Protocol of the Session on April 18, 2007

(Michael Neumann SPD: Was ist denn mit dem Datenschutzbeauftragten?)

Ich darf das einmal auf einen ganz kurzen Nenner bringen: Wir sehen mehr, sind schneller vor Ort und können den Menschen eher helfen. Ich sage es Ihnen ganz deutlich, Frau Möller, jede einzelne Straftat, die verhindert oder hinterher aufgeklärt wird, ist ein Sicherheitsgewinn für die Menschen in Hamburg.

(Beifall bei der CDU)

Oder sollten wir den Hamburgern sagen: Pech gehabt, Videoüberwachung an Brennpunkten wollen wir nicht. - Reden Sie doch ganz einfach einmal mit den Betroffenen, anstatt Szenarien zum Überwachungsstaat an die Wand zu malen, die niemals eintreten werden.

(Zuruf von Michael Neumann SPD)

Die Polizei kam im letzten Jahr auf der Reeperbahn auf gut 270 Einsätze und mehr als 100 Festnahmen, die es ohne die Kameras entweder gar nicht oder nur deutlich später gegeben hätte. Diese Zahlen sind ein Erfolg, das können Sie nicht wegdiskutieren. Schlägereien, Körperverletzungen oder die Fortsetzung von Körperverletzungen konnten unterbunden werden. Das heißt, dass ganz konkret vor Ort die Menschen geschützt wurden. Oder denken Sie allein an spektakuläre Ermittlungserfolge,

(Michael Neumann SPD: Ich denke die ganze Zeit an den Datenschutzbeauftragten!)

die ohne die Videoüberwachung deutlich schwieriger oder vielleicht gar nicht möglich gewesen wären. Ich nenne ein Beispiel, das jeder Hamburger kennt, und zwar den sogenannten S-Bahn-Schubser. Oder nehmen Sie als aktuellen Fall die Fahndung nach einem Bankräuber, nach dem mit Bildern aus den Überwachungskameras der Bank gefahndet wird. Ich nenne die Aufklärung des Mordes an dem kleinen Mitja in Leipzig. Der mutmaßliche Mörder war auf einem Kamerabild zu sehen. Oder ich nenne die Aufklärung einer Serie von Sexualstraftaten gegen junge Frauen. Ohne die Kamerabilder, sehr geehrte Damen und Herren von der GAL, würde der Täter immer noch frei herumlaufen und weitere Frauen vergewaltigen, Frau Möller. Ich frage Sie ganz konkret: Wollen Sie das wirklich?

(Antje Möller GAL: Ich möchte, dass Sie politisch handeln!)

Und ich nenne natürlich die Festnahme der sogenannten Kofferbomber. Wenn die Polizei die Kamerabilder - das betone ich ganz bewusst - für die Fahndung nicht gehabt hätte, dann hätten die Täter nach ihrem fehlgeschlagenen Anschlag mit Sicherheit noch einmal versucht, Menschen zu töten.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass Sie dieses wollen. All diese Zahlen und Beispiele belegen, dass wir mit unserem Weg des maßvollen Einsatzes der Videoüberwachung unter Berücksichtigung aller datenschutzrechtlichen Erfordernisse auf der richtigen Spur sind. Im Zusammenhang mit der Polizeipräsenz vor Ort bringt die Videoüberwachung eindeutig einen Sicherheitsgewinn für die Menschen. Daher werden wir sie auch weiterhin fortsetzen.

Meine Damen und Herren von der GAL und der SPD, Sie sollten Ihre kritische Position noch einmal in Ruhe überdenken, denn die große Mehrheit der Bürger nicht nur in Hamburg befürwortet die Videoüberwachung. So haben sich in einer Straßenbefragung der Universität Hamburg - und das im Rahmen einer sehr kritischen Studie - immerhin fast 70 Prozent der Befragten positiv geäußert. Zahlen aus anderen deutschen Städten fallen ähnlich oder sogar noch höher aus. Diese Akzeptanz ist deswegen so hoch, weil wir hier eben nicht "Big Brother is watching you" veranstalten, sondern die Videoüberwachung mit Augenmaß einsetzen, eben da, wo es sinnvoll und - ich betone - auch nötig ist. Ich appelliere deshalb an Sie: Hören Sie auf, die Videoüberwachung zu verteufeln. Hören Sie auf, ständig Forderungen wie das Abschalten der Kameras zu wiederholen.

Das wollen die Menschen nicht. Die Bürger wollen Sicherheit und keine Sicherheitsbedenkenträger.

(Beifall bei der CDU)

Verabschieden Sie sich doch endlich einmal von Ihrem Generalverdacht gegenüber der Hamburger Polizei. Die Mitarbeiter haben ihren Beruf nämlich deswegen gewählt, weil sie Mitmenschen, und unter anderem auch Sie, schützen wollen, und das notfalls mit ihrem Leben. Die Polizisten haben ihren Beruf bestimmt nicht gewählt, um die Grundrechte nicht zu beachten und die Bürger auszuspähen.

(Antje Möller GAL: Das unterstellen wir nur Ihnen und nicht den Polizisten!)

Ich fordere Sie deshalb auf, die Polizei zu unterstützen und den in keiner Weise gerechtfertigten Generalverdacht endlich fallen zu lassen.

(Zuruf von Michael Neumann SPD)

Mein Fazit lautet deshalb: Die Videoüberwachung hat sich bewährt und sie leistet einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit und damit für die Freiheit der Menschen hier in Hamburg.

(Michael Neumann SPD: Das ist schön vorgele- sen!)

Daher werde ich sie auch weiterhin nach vorne bringen und nicht auf sie verzichten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Michael Neumann SPD: Können Sie einmal etwas zu den Fragen sagen? Das ist ja alles nur abgelesen!)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Steffen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Nagel, aus allem, was Sie hier sagen

(Michael Neumann SPD: Vorgelesen!)

- Sie haben nicht nur Ihre Pressemitteilung einmal abgelesen, das haben wir alle verfolgen können -, aus all dem spricht, dass Sie überhaupt nicht verstehen, welche Güter gegeneinanderstehen, wenn eine Videoüberwachung in dem gegenwärtigen Umfang stattfindet und Sie sie auch noch ausweiten wollen.

(Beifall bei der GAL)

Ich will Ihnen deswegen eine kleine Geschichte erzählen, die Sie vielleicht leichter verstehen, weil sie mit einer Besuchergruppe von angehenden Grundschullehrerinnen aus der bayerischen Provinz zu tun hat. Meine Frau hatte das Vergnügen, diese Gruppe über die Reeperbahn zu führen. Als diese dann mit Interesse stehen blieb und den Prostituierten bei der Arbeit zusehen wollte, sagten die Prostituierten: "Wollen sie nicht endlich weitergehen?" Daraufhin sagte eine Person aus dieser Gruppe: "Das ist protestantische Arbeitsmoral." Das ist genau der Punkt, den Sie nicht verstanden haben. Sie haben nicht verstanden, was die bayerische Provinz von Hamburg unterscheidet. Sie haben nicht verstanden, was Hamburg tatsächlich seit Jahrzehnten mit Erfolg auf der Reeperbahn praktiziert, nämlich hier eine Zone vorzuhalten, in der die Leute unbefangen sein können, in der sie tatsächlich anders sein können als in ihrem Alltagsleben und in der sie deswegen auch nicht beobachtet werden wollen. Das ist ein zentraler Punkt.

(Zurufe von der CDU)

Weswegen? - Hamburg fährt gut damit, dieses Bedürfnis nicht zu verstecken und es nicht in Räume zu verdrängen, in denen kriminelle Strukturen Oberhand gewinnen können, sondern in denen das eben in der Öffentlichkeit stattfinden kann. Damit fährt Hamburg gut.

(Beifall bei der GAL)

Sie verstehen eben nicht, dass Videoüberwachung natürlich zur Verhaltensbeeinflussung führt und dass die Leute sich natürlich anders verhalten. Herr Lubomierski hat es so wunderbar gesagt:

"Was würde der normale Bürger / die normale Bürgerin sagen, wenn bei jedem Besucher, der auf die Reeperbahn möchte, ein Polizist vor ihn treten würde: ‚Wir fotografieren Sie einmal eben, wir speichern das jetzt 30 Tage, dagegen haben Sie doch bestimmt nichts, Sie sind doch gerne auf der Reeperbahn.’ Die Leute wären hoch empört und das kann jeder nachvollziehen."

(Beifall bei der GAL)

Anders als Sie haben die Bürgerinnen und Bürger in St. Georg sehr wohl verstanden, was Videoüberwachung bewirkt. Sie haben nämlich verstanden, dass ein Platz, der tatsächlich nicht stark frequentiert wird und auf dem deswegen auch bestimmte Handlungen stattfinden kön

nen, die natürlich nicht erwünscht sind, besonders stark stigmatisiert wird, wenn dann auch noch die Videoüberwachung dort installiert wird, statt Maßnahmen zu ergreifen, wie wir es anderswo in der Stadt erfolgreich gemacht haben, nämlich die Plätze zu vitalisieren, zu beleben und umzubauen, damit sie zu attraktiven Plätzen werden und sich Leute dort gerne aufhalten. Stattdessen werden Schilder und Kameras aufgehängt: "Dieser Platz wird videoüberwacht." Das wird garantiert die normalen Bürgerinnen und Bürger abschrecken.

(Beifall bei der GAL)

Ein wichtiger Punkt, Herr Nagel, ist der Generalverdacht gegen die Polizei: Ich finde, da sollten Sie nicht ganz so laute Töne spucken. Natürlich wissen wir, dass der ganz überwiegende Teil der Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen ihre Arbeit gut und zuverlässig macht. Das wissen wir. Wir wissen auch, dass es Mechanismen in der Polizei gibt, damit umzugehen, wenn das nicht so ist. Natürlich sind auch Polizistinnen und Polizisten Menschen. Auch da gibt es schwarze Schafe. Deswegen gilt schon einmal generell, dass man auch bei Daten, die die Polizei in die Finger bekommt, sehr genau schauen muss, ob sie die Daten überhaupt benötigt. Deswegen müssen wir uns sehr genau Gedanken machen. Aber ich finde, Sie sollten deswegen nicht so laute Töne spucken, weil sich in Ihrer Amtszeit als Polizeipräsident ein Vorgang abspielte, bei dem dann sogar von der politischen Leitung der Innenbehörde eben diese Kontrollmechanismen außer Kraft gesetzt wurden. Da gab es einen Polizisten, der Daten aus dem Polizeicomputer an ein nahegelegenes Bordell weitergab, weil er sich dort offenbar erpressbar gemacht hatte.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Einzelfälle!)

- Es wäre ein Einzelfall, über den wir nicht weiter reden müssten, wenn nicht der seinerzeitige Staatsrat das Bedürfnis gehabt hätte, in diesen Vorgang einzugreifen und das angeleierte Disziplinarverfahren zunächst zu stoppen. Und da waren Sie Polizeipräsident.

Das ist genau der Punkt. Das kann passieren. Es kann passieren, wenn man eine derartige politische Leitung einer Innenbehörde hat, wie wir sie damals hatten, eine Leitung, der Sie als Polizeipräsident direkt unterstellt waren. Von Ihnen ist nicht dokumentiert, dass Sie da interveniert hätten. Deswegen ist es richtig, dass man bei den Daten, die die Polizei in die Hände bekommt, auch genau hinschaut, ob sie diese überhaupt benötigt und ob das nicht ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte eben derjenigen Bürgerinnen und Bürger ist, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen.

(Harald Krüger CDU: Dann kann man sich doch auch aufnehmen lassen!)

Das ist eben der ganz überwiegende Teil.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Warnholz.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wieder einmal zeigte sich die GAL in der Titelwahl bei einem Thema unserer Aktuellen Stunde äußerst kreativ: Wir stehen unter Tatverdacht: Nagels grenzenlose Videoüberwachung. Jeder vernünftige Mensch sieht darin eine Lachnummer.

(Beifall bei der CDU - Dr. Willfried Maier GAL: Sie wirken aber wütend! - Zurufe von der SPD und der GAL)

- Bleiben Sie einmal bei Ihrer Baumeisterei und dann ist es gut.