Dem Klima reicht es nicht, kostenlose Parkplätze für Hybridautos zu fordern, wie es zum Beispiel der Berliner Kollege Friedberg Pflüger tut. Es reicht auch nicht, dass der Bürgermeister bedauert, dass die Automobilindustrie nun leider ihre Zusagen zur Schadstoffreduzierung nicht eingehalten hat. Vor fast zehn Jahren – das wissen Sie auch, Herr Engels – hat die Automobilindustrie sich freiwillig verpflichtet und versprochen, die CO2-Emissionen der Flotte bis 2008 auf 140 Gramm zu senken. Das Versprechen wurde nicht eingehalten, wie wir wissen. Jetzt ist die Politik an der Reihe. Jetzt ist der Erste Bürgermeister gefragt. Er ist in der Union zuständig für die Bewahrung der Schöpfung, für Umwelt, Klima und Verbraucherschutz. Er muss jetzt in den Bundesrat gehen und dort die verbindlichen Abgaswerte für Autos einfordern.
Sparsame Autos sind gut für das Klima, schonen die Umwelt und vor allen Dingen auch das Portemonnaie. Der Bürgermeister kann mit einer Bundesratsinitiative bei diesem Thema viel bewegen. Aber, so wie es aussieht – Sie haben es im Fahrplan gelesen –, wird daraus nichts. Die CDU will den Antrag der GAL jetzt überweisen, ganz anders als sonst. Das nenne ich Beerdigung erster Klasse.
Einige Aufrichtige in der CDU auf Bundesebene sind schon ein Stückchen weiter, wie die umweltpolitische Sprecherin der CDU-Bundestagsfraktion, Marie-Luise Dött. Sie hat inzwischen eingesehen, dass die Selbstverpflichtung der Industrie als politisches Instrument durch die Autoindustrie in Misskredit geraten ist. Auch der bayerische Umweltminister Schnappauf hat gesagt, dass für einen konsequenten Umweltschutz die Selbstverpflichtung nicht ausreiche. Selbst der deutsche Autopapst, Herr Professor Dudenhöffer, zeigt sich verärgert über die ständige Hinhaltetaktik der Automobilindustrie und sagt, Blockaden hätten noch nie ein Problem gelöst. Recht hat er.
Dabei sind die deutschen Autohersteller durchaus in der Lage, effiziente Autos zu bauen. Sie haben auch einiges geleistet, Herr Engels hat darauf hingewiesen. Der Kat ist eingeführt worden, beim Dieselrußfilter hat es nicht so gut geklappt. Aber der Kat ist eingeführt worden, weil die Politik sich nicht hat kirre machen lassen. Der damals für Umwelt zuständige FDP-Minister Genscher hat sich die Beschwerden der Mineralölindustrie und der Autoindustrie angehört, als es um den Kat ging, und hat gesagt:
"Meine Damen und Herren von der Öle, interessant, was Sie sagen, aber versuchen wir es doch trotzdem einmal."
Man muss der Industrie nur sagen, wo es langgeht. Man muss klare Grenzwerte setzen, dann herrschen auf dem Markt gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle. Das ist ein Idealzustand für einen Markt. Der Bürgermeister sieht das aber anders. Er meint, Gesetze wären Bürokratie, und er hätte es lieber, dass die EU mit den Automobilherstellern Verträge über die Verringerung des Kohlendioxidausstoßes abschließt. Bei Vertragsbruch sollen dann gegenüber der Industrie harte Strafen verhängt werden.
Was sieht der Bürgermeister eigentlich für Politiker vor, die vertragsbrüchig werden? Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass der Bürgermeister in allen seinen Äußerungen zum Klimaschutz stereotyp ein Petitum hat: Die Laufzeiten der Kernkraftwerke müssen verlängert werden. Die Begrenzung der Laufzeiten der Kernkraftwerke wurde aber im Jahr 2000 zwischen der Industrie und der Politik ausgehandelt und dieser Vertrag ist dann zum Gesetz geworden. Die CDU und namentlich der Bürgermeister werden nicht müde, landauf, landab diesen Vertrag infrage zu stellen und geradezu zum Vertragsbruch aufzurufen und zu fordern, die Kernkraftwerke müssten länger laufen. Dafür gibt es nur eine Strafe – Abwahl 2008.
Noch eins zum Schluss: Sie sollten wissen, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gegen Kernkraft ist. 65 Prozent der Bürgerinnen und Bürger wollen den Ausstieg aus der Atomenergie und das reicht uns. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Engels und auch Herr Gedaschko, Sie haben gesagt, Sie bräuchten noch fünf Monate Zeit, um Ihr Konzept vorzulegen. Wenn ich mir die Reaktionen aus Ihrer Fraktion auf die Rede von Herrn Engels anschaue, dann klang mir das so, als ob noch relativ viel Überzeugungsarbeit an dem einen oder anderen Punkt zu leisten wäre. Ich möchte für Sie und uns alle sehr hoffen, dass diese fünf Monate Überzeugungsarbeit dann auch tatsächlich ausreichen werden. Ich habe nach Ihrem Beitrag eine gewisse Skepsis.
Schaut man sich an, wie die Reaktionen waren, dann haben Sie immer dann Beifall bekommen, wenn Sie ein bisschen in die alte Leier verfallen sind, also da, wo es darum ging, das Tempo zu steigern, den Verkehrsfluss zu steigern – dass es doch darum ginge und das das einzig Richtige sei, um Klimaschutz zu betreiben. Überall dort, wo Sie tatsächlich ein bisschen ins Nachdenken gekommen sind und von den alten Dogmen heruntergekommen sind – was ich Ihnen anrechne – und gesagt haben, dass man vielleicht wirklich überlegen müsse, ob das mit einer Tempobeschränkung auf den Autobahnen sinnvoll sei, gab es ziemlich frostiges Schweigen.
Aber ich finde es gut, dass tatsächlich Bewegung in diese Debatte kommt. Ich finde es auch gut, dass die Bevölkerung offenbar schon viel weiter ist als viele auch in Ihrer Fraktion, wo sich tatsächlich auch eine Mehrheit für ein Tempolimit auf Autobahnen abzeichnet. Denn man muss sich das einmal überlegen: In allen zivilisierten, industrialisierten Ländern dieser Welt gibt es Tempolimits auf Autobahnen. Da stellt sich doch die Frage, ob diese anderen Länder nicht irgendwie recht haben – nicht nur unter Klimaschutzgesichtspunkten, sondern auch aus Gründen der Verkehrssicherheit.
Wenn man einmal aus dem Ausland nach Deutschland zurückkommt und feststellen muss, wie hier fahrlässiger
weise auf deutschen Autobahnen Menschenleben gefährdet werden, dann muss man doch schlicht feststellen, dass wir hier in Deutschland, was das Tempolimit angeht, irgendwie einen latenten Schaden haben und dass es über Jahrzehnte ein Tabu gewesen ist – auch unter Rotgrün –, dieses Tempolimit anzupacken, und dass der Autokanzler davorgestanden hat. Ich finde, wir sollten alle zusammen die Bewegung, die wir jetzt beim Klimaschutz haben, nutzen, um endlich einmal für Sicherheit auch auf Deutschlands Straßen zu sorgen.
Da hätte man einmal die Gelegenheit, Butter bei die Fische zu bringen und ein Tempolimit voranzutreiben und die Führerschaft, die der Erste Bürgermeister innerhalb der Bundes-CDU übernommen hat, in eine Initiative münden zu lassen.
Ich möchte noch einen anderen Punkt ansprechen. Das betrifft die Glaubwürdigkeit, das ging auch durch die Presse. Jeder Bundesminister und jeder EU-Kommissar musste sich fragen lassen, wie viel CO2 sein Auto ausstößt. Diese Frage muss man auch an den Ersten Bürgermeister und an den Umweltsenator richten. Wir haben das mit einer Kleinen Anfrage gemacht. Da muss man einfach einmal die Frage stellen, ob es wirklich notwendig ist, dass der Erste Bürgermeister, wenn er durch die Stadt fährt, dabei praktisch virtuell 300 Pferde neben sich her galoppieren hat. An knapp 300 PS kommt sein Mercedes der E-Klasse heran. Der Bürgermeister hat also ein ganzes Kavalleriebataillon hinter sich, wenn er vom Rathaus zur Stadthausbrücke oder sonst wo hin – ein paar Schritte – fährt. Das ist doch auch etwas, bei dem man sich fragen muss, ob das richtig sein kann. Wenn man wirklich glaubwürdig sein will, muss man anfangen, sich zu fragen – auch der Umweltsenator muss sich das fragen, wenn er glaubwürdig sein will –, ob es wirklich erforderlich ist, zwei Hundertschaften von Pferden neben sich hergaloppieren zu lassen. Da wäre meine Bitte, sich an einem Oberbürgermeister einer anderen Stadt in Deutschland zu orientieren. Tübingen hat einen neuen Oberbürgermeister bekommen. Der hat sich auch ein neues Dienstauto angeschafft, einen Toyota Prius.
Wenn man das von den Werten her einmal vergleicht, was die Flotte des Senats verbraucht und was der Oberbürgermeister von Tübingen verbraucht, sind das ganz erstaunliche Unterschiede. Die EU-Kommission …
Herr Maaß, ich muss Sie leider unterbrechen. – Die Bezugsquellen wird Herr Maaß hinterher nennen. Deswegen müssen Sie jetzt nicht so aufgeregt dazwischenreden. – Herr Maaß, Sie haben das Wort.
Um Ihnen einmal einen Anhaltspunkt zu geben, worüber wir reden: Die EU-Kommission strebt mit der Richtlinie, die debattiert wird, an, den Treibhausgasausstoß von Neufahrzeugen bis 2012 auf 120 Gramm pro Kilometer festzusetzen. Der Erste Bürgermeister hat einen Wert von 240 Gramm pro Kilometer, liegt also ungefähr beim Doppelten. Der Umweltsenator liegt derzeit noch ungefähr bei 230 Gramm pro Kilometer. Sie können das gerne noch einmal richtig
stellen. Ich rede über das, was Sie jetzt fahren, Herr Gedaschko. Der Toyota Prius in Tübingen, von dem ich gerade sprach, stößt 104 Gramm aus. Hier wäre es also ein Leichtes, 60 Prozent des CO2-Ausstoßes einzusparen. Hier anzufangen wäre doch ein erster Schritt, um wirklich Glaubwürdigkeit im Senat einzufordern. Denn wenn wir von den Bürgern verlangen, dass sie CO2 einsparen, dann müssen wir Politiker doch bitte auch mit gutem Beispiel vorangehen.
Das wäre jetzt die Möglichkeit, sich vom obersten Klimaverschmutzer zum obersten Klimaschützer zu verändern, Herr Gedaschko.
Herr von Beust hat aber als oberster CDU-Umweltschützer auch noch bei anderen Punkten die Möglichkeit, für Glaubwürdigkeit zu sorgen. Da gibt es ein paar Punkte, zu denen er neben den Bundesratsinitiativen, die wir konkret einfordern, auch noch weitere einfordern sollte – das wäre ein Leichtes –, beispielsweise den CO2-Ausstoß als Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer zu nehmen. Das wäre ein sinnvolles Anliegen, das Sie auch voranbringen sollten. Das Dienstwagenprivileg sollte auch nur noch für solche Kraftfahrzeuge gelten, die einen vernünftigen CO2-Ausstoß haben. Da muss sich auch dringend etwas ändern. Die Lkw-Maut sollte auch auf die kleineren Lastkraftwagen ausgeweitet werden, das wäre dringend erforderlich. Über Tempolimits haben wir schon gesprochen. Verbraucherinformationen: Wieso hat eigentlich jeder Kühlschrank, den man sich im Supermarkt kaufen kann, eine simple Kennzeichnung, bei der man sofort erkennen kann, ob dieser Kühlschrank energieeffizient ist oder nicht? Bei einem Auto muss ich mich erst richtig schlau machen und überhaupt wissen, ob 120 oder 200 Gramm pro Kilometer viel oder wenig sind. Es wäre doch sinnvoll, diese Kennzeichnung auf Autos zu übertragen, damit Autokäufer wissen, woran sie sind, wenn sie einkaufen.
Zur Veränderung des Modal Split, der Senkung des Anteils des Automobilverkehrs zugunsten einer Verstärkung des Anteils der Bahn, des Fahrradfahrens und des Fußgängerverkehrs, wären doch auch überall in Hamburg Maßnahmen möglich, aber selbstverständlich auch auf Bundesebene. Hier erwarten wir von Ihnen in Ihrer Eigenschaft nicht nur als Umweltsenator, sondern auch als Verkehrssenator, dass Sie Akzente setzen. Es ist in diesem Fall wirklich einmal eine Chance, diese beiden Ämter miteinander zu verbinden. Deswegen der dringende Appell an Sie, Herr Gedaschko, tatsächlich einmal Butter bei die Fische zu bringen und für Glaubwürdigkeit zu sorgen und Initiativen für Klimaschutz durch den Verkehr voranzutreiben.
Frau Präsidentin! Herr Maaß, natürlich bin ich auch sehr dafür, dass Politiker mit gutem Beispiel vorangehen.
Nur, Sie wissen und die Boulevardpresse hat es in den letzten Tagen auch ausgespielt, dass in der Frage der
Dienstwagen, insbesondere auch was die Sicherheit sowohl des Kanzlers wie seiner Minister wie auch des Hamburger Bürgermeisters betrifft, es nicht nur nach Tübinger Maßstäben gehen kann. Ich finde, dass Sie da schon ein bisschen in den Bereich der Klamotte geraten sind. Gehen Sie doch nicht auf alles ein, bei dem die Boulevardpresse den Neid und die Wut auf die Politiker wieder einmal zelebriert. Das fand ich ein bisschen daneben.
(Beifall bei der CDU – Dr. Monika Schaal SPD: Sie teilen schon wieder Kopfnoten anstatt vernünftiger Argumente aus!)
Wie gesagt, das soll nicht bedeuten, dass nicht versucht werden soll, den Treibstoffverbrauch wenigstens zu mindern. Das ist schon in Ordnung.
Ein weiterer Punkt – damit bin ich dann auch am Ende: Es geht um Ihre Bemerkung, was das Tempolimit und das Lernen von anderen Ländern betrifft.
Herr Engels, ich weiß, dass Sie bei Ihrer zweiten Bemerkung sind, aber würden Sie Frau Goetsch ein Zwischenfrage beantworten?
Herr Engels, Sie sind ja auch von Hause aus Lehrer. Ich wollte Sie einmal fragen, was Sie von dem Thema Vorbildfunktion halten?