deshalb möchte ich Ihnen das kurz erläutern. Die Rechtsstelle hat dieses nicht entschieden, denn die Rechtsstelle kann das nicht entscheiden. Die Rechtsstelle hat das begutachtet, allerdings nicht alleine, sondern in Abstimmung sowohl mit den zuständigen Behörden in Hamburg als auch mit den zuständigen Dienststellen und Ministerien der Bundesregierung. Diese sind einvernehmlich zu
der Auffassung gekommen - und dann hat die Geschäftsführung der ARGE in Abstimmung mit der zuständigen Behörde entschieden -, dass diese Anwendung derzeit nicht möglich ist. Das ist die formale Antwort.
Ich möchte versuchen, Ihnen einmal kurz inhaltlich zu erklären, worum es überhaupt geht. Im Kern ist der Hintergrund Ihrer Frage, ob das von der Bürgerschaft beschlossene Informationsfreiheitsgesetz auf die ARGE, also auch auf die Agentur für Arbeit Hamburg, Anwendung findet. Hat also ein Bürger einen Informationsauskunftsanspruch nach diesem Hamburger Gesetz gegenüber der ARGE auf Informationen, soweit sie nicht personenbezogene Daten betreffen? Dieses ist nach der von diesem Parlament beschlossenen Gesetzesfassung nicht möglich, weil Sie entschieden haben, dass nur für solche öffentlichen Einrichtungen das Informationsfreiheitsgesetz Anwendung findet, die unmittelbar in eigener Kompetenz Landesaufgaben durchführen. Die ARGE ist nach der von der Bürgerschaft beschlossenen Fassung aus dem Jahre 2004 keine solche Einrichtung.
Nun können Sie sagen, dann müsste das Bundesinformationsgesetz, also das entsprechende Gesetz des Bundes, Anwendung finden. Die Bundesregierung sagt, dieses Bundesinformationsgesetz - eine Entscheidung der zuständigen Bundesdienststellen vom Dezember letzten Jahres - sei auf die ARGE auch nicht anwendbar.
Und zwar aus folgendem Grunde: Bei der ARGE handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Vertragsgemeinschaft, die zwar Bundesaufgaben wahrnimmt, aber unter der Aufsicht eines Landes steht. Das Bundesinformationsgesetz, so der Bundestag, ist ausdrücklich nicht für solche Einrichtungen gedacht, die unter der Aufsicht eines Landes stehen.
Auch dieses mag aus Ihrer Sicht unbefriedigend sein, das ist es aus meiner Sicht auch. Das Problem ist aber ein ganz anderes. Das Problem ist nicht das Bundes- oder das Landesinformationsgesetz. Das Problem ist die Rechtsstruktur der ARGE.
Die ARGE, die Arbeitsgemeinschaft, ist - darüber haben wir lange gesprochen - aufgrund einer Entscheidung des Bundestages eine öffentlich-rechtliche Vertragsgemeinschaft, die Aufgaben des Bundes wahrnimmt aber unter der Aufsicht des Landes steht, oder der Länder, sofern es eine Vertragsgemeinschaft ist. Aber die Länder haben keine eigene Kompetenz. Im Hintergrund steht natürlich das Finanzthema. Die Rechtsstruktur der ARGE als eine solche Zwittergesellschaft, wenn ich das einmal so sagen darf, passt nicht zu diesen ganzen anderen Rechtsgebieten. Wir haben eine vergleichbare Einrichtung in der Bundesrepublik Deutschland, die aber klare Kompetenzregelungen hat. Das sind die Oberfinanzdirektionen. Da gibt es eine klare Kompetenz- und Aufgabenverteilung, bei der ARGE nicht.
Weil das so ist, gibt es im Übrigen von elf Landkreisen in der Bundesrepublik Deutschland eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Diese tragen vor, die entsprechende Struktur nach Paragraf 44 b Sozialgesetzbuch sei verfassungswidrig, weil es eben keine klaren
Kompetenzstrukturen gebe - im Übrigen nicht nur im Hinblick auf das Informationsfreiheitsgesetz. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Pressemitteilung vom 5. April 2007 genau diese Themen als materiell erheblich bezeichnet und es wird am 24. Mai 2007 darüber eine mündliche Verhandlung beim Bundesverfassungsgericht geben. Insofern wäre mein Appell, in diesem rechtlich sicherlich unbefriedigenden Zustand abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet, und dann entsprechend mögliche gesetzgeberische Entscheidungen zu treffen.
Herr Bonz, haben Sie in Ihrer Behörde Erwägungen getroffen, diesem Zustand, den Sie selbst als nicht haltbar beschrieben haben, dass weder Bundesrecht noch Landesrecht gilt, abzuhelfen, indem Sie von sich aus eine andere Rechtskonstruktion schaffen, also kurz gesagt die ARGE abschaffen wollen?
Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete Köncke! Ich habe nicht gesagt, dass es eine unbefriedigende Situation sei, sondern ich habe gesagt, dass man durchaus der Meinung sein kann, dass das unbefriedigend sei, wenn man sich diese Aufteilung ansieht. Im Übrigen ist es so, dass die Verwaltung an die von den Parlamenten beschlossenen Gesetze gebunden ist. Das ist auch gut so. Dieses Parlament wie auch der Bundestag als Bundesparlament haben der Verwaltung klare Regelungen vorgegeben. Diese ermöglichen es nicht, das, was Sie möglicherweise wünschen, in Bezug auf das Informationsfreiheitsgesetz anzuwenden.
Das Kernthema ist aber nicht das Informationsfreiheitsgesetz, also eine mögliche Änderung desselbigen, sondern die Rechtsstruktur der ARGE als eine Mischverwaltung in Bezug auf Kompetenzen, was die Wahrnehmung von Aufgaben auf der einen Seite, also in wessen Aufgabenbereich eine Aufgabe fällt, und die Aufsicht auf der anderen Seite angeht. Das Auseinanderdriften zwischen diesen beiden Dingen ist das materielle Kernproblem. Das ist ein Kernproblem des Sozialgesetzbuches und dort des Paragrafen 44 b Absatz 2 Satz 2 des Sozialgesetzbuchs II. Da liegt das Kernproblem, nicht in den Informationsfreiheitsgesetzen.
Hat die zuständige Trägerversammlung über das Problem diskutiert und welche Konsequenzen hat die Trägerversammlung daraus gezogen?
Ob die Trägerversammlung darüber diskutiert hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich weiß, dass es einen langwierigen Erörterungsprozess zwischen den zuständigen Bundes- und Landesdienststellen und der Geschäftsführung gegeben hat. Diese Entscheidungen sind im Übrigen in der rechtlichen Bewertung nicht unterschiedlich. Die rechtliche Bewertung ist sonnenklar. Ob die Trägerversammlung eine andere
Meinung vertreten hat, weiß ich nicht. Nach meinem Kenntnisstand hat die Trägerversammlung dazu kein einheitliches Votum abgegeben, weil es eine Rechtsauffassung ist, die von den zuständigen Bundes- und Landesdienststellen getroffen wurde. Aber das Kernthema ist die Rechtsstruktur der ARGE, so wie wir sie in der Drucksache aus dem Jahre 2004 im Übrigen auch dargelegt haben. Mein Petitum würde dahin gehen, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach der öffentlichen Anhörung beim Bundesverfassungsgericht am 24. Mai 2007 abzuwarten.
Gesetzt den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht nicht die ganze Konstruktion über den Haufen wirft, welches Gesetzgebungsorgan müsste nach Ansicht des Senats in welcher Weise Recht setzen, um ein Informationsfreiheitsgesetz, gleich welches, im Hinblick auf die ARGE Hamburg zur Anwendung kommen zu lassen?
Ich könnte jetzt sagen, dass ich zu hypothetischen Fragen nicht Stellung nehmen kann. Ich will es aber materiell beantworten. Das Erste ist: Ich weiß nicht, wie das Bundesverfassungsgericht - ich glaube, das weiß niemand - zu dem eben erwähnten Paragrafen 44 Sozialgesetzbuch, dieser Mischverwaltung, Position bezieht, welche Passagen es für verfassungsmäßig, welche es möglicherweise für bedenklich hält und wo möglicherweise obiter dicta, also Anregungen im Hinblick auf eine Rechtsänderung erfolgen. Solange dieses nicht der Fall ist, kann ich das nicht sagen.
Aus dem Gesetzgebungsverfahren aus dem Jahre 2004 zu dem Thema Reform der Sozialgesetzgebung, Stichwort "Hartz IV", weiß ich, dass es schon damals im Gesetzgebungsverfahren strittig war, ob es richtig ist, dass der Bund die Kernkompetenz der Arbeitsmarktverwaltung weiterhin behält und sie nur unter die Aufsicht der Länder entweder als sogenannte Optionsgemeinschaften oder Vertragsgemeinschaften in den Kommunen stellt. Der Bund wollte, Stichwort Bundesanstalt, die Kompetenz im Sinne einer zentralen Steuerung und damit auch das entsprechende Finanzvolumen nicht den Ländern übertragen.
Auf der anderen Seite waren wir uns aber alle einig - soweit ich mich erinnere, auch hier im Hause -, dass die Arbeitsmarktverwaltung stärker regionalisiert und stärker mit eigenen regionalen Kompetenzen versehen wird. Zwischen diesen beiden politischen Polen ist ein Rechtskompromiss geschlossen worden, der in der Umsetzung schwierig war und ist und vielerlei Probleme aufwirft, nicht nur in Bezug auf das Informationsfreiheitsgesetz, sondern auch, das hatten wir im zuständigen Wirtschaftsausschuss bereits einmal dargelegt, dass wir Mitarbeiter aus Hamburg "nur" in diese Arbeitsgemeinschaft abordnen. Die Mitarbeiter kommen aus den Bezirksverwaltungen. Wenn sie von einem Jobcenter zum anderen wechseln wollen, sagen wir einmal von Bergedorf nach Altona, sind auf der Hamburger Seite schon zwei Personalräte und ein dritter bei der ARGE zuständig. Auch dieses ist ein unbefriedigender Zustand. Vor diesem Hintergrund haben wir im Wirtschaftsausschuss erörtert
und diskutiert, ob man die ARGE im Hinblick auf eine eigene Kompetenz oder eine eigene Dienststellenfunktion mit eigener Personalhoheit weiterentwickelt. Wir wollen das. Das setzt aber auch die Zustimmung des Bundes, also der Bundesagentur, voraus. Die Bundesagentur ist zurzeit aufgrund der Fassung des Sozialgesetzbuches noch gehindert, diesem zuzustimmen. Das ist die derzeitige Situation.
Ich will die Antwort auf Ihre Frage wie folgt einfach zusammenfassen: Wir wollen mehr Kompetenz für die ARGE und klare Strukturen nicht nur im Hinblick auf das Informationsfreiheitsgesetz, sondern auch, was Personalkompetenz, Finanzverwaltung et cetera angeht. Aber dieses setzt entsprechende Entscheidungen auf Bundesebene voraus. Der entscheidende Schlüssel ist jetzt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts voraussichtlich nach dem 24. Mai 2007.
Da Sie meine Frage nicht beantwortet haben, wiederhole ich sie. Wer hat nach Ansicht des Senates die Gesetzgebungskompetenz, die Anwendung eines Informationsfreiheitsgesetzes auf die ARGE Hamburg zu beschließen?
Herr Abgeordneter, ich hatte Ihnen eben - das haben Sie ja bestätigt - die Antwort gegeben. Insofern beziehe ich mich auf meine Antwort. Solange das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung nicht getroffen hat, kann man in der heutigen Situation nur sagen: Die Kompetenz liegt auf der Bundesseite.
Vielen Dank! - Herr Staatsrat, vielleicht gestatten Sie mir als Nichtjurist eine Frage zu dem Thema. Ich habe Sie eben so verstanden, dass Sie sagten, es müsste entweder nach dem Landesinformationsgesetz oder nach dem Bundesinformationsgesetz informiert werden. Es sei aber unklar, welche Basis greift. Jetzt frage ich Sie: Wenn Sie Informationen geben wollen, von wem befürchten Sie im Fall der Informationsweitergabe eigentlich juristische Schwierigkeiten?
Herr Abgeordneter, Frau Präsidentin! Erstens habe ich nicht gesagt, dass das eine oder das andere Gesetz greift. Es sind beide nicht auf die ARGE anwendbar, was nicht an diesen beiden Informationsgesetzen liegt, sondern an der Rechtsstruktur der ARGE, das ist Punkt 1.
Punkt 2: Es gibt keinerlei Befürchtungen, dass irgendjemand klagt oder nicht. Aber die Verwaltung ist nach objektivem Recht an das Gesetz gebunden, egal ob jemand klagen kann oder nicht. Die objektive Rechts- und Gesetzesbindung ist ein hohes Gut in diesem Rechtsstaat. Der Senat und die zuständigen Behörden achten das objekti
ve Recht unabhängig davon, ob dagegen geklagt werden kann oder nicht. Da die Gesetzesbindung gegeben ist, müssen wir uns an die Gesetze, insbesondere die Gesetze, die dieses Parlament beschlossen hat, halten. In der Gesetzesbegründung zum Informationsfreiheitsgesetz, welches die Bürgerschaft beschlossen hat, steht ausdrücklich:
"Nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen hingegen selbstständige juristische Personen des öffentlichen Rechts, die lediglich der Aufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg unterstehen."
Genau das ist die ARGE. Also sind wir nach objektivem Recht gehindert, das Informationsfreiheitsgesetz des Landes Hamburg auf die ARGE anzuwenden.
Nun haben wir ja Einiges über die juristischen Schwierigkeiten erfahren. Ich frage Sie vor dem Hintergrund, dass dieses Haus wollte, dass den Bürgern Informationen von öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden: Was hindert eigentlich die ARGE und den Senat im Rahmen seiner Einflussmöglichkeiten daran, den Bürgern die gewünschte Information schlicht zur Verfügung zu stellen? Als Dienstleistung ist es doch nicht verboten, den Bürgern diese Informationen zur Verfügung zu stellen. Die ARGE ist eine Dienstleistungseinrichtung.