichts.

(Beifall bei der CDU)

Welches Fazit kann hier gezogen werden? Sie haben sehr, sehr viel kritisiert. Konkrete Anträge, in denen man zum Handeln auffordert und Finanzierungsvorschläge macht, habe ich nicht gesehen. Ich würde mich gern über einzelne Punkte unterhalten.

Ich möchte noch auf Ihren Fraktionsvorsitzenden Herrn Neumann zurückkommen. Wir erleben es ja jeden Dienstag, dass er uns zu erklären versucht, wie die Welt funktioniert. Wenn ich aber die Anträge sehe, kann ich nur sagen, sie dreht sich doch. Insoweit ist nicht viel dabei gewesen.

(Beifall bei der CDU)

Es wurde konkret angesprochen, was 2005/2006 passiert, also über den Haushalt 2004 hinaus. Nur einen Satz dazu, weil wir den Haushalt 2004 beraten. Wenn wir Kuren für Kinder einsparen, dann tut uns das mindestens genauso weh wie Ihnen. Wenn Herr Neumann das hier kritisiert, dann ist auch Herr Neumann angehalten, das nicht nur zu kritisieren, sondern er ist auch verpflichtet, ganz klar zu sagen, wie wir diese Einsparungen umgehen können. Ich habe weder von Herrn Neumann noch von Ihnen etwas dazu gehört. Sie sollten einmal über die Seriosität Ihrer Haushaltspolitik nachdenken.

(Beifall bei der CDU)

Noch einige Sätze zu Ihren Anträgen. Ich stelle fest, dass Sie in Teilen mit unserer Jugend- und Kinderpolitik zufrieden sind. Ich stelle zu Ihren Anträgen fest, dass sie für uns leider inhaltlich nicht ausreichend sind. Sie sind nicht Maßstab unseres Handelns und deswegen werden wir sie ablehnen. Das ist gut so für die Familien, die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt Senatorin Schnieber-Jastram.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich ein paar konzeptionelle Worte sage, ehe ich auf die Veranschlagung der Mittel eingehe, die im Prinzip Mittelpunkt einer Haushaltsberatung sind.

Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft, Familien sind der Ort, wo Eltern für ihre Kinder und Kinder für ihre Eltern Verantwortung tragen. Wenn auch die SPD sich dieses jetzt zu Eigen macht, bin ich dafür dankbar. Wenn

A C

B D

wir gemeinsam eine vernünftige Familienpolitik auf den Weg bringen können, dient das den Kindern und den Eltern in dieser Stadt. Allerdings sage ich auch sehr deutlich, dass wir die gegenseitige Verantwortung stärken müssen und nicht den Betroffenen abnehmen.

(Beifall bei der CDU)

Jugendhilfe und Familienförderung gehören unstrittig zusammen. Wenn beide Bereiche sinnvoll ausgestaltet sind, dann ist das in der Tat ein Schlüssel für ein wachsendes Hamburg.

(Beifall bei der CDU)

Perspektivisch helfen frühzeitige Familienförderung, das wissen Sie auch, und die Unterstützung der Familien, die späteren und sehr viel aufwendigeren Eingriffsmaßnahmen der Jugendhilfe zu vermeiden. In diesem Sinne wollen wir insgesamt eine effizientere und effektivere Arbeit erreichen. Wir können aber natürlich die Kinder und Jugendlichen, die von den neuen Förderungs- und Unterstützungsangeboten noch nicht profitiert haben und jetzt intensiver Hilfe bedürfen, nicht vernachlässigen.

Nach diesen Leitgedanken richtet sich unsere Haushaltsveranschlagung aus. Für die Aufgaben der Jugendhilfe und Familienförderung werden, das ist eben schon gesagt worden, trotz der angespannten Haushaltslage in diesem Jahr mehr Mittel als in 2003 zur Verfügung stehen. Der Gesamtansatz für Sach- und Fachausgaben im Einzelplan 4 ohne Investitionen steigt von 211,1 Millionen Euro um 3,7 Millionen Euro auf 214,8 Millionen Euro. Hinzu kommen 337,9 Millionen Euro an Sach- und Fachausgaben im Einzelplan 3.1 für die Kindertagesbetreuung. Das macht deutlich, dass Leistungen für Kinder, für Jugendliche und Familien in dieser Stadt eine hohe Priorität haben.

(Beifall bei der CDU)

Nun fragen alle zu Recht, was mit diesen Mitteln geschieht. Die Frage ist berechtigt und muss gestellt werden.

2004 sollen die in 2003 eingeleiteten neuen Maßnahmen und die damit verbundene Neuausrichtung der Jugendhilfe verstetigt werden. Sie, die sich intensiv damit beschäftigen, wissen allzu gut, was wir hier gemacht haben. Es wurde eine neue Globalrichtlinie zur sozialräumlichen Angebotsorientierung geschaffen, mit deren Hilfe eben nicht nur die neuen Projekte in den Stadtteilen ihre Wirkung entfalten sollen. Auch die Zusammenarbeit der einzelnen Jugendhilfebereiche untereinander, insbesondere aber auch die Zusammenarbeit mit Kindergärten, die Zusammenarbeit mit Schulen, soll zu mehr Effizienz und zu höherer Qualität führen. Die im Haushalt 2003 hierzu bereits umgeschichteten Mittel werden in 2004 fortgeschrieben.

2003 haben wir noch eine Situation gehabt, in der ein nennenswerter Teil für die so genannte Implementierung dieser weitreichenden Reformen eingesetzt wurde, das heißt, für die Fortbildung, für die Qualifizierung des Personals in den Bezirksämtern und bei den handelnden Trägern.

2004 werden diese Mittel in vollem Umfang zur Ausweitung der konkreten Angebote zur Verfügung stehen. Das bedeutet für die Bezirke zusätzlich 3,25 Millionen Euro, um die in 2003 begonnenen Maßnahmen ganzjährig zu fördern.

750 000 Euro stehen für überregionale jugend- und familienfördernde und familienentlastende Angebote bereit.

Gehen wir weiter: In der neuen Rahmenzuweisung, sozialräumliche Angebotsentwicklung, werden konsequenterweise nicht nur die Mittel aus der Umschichtung des bürgerschaftlichen Ersuchens veranschlagt. Erstmalig sind in diesem Titel auch die Mittel für die zehn Schnittstellenprojekte und vier der fünf Modellprojekte zur flexiblen familiären Krisenintervention enthalten. Diese Projekte sollen Familien frühzeitig mit offenen Angeboten unterstützen, um aufwendige Einzelhilfen oder die Unterbringung von Kindern außerhalb der Familie nach Möglichkeit zu vermeiden.

Mit dieser Umschichtung haben die bezirklichen Gremien mehr Gestaltungsmöglichkeiten und damit auch mehr Verantwortung vor Ort. Frau Strasburger hat das vorhin sehr deutlich geschildert.

(Beifall bei der CDU)

Dabei kommt es nicht zu einer radikalen Veränderung in den Haushaltsprioritäten zwischen den klassischen Jugendhilfebereichen. Die Hilfen zur Erziehung stellen mit einem Haushaltsansatz von 123 Millionen Euro auch nach dieser Umschichtung den mit Abstand größten Anteil am Jugendhilfehaushalt dar. Ich will nicht verschweigen, wir haben die Erwartung, dass wir durch noch bessere, frühzeitige Hilfe langfristig in diesem Bereich sparen können. Aber, meine Damen und Herren, die Betonung liegt auf "langfristig". Jeder, der sich in diesem Bereich auskennt, weiß, dass es vermutlich nicht anders möglich ist. Erst einmal müssen wir mit unverändert hohem Einsatz den Jugendlichen, die sich bei rechtzeitiger Familienunterstützung vielleicht anders entwickelt hätten, jetzt intensiv helfen.

Jedes Kind hat ein Recht auf Familie, das gilt auch für Kinder, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können. Die in 2003 eingeleiteten Maßnahmen zur Ausweitung der Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien sollen in diesem Jahr soweit fortgesetzt werden, dass wir von einer Absenkung der Haushaltsmittel im Bereich der stationären Erziehungshilfen um 1,5 Millionen Euro ausgehen. Wohlgemerkt, diese Absenkung ist kein Leistungsabbau, sondern sie ist Folge davon, dass künftig mehr Kinder als bisher in Pflegefamilien statt in Heimen untergebracht werden.

(Beifall bei der CDU)

Ebenfalls ausgeweitet werden die außerunterrichtlichen Nachmittagsangebote in Kooperation von Jugendarbeit und Schule. Dieses Erfolgsmodell soll zum Schuljahresbeginn 2004 auf 24 Standorte ausgeweitet werden. Auch das ist eine gute Nachricht in dieser Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden im gesamten neuen Aufgabenfeld – Jugendhilfe und Familienförderung – die konsequente Überprüfung unserer eigenen Aktivitäten und der der Zuwendungs- und Kostensatzempfänger fortsetzen. Wir werden sehr genau prüfen, welche Maßnahmen und Angebote sinnvoll und wirtschaftlich sind und welche es nicht sind und wo wir im Vergleich zu anderen Bundesländern freiwillige Leistungen erbringen, die nicht zwingend notwendig sind.

(Barbara Ahrons CDU: Genau!)

Wir haben alle zusammen im April das Hamburger Kinderbetreuungsgesetz beschlossen. Es schafft Rechtsansprüche ab 2005 und 2006. Mit dem Haushalt 2004 ist ein Teil der dort vorgesehenen Leistungen schon jetzt finanzierbar. Herr Weinberg hat das eben sehr deutlich gesagt. Seit dem 1. April 2004 werden Elementarplätze für alle bis dahin unversorgten Kinder berufstätiger Eltern bereitgestellt. Die entsprechende Warteliste wurde vollständig abgearbeitet. Die Weiterförderung bei Eintritt der Arbeitslosigkeit ist von vier auf zwölf Monate verlängert worden. Ab Schuljahresbeginn 2004/2005 kann auch die Betreuung aller bisher unversorgten Kinder im Hortbereich gewährleistet werden. Die Behörde für Soziales und Familie hat sich schließlich mit den Wohlfahrtsverbänden und der Vereinigung Städtischer Kindertagesheime darauf verständigt, neu zugewiesene Krippenkinder für eine Übergangszeit bis zum Jahresende zum Elementarkostensatz zu betreuen. Diese Lösung hilft den Trägern in der Übergangsphase, die Kosten für vorhandenes Personal zu decken. Sie hilft uns, mit den vorhandenen Haushaltsmitteln auszukommen, ohne den Bewilligungsstopp aufrechterhalten zu müssen, und – das ist das Wichtigste – sie hilft vor allem den Familien, die dringend auf einen Platz warten.

(Beifall bei der CDU)