Protocol of the Session on January 31, 2007

(Michael Neumann SPD: Das sind Rechtsan- wälte!)

Sie machen es sich auch zu leicht, Herr Senator Gedaschko, wenn Sie hier eine Richterschelte betreiben. Ich weiß gar nicht, ob es in diesem Hause schon einmal vorgekommen ist, dass Hamburger Richter des Landgerichts und Oberlandesgerichts so abfällig bedacht worden sind. Es sind doch keine Deppen, die da zu Gericht sitzen.

(Beifall bei der SPD und Unmutsäußerungen von der CDU – Glocke)

Nur Herr Klooß hat das Wort und andere Lärmimmissionen möchte ich hier nicht hören. Ich bitte um mehr Ruhe.

Herr Klooß, bitte.

Das Dilemma ist doch gerade, dass Sie – im Ergebnis stimme ich Ihnen zu – das Urteil nicht in Ordnung fanden und die Richter, die am Oberlandesgericht dafür gesorgt haben, dass ein Vergleich geschlossen wurde, auch im Ergebnis nicht meine Gefühlslage bestimmt haben. Aber das Dilemma besteht eben darin, dass wir keine Gesetze und hinreichenden Richtlinien besitzen, die es den Richtern an die Hand geben, anders zu urteilen, als sie es getan haben. Das ist doch das Bemühen, das zunächst einmal alle im Hause befindlichen Fraktionen vereint hat, wo aber leider nachher die Ergebnisse auseinandergegangen sind.

Ich stimme Ihnen in einem Punkt zu: Es ist ein Risiko angesichts der Ergebnisse der Verfassungsänderung, was die Gesetzgebungskompetenz angeht, so ein Gesetz anzufassen. Aber mit diesem Risiko lebt Ihr Entwurf und damit lebt unser Entwurf. Warum sind Sie nicht ein biss

chen mutiger, meine Damen und Herren von der CDU, und stimmen gleich einem Gesetzesvorhaben zu, das die Sache richtig anpackt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Mit der Auseinandersetzung über die Anlage haben Sie sich total vergaloppiert; dazu hat der Kollege Maaß einiges gesagt. In der Änderung von Artikel 74 ist überhaupt nicht angelegt, für alle Änderungsmöglichkeiten, die der Landesgesetzgeber hat, den Anlagenbegriff des BundesImmissionsschutzgesetzes heranziehen zu müssen. Ich will Sie jetzt nicht mit einer Exegese des Verfassungstextes langweilen.

(Wolfhard Ploog CDU: Doch, machen Sie mal!)

Das ist in den Erörterungen schon weit und breit gemacht worden. Aber fest steht nach den Expertenmeinungen auch, dass allein Artikel 74 in der geänderten Fassung dem Landesgesetzgeber, also auch dieser Bürgerschaft, das Recht gibt, in diesem Bereich tätig zu werden und das machen wir.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man von dieser Möglichkeit, die weiter geht als die, wie Sie sie auffassen, keinen Gebrauch macht, heißt das nichts anderes, als weiterhin hinzunehmen, dass Kindertagesstätten, Kindergärten und ähnliche Einrichtungen durch Klagen dazu gezwungen werden, ihren Betrieb einzustellen, zu verändern oder einzuschränken. Wir wollen ja nicht etwas verhindern, was die Kläger dann ermutigt, es soll sie davon abbringen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ihre minimale Gesetzesänderung – Paragraf 29 a des Ausführungsgesetzes zum Achten Buch des Sozialgesetzbuches – greift zu kurz

(Wolfhard Ploog CDU: Echt?)

und wird in der Sache keinen Schutz und keine Privilegierung erreichen. Diese Norm wird – das prophezeie ich Ihnen – ein Placebo sein, eine weiße Salbe,

(Ingrid Cords SPD: Das wollen die ja!)

denn eine drittschützende Wirkung, die vor Gericht den Einrichtungen und Kindern zugute kommen wird, kann und wird diese zahnlose Norm nicht haben.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die Expertenanhörung hat deutlich ergeben, dass eine bloße normative Vorgabe unter der Überschrift "Kinderlärm ist zumutbar" nicht als Wertungsmaßstab bei einer zivilrechtlichen Entscheidung taugt, denn das Zivilgericht – darauf hat zutreffenderweise der Kollege Böttcher hingewiesen – wird weiter an die Vorgaben des Paragrafen 906 BGB in der weiten amorphen Fassung gebunden sein und damit sind Entscheidungen, die wir hier alle nicht mehr sehen wollen, weiterhin möglich. Gerade der Verzicht auf eine konkrete Regelung wird Nachbarn ermuntern, in diesem Bereich weiter tätig zu sein.

Meine Damen und Herren! Mit dem von uns eingebrachten eigenständigen Gesetz werden wir den Zivilrichtern einen Maßstab an die Hand geben, mit dem sie in zukünftigen Verfahren arbeiten können, nicht anhand eines mit festen Grenzwerten ausgestatteten Regelwerks, das halten wir nicht für nötig, sondern durch eine Konkretisierung der einschlägigen Rechtsbegriffe der Wesentlichkeit

und der Erheblichkeit unter der Geltung des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme, aber mit dem Obersatz, dass Kinderlärm grundsätzlich sozialadäquat und daher zu dulden ist. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ich gehe davon aus, dass alle zu Wort gekommen sind, die es zu dieser Debatte wollten. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 18/5563 und 18/5618 an den Umweltausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieses Überweisungsbegehren abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen, zunächst über den SPD-Antrag aus der Drucksache 18/5563. Wer diesem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mehrheitlich bei einigen Enthaltungen abgelehnt.

Nun zum Bericht des Umweltausschusses aus Drucksache 18/5618. Wer möchte der Ausschussempfehlung folgen und das Sechste Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich angenommen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? Den sehe ich nicht. Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Vom Bericht des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses aus der Drucksache 18/5629 hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Ich rufe auf Punkt 30 der Tagesordnung, Drucksache 18/5553 in der Neufassung, Antrag der CDU-Fraktion: Gespräche mit Muslimen aufnehmen.

[Antrag der Fraktion der CDU: Gespräche mit Muslimen aufnehmen – Drucksache 18/5553 (Neufassung) –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/5714 ein Antrag der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der GAL: Einrichtung eines regelmäßigen Dialogs mit Vertreterinnen muslimischer Verbände und Organisationen – Drucksache 18/5714 –]

Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion in den Sozialausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Beuß, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor wenigen Monaten haben wir hier die Staatsverträge mit der evangelischen und der katholischen Kirche verhandelt und endgültig abgestimmt.

Hamburg war seinerzeit das letzte Bundesland, das entsprechende Kirchen-Staatsverträge auf den Weg gebracht hat.

Wir wollen in dieser Frage nicht stehen bleiben. Jetzt möchten wir, dass Hamburg das erste Bundesland wird, welches einen Kirchen-Staatsvertrag im Sinne einer schriftlichen Vereinbarung mit den Muslimen in dieser Stadt abschließen soll. Es soll und kann kein Staatsvertrag werden, nicht, weil wir es nicht wollen, sondern weil gesetzliche Hindernisse das unterbinden.

Ich fand es sehr klug, dass der Bürgermeister beim Fastenbrechen im Oktober 2006 den rund geschätzten 130 000 Hamburger Muslimen die Hand gereicht hat. Er hat damit unter Beweis gestellt, dass er der Bürgermeister aller Hamburger ist, also auch für die Migranten.

(Beifall bei der CDU)

Die Regierungsfraktion hat dieses Angebot aufgenommen und den Ihnen vorliegenden Antrag formuliert. Außergewöhnlich ist daran, dass eine christliche Partei diese Option gegenüber den Muslimen eröffnet.

(Farid Müller GAL: Deswegen sind Ihre Kollegen auch alle geflüchtet!)

Unser Ziel ist, Bürger muslimischen Glaubens stärker in unsere Gesellschaft zu integrieren.

(Zuruf von Michael Neumann SPD)

Mensch, halten Sie doch mal den Mund, Herr Neumann. Das ist ja furchtbar.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Das gibt keinen Ordnungsruf?)