Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, wir gehen auf Ihre Argumente ein; Sie sollten das auch tun.
Herr Lieven, Sie haben eben von der Stadtentwicklungskommission gesprochen. Dazu möchte ich nur eines ganz kurz sagen. Wir sprechen heute über Gebäude und deren Architektur, die bis 2006 längst genehmigt und geplant waren. Das sind die Gebäude, die wir heute sehen. Dafür trägt die SPD ganz wesentlich Mitverantwortung und Sie im Übrigen auch. Ich hätte es schön gefunden, wenn Sie etwas zu den Strukturen gesagt hätten, wie denn diese Baugenehmigungen zustande gekommen sind, nämlich seinerzeit durch die Genehmigungen im Bezirk Hamburg–Mitte. Das haben Sie nicht getan. Sie haben hier noch die Gelegenheit dazu und ich würde mich freuen, wenn Sie es tun würden.
Allerdings fände ich es auch ganz schön, wenn Frau Dräger nicht zur Architektur sprechen würde, denn wenn ich mir das Kurt-Schumacher-Haus angucke - verzeihen Sie mir die Polemik -,
Herr Finck, ich übernehme gerne für vieles die Verantwortung, aber Sie werden es nicht schaffen, mir für die Architektur der Fünfzigerjahre die Verantwortung zuzuschieben. Ich fand es interessant, dass Herr Dr. Freytag sich bemüßigt fand, noch einmal so richtig Stimmung bei seiner Fraktion zu machen. Auf meine Fragen, wie Sie es denn mit den neuen Arbeitsplätzen, mit den neuen Unternehmen halten, sind Sie nicht eingegangen.
(Ingo Egloff SPD: Da hat der Senat keine Anga- ben, hat er gesagt! - Dr. Till Steffen GAL: Das ist eine Wundertüte voll heißer Luft!)
Es reizt Sie offenbar, noch einmal etwas zu entgegnen, in Wirklichkeit fehlt es Ihnen aber an Argumenten, denn die Aussage, wir verhandeln schon ganz lange ganz geheim und da kommt irgendetwas, höre ich, seitdem ich im Wirtschaftsausschuss bin und das sind jetzt schon fünfeinhalb Jahre. Man sollte ein bisschen mehr Butter bei die Fische tun, wie man so schön in Hamburg sagt, als zu sagen, die großen internationalen Unternehmen kommen am liebsten erst dann, wenn das ganze Quartier schon fertig ist. Da möchte ich doch meine Zweifel anmelden, denn gerade die großen internationalen Unternehmen haben häufig sehr eigene Vorstellungen, was sie in so einem Quartier wollen. Das heißt, sie möchten in der Regel sehr früh mitgestalten und ich habe langsam den Eindruck, dass Ihnen die Zeit davonläuft. Das ist auch der Grund, warum Sie meinen, hier noch einmal so richtig laut werden zu müssen, der Sache hat es nicht gedient. - Vielen Dank.
Gestatten Sie mir zuerst ein, zwei sachliche Anmerkungen. Ich bin nicht der Auffassung, wie das hier teilweise geäußert wurde, dass die Grundstückspreise in der HafenCity das entscheidende Problem sind. Wir haben zum Glück einen Festpreissockel, der nicht niedrig ist, aber auch nicht exorbitant hoch; es kann einen Wettbewerb der Qualität geben. Der kommt allerdings aus meiner Sicht faktisch zu kurz. Es entsteht vor allen Dingen sehr hochpreisiger Wohnraum - wir haben das einmal ausgerechnet -, im Durchschnitt 3.900 Euro pro Quadratmeter für eine Eigentumswohnung. Da machen die 50 Genossenschaftswohnungen - die sind gut und richtig - den Kohl im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr fett.
Ein zweiter Punkt ist angesprochen worden. Es werden sich viele Firmen in der HafenCity ansiedeln, aber vor allen Dingen aus Hamburg. Der Germanische Lloyd zieht vom Baumwall herüber, Unilever von der ABC-Straße, der "Spiegel" von der Ost-West-Straße; das lässt sich noch erheblich fortsetzen. Es gibt Leute in der Immobilienwirtschaft in Hamburg, die angesichts dieser Situation von einer Kannibalisierung im Hamburger Immobilienmarkt sprechen. Das kann man nicht nur als große Erfolgsgeschichte darstellen.
Der dritte Punkt betrifft die Frage, wie man städtische Qualität schafft. Man kann nicht nur gefällig bauen, das ist klar, aber man muss so bauen, dass die Menschen sich hineinfinden können. Wenn man sich jetzt einige Ereignisse der jüngeren Vergangenheit ansieht, zum Beispiel die Domplatzdebatte oder auch die Brücke über die Ost-West-Straße, dann muss man doch feststellen, dass es erhebliche Defizite in der Planungskultur dieser Stadt gibt. Das hat ganz viel damit zu tun, dass in diesem Senat am liebsten vom grünen Tisch weg geplant wird, von oben nach unten, am besten privat im Hinterzimmer ausgehandelt und dann in der Stadt durchgesetzt. Sie in der CDU-Fraktion nicken das dann brav ab und vollziehen es. Gegen diesen Duktus von Politik gibt es Widerspruch und das ist gut und richtig, aber leider ist es bei Ihnen noch nicht angekommen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es kann sein, dass unsere Überschrift ein klein bisschen für übertrieben gehalten wird; ich würde das für den zweiten Teil vielleicht sagen. So ganz grenzenlos ist die Videoüberwachung natürlich nicht, weil sie durch Haushaltsmittel eingeschränkt ist, aber durch mehr auch nicht. Wenn wir uns überlegen, dass von der Maßnahme auf der Reeperbahn jedenfalls, wenn man den Angaben von hamburg.de glauben kann, 25 Millionen Menschen betroffen sind - so viele pilgern nämlich pro Jahr über die Reeperbahn, werden dabei gefilmt und dann wird ihr Bild 30 Tage gespeichert -, dann sind im letzten Jahr 25 Millionen Menschen polizeilich erfasst und fast erkennungsdienstlich behandelt worden, denn das Foto gehört auch dazu.
Wir debattieren dieses Thema nicht zum ersten Mal, aber dank der öffentlichen Kritik des Datenschutzbeauftragten nun mit etwas breiterer Medienunterstützung. Dabei ist das natürlich nicht einfach zu diskutieren angesichts
eines Innensenators, der sich zwar die Verringerung der Kriminalität auf die Fahne geschrieben hat, aber nicht die Gewährleistung der Freiheitsrechte der Hamburgerinnen und Hamburger. Jemand, der sagt, Datenschutz dürfe nicht zum Täterschutz werden, ist ein Anwalt der Opfer. Mir scheint das aber eine arge Einschränkung der politischen Aufgabe eines Innensenators zu sein. Sie, Herr Senator Nagel, lösen die Widersprüche, die es in dieser Gesellschaft gibt, einseitig auf und das ist unpolitisch.
Der fachlichen Kritik des Datenschutzbeauftragten mit dem Totschlagargument "stellen Sie sich doch einmal vor, Ihre Tochter sei von einer Straftat betroffen" zu begegnen, zeugt nicht nur von einer unglaublichen Ignoranz gegenüber der Rolle und Funktion des Datenschutzbeauftragten in Hamburg, sondern belegt noch einmal eindrucksvoll das fehlende Verständnis in Bezug auf die Pflicht der Abwägung zwischen den Grundrechten; das ist peinlich.
Ganz bewusst hat der Senator hier eine Pressemitteilung zur Videoüberwachung Hamburgs herausgegeben, ohne dass die bis dahin noch interne Kritik des Datenschutzbeauftragten in irgendeiner Form Eingang gefunden hätte. Mit Zahlen soll belegt werden, dass es einen Erfolg gibt. Ich erinnere noch einmal daran, dass wir einen Kreis von 25 Millionen Tatverdächtigen haben. Auf die Fläche bezogen passiert viel auf der Reeperbahn, bezogen auf die Zahl der Personen, die sich dort bewegen - 25 Millionen Besucherinnen, 763 Körperverletzungen oder Raub -, kommt eine Straftat auf 33.000 Menschen.
Zur Einführung der Videoüberwachung im letzten Jahr haben Sie, Herr Senator, in einer Pressemitteilung vorgetragen, dass die Reeperbahn zu einem Kriminalitätsschwerpunkt gehört. 757 Raube, Sexualdelikte, Körperverletzungen, Bedrohungen, Nötigungen, Sachbeschädigungen, Diebstahl, Taschendiebstähle und so weiter haben Sie uns als aktuelle Zahl im letzten Jahr genannt. Fällt Ihnen etwas auf, meine Damen und Herren? Heute sind es alleine 763 Fälle Körperverletzung und Raub, damals waren es 757 mit der langen Liste von Delikten, die dahinter stehen.
Über die Aussagekraft der PKS debattieren wir nachher noch, aber das ist genau der Grund, warum Sie keine Evaluation wollen. Mit der Zahl der Straftaten lässt sich keine Begründung für die Videoüberwachung ableiten,
auch nicht mit der Zahl der Einsätze: 271 Einsätze und 105 Festnahmen, ausgelöst durch die Videoüberwachung. Was hätten die vor den Monitoren sitzenden Polizistinnen und Polizisten durch Präsenz auf der Straße leisten können? Legen Sie doch diese Zahlen einmal dazu. Welche Qualität hatten denn diese Einsätze, wie oft gab es im Endeffekt gar keine Straftat, hat sich die Situation wieder entschärft, wie viele schwere Delikte wurden tatsächlich verhindert? Es fehlt jede qualitative Aussage in Ihren Veröffentlichungen zur Videoüberwachung. Auf der Reeperbahn könnte man noch unterstellen, Sie möchten wie bei der WM die Massen der Menschen in Schach halten, also die Einsatzkräftesteuerung erleichtern. Das rechtfertigt allerdings in keiner Weise die Speicherung der Bilder für einen ganzen Monat.
kann hier keine Rede sein, die Unwirtlichkeit des Platzes ist eines der großen Probleme. Fehlende Straßensozialarbeit, vielleicht auch die Verdrängung durch die vielen Tausend Platzverweise am Hauptbahnhof tragen zur Kriminalität bei; Armut, Sucht, Perspektivlosigkeit führen dazu. Es bedarf hier konkreter Maßnahmen von Polizei, Sozialbehörde und Jugendämtern.
Ich komme zum Schluss. Wo die Videoüberwachung Kosten spart, braucht es Menschen und deren Arbeit und Einsatz, um Probleme zu lösen, und nicht Kameras, die unsere Grundrechte einschränken. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihren Unkenrufen zum Trotz, meine sehr verehrten Damen und Herren von der GAL, ist die Videoüberwachung ein echtes Erfolgsmodell. Die CDU-Fraktion - das sage ich mit aller Deutlichkeit - ist stolz darauf, dass sie dieses Instrument in Hamburg rechtlich möglich gemacht hat.
Wir haben die Videoüberwachung eingeführt, wir stehen zu diesem Konzept und werden Videoüberwachung in einem vernünftigen Rahmen ausbauen.
Für diese klare Haltung bekommen wir in der Bevölkerung hohe Zustimmung, denn diese, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, will die Videoüberwachung. Deshalb ist auch die Akzeptanz der Videoüberwachung auf der Reeperbahn bei Besuchern, Anwohnern und Geschäftsleuten ungewöhnlich hoch. Nur Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der GAL, neigen zur Übertreibung und sprechen von Nagels grenzenloser Videoüberwachung; Frau Möller hat das Thema selbst schon relativiert.
Das war wahrscheinlich auch vernünftig, aber das Einzige, was wirklich grenzenlos ist, Frau Möller, ist Ihr Unverständnis bei diesem Thema.
Sie wissen doch, dass die Videoüberwachung im öffentlichen Raum auf Kriminalitätsschwerpunkte begrenzt ist und nur auf der Reeperbahn und demnächst am Hansaplatz Videoüberwachung durch die Polizei stattfindet. Sie suggerieren aber mit Ihrer Titelwahl den Überwachungsstaat Orwell'scher Prägung. Ich fände es ehrlicher, wenn Sie den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt deutlich sagen würden, dass Sie gegen Videoüberwachung sind, als sich hinter Nebelkerzen der Formulierkunst zu verstecken.