Protocol of the Session on March 28, 2007

Ich will jetzt gar nicht auf die Merkwürdigkeit eingehen, dass bei den Stahlpreissteigerungen ganz verschiedene Jahreszahlen genannt wurden, welche für die Stahlpreise zugrunde gelegt worden sind – 2004 sagt der eine Pressesprecher, 2005 der andere. Das will ich gar nicht, nein. Die anderen Merkwürdigkeiten in diesem Zusammenhang reichen aus. Die Entschädigungen für die Unterquerung der Grundstücke, die Grunddienstbarkeiten, haben bei der Kostenaufstellung gefehlt. Spätestens seit dem Elbtunnelausbau oder dem Bau der Flughafen-S-Bahn wissen wir aber, dass es etwas kostet, wenn man unter fremden Grundstücken durch will. Warum muss man das bei der U 4 nicht berücksichtigen?

Merkwürdigkeit Nummer 2, die Kampfmittelräumung: Angeführt wird, dass erst neuerdings bekannt sei, dass die

Vorhabensträger, hier die Hochbahn, für die Kosten aufkommen müssten. Nun, bekannt ist auch dies seit 2005. Aber ich frage Sie – Kampfmittelräumung ist auf jeden Fall notwendig gewesen, egal ob es die Stadt direkt bezahlt oder über die Hochbahn –, also warum müssen diese Kosten bei der U 4 nicht berechnet werden? Warum haben Sie sie herausgerechnet?

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Oder die Verwertung des kontaminierten Bodenaushubs: Ich weiß nicht, wie man auf die Idee kommt, dass man, wenn man in den Hafen einen Tunnel gräbt, keinen kontaminierten Bodenaushub entsorgen müsse, und solche Kosten dann gar nicht vorsieht – alles bei der U 4. Mein Fazit: Entweder die Planer waren schlampig oder aber – und für diese Vermutung habe ich doch mehr Sympathie – die politische Vorgabe war, dieses Projekt schönzurechnen, um die Öffentlichkeit einzulullen und Berlin zu täuschen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Michael Neumann SPD: Unglaublich!)

Kommen wir zur Ortsumgehung Finkenwerder. Die höheren Baukosten werden insbesondere mit dem schlechten Baugrund begründet. Ich frage mich, wie man 10 000 Jahre nach der letzten Eiszeit immer noch nicht gemerkt haben kann, dass in Marschgebieten ein problematischer Baugrund vorhanden ist.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Stattdessen wurde 2003 – da regierte die CDU schon – eine Haushaltsunterlage erstellt, die dieses Risiko offenbar außer Acht ließ. Ich frage mich aber, warum der Haushaltsplan seitdem dreimal fortgeschrieben wurde, ohne dass man die kalkulierten Kosten noch einmal geprüft hat, ohne dass man geprüft hat, ob Preise gestiegen sind. Nein, Sie schreiben einfach fort und kommen jetzt damit an, dass alles teurer werden muss.

Gestern im Stadtentwicklungsausschuss hat Senator Gedaschko angekündigt, er wolle zuerst die Öffentlichkeit informieren, bevor die grundsätzliche Entscheidung für die Ortsumgehung falle. Herr Senator, diese Bürgerschaft hat bereits für die Ortsumgehung, für die Südtrasse und für die Entlastung der Menschen in Finkenwerder entschieden.

(Beifall bei der SPD – Michael Neumann SPD: Das war richtig so!)

Wir stehen bei den Menschen auf Finkenwerder im Wort und wir Sozialdemokraten stehen auch zu unserem Wort.

(Glocke)

Die Redezeit ist abgelaufen, Herr Abgeordneter.

Wenn etwas grundsätzlich infrage zu stellen ist, dann ist es die U 4, aber nicht die Finkenwerder Ortsumgehung.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Hesse.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Quast,

wenn es Ihnen jetzt besser geht, nachdem Sie Luft abgelassen haben, dann freut mich das. Mit der Realität hat Ihre Rede jedenfalls gar nichts zu tun gehabt. Glauben Sie ernsthaft, dass dieser Senat und alle Behördenmitarbeiter absichtlich falsch gerechnet haben und Freude daran haben, hier heute die Preissteigerung zu vertreten?

(Dr. Martin Schäfer SPD: Ja, ja!)

Glauben Sie ernsthaft, dass die CDU-Bürgerschaftsfraktion glücklich über Preissteigerungen ist und keine Ideen hätte, was man mit dem Geld sonst machen könnte? Schönrechnen, täuschen – all das waren eben Begriffe,

(Erste Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

die Sie genannt haben, Herr Quast.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wenn Sie das wirklich glauben, dann muss ich Ihnen politische Naivität unterstellen und das hat nichts mit der Realität zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Denn solche Dinge kommen immer heraus.

(Michael Neumann SPD: Ja, jetzt kommt es her- aus!)

Lassen Sie uns doch die Projekte einmal etwas genauer ansehen. Wir sprachen bei der U 4 von Schätzungen von 255 Millionen. Warum sind denn die Kosten gestiegen, Herr Quast? Sie haben es ja schon teilweise angesprochen und die Gründe auch benannt. Holen Sie sich doch einmal ein Angebot ein, wenn Sie zum Beispiel ein Einfamilienhaus bauen wollen, und vergleichen das mit einem Angebot, das Sie vor ein paar Jahren bekommen hätten. Da werden Sie feststellen, dass der Baukostenindex gestiegen ist.

Um auf Ihre Frage zu antworten, lieber Kollege Quast: Die Stahlpreise sind seit 2005 um 80 Prozent gestiegen. Das ist eine Realität, an der Sie auch nicht vorbeikommen. Jetzt zu Ihren Merkwürdigkeiten, die Sie nicht verstehen: Auch die will ich Ihnen gerne erklären. Entschädigungen der Grundeigentümer bei der Unterfahrung: Wir hatten ursprünglich vor, eine ganz andere Strecke der U 4 in die HafenCity zu führen

(Ingo Egloff SPD: Genau, oberirdisch!)

und haben dann gemeinschaftlich gesagt: Nein, wir wollen es nicht bei der Mönckebergstraße, sondern wir suchen uns eine andere Variante. Das heißt, wir haben ganz andere Grundstückseigentümer. Auch das muss berechnet werden. Das hat mit Ihren Merkwürdigkeiten gar nichts zu tun.

(Claudius Lieven GAL: Die andere Variante hätten Sie auch bezahlen müssen!)

Sie haben die Schildvortriebsmaschine nicht erwähnt. Holen Sie sich doch einmal ein Angebot ein. Rufen Sie doch einmal bei der Firma an, die momentan solche Schildvortriebsmaschinen verleiht. Dann werden Sie feststellen, dass die Nachfrage gestiegen ist. Die Konjunktur läuft und das ist auch gut so.

Lieber Kollege Quast, hätte der Senat dies alles erahnen sollen? Hätten wir jeden Monat, seit wir die U 4 geplant haben, eine Kostenschätzung einholen sollen? Ihre Vor

würfe einer unsachgemäßen Arbeit sind aus Sicht der CDU-Fraktion nicht haltbar.

(Beifall bei der CDU)

Die Bundeszuschüsse sind auch angesprochen worden. Ich bin überzeugt, dass dieses für unsere Stadt und für die HafenCity so wichtige Projekt die Bundeszuschüsse erhalten wird. Ihre permanenten Anrufe im Verkehrsministerium helfen in der Sache nicht weiter. Stellen Sie sich endlich an unsere Seite und kämpfen Sie gemeinschaftlich mit uns dafür, dass wir auch Zuschüsse für unser Land bekommen, und reden Sie das Projekt in Berlin nicht immer schlecht.

(Beifall bei der CDU)

Kommen wir zur Umgehung Finkenwerder. Auch da wurde ja eben Legendenbildung betrieben. 1995, als Sie noch regiert haben, hatten wir bereits eine Kostengrundannahme von 30 Millionen D-Mark. Das haben wir gestern im Stadtentwicklungsausschuss vernommen. Das war schon falsch, denn das Untersuchungsraster für den Boden war seinerzeit viel zu grob und daher hatte man hinsichtlich des Untergrundes auch nur eine grobe Schätzung.

Sie, Herr Kollege Quast, wissen, dass es 2006 einen Gerichtsentscheid gab, aufgrund dessen wir in Güteverhandlung dieses verpreisen mussten. Auch das führt zu Kosten, was Sie hier verschwiegen haben.

Die zusätzlichen Kosten, die wir bei der U 4 hatten, kommen natürlich bei der Umgehung Finkenwerder auch dazu. Auch das haben Sie verschwiegen. Hätten Sie die Ortsumgehung Finkenwerder schon längst gebaut und nicht gewartet, bis wir an die Regierung kommen, wäre diese Diskussion heute gar nicht zustande gekommen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich können Sie heute noch das Projekt Umgehung Finkenwerder stoppen, lieber Herr Quast, auch wenn Sie hier Absichtserklärungen gemacht haben, dass Sie diese Umgehung haben wollen. Sagen Sie heute und das gleiche gilt auch für die GAL und den Kollegen Lühmann, ob Sie den Menschen vor Ort in den Rücken fallen oder ob Sie trotz der Kostensteigerung dieses Projekt in Finkenwerder weiterhin unterstützen

(Jan Quast SPD: Haben Sie nicht zugehört!)

und bereit sind, dafür den Preis zu bezahlen.

(Michael Fuchs CDU: Sehr richtig!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich erspare Ihnen jetzt, den Blick in die Vergangenheit, welche Großprojekte es zu Ihrer Zeit gab und wie dort die Kosten überstiegen wurden. Aber glauben Sie mir, die Glaskugel der Baubehörde hat hinsichtlich der Kostenschätzungen zu Ihrer Zeit genauso wenig oder selten funktioniert.

(Michael Neumann SPD: Ist das tröstlich!)