Protocol of the Session on June 29, 2006

Ich glaube, wir sollten in dieser Frage nicht völlig blind – denn Sie wissen, was ich nicht genannt habe, es sind noch ein paar Dinge mehr, – nach anderen klassischen Einwanderungsländern schauen, solange wir es nicht auch in allen anderen Einwanderungsfragen tun. Wir müssen schauen, was zu uns passt. Das ist in jedem Fall ein würdiger Rahmen hier im Rathaus, das passt zu einer menschlichen Metropole. Nun machen Sie einmal und dann schauen wir weiter!

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Jetzt hat Frau Güçlü das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben an dieser Stelle schon mehrfach gemeinsam über Einbürgerung und Einbürgerungsfeiern – Herr Kraxner, letztes Jahr im Sommer – debattiert. Ich erinnere mich gut daran, dass das ganze Haus auch da einstimmig dem CDU-Antrag gefolgt ist.

Meine Fraktion hat auch damals sehr deutlich gemacht, dass wir für Einbürgerungsfeiern sind, weil wir darin unter anderem auch eine Möglichkeit sehen, die Integrationsleistungen der Menschen zu würdigen und anzuerkennen. Eine stichprobenartige Befragung, die der Senat beziehungsweise die Fachbehörde gemacht hat, hat ergeben, dass über die Hälfte der eingebürgerten Menschen ein großes Interesse an diesen Feiern hat. Im Übrigen möchte ich am Rande anmerken, dass die Idee für Einbürgerungsfeiern eine urgrüne Idee ist und seit vielen Jahren in vielen anderen Bundesländern erfolgreich praktiziert wird.

(Beifall bei der GAL)

Ich denke, dadurch, dass die CDU hier parlamentarisch die Initiative ergriffen und das beantragt hat, macht es das nicht zu einer falschen Sache. Deswegen haben Sie auch unsere Zustimmung bekommen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Einbürgerungsfeiern sind also eine gute und notwendige Sache, aber ich möchte zu bedenken geben, dass sie keine Integrationspolitik ersetzen und zunächst einmal wenig über die Integrationsfreudigkeit und -willigkeit des Senats aussagen, denn das Ausmaß der verfehlten Integrationspolitik hier in der Stadt zeigt sich doch in den

massiv rückläufigen Zahlen der Einbürgerungen. Da bin ich gespannt, ob uns der Innensenator nachher das Gegenteil erzählen möchte. In den letzten vier bis fünf Jahren, meine Damen und Herren, ist sowohl die Zahl der Einbürgerungen als auch die Zahl der Anträge ganz massiv zurückgegangen. 56 Prozent der Menschen, die hier leben, stellen keinen Antrag mehr beziehungsweise – und auch das hat Frau Özoguz vorhin deutlich gemacht – hat die Kleine Anfrage der SPD, die erst vor wenigen Tagen beantwortet wurde, deutlich gemacht, dass von den 250 000 Menschen mit ausländischem Pass hier in der Stadt – zumindest was die Aufenthaltsdauer anbetrifft – circa 130 000 die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllen. Die Frage, die sich stellt, ist doch: Warum stellen sie keinen Antrag? Wir wissen, dass die Einbürgerung die einzige Form ist, der einzige Status, der den Menschen neben gleichen Pflichten zumindest auch gleiche Rechte garantiert. Auf diese Fragen würde ich mir von Ihnen, Herr Innensenator, eine Antwort wünschen: Warum gehen die Antragszahlen zurück? Warum gehen die Einbürgerungen zurück und was gedenken Sie zu tun, welche Handlungsschritte wollen Sie unternehmen, um diesem Prozess entgegenzusteuern?

Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin schon sehr deutlich gesagt, dass aus unserer Sicht Einbürgerungsfeiern alleine nicht ausreichen. Wir meinen, die Zahlen der Einbürgerungen müssen in unserer Stadt deutlich steigen. Dazu stellen wir uns vor, dass wir eine breite Integrationskampagne machen müssen. Vielleicht werden sich einige von Ihnen daran erinnern, dass in den Jahren 1999 und 2000 von der damaligen Hamburger Ausländerbeauftragten eine große Einbürgerungskampagne gefahren wurde, die sehr erfolgreich war. Wir haben in den Jahren die höchsten Einbürgerungsquoten und auch die höchsten Antragsstellungen gehabt.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus Berlin geben. Berlin ist eine Stadt, die es entgegen dem Bundestrend und auch dem Hamburger Trend geschafft hat, die Einbürgerungszahlen nach vielen Jahren des Rückgangs wieder deutlich zu erhöhen. Was macht aber Berlin? Zum einen macht Berlin seit Januar dieses Jahres eine große Einbürgerungskampagne. Unter dem Motto "Das passt zu mir" werben bekannte Gesichter, die sich selber haben einbürgern lassen, mit stichhaltigen Argumenten für die Einbürgerung. Das passiert aber erst seit Januar dieses Jahres, aber schon letztes Jahr hat Berlin ein Beschleunigungsprogramm verabschiedet. Der Senat hat beschlossen, das Einbürgerungsverfahren zu verschlanken und auch transparenter zu machen. Menschen, die einen Antrag stellen, haben dort die Möglichkeit und einen Anspruch darauf, nach mindestens sechs Monaten über den Stand ihres Verfahrens informiert zu werden. Ich glaube, wenn Sie im Gespräch mit den Migrantenverbänden sind, werden Sie sich nicht wundern, dass ganz viele äußern, dass sie nach wie vor das Einbürgerungsprozedere in Hamburg als sehr kompliziert und intransparent wahrnehmen.

Gestatten Sie mir noch wenige Worte zu der Innenministerkonferenz, die in Garmisch-Partenkirchen stattgefunden hat, denn da wurden die Einbürgerungsbedingungen im Grunde genommen noch einmal deutlich zusammengefasst. Die neuen Stichworte sind hier Vereinheitlichung und Verschärfung. Wir meinen, dass eine Vereinheitlichung richtig ist, aber eine Verschärfung halten wir für absolut kontraproduktiv und sind entschieden dagegen, denn Verschärfung, meine Damen und Herren, baut wei

tere Hürden auf und schreckt damit einbürgerungswillige Migranten ab, einen Antrag zu stellen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Wir meinen, es sollte Teil von Integrationspolitik sein, Einbürgerungen aktiv zu fördern, aber eine Politik, die einbürgerungswillige Migranten durch immer neue Hürden davon überhaupt abhält, Anträge zu stellen, verhindert unserer Ansicht nach Integration.

Zum Abschluss möchte ich noch zwei Anmerkungen machen. Es ist zwar schön, dass wir uns freuen können, dass jetzt die Einbürgerungsfeiern im Rathaus kommen, aber wenn Sie nichts unternehmen, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion und auch der Senat, dann wird der Innensenator bald bei seinen Einbürgerungsfeiern alleine im Rathaus sitzen und Däumchen drehen, weil die Zahlen massiv zurückgehen.

(Beifall bei der GAL)

Die zweite Anmerkung, die ich vor einigen Monaten schon einmal deutlich gesagt habe, ist, dass der Senat und auch die Fachbehörden – schauen Sie sich die Veröffentlichungen einmal an – selbst bei eingebürgerten Menschen nach wie vor, zumindest in den Sachen, die schriftlich herausgegeben werden, von eingebürgerten Ausländern sprechen. Da würde ich doch dringend anraten, sämtliche Veröffentlichungen dahingehend durchzuarbeiten und die Perspektive zu wechseln, denn es sind keine eingebürgerten Ausländer, es sind Deutsche. Ich glaube, man könnte damit sonst ein falsches Signal setzen, dass Menschen denken, selbst wenn wir eingebürgert sind, werden wir immer noch als Ausländer wahrgenommen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Noch ein interessanter Widerspruch, Herr Kraxner, tut sich sehr deutlich auf. Der ist schon in Ihrem Antrag vom Sommer letzten Jahres zu finden, der ist in der aktuellen Senatsdrucksache und auch in der Stellungnahme des Integrationsbeirats zu der Einführung von Einbürgerungsfeiern zu finden. Sie haben auch vorhin noch einmal sehr deutlich gesagt, dass Sie mit den Einbürgerungsfeiern den Menschen ein Zeichen des Willkommens setzen wollen. Ich weiß nicht, ob wir von derselben Zielgruppe sprechen. Das sind nicht Menschen, die gestern hierher gekommen sind, das sind Menschen, die im Durchschnitt zehn bis zwölf Jahre hier leben. Da frage ich mich, ob Sie nicht ein wenig spät mit einem Zeichen des Willkommens sind. Das halte ich für ziemlich absurd.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Da kann ich nur sagen, dass ich mich freue, dass Sie nicht auf die Idee gekommen sind, die Einbürgerungsfeiern im Wellcome-Center für Neuzuwanderer abzuhalten, weil das, glaube ich, die absolute Krönung des Sarkasmus wäre.

(Beifall bei Manuel Sarrazin GAL)

Lassen Sie mich einen letzten Punkt sagen. Sie haben mit dem WM-Fieber angefangen. Tatsächlich herrscht in unserem ganzen Land ein großes WM-Fieber und auch ich bin davon erfasst. Ich glaube, jeder und jede von Ihnen, die durch die Stadt gehen, wird sich gewundert haben, dass natürlich auch bei den eingewanderten Menschen in der Stadt die Begeisterung und die Leidenschaft unheimlich groß ist. Ich wage sogar zu behaupten, dass

sie diejenigen sind, die mit weniger Vorbehalten die Deutschlandfahne schwenken und begeistert unsere Nationalmannschaft unterstützen. Das ist eine Stimmung, die schon lange da ist. Ich habe manchmal den Eindruck, dass es Ihrer Fraktion sehr gut täte, meine Damen und Herren von der CDU, diese Stimmung auch wahrzunehmen, wertzuschätzen und zu nutzen und in Ihrer Integrationspolitik auch sinnvoll umzusetzen. Dieses Wir-Gefühl zu stärken, ist die eigentliche Herausforderung, vor der wir stehen und da liegt, glaube ich, noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Herr Senator Nagel.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Sind Sie schon einge- bürgert? – Uwe Grund SPD: Herzlich willkommen! Wir begrüßen auch die Bayern!)

– Sehr schön. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich fühle mich nicht als eingebürgert. Das ist keine Frage. In Hamburg werden ab November – wir haben schon einiges gehört – zentral Einbürgerungsfeiern für neu eingebürgerte Staatsangehörige eingeführt. Die Feier soll – und das ist, glaube ich, der unterschiedliche Ansatz, der hier besteht – der feierliche Abschluss einer vorher erfolgten erfolgreichen Integration sein.

Wer die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllt hat, der hat es meiner Ansicht nach auch verdient, dass dieses in einem entsprechend würdigen Rahmen anerkannt wird. Ich freue mich sehr über den breiten politischen Konsens, dass Einbürgerungsfeiern fraktionsübergreifend unterstützt werden. Es ist gut, dass wir uns bei diesem für unsere Gesellschaft so wichtigen Thema einig sind. Umso mehr wundert es mich, wenn ich mir die Redebeiträge anhöre, die alles wieder zerreden und Gegenreden darstellen. Eigentlich geht es darum, dass wir Einbürgerungsfeiern gemeinsam tragen. Insofern ist für mich ein Teil dieser Beiträge nicht ganz nachvollziehbar. Es ist etwas Positives und sollte wirklich ein Willkommensgruß in der deutschen Staatsbürgerschaft sein. Das ist der entscheidende Ansatz dabei.

Aber ein paar Worte zum geplanten Ablauf der Einbürgerungsfeiern, soweit man es heute schon sagen kann, denn Sie wissen, dass die Planungen hierzu noch laufen.

Der erste Termin wird im November sein und in den kommenden Jahren sind je nach Teilnahme zwei bis drei Einbürgerungsfeiern vorgesehen. Für den NovemberTermin werden all diejenigen eingeladen, die bis zum 6. Juni 2006 eingebürgert sein werden. Die erste Einbürgerungsfeier wird vermutlich vom Ersten Bürgermeister durchgeführt. Geplant ist, dass Ole von Beust all denjenigen Einbürgerungsbewerbern, die die Urkunde vom Ersten Bürgermeister erhalten möchten, diese im Rahmen der Feierstunde aushändigt. Der Rahmen soll natürlich festlich-feierlich sein, wie es sich gehört, also im Großen Festsaal mit der passenden Musik. Pro Feier rechne ich mit einigen hundert Teilnehmern. Bei der ersten Feier mit einer Zahl zwischen 500 bis 1000 Teilnehmern.

Die Mitarbeiter des Einwohnerzentralamtes haben einen Monat lang Einbürgerungsbewerber befragt, ob sie Interesse an solch einer Feier hätten. Über 50 Prozent der befragten Einbürgerungsbewerber zeigte großes Inte

resse. Daher komme ich auch auf die Zahl zwischen 500 und 1000, die wohl teilnehmen werden. Aber die Erfahrungen werden zeigen, wie groß die Resonanz tatsächlich ist, ob die Feierlichkeiten angenommen werden. Es gibt nämlich durchaus Städte, in denen die Feierlichkeiten wieder abgesagt wurden, weil die Resonanz bei den Neubürgern teilweise nicht so groß war. Dass allerdings in Hamburg ein großes Interesse vorhanden ist, wissen wir auch vom Integrationsbeirat, der das aus seinen Erfahrungen mehrfach betont hat.

Noch ein paar Worte zu den Zahlenspielereien, die hier immer diskutiert werden. Fakt ist, dass die Rechtslage im Jahr 2000 geändert wurde, und zwar dergestalt, dass die Mindestaufenthaltsdauer von fünfzehn auf acht Jahre heruntergesetzt, also fast halbiert wurde. Das hat natürlich dazu geführt, dass in dieser Zeit die Einbürgerungszahlen automatisch nach oben gegangen sind. Dass dieser Effekt irgendwann wieder abebbt, ist gar keine Frage. Ich kann Ihnen aber sagen, dass die Einbürgerungsanträge im letzten Jahr um 500 Einbürgerungen im Vergleich zu 2004 zugenommen haben. Insofern sind wir wieder im Aufsteigen begriffen und diese Zahlenspielereien, die Sie vorgetragen haben, sind schlichtweg falsch.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend sagen, dass wir die neuen Staatsangehörigen mit den Einbürgerungsfeiern ausdrücklich willkommen heißen, und zwar in der deutschen Staatsangehörigkeit und ihre Integrationsanstrengungen hiermit auch würdigen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Für solch eine festliche Feier ist das Rathaus der passende Rahmen. Ich sage es ganz einfach: Ich freue mich auf die neuen deutschen Staatsangehörigen. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen und stelle fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Ich rufe Punkt 41 auf, Drucksache 18/4518, Bericht des Kulturausschusses zum Thema: Familienfreundlichere Preisgestaltung für die Hamburger Staatstheater.

[Bericht des Kulturausschusses: "Familienfreundlichere Preisgestaltung für die Hamburger Staatstheater" (Selbstbefassungsangelegenheit) – Drucksache 18/4518 –]

Auf die Debatte wird einvernehmlich verzichtet. Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf, die Drucksachen 18/4394 bis 18/4399, Berichte des Eingabenausschusses.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drucksache 18/4394 (Neufassung) –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drucksache 18/4395 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drucksache 18/4396 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drucksache 18/4397 –]