Lassen Sie mich zum Abschluss noch einige Bemerkungen zu den Opferzahlen machen. In Ihrer Presseerklärung Anfang März, Herr Dressel - ich gehe davon aus, dass Sie das in Ihrer Rede gleich wiederholen werden -, gehen Sie von einer Steigerung um 5,1 Prozent aus. Das mag statistisch richtig sein, aber Sie wissen genau, dass in der Kriminalitätsstatistik nicht für jede Straftat ein Opfer gezählt wird. Diebstahls- und Vermögensdelikte werden nur nach Schadenshöhe, nicht aber nach Opferzahlen erfasst. Gleichwohl - das werden Sie nicht bestreiten können -, steht hinter jedem Eigentumsdelikt ein Opfer. Deshalb bedeuten 80.000 Straftaten weniger seit 2001 auch unzählige Opfer weniger.
Aber so, Herr Dr. Dressel, ist es bei Ihnen immer. Sie suchen sich aus einem Berg von Zahlen die wenigen heraus, die Ihnen passen, und ziehen dann abenteuerliche Schlussfolgerungen.
Davon aber lassen sich die Hamburgerinnen und Hamburger nicht beeindrucken. Innensenator Nagel und die CDU-Fraktion werden ihren erfolgreichen Weg für mehr Sicherheit unbeirrt fortsetzen. Seien Sie versichert, das werden wir auch über den Februar 2008 hinaus tun.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit erst einmal kein Missverständnis aufkommt, ich glaube, wir sind uns in diesem Hause alle darüber einig, dass jede Straftat weniger gut für die Menschen in unserer Stadt ist. Darüber können wir uns alle miteinander freuen. Das kann man auch einmal sagen.
Sie sollten aber an der Stelle aufhören - jetzt wird wahrscheinlich Ihr Applaus verstummen -, das als Verdienst vor allem Ihres Innensenators und Ihrer Innenpolitik darzustellen, denn - da stimme ich nun wieder mit Herrn Jäger überein - es ist vor allem das Verdienst der Kolleginnen und Kolleginnen der Hamburger Polizei. Diese
haben - auch diese Wahrheit muss hier ausgesprochen werden - trotz schwerer werdender sozialer Rahmenbedingungen, für die Sie die Verantwortung tragen, trotz eines Überstundenbergs, an dem Sie zwar etwas gemacht haben, der aber in diesem Jahr vermutlich wieder noch oben gehen wird, trotz der Tatsache, die Frage der Beförderungssituation nicht verbessert zu haben, trotz dieser ganzen Handicaps im letzten Jahr einen sehr guten Job gemacht. Dafür gebührt ihnen unser aller Dank, meine Damen und Herren.
Aber was machen Sie aus dieser durchaus in Teilen guten Bilanz und was machen Sie auch zulasten der Kolleginnen und Kollegen? Sie streichen 151 Stellen und schließen vier Polizeikommissariate. Wenn man in die Einstellungs- und Nachwuchsplanung geht - das haben wir in den letzten Wochen per Anfrage gemacht -, sieht man, dass Sie die Zahl des Polizeinachwuchses um fast 400 Polizeianwärterinnen- und -anwärterstellen reduzieren. Das ist mit Sicherheit die falsche Konsequenz aus den durchaus positiven PKS-Zahlen. Das sieht nicht nur die Opposition so, sondern das sehen - das dürfte Ihnen an der Stelle vielleicht ein bisschen mehr nahegehen - die Experten aus der Polizei selbst so, die in den Polizeigewerkschaften ihren Beitrag zur Diskussion leisten.
Ich will einmal sagen, was zum Beispiel der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, der GdP, zu der Entwicklung der Einstellungszahlen gesagt hat:
"Die erneute Reduzierung von Einstellungszahlen ist absolut kurzsichtig und unverständlich! Auch wenn die Statistikzahlen eine sich verbessernde Kriminalitätslage suggerieren, ist es fatal, schon wieder die Einstellung zu reduzieren! Die Hamburger Polizei benötigt für die weiter steigenden Aufgaben dringend junges Personal - auch um nicht zu überaltern. Fast 1 Million Überstunden zeugen schon jetzt von deutlich zu wenigen Mitarbeitern. Stimmen die Hintergründe, …"
"… zeigt sich in einer langen Kette von Fehlplanungen, dass die Leitung in der Behörde sowie in der Verwaltung der Polizei deutlich über ihren Fähigkeiten arbeitet. Von den mal versprochenen '1.000 Polizisten mehr' …"
Die Deutsche Polizeigewerkschaft, die DPolG, hat auch in dasselbe Horn getutet, was die Frage der 1.000 zusätzlichen Stellen oder Polizeibeamten angeht, und fragt jetzt zum Beispiel nach, wie das bei den personellen Problemen im Bereich des Objektschutzes aussieht. Das heißt, dieses sind alles Zeichen dafür, dass die personelle Situation bei der Hamburger Polizei nicht so ist, wie Sie das den Hamburgerinnen und Hamburgern und der Polizei immer vor Augen führen wollen. Die Lage ist schlechter, als Sie sie zeichnen, und auch deswegen muss an dieser Stelle die ganze Wahrheit auf den Tisch.
Die Kritik der Polizeigewerkschaften kommt nicht von ungefähr, denn sie dokumentiert einen Teil Ihrer Informationspolitik. Ich muss eine gewisse Linie ziehen unter - das kann man einmal durchdeklinieren - den Bereich
der organisierten Kriminalität und die Art und Weise, wie Sie mit Statistiken umgehen: Da ist Tarnen, Tricksen und Täuschen ein Motto Ihrer Informationspolitik. Auch das muss bei dieser Debatte ausgesprochen werden.
Gehen wir zur Opferstatistik, von der Kollege Jäger sagt, ich würde mir immer nur die Zahlen heraussuchen, die gerade schwierig wären.
Auf Seite drei der Kriminalitätsstatistik 2001 stehen die Zahlen der Opfer. Danach hat es in Hamburg 28 558 Kriminalitätsopfer gegeben. "Opfer" ist Ihr Begriff in der Kriminalstatistik, der die Person bezeichnet, die persönlich in ihrer Integrität und Freiheit betroffen ist, wenn sie Opfer von Straftaten wird.
Gehen wir einmal ins Jahr 2006. Ebenfalls auf Seite drei der Statistik - gelegentlich sollte man sie auch einmal lesen -, steht, dass es mittlerweile 34 320 Kriminalitätsopfer gibt. Das macht eine Steigerung von 20 Prozent.
Dazu könnten Sie auch einmal etwas sagen. Das haben Sie nicht getan. Wir haben eine zwanzigprozentige Steigerung bei den Opfern. Sie schweigen dazu. Das ist peinlich.
Und noch viel schlimmer: Herr Nagel sagt dann - ich zitiere jetzt aus Ihrer Dauerpresseerklärung, die Sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederholen -:
"Seit 2001 haben wir damit mehr als 80.000 Straftaten weniger. Das sind auch Tausende Opfer weniger."
Jetzt habe ich gerade die Statistik vorgelesen. Ihr Zitat passt nicht dazu. Es wäre deshalb gut, wenn Sie jetzt endlich die Fakten zur Opferkriminalität auf den Tisch legen würden.
Wir wollen vollständige Informationen, wir wollen, dass das Thema im Innenausschuss weiter diskutiert wird. Es war in den bisherigen Jahren immer gang und gäbe, dass wir mit Ihnen im Innenausschuss über die Kriminalstatistik und wie die Analyse im Einzelnen aussieht, reden konnten. Wir würden von Ihnen, Herr Nagel - ich weiß, das ist immer ein wunder Punkt -, auch gern erfahren, wo im letzten Jahr die Erfassungskriterien bei der Kriminalstatistik verändert worden sind. Wir haben durchaus Fragen, über die wir in den vergangenen Jahren kontrovers diskutiert haben. Über diese Fragen würden wir gern mit Ihnen reden. Ich verstehe nicht, warum Sie die Drucksache nicht überweisen wollen. Sie sind so stolz auf Ihre Zahlen. Das haben Sie vorhin schon gesagt und jetzt noch einmal wiederholt. Wenn Sie so stolz darauf sind, dann müsste es überhaupt kein Problem für Sie sein, dass wir uns im Innenausschuss die Zeit nehmen und uns die Zahlen im Einzelnen angucken. Dann wollen wir einmal sehen, was von Ihrem Stolz übrig bleibt. Offenbar trauen Sie Ihren eigenen Zahlen nicht und wollen deshalb nicht überweisen. Das zeigt, wie weit es an dieser Stelle mit Ihrem Stolz sein kann.
Es wäre schön, Sie würden die Schattenseiten Ihrer eigenen Statistik stärker angucken und nicht immer nur die Gesamtzahl der Straftaten, sondern die einzelnen Deliktsbereiche. Ich nenne Ihnen Themen: Wie sieht es bei der Gewaltkriminalität aus, wie bei den Rohheitsdelikten? Die Antworten sind sehr viel stärker für das subjektive
Sicherheitsempfinden der Bevölkerung verantwortlich als die Frage, wie es beim Schwarzfahren aussieht.
Diese Schlussfolgerung ist relativ naheliegend und deshalb sollten Sie noch einmal überlegen, ob wir und Sie Ihre Zahlen im Innenausschuss dieser Analyse unterziehen. Wenn Sie nicht einmal bereit sind, dass wir das hinterfragen können, kann man dem, was Sie hier vorlegen, nicht ganz trauen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte das an genau der Stelle, an der Herr Dressel aufgehört hat, noch einmal zuspitzen. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie muten uns eine Debatte über Details einer Polizeilichen Kriminalstatistik zu, die im Original einen Umfang von ungefähr 200 Seiten hat. Wenn man die Details der Bezirke dazu nimmt, dann sind es noch einmal 250 Seiten. Dieses in einer kurzen Debatte zu erklären, zu besprechen, zu diskutieren, wie wir das damals besprochen haben, führt dazu, dass sich jeder Redner und jede Rednerin am Pult etwas herauspickt und das sagt, was er oder sie schon immer gern sagen wollten. Im Zweifelsfall wird das eine Wahlkampfrede pur, Herr Dr. Jäger. Zu sagen, die Zahl sei insgesamt um 25 Prozent gesunken und das sei super, reicht nicht ansatzweise, um überhaupt den Kern der Polizeilichen Kriminalstatistik zu verstehen.
Herr Dr. Dressel nimmt sich noch einmal das Thema der Überstunden und der polizeilichen Stellen vor. Ich könnte das auch machen, willkürlich die Schlüsselzahl 2230 herausgreifen und sagen, dass die Misshandlung von Schutzbefohlenen im letzten Jahr um 85,7 Prozent zugenommen hat. Zur zweiten Schlüsselzahl 2130 könnte ich sagen, dass der Raub auf Geld- und Werttransporte um 66,7 Prozent zugenommen hat.
Wollen Sie wirklich eine solche Debatte? Wir brauchen eine Auseinandersetzung, die der Polizeilichen Kriminalstatistik gerecht wird. Meine Damen und Herren von der CDU, wir waren einmal viel weiter, wir waren uns im Innenausschuss darüber einig, dass das beliebige Herauspicken von Zahlen mitnichten etwas über die Sicherheit in dieser Stadt und die Veränderung der Sicherheit aussagt. Es sagt auch nichts darüber aus, welche Probleme es tatsächlich gibt. Ein Stichwort ist Jugendkriminalität. Darüber müssen wir reden. Was hat sich verändert, warum schlägt dieser Trend bei uns durch? Was hat das mit der demografischen Entwicklung zu tun, was hat es mit der Zunahme der Gewalttaten bei jungen Mädchen auf sich? Das taugt alles nichts für kurze Redebeiträge im Plenum. Es ist peinlich, dass wir keine Überweisung an den Ausschuss hinbekommen.
Das wird weder der Statistik noch unserem Anspruch an unsere innenpolitische Arbeit gerecht. Wir streiten ernsthaft, aber wir arbeiten auch ernsthaft in diesem Bereich und Sie muten uns eine Debatte vor einem halbleeren Plenum zu. Es kennen sich nicht alle aus, um im Detail in eine Debatte einzusteigen, in der wir vom Senat keine
Antwort bekommen, denn er wird nicht auf Detailfragen antworten, und es wird auch keine Resonanz als parlamentarische Aktivität geben.
"Da die Polizeiliche Kriminalstatistik ein wesentliches Steuerungselement für Politik und Polizei darstellt, fordert die Bürgerschaft den Senat auf, sie zukünftig regelhaft, jährlich beginnend mit dem Bericht über das Jahr 2001, über die wesentlichen Ergebnisse der Polizeistatistik zu unterrichten."
Das wollen wir, meine Damen und Herren. Es ist keine Unterrichtung, die dem eigenen Anspruch, dass wir über ein wesentliches Steuerungsinstrument für Politik und Polizei darstellen, gerecht wird, wenn wir eine Drucksache über zwei Seiten bekommen und eine Debatte führen, die eine Viertelstunde dauert.