Protocol of the Session on December 12, 2006

Ein weiterer Erfolg, den wir, die Sozialsenatorin und ihr Staatrat, Dietrich Wersich, für uns verbuchen können, ist die Privatisierung von pflegen & wohnen. Ich kann mich noch gut an die Worte des damaligen Haushaltsausschussvorsitzenden, Herrn Zuckerer, erinnern, der uns schon vor Jahren angesprochen und Zusammenarbeit angeboten hat, pflegen & wohnen sei ein Fass ohne Boden, wir müssten in irgendeiner Form anständig heraus.

(Dirk Kienscherf und Doris Mandel, beide SPD: Anständig, anständig!)

Was tun Sie? Nachdem wir in der Fraktion und im Senat die Privatisierungsbeschlüsse gefällt hatten, fingen Sie an, von Kahlschlag zu reden, den älteren Menschen gehe es wieder schlecht in der Stadt, dies gehe zulasten der

Mitarbeiter. Sie haben keinen Deckungsvorschlag gemacht, nichts dergleichen, Sie haben nur herumgemeckert und überhaupt nichts geleistet. Sie haben von Privatisierungswahn und sozialem Kahlschlag gesprochen, aber nichts dergleichen ist passiert. Wir mussten dies so tun. Die Privatisierung ist ein voller Erfolg dieses Senats für die Mitarbeiter und insbesondere für die älteren Menschen in unserer Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben uns, den älteren Menschen und den Mitarbeitern von pflegen & wohnen einen katastrophalen Zustand hinterlassen, als wir die Regierung übernommen haben. Kein Mensch ging gern in die Einrichtungen von pflegen & wohnen.

(Doris Mandel SPD: Das ist doch Unsinn! – Dr. Mathias Petersen SPD: Das stimmt nicht!)

Renovierungsbedarf über Millionen – nichts dergleichen haben Sie geschafft. Geschafft haben Sie, dass wir ein Millionendesaster in dieser Frage hatten. Wir haben es angepackt. Wir werden den alten Menschen und insbesondere den Mitarbeitern durch die Privatisierung massiv helfen.

(Beifall bei der CDU)

Ein weiteres zentrales Anliegen unserer Politik ist der Opferschutz. Dafür haben wir einen eigenen Haushaltstitel eingerichtet. Frau Brinkmann hat ihn vor einigen Wochen als halbherzig gescholten.

(Petra Brinkmann SPD: Das ist er ja auch!)

Gut, damit muss man leben. Aber sehen wir uns die Zahlen noch einmal bei Lichte an: Wir haben die Mittel für die Förderung von Maßnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 375 000 Euro auf rund 3,1 Millionen Euro erhöht

(Doris Mandel SPD: Um einen Stein zu erneuern, reißt man ja nicht das ganze Haus ab!)

und unser Opferschutzprogramm ins Leben gerufen. Von einer Missachtung der Opfer, wie es die SPD den Menschen weismachen will, kann angesichts dieser Fakten keine Rede sein.

Kommen wir zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit: Die von uns eingerichteten Fachstellen für Wohnungsnotfälle – wir stellen 600 Wohnungen stellen wir zusätzlich zur Verfügung –, Eigenverantwortung und Hilfe zur Selbsthilfe sind ein zentrales Anliegen. Die rückläufigen Zahlen der Obdachlosen sprechen dafür, dass der Senat mit diesem Konzept auf dem richtigen Weg ist.

(Beifall bei der CDU – Uwe Grund SPD: Wo haben Sie das denn her?)

Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Grund. Da haben Sie sich in der Vergangenheit einen gewaltigen Rohrkrepierer geleistet. Sie wollten uns, der CDU, soziale Kälte weismachen. Sie haben behauptet, unser Fachstellenkonzept bringe nicht viel, die Fachstellen hätten zu wenig Personal, die Hilfsangebote erreichten die Betroffenen nicht. Fakt ist – und das mussten Sie später alles zugeben –, dass die Zahl der Obdachlosen rückläufig ist.

(Uwe Grund SPD: Woher haben Sie das denn?)

Ihre Kritik, Herr Grund, ist vollkommen grundlos

(Beifall bei der CDU)

A C

B D

und hilflos, denn Ihre Behauptungen fußen auf einer Studie, bei der nur 25 Personen befragt wurden. Sie versetzen die Autoren dieser Studie und die Öffentlichkeit, gelinde gesagt, in Erstaunen. Sozialpolitik, wie sie in diesem Punkt von Ihnen betrieben worden ist, Herr Grund, ist schlicht unseriös.

(Beifall bei der CDU)

Ich könnte noch etwas zu den Obdachlosenunterkünften sagen: Sie behaupteten, den Ärmsten der Ärmsten würden wir es auch noch nehmen. Fakt ist, dass 90 Prozent der Obdachlosen von Sozialhilfe leben. Wir haben überhaupt keinen Ansatz vorgenommen, dort etwas zu kürzen. Dort wird nichts gekürzt. Diese Menschen bekommen ihre Unterkunft, wie sie es in all den Jahren der CDU-Regierung bekommen haben, auch im Winter. Also behaupten Sie nicht so etwas.

(Beifall bei der CDU)

Frau Brinkmann, Herr Kienscherf, Herr Grund, Ihre Behauptungen über unsere Sozialpolitik in den letzten Monaten sind nichts weiter als ein peinlicher Versuch, die Öffentlichkeit zu täuschen.

(Dirk Kienscherf SPD: Ach?)

Wir brauchen ein tragfähiges, leistungsstarkes soziales Netz,

(Dirk Kienscherf SPD: Wir brauchen eine andere Sozialsenatorin!)

um auch weiterhin den Schwächeren unserer Stadt Schutz und Sicherheit zu bieten. Dazu gehört neben der Solidarität auch das Prinzip der Subsidiarität, also Hilfe zur Selbsthilfe. Die Förderung der Eigeninitiative der Bürger ist bei uns in guten Händen. Dafür steht die CDUFraktion, dafür steht unsere Sozialsenatorin, Birgit Schnieber-Jastram. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Gregersen.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern wurde sehr viel über die wachsende Metropole gesprochen, doch wer genau hinsieht, sieht auch wachsende Armut und die wachsende Spaltung dieser Stadt. Lange wollten Sie dies aber nicht wahrhaben. Vielleicht ist das auch der Grund, weswegen Sie sich stets geweigert haben, einen Armutsbericht zu erstellen, für den Sie als Opposition noch selbst votiert hatten.

Nun geben Sie zu, verstanden zu haben, und fangen an, zu reagieren, doch wie Sie agieren, zeigt, dass Sie überhaupt nichts verstanden haben. Weder unsere These zur kreativen Stadt haben Sie verstanden, noch wie Menschen wirklich unterstützt werden müssen, damit sie ihr Potenzial entwickeln können. Die kreative Stadt, Herr Bürgermeister – ich würde es ihm gern selbst sagen, aber leider ist er nicht mehr da – ist mehr als das, was Sie gestern angesprochen haben und auf das Sie es in Ihrer Generaldebatte reduziert haben. Uns geht es doch nicht nur darum, nur die Kreativwirtschaft zu fördern, sondern darum, die Talente der Menschen in Hamburg zur Geltung zu bringen und in die Gesellschaft einzubringen. Das hat verdammt viel mit Sozialpolitik und sozialer Gerechtigkeit zu tun.

(Beifall bei der GAL)

Es ist nicht nur unsozial, es ist unzumutbar, diese Menschen vom gesellschaftlichen Leben unserer Stadt auszuschließen und auch wirtschaftlich ist das völlig unvernünftig. Jeder Mensch verfügt über Talente, die individuell Freude bereiten können, aber auch die Gesellschaft nutzen kann. Es muss darum gehen, diese Talente zu fördern, besonders bei denjenigen, die Sie in den letzten Jahren an den Rand der Gesellschaft gedrängt haben.

Um ein paar Beispiele zu nennen. Gucken wir uns doch einmal die Obdachlosenband "Schattenlichter" an: Durch gezielte Förderung wurden wohnungslose Menschen zu Musikern und Sängern. Sie treten auf, sie erfreuen Menschen, sie spielen in Altenheimen und auf Feiern und Festen. Sie erhalten durch ihre Arbeit Anerkennung und auch Selbstvertrauen. So stellen wir uns die Förderung kreativer Potenziale vor und das möchten wir gefördert haben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Frau Bürgermeisterin grenzt weiter systematisch hilfsbedürftige Bürgerinnen aus, ohne ihnen eine echte Perspektive aufzuzeigen und andere Senatoren haben noch Anteil an der Ausgrenzung, ohne dass ihnen ihr Handeln vielleicht überhaupt bewusst wird.

Sie erhöhen die Fahrkosten. Bieten Sie den einkommensschwachen Menschen doch lieber bezahlbare Fahrkarten an. Sie erhöhen Gebühren, wie zum Beispiel in Wohnheimen für Obdachlose. Stellen Sie doch erst einmal genügend freie und bezahlbare Wohnungen zur Verfügung, bevor Sie wieder Druck ausüben. Ihr Handeln ist Zynismus pur und völlig unkreativ.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Beispiel Armut und Arbeitslosigkeit. Wenn alleinerziehende Frauen ein besonderes Arbeitslosigkeits- und Armutsrisiko haben, dann ist das nicht nur jeder einzelnen betroffenen Frau gegenüber ungerecht, sondern es ist eine Verschwendung von Talenten, die sich die Stadt nicht leisten kann. Wir müssen hier doch endlich gegensteuern. Wenn in bestimmten Stadtteilen Arbeitslosigkeit über Generationen weiter vererbt wird, dort viele Familien ohne Aussicht auf Erwerbsarbeit leben, wenn in diesen Gebieten zweistellige Schulabbrecherquoten sind, dann kann das doch nicht hingenommen und akzeptiert werden. Das ist eine Sünde gegenüber diesen Menschen, diesen Kindern und gegenüber diesen Familien und das ist ein Sündenfall für diese Stadt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dieses zu verhindern ist soziale Gerechtigkeit und bedingt einer kreativen Stadt wie wir sie verstehen und genau hier versagt Ihre Politik. Sie wollten nicht mit der Gießkanne agieren, sondern gezielt in sechs Quartieren beginnen. Aber warum denn genau in sechs Quartieren, warum nicht in sieben? Sie wissen doch gar nichts Genaues über diese Quartiere.

(Barbara Ahrons CDU: Weil Sie sechs gesagt haben! – Hans-Detlef Roock CDU: Natürlich, weil Sie das gesagt haben!)

Haben Sie irgendwelche Zahlen vorliegen? Haben Sie irgendwelches Monitoring gemacht? Erklären Sie mir zum Beispiel, warum Sie die Stadtteile Dehnhaide und Friedrichsberg als Gebiete haben und warum nicht Jenfeld? In

Jenfeld hat die Arche 60 Plätze für hungernde Kinder ausgebaut. Diese 60 Plätze reichen jetzt schon bei Weitem nicht mehr aus. Es wird jetzt auf 300 Plätze ausgebaut. Aber Suppe und Ehrenamt reichen alleine nicht. Diese Kinder brauchen noch mehr als Ehrenamt und Suppe. Hier reicht Ihr Engagement auch schon wieder nicht aus.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Nur wer mitgenommen und gefördert, unterstützt und nicht am Rande der Gesellschaft stehen gelassen wird, ist auch in der Lage, ein Leben unabhängig von staatlichen Leistungen führen zu können. Wir wollen endlich ankoppeln statt abkoppeln. Wir haben klare Vorstellungen, wie die Hilfen in den Stadtteilen aussehen sollen. Wir fordern 26 Quartierszentren, überall dort, wo es nötig ist, vor allem mit den Angeboten aus einer Hand für alle Menschen: Bildung, Unterstützung, Beratung. Wir wollen auch endlich das Sozialticket wieder einführen, aber Ihr Haushaltsplan-Entwurf zeigt erneut, dass es in allen Kernbereichen der sozialpolitischen Gestaltung nicht wirklich voran geht.

(Doris Mandel SPD: Soziale Kälte!)