Seit drei Jahren haben Sie, Herr von Beust, die absolute Mehrheit in Hamburg und damit auch die absolute politische Verantwortung.
Was zu befürchten war, ist leider auch eingetreten: Sie reklamieren zwar die Verantwortung für das Wachstum der Metropole Hamburg, aber die Schwachen haben Sie im Stich gelassen.
Gern – das haben Sie auch gerade eben getan – brüsten Sie sich jetzt mit den steigenden Steuereinnahmen, Sie stellen sogar die wachsende Zahl der Arbeitsplätze als Erfolg Ihrer Arbeit dar und dass so viele Schiffe in den Hamburger Hafen kommen, so kann man hören, sei dem Bürgermeister zu verdanken. Wir alle freuen uns über die kleiner werdenden Löcher im Staatshaushalt. Wir sind gemeinsam froh über jeden Arbeitslosen, der wieder einen Job findet. Mit jedem Schiff kommt Arbeit und Geld nach Hamburg. Das ist gut so. Wem ist dies alles zu verdanken?
Der Hamburger Senat hat – das ist kein Vorwurf, es ist einfach so – wirklich eher geringen Einfluss auf makroökonomische Bedingungen.
Man mag darüber streiten, ob dies für alle Politikfelder gilt. Hätte der Bürgermeister wirklich entscheidenden Einfluss zum Beispiel auf die Beschäftigungspolitik – was er ja in seinen Erfolgsbilanzen für sich reklamiert –,
Dann trüge er auch ganz persönlich die Schuld an den 5000 jungen Menschen, die bei uns ohne Ausbildungsplatz sind.
Ganz ohne Zweifel aber sind Sie mindestens zuständig für die verwahrlosten Kinder die ohne Arche im reichen Hamburg hungern müssten.
Dort hätten Sie Einfluss, nur dort haben Sie ihn nicht genutzt. Herr von Beust, wir lassen Ihnen Ihre Rosinenpickerei nicht durchgehen.
Ich darf daran erinnern, dass, als es bei Steuern und Arbeitsplätzen noch nicht so gut lief, zu Zeiten von Rotgrün, Sie die alleinige Verantwortung dafür in Berlin abgeladen haben. Jetzt läuft es, Gott sei Dank, besser. Nun soll dies alles Ihr Verdienst sein? Was haben Sie denn tatsächlich geleistet, damit die bundesweite Erfolgsstory bei Steuern und auf dem Arbeitsmarkt auch in Hamburg wahrgenommen wird? Was könnte denn ein Senat in Hamburg wirklich tun, wenn er das Wachstum des Bruttoinlandproduktes wenigstens um ein winziges Pünktchen hinter dem Komma ändern wollte?
Wir alle wissen und wir erleben es jeden Monat neu, dass die Regierung, wenn aus Nürnberg die neuen Arbeitslosenzahlen kommen, sagt, schön, sie sei erfolgreich, und die jeweilige Opposition jeweils genau das Gegenteil. Witzig ist aber, dass es, wenn die Opposition an die Regierung kommt, eine dreimonatige Schamfrist gibt, danach sind die Rollen vertauscht. Jeder redet sich schön. Ich gebe zu, dieses Spielchen haben Sie nicht allein erfunden. Es wird auch nicht von Ihnen allein gespielt. Einer der Gründe, warum die Politik bei vielen Bürgern nur noch begrenzte Glaubwürdigkeit genießt, ist hier zu suchen.
Die politische Klasse erzählt der staunenden Öffentlichkeit irgendetwas vom Pferd und der jeweilige politische Gegner wird als dumm, unfähig und böswillig dargestellt und das Gute jeweils nur bei der eigenen Partei gesucht. Dann wundern wir uns über den schlechten Ruf der Politiker. Warum sollten die Wähler uns schätzen, wenn wir selbst so offensichtlich wenig von einander halten? Ich werbe dafür, beim Eigenlob wie bei der Kritik die Kirche im Dorf zu lassen. Was gut ist, darf auch gut genannt werden.
Das muss man nicht heruntermachen. So halte ich etwa den Versuch, Herr Bürgermeister, mit dem Sprung über die Elbe die Metropolregion Hamburg aufzuwerten und die Nachbarn einzubinden, für gut und richtig. Wir wollen dies unterstützen.
Auf den wirklich relevanten Handlungsfeldern Hamburger Politik findet sich wenig Lobenswertes. Diese ureigenen Handlungsfelder Hamburger Politik sind vor allen Dingen Bildung, Soziales und Inneres. Senatserfolge in der Bildung? Fehlanzeige. Historisch hohe Klassenfrequenzen sind das Markenzeichen Ihrer Regierung, Herr von Beust.
Ein grob ungerechtes Gebühren- und Zugangssystem bei Kitas und Vorschulen ist Ihre Leistung. Wir wollen bei der Bildung wirklich Chancengleichheit für alle Kinder in dieser Stadt.
Und wir wollen auch, dass alle Kinder das letzte Kita-Jahr oder Vorschuljahr kostenfrei besuchen dürfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zur Innenpolitik, zur Sicherheitspolitik. Herr Bürgermeister, auch bei der Sicherheitspolitik hat Ihre Bilanz immer mehr Schattenseiten. Sicherheit in Hamburg war doch mal ein Steckenpferd Ihres Ex-Partners und Steigbügelhalters Ronald Schill. Dieser famose Senator kam damals mit Ihrer Hilfe ins Amt
Er kam ins Amt, weil er den Hamburgerinnen und Hamburgern versprach, es sei nun Schluss mit Lustig. Sie beide sind 2001 angetreten, um die Gewalt, insbesondere die Jugendgewalt in Hamburg zurückzudrängen. Was ist heute das Ergebnis? Die Jugendgewalt auf offener Straße erreicht traurige Rekordwerte, meine Damen und Herren.
Vor ein paar Tagen ist wieder ein stadtbekannter jugendlicher Straftäter nach einem brutalen Überfall mit einer Bewährungsstrafe davongekommen. Ich will das Urteil gar nicht kritisieren oder bewerten.
Aber was hätten Sie uns vorgehalten, wenn wir verantwortlich für diese Strafverfolgung gewesen wären?
(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke GAL – Harald Krüger CDU: Schon mal etwas von Gewaltenteilung gehört?)
Ihre Konzepte sind entweder Fehlanzeige oder krass gescheitert. In Ihrem Wahlprogramm 2004 haben Sie geschrieben – ich zitiere –:
"Wir haben eine gesicherte Unterbringung für jugendliche Intensivtäter geschaffen und so die Kriminalitätsrate in Hamburg deutlich gesenkt."
Meine Damen und Herren von der CDU! Nicht allein dieses Haus in der Feuerbergstraße ist zum Symbol für Ihr Scheitern in der Bekämpfung der Jugendkriminalität geworden. Mit dieser Einrichtung haben Sie die Kriminalitätsrate doch erhöht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Sozial- und innenpolitische Themen sind nicht Ihre Sache, Herr Bürgermeister. Sie wollen Leuchttürme bauen, Denkmäler des Hamburger Aufbruchs, Symbole der wachsenden Metropole. Einmal abgesehen davon, dass Sie fälschlich immer so tun, als sei die von Bürgermeister Henning Voscherau vorausgedachte und vorausgeplante HafenCity Ihre ureigenste Idee, werfen diese Leuchttürme, über deren Sinn und Nutzen ich im Einzelnen nicht streiten will, ihr Licht vor allem auf die besonders helle Seite unserer Stadt. Sie haben dagegen die Schattenseite der Stadt ausgeblendet, Herr von Beust. Um Ihre Leuchttürme finanzieren zu können, haben Sie sogar bei denen abkassiert, die ohnehin kaum etwas haben. Ich nenne nur die Abschaffung der Lernmittelfreiheit, höhere Kita-Gebühren, höhere Büchereigebühren, größere Klassen, Schließung von wichtigen Einrichtungen der sozialen und psychosozialen Versorgung in den Stadtteilen. Diese Liste lässt sich endlos fortsetzen. Jede einzelne Maßnahme ist eine besondere, sozialpolitische Ungerechtigkeit.