Protocol of the Session on March 28, 2007

(Beifall bei der CDU – Christa Goetsch GAL: Sie waren gemeint und nicht das Amt! – Christian Maaß GAL: Sie waren gemeint!)

Zu dem Volksbegehren "Hamburg stärkt den Volksentscheid" ist alles gesagt. Wir werden das übernehmen. Damit ist deutlich geworden, dass wir das akzeptieren. Insofern ist der Vorwurf, wir würden die Volksgesetzgebung missachten, haltlos. Das haben Sie schon öfter gesagt und das ist Quatsch, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Aber – das muss ganz klar gesagt werden –, aus inhaltlichen Gründen lehnt die CDU den Inhalt des Volksbegehrens "Hamburg stärkt den Volksentscheid" ab. Diese Ablehnung beruht auf sehr guten Gründen. Lassen Sie mich zu Beginn mit einem Vorurteil aufräumen, man könne das Adjektiv "demokratisch" steigern. Ein Gesetz oder ein Beschluss ist nicht deshalb demokratischer, weil er vom Volk beschlossen wurde. Gesetze und Beschlüsse der Bürgerschaft sind genauso demokratisch wie Entscheidungen der Volksgesetzgebung. Es gibt keinen Vorrang der einen Gesetzgebung vor der anderen. Sie stehen gleichberechtigt nebeneinander und deswegen

darf es auch keine – wie auch immer geartete – Bindungswirkung der einen Gesetzgebung an die andere geben. Deshalb lehnen wir den vorgelegten Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der CDU)

Ich will es Ihnen an einem Beispiel verdeutlichen. Die Initiative schlägt vor:

"Wenn Entscheidungen des Volkes von der Bürgerschaft aufgehoben oder verändert werden sollen, kann das Volk in einem vereinfachten Verfahren darüber entscheiden, ob es damit einverstanden ist."

Das hört sich auf den ersten Blick vernünftig an.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Richtig. Ist es auch!)

Ich will diesen Gedanken aber etwas weiter spinnen und Ihnen folgende Regelung vorschlagen: Wenn Entscheidungen der Regierungsmehrheit nach einem Regierungswechsel aufgehoben oder verändert werden, so kann die alte Regierungsmehrheit in einem vereinfachten Verfahren darüber entscheiden, ob sie damit einverstanden ist.

(Erhard Pumm SPD: Was ist das denn für ein Quatsch! – Uwe Grund SPD: Blödsinn!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, ich glaube kaum, dass Sie mit einer solchen Regelung, wenn Sie in ferner Zukunft einmal wieder die Regierung stellen sollten, einverstanden wären. Aber bei der Volksgesetzgebung soll das der Weisheit letzter Schluss sein. Dieser Vergleich macht deutlich, dass es gerade keine Bindungswirkung von Gesetzen geben kann. Die einzelnen Gesetzgeber müssen in ihren Entscheidungen für Änderungen frei sein. Weil das so ist, gibt es auch in keinem anderen Bundesland eine – wie auch immer ausgestaltete – Bindungswirkung.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die anderen halten sich auch daran!)

Wir lehnen auch die Ausweitung der Volksgesetzgebung auf haushaltsrelevante Vorschläge ab. Es kann nicht angehen, dass Beschlüsse ohne Deckungsvorschläge gemacht werden. Das Ausgeben von Geld für politische Zwecke ist immer populär und findet leicht eine Mehrheit. Demgegenüber stellt es die schwerere Aufgabe dar, für diese Ausgaben auch das Geld bereitzustellen. Diese unpopuläre Aufgabe wird dann wieder dem Parlament zugewiesen, das sich damit unbeliebt machen kann.

Ein klares Beispiel hat auch Ihr Kandidat, Herr Naumann, gegeben, als er gern sagte, wofür er die Millionen ausgeben wollte. Aber als er im Sonn-Talk gefragt wurde, woher er das Geld denn nehmen möchte, wusste er keine Antwort. Sie sagen immer, wir erwähnen jetzt erst Ihren Kandidaten. Das liegt daran, dass Sie endlich einen haben. Vorher hatten wir keine Chance, irgendeinen zu erwähnen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Aufgabenteilung, die ich eben skizziert habe, ist ungerecht, meine Damen und Herren, und deshalb lehnt die CDU-Fraktion diese Ausweitung ab.

Lassen Sie mich zum Schluss auf den Zeitpunkt des durchzuführenden Volksentscheids kommen. Es ist richtig, dass dieser Volksentscheid getrennt von der Bürgerschaftswahl stattfindet. Die vorgesehenen Regeln sind

derart einschneidend und bedeutsam, sie bringen das gesamte Gefüge und die Balance zwischen volks- und parlamentarischer Gesetzgebung durcheinander. Es kann dann nicht sein, dass derart gewichtige Änderungen als Anhängsel einer Bürgerschaftswahl durchgeführt werden. Sie müssen für sich stehen und die Bürgerinnen und Bürger überzeugen. Hierzu werden die Hamburgerinnen und Hamburger dann im November Gelegenheit haben.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Dressel.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jäger, ich glaube, das Einzige, was eine parallele Abstimmung am Wahltag durcheinanderbringt, ist Ihre Wahlkampfplanung, weil Sie nicht mehr mit dem Thema "Direkte Demokratie" belastet werden wollen. Deshalb ist dieser Vorwurf wirklich absolut ins Leere gegangen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall bei Christa Goetsch GAL)

Dann noch einmal zur Verteidigung dessen, was die GAL bezüglich Sabotage gesagt hat. Die Sabotagevorwürfe gingen nicht an einen einzigen Mitarbeiter der Bezirksverwaltung, sondern sie gingen insbesondere an den Staatsrat Ahlhaus, der natürlich sehr wohl die Sache mit im Blick gehabt hat, wie die Abstimmung im Einzelnen verlaufen ist. Deshalb geht es hier um einen Vorwurf Richtung politischer Führung und nicht in Richtung der einzelnen Mitarbeiter, meine Damen und Herren.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Sehr interessant ist auch, wenn der Kollege Jäger sagt, dass kein anderes Bundesland in der Verfassung eine Regelung zur Verbindlichkeit von Volksentscheiden hat.

(Präsident Berndt Röder übernimmt den Vorsitz.)

Das stimmt, das gibt es in keinem anderen Bundesland. Und warum gibt es das nicht? Weil sich in anderen Bundesländern die Regierungen, die Parlamentsmehrheiten daran halten. Nur in dieser Hamburgischen Bürgerschaft, in diesem Land, muss das in die Verfassung hineingeschrieben werden und deshalb sollten Sie sich dafür schämen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wenn Sie, Herr Voet van Vormizeele, uns vorwerfen, wir würden Volksentscheide missbrauchen, wo Sie es hinbekommen haben, von drei Volksentscheiden, die seit 1996 erfolgreich in dieser Stadt zustande gekommen sind, zwei zu übergehen, so ist das wirklich eine Frechheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Man muss nach dieser Argumentation seit Montag eines festhalten: Sie wollten durch Ihre Termintricksereien, durch Ihre Pseudokehrtwende eines erreichen, nämlich dieses Thema in der Versenkung verschwinden lassen, um sich damit möglichst bis zur Wahl nicht mehr auseinandersetzen zu müssen. Eines ist klar geworden: Dieses Thema bleibt auf der Tagesordnung. Für die SPD und sicherlich auch für die GAL kann man festhalten: Egal, welcher Termin es am Schluss wird, der 24. Februar 2008 wird eine Abstimmung darüber werden,

welche Partei in dieser Stadt Volksentscheide respektiert und welche Partei nicht, meine Damen und Herren.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Einige Worte dazu, was die Termintrickserei angeht. Einerseits wollen Sie ein Gesetz akzeptieren, das genau dazu Regelungen enthält. Sie haben gesagt, Teil 1 der Volksbegehren soll akzeptiert werden. Da stehen genaue Vorgaben zur Terminfindung drin. Da steht auch genau drin, dass die Parallelität mit den Wahlen gewollt ist. Sie sollten vielleicht auch einmal das Kleingedruckte lesen, da werden Sie noch einiges finden. Im ersten Fall, wo ein Volksentscheid dann nach dem geänderten Recht stattfindet, wollen Sie gleich wieder eine Ausnahme machen. Wie wollen Sie das eigentlich den Menschen erklären? Wir werden in den nächsten Wochen genau über diesen fundamentalen Widerspruch sehr intensiv im Verfassungsausschuss zu diskutieren haben.

Ein weiterer Punkt. Sie hatten vorhin das Wort billige Trickserei genannt. Das ist noch viel schlimmer, das ist eine teure Trickserei, weil nämlich das Auseinanderfallen von Volksentscheid und Wahltag die Hamburger Steuerzahler 1 Million Euro zusätzlich kostet und deshalb ist es auch noch eine teure Trickserei, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Eins noch zu dem zweiten Volksbegehren.

(Olaf Ohlsen CDU: Mach' Schluss, Kollege!)

Da hat sich die CDU einen tollen Slogan ausgedacht: "Hände weg von der Verfassung" soll jetzt das große Motto sein, mit dem Sie dann in die Auseinandersetzung darum ziehen wollen. Das sagen dann genau diejenigen, die wirklich keine Gelegenheit ausgelassen haben, Hand anzulegen an den Volksentscheid, Hand anzulegen an die Abstimmung, die auch aufgefallen sind an dieser Stelle durch konsequenten moralischen Verfassungsbruch. Deshalb ist das wirklich der Gipfel der Heuchelei, wenn Sie, meine Damen und Herren, sich hinstellen und sagen: Hände weg von der Verfassung.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ein letzter Punkt. Sie wollen ja die Angst schüren vor der Minderheitendemokratie, die plötzlich über Hamburg hineinbricht. Das ist das Gespenst, das Sie an die Wand malen wollen. Da kann man nur sagen, mit dem Versuchen von Gespenstermalerei sind schon andere gescheitert. Das müssen wir als SPD auch durchaus leidvoll feststellen mit dem Volksentscheid 1998. Wir haben, glaube ich, gemeinsam eine Erfahrung, nämlich mit dem verlorenen Volksentscheid 2004 mit dem Wahlrecht. Da haben wir auch sehr viel Gespenster an die Wand gemalt, Furcht geäußert, und am Schluss hat diese Argumentation nicht getragen. Deshalb noch einmal zu dem Punkt, Angst vor der Minderheitendemokratie. Das ist wirklich interessant für eine Partei, die 2001 mit dem Ansinnen angetreten ist, mit einem 26-Prozent-Bürgermeister diesen Senat stellen zu wollen, einem Bürgermeister, dessen Partei nicht einmal 20 Prozent der Wahlberechtigten dieser Stadt hinter sich gebracht hat. So viel zum Thema Minderheitendemokratie. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Maaß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Voet van Vormizeele, Herr Jäger, was steckt eigentlich hinter dieser großen Geste des "Wir haben verstanden" der CDU und auch des Bürgermeisters? Bei den beiden Volksbegehren ging es um zwei Intentionen, die damit verfolgt wurden. Die eine Intention ist, dass die Schikanierung der Volksbegehren, die Sie eingeführt haben, indem Sie die Hürden erhöht haben, wieder rückgängig gemacht wurde. So weit, so gut. Aber da ist doch auch von den Initiatoren des zweiten Volksbegehrens eine richtige Frage gestellt worden, denn das zweite Volksbegehren richtet sich bekanntlich hauptsächlich darauf, dass Volksentscheide auch ein gewisses Maß an Verbindlichkeit bekommen. Da stellt sich doch wirklich die Frage, was es den Volksinitiativen und den erfolgreichen Volksbegehren nützt, wenn sie zwar nicht mehr schikaniert werden beim Sammeln der Stimmen auf der Straße, aber die CDU-Mehrheit und der Senat sich hinterher einfach hinstellen und diese erfolgreichen Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide einfach ignorieren. Da fehlt ein ganz entscheidender Schritt und deswegen haben Sie an diesem Punkt das Entscheidende nicht verstanden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL und bei Dr. Andreas Dressel SPD)

Sie führen jetzt in der Debatte und auch in den letzten Tagen an, dass es auch andere Gründe seien, warum Sie das zweite Volksbegehrten nicht übernehmen würden. Insbesondere die Senkung des Quorums für die Verfassungsänderung wurde heute …

(Glocke)