Kaffeeklappe gebe. Ich habe dann nachgefragt und diese 18 Plätze sind konkret sieben Plätze, wo alle drei Monate sieben Frauen eine erste Ausstiegsorientierung machen können. Das heißt, es sind keinesfalls 18 Plätze im Jahr, sondern es sind drei Monate für maximal 28 Frauen. Wie sich dieser Widerspruch erklären lässt, ist mir leider nicht klar, aber aus dem, was die Realität in dem Projekt ist, denke ich, dass es auch darüber Bedarf zu sprechen gibt, ob das wirklich ausreichend ist und nicht ganz anders aussehen muss.
Die Themen Werbeverbot oder Prävention will ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen. Ich denke, wir werden Gelegenheit dazu haben, das im Ausschuss zu tun. Darüber hinaus gibt es, wenn man den Bericht der Bundesregierung und die Gutachten dazu genau anguckt, noch diverse andere Themen, rechtliche Fragen und andere Konsequenzen, über die wir dort auch sehr gut sprechen können. Heute will ich es bei diesen Bereichen belassen, um das als Anregung mit auf den Weg zu geben. Wir schlagen vor, dass ein Runder Tisch "Sexarbeit" eingerichtet werden sollte. Er sollte alle Fragen, die durch das Prostitutionsgesetz berührt und im Bericht der Bundesregierung dargelegt worden sind, diskutieren und mit Blick auf die Hamburger Situation Lösungen vorschlagen.
Daran beteiligt sollten Vertreterinnen des Ratschlags Prostitution beteiligt werden. Das ist ein Zusammenschluss von Hamburger Projekten der Gewerkschaft Ver.di und auch einer Behördeneinrichtung, die sich mit allen Fragen des Themas Prostitution in Hamburg beschäftigen. Es sollen natürlich auch Vertreterinnen und Vertreter der Behörden dabei sein, die mit diesen Fragen befasst sind. Sie sollten uns bis zum 30. November ein Handlungskonzept vorlegen, sodass Prostituierte bald fairere Arbeitsbedingungen als jetzt haben und besser und effektiver vor Gewalt und Ausbeutung geschützt werden können. Ich hoffe, dass wir darüber eine gute Aussprache und auch gute Ergebnisse im Sozialausschuss haben werden. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Dr. Lappe, mit Ihrem Antrag sprechen Sie heute ein wichtiges Thema an. Hamburg hat seinerzeit im Bundesrat für das Prostitutionsgesetz gestimmt. Wir halten es auch für richtig, dass Prostitution nicht mehr als sittenwidrig gilt, Entgelt eingefordert werden kann und die Frauen in den Sozialkassen aufgenommen werden müssen.
Dass die Frauen die Chancen nutzen, war uns dabei von Anfang an klar. Viele Prostituierte stehen unter einem ganz enormen Druck, werden bedroht und sind auch illegal hier. Sie zu erreichen und zu schützen, ist unser eigentliches Problem. Der Senat war in den letzten Jahren jedoch keineswegs untätig. So wurde die Milieubetreuung mit dem Ziel Menschenhandel aufzudecken intensiviert. Es wurde über die Rechte nach dem Prostitutionsgesetz ausführlich informiert und ein umfangreiches Hilfesystem für Prostituierte unterhalten. Dennoch müssen wir uns auch weiterhin Gedanken machen, wie das Gesetz in der Umsetzung funktioniert. Der Bericht der
Bundesregierung weist die Ergebnisse im Einzelnen aus. Ich glaube, es wäre auch etwas blauäugig gewesen, Wunder zu erwarten.
Frau Dr. Lappe, ich stimme Ihnen zu, dass wir uns diesem Thema stellen müssen. Ich meine aber nicht, dass der von Ihnen vorgeschlagene Weg der richtige ist. Ihre Anregungen, die Sperrgebietsverordnung aufzuheben oder gar Werbung für sexuelle Handlungen zuzulassen, gehen mir eindeutig zu weit.
Auch wenn Prostitution nicht mehr sittenwidrig ist, ist es natürlich noch lange kein normaler Beruf. Darin sehe ich keine Doppelmoral. Vielmehr muss es uns auch darum gehen, junge Frauen und Männer davor zu bewahren, in dieses Milieu abzugleiten. Deshalb finde ich es auch gut, wenn staatliche Stellen eng mit dem Milieu zusammenarbeiten, um kriminelle Strukturen aufzudecken. Ich bin jedoch nicht der Auffassung, dass wir durch große Formalitäten wie einen Bordell-TÜV oder Gewerbeanmeldungen auf freiwilliger Basis weiterkommen. Dies ist meines Erachtens einfach zu akademisch gedacht. Wenn wir aber noch nicht wissen, wohin die Reise gehen soll, oder uns auch in der Zielsetzung noch uneinig sind, macht es aus meiner Sicht keinen Sinn, einen Runden Tisch einzurichten. Es gibt auch bereits Arbeitskreise, die sich mit diesem Thema befassen. Wie Sie das auch selbst beschreiben, Frau Dr. Lappe, arbeitet zum Beispiel die Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel erfolgreich mit dem Landeskriminalamt zusammen und "Ratschlag Prostitution" ist ebenfalls sehr nah am Thema. Zudem möchte ich erst einmal abwarten, wie die Bundesregierung weiter vorgeht. Der Bericht enthält auf jeden Fall einige durchaus sinnvolle Anregungen, die sich an die Bundesregierung richten. Aus diesem Grunde möchten wir das Thema mit Ihnen weiter diskutieren und plädieren für eine Überweisung an den Ausschuss.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Lappe hat sehr ausführlich dargestellt, wie die Entwicklung dieses Prostitutionsgesetzes gelaufen ist. Auch Frau Meyer-Kainer hat ganz viele Aspekte aufgegriffen, die es deutlich machen, dass wir mit diesem Prostitutionsgesetz das erste Mal ein Gesetz bekommen haben, das die Prostitution an sich als soziale Gegebenheit anerkennt. Das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung gewesen.
Wir wollen dieses Prostitutionsgesetz aber auch gerne noch einmal unter dem Aspekt sehen, dass es den Sinn und Zweck verfolgt, die Lebensverhältnisse von Männern und Frauen, die der Prostitution nachgehen, verbessern zu wollen und Frauen und Männern die Möglichkeit zu geben, eventuell wieder Ausstiegsperspektiven aus diesem Beruf, den sie sich gewählt haben, erkennen zu können.
Auch in allen anderen europäischen Ländern ist über den staatlichen Umgang mit Prostitution lange gerungen worden. Man kann am Beispiel von Schweden oder den Niederlanden besonders deutlich die Unterschiede in den
Abläufen erkennen. Es ist sehr unterschiedlich, wie dort staatliches Handeln in Bezug auf Prostitution organisiert ist. Bei allen Unterschieden in den europäischen Ländern bestand und besteht auch jetzt allerdings immer noch ein hohes Maß an absolutem Konsens, was den Menschenhandel, die Zwangsprostitution und den sexuellen Missbrauch betrifft. Alle Länder sind sich einig, dass diese Form von Gewalt aufs Schärfste zu bekämpfen ist.
Ja, Prostitution ist aber nach dem Willen des Gesetzgebers trotz des Erlasses des Prostitutionsgesetzes kein Beruf wie jeder andere.
Das ist auch gut so, denn die Prostitution ist weder für weibliche noch für männliche Prostituierte ein normaler Beruf, den man anstreben sollte. Prostitution ist ganz im Gegenteil nach wie vor eine individuelle Entscheidung zu einer sehr riskanten, gefährlichen und nicht auf Dauer lebenstragenden Tätigkeit.
Da ist es auch nur folgerichtig, dass die Arbeitsagenturen zum Beispiel nicht das Recht haben, mittellose Prostituierte in die Prostitution zu vermitteln oder sie darauf hinzuweisen, dass sie ihre Mittellosigkeit dadurch überwinden könnten, die Prostitution als Erwerbstätigkeit auszuüben. Auch das ist gut so.
Das Prostitutionsgesetz war und ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn es erkennt den seit Jahrzehnten laufenden juristischen Eiertanz in Bezug auf die Anerkennung von Realität an. Die SPD-Fraktion ist jedoch der Meinung, dass sehr viel mehr getan werden müsste als bisher, um den Prostituierten den Ausstieg, den sie für sich freiwillig suchen, auch zu ermöglichen.
Zwar können Prostituierte, die aus diesem Beruf aussteigen wollen, die Vermittlungs- und Beratungsdienste der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch nehmen, aber es ist doch völlig weltfremd zu glauben, dass sich die Prostituierten den Arbeitsvermittlern der ARGE mit ihrem Begehren öffnen werden. Daher, sagen zum Beispiel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Fachberatungsstellen, bedarf es eben ganz besonderer Beratungsstellen, die sich darauf spezialisiert haben, Ausstiegsberatung zu betreiben. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagen, es sei eine enorm zeitintensive Beratungsleistung, die dort stattfindet, weil die Beratung individuell auf jeden einzelnen Betroffenen abgestellt werden muss.
Es ist ganz viel gesagt worden. Ich habe die Hoffnung, dass Sie uns die weitere intensive Beratung, die auch, denke ich, dem betroffenen Personenkreis zugute kommen soll, im Sozialausschuss ermöglichen, und bitte Sie, der Überweisung zuzustimmen. – Danke.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 18/5833 Neufassung an den Sozialausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist einstimmig so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 36 der Tagesordnung, Drucksache 18/5813, Antrag der CDU-Fraktion: Hamburgs Beziehungen zu Lateinamerika.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht wissen Sie es, die größte deutsche Industriestadt heißt São Paulo. In keiner Stadt der Welt, auch bei uns nicht, werden mehr Arbeitnehmer in deutschen Industrieunternehmen beschäftigt als in der brasilianischen Metropole. Dies ist nur ein eindrucksvolles Beispiel für die wirtschaftliche Entwicklung, die Lateinamerika vollzogen hat, und sie hält an. Der Ibero-Amerika Verein, der seinen Hauptsitz in Hamburg hat, rechnet für die Region auch in diesem Jahr wieder mit einem Wirtschaftswachstum von über 5 Prozent. Nimmt man die letzten fünf Jahre in den Blick, ergibt sich für Lateinamerika in der Kumulation eine Zunahme von 23 Prozent. Die immer geringer werdenden Inflationsraten und auch die ständig zunehmenden ausländischen Direktinvestitionen weisen in dieselbe positive Richtung.
Während noch bis in das 19. Jahrhundert das, was hierzulande unter dem Namen Überseehandel firmierte, für zahlreiche Menschen in den Gebieten Lateinamerikas eine oft schmerzvolle Erfahrung war – das dürfen wir nicht vergessen –, hat sich die Situation in dieser Hinsicht doch grundlegend geändert. Marktwirtschaftliche Reformen und die Liberalisierung des Handels verringern in vielen Staaten den Anteil der Menschen, die unter der Armutsgrenze leben. Natürlich ist das zu differenzieren. Es gibt Länder, deren politische und soziale Entwicklung noch stark zu wünschen übrig lässt. Aber Sie werden mir aus Zeitgründen einen Blick aufs große Ganze gestatten.
Für eine solche Entwicklung ist unsere Stadt genauso Seismograf wie Nutznießer. Im vorliegenden Antrag können Sie die steigende Bedeutung dieser Region der Welt, zum Beispiel für unseren Containerverkehr, nachlesen. Bemerkenswert ist auch, dass ungefähr 1000 Hamburger Unternehmen regelmäßige Geschäftsbeziehungen mit Lateinamerika unterhalten. Kenner der dortigen wirtschaftlichen Entwicklung sind sich einig, dass Umweltschutztechnologien, die Erzeugung erneuerbarer Energien und die Biotechnologie zukünftig noch eine sehr viel stärkere Bedeutung im Geschäft mit Lateinamerika erhalten. Brasilien plant hohe Investitionen in die Windenergie. In Chile werden Investoren von den Möglichkeiten erneuerbarer Energien angesprochen. In El Salvador sollen Geothermalkraftwerke aufgebaut werden. Diese Liste ließe sich fortführen.
Auch das kann uns Hamburger zuversichtlich stimmen: Es gibt bei uns zirka 80 Firmen, die sich zur Branche erneuerbarer Energien zählen. Mit rund 1100 Beschäftigten erzielten sie im letzten Jahr einen Gesamtumsatz von zirka 1,5 Milliarden Euro.
Die besorgniserregenden Meldungen zum Klimawandel sprechen nicht dafür, dass hier langfristig ein Einbruch zu erwarten ist.
Auch in der Kultur unserer Stadt nimmt Lateinamerika inzwischen eine nicht mehr wegzudenkende Rolle ein. Dazu gehören Treffen und Workshops verschiedenster lateinamerikanischer Gemeinden, Lesungen, Theateraufführungen, Konzerte, Filmreihen in den Kinos und so weiter. Zum Thema Lateinamerika in Hamburg erscheint bei uns sogar regelmäßig eine Zeitschrift namens "SoLatino". Auch die Universität ist bekannt für ihre Beschäftigung mit Lateinamerika und die engen Beziehungen dorthin.
Es wird wieder einmal offensichtlich, dass Hamburg das Tor zur Welt ist. Das Tor ist aber nicht nur in eine Himmelsrichtung geöffnet. Das dürfen wir momentan bei aller wirtschaftlich berechtigten Aufmerksamkeit für andere Weltregionen nicht vergessen. Was zu überlegen wäre, und in dieser Hinsicht wollen wir unseren Antrag verstanden wissen, ist, welche Impulse von uns, den Vertretern der Stadt, gesetzt werden können, um die Beziehungen zu Lateinamerika im Bewusstsein aller Hamburger auf einem dauerhaft intensiven Niveau zu halten.
Eine Möglichkeit dazu ergäbe sich aus unserer Geschichte. So war für die vielen Millionen Menschen, die im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts über den Hamburger Hafen nach Übersee auswanderten, das Ziel nicht immer nur Nordamerika. Zwischen 1800 und 1945 sind von hier aus, aus welchen Gründen auch immer, mehr als eine halbe Million Menschen nach Lateinamerika emigriert. Manche Schätzungen liegen sogar noch weit höher. Es gilt, diesen Teil unserer Geschichte weiter zu erforschen und kulturell aufzuarbeiten, damit den Hamburgern deutlich wird, dass die Verbindung zu Lateinamerika heute nicht allein von Containerschiffen, Tänzen oder Kaffeespezialitäten hergestellt wird, sondern auch eine historische Linie besitzt, entlang derer Abertausende von menschlichen Schicksalen verlaufen, wie die deutscher Auswanderer, die in Lateinamerika Familien gründeten, Firmen etablierten und auch lokale Kulturen mit geprägt haben.
Wenn die Nachkommen dieser Menschen, Herr Pumm, heute etwas über die Geschichte ihrer Familie erfahren wollen, können sie bei ihren Nachforschungen sehr häufig auch in Hamburg fündig werden. Es ist unsere Aufgabe, sie dabei zu unterstützen und zu zeigen, dass dieses historische Kapitel nicht unbemerkt an uns vorbeigezogen ist. Wenn nun beispielsweise im Süden unserer Stadt die Geschichte der Auswanderung im neuen Museum "BallinStadt" Eingang in die Kultur finden soll, könnte zum Beispiel darüber nachgedacht werden, welcher Raum dabei dem Kapitel Auswanderung nach Lateinamerika, vielleicht auch dauerhaft, eingeräumt werden könnte.