Herr Senator Uldall, da war sogar die FDP, die seinerzeit noch in diesem Hause war, pragmatischer als Sie und hat die Gefahr erkannt. Gott sei Dank haben wir uns hier buchstäblich in letzter Minute dazu entschlossen, die Hamburger Werften zu retten und gemeinsam diesen Beschluss auf den Weg zu bringen. Ich hoffe in diesem Zusammenhang nur, dass das, was im letzten Jahr passiert ist, nicht zum Nachteil beispielsweise der Hamburger Werft Blohm + Voss wird, wenn es jetzt zu einem Unternehmenszusammenschluss der Emdener Werften, der Hamburger Werften und der Kieler Werften kommt, und wir trotzdem die Chance haben, an diesem Standort die Zentrale dieses großen Schiffbauunternehmens zu haben und die Vorteile, die wir als Hafenstandort auch aus dem Schiffbau ziehen, auch in Zukunft in dieser Stadt verzeichnen können. Ich hoffe, Sie haben in der Vergangenheit keine Fehler gemacht, die letztendlich die Chancen, die Hamburg in diesem Bereich eigentlich hätte, kaputtmachen.
Meine Damen und Herren! Wie schwierig es ist, industrielle Kernbereiche und Konzerne in Hamburg zu halten, haben wir an Beiersdorf gesehen. Welche Probleme das noch nach sich ziehen wird, werden wir in diesem Hause sicherlich bei Gelegenheit diskutieren und wir sehen im Moment am Beispiel Phoenix auch, wie schwer das ist.
Wir alle wissen, dass der Einfluss einer Regierung eines Stadtstaates beim Halten großer Industriebetriebe relativ gering ist. Desto mehr kommt es darauf an, sich in Gesprächen dafür einzusetzen.
Aber auch wenn die staatlichen Handlungsmöglichkeiten begrenzt sind, können wir in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Gewerbeflächenpolitik, natürlich für die Industrieansiedlung etwas tun. Da muss man schon einmal gucken, wo man solche Flächen hat und erhalten will.
Es gab in den letzten Wochen auch einen Artikel in der Zeitung, wo sich ein Unternehmen, das in Wandsbek am Friedrich-Ebert-Damm angesiedelt ist, darüber beschwert hat, dass es sein Grundstück nicht verwerten kann. Einige Kollegen nicken hier, die kennen das noch aus ihrer Zeit in der Bezirksversammlung Wandsbek, wo wir uns einig waren, dass dieser Bereich als Industriegebiet erhalten bleiben sollte. Die Unternehmen, die diese Flächen besitzen, wollen das immer anderweitig verwerten, weil sie da mehr Geld bekommen. Gleichzeitig hat seinerzeit der Präsident des Industrieverbandes – es war nicht der jetzige, sondern der Vorgänger – gefordert, der Senat möge sich doch bitte schön dafür einsetzen, dass mehr Industrieflächen zur Verfügung gestellt würden. So geht es natürlich nicht, dass die Interessenvertreter auf der einen Seite sagen, die Stadt müsste mehr tun und die Mitgliedsunternehmen dieser Verbände dann ihre Verwertungsinteressen in den Vordergrund stellen und sagen, wir wollen da aber einen Baumarkt oder sonst etwas hinhaben. Industrieflächen, die es in dieser Stadt gibt und die auch störendes Gewerbe aufnehmen können, müssen auch als Industrieflächen erhalten bleiben.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass wir in Hamburg eine kleine Industrielandschaft haben, die durchaus zukunftsträchtig ist. Sie haben auf den Bereich Life-Science hingewiesen, auf den Bereich Luftfahrt; auch die Werftindustrie gehört dazu. Die Studie der HSH Nordbank dazu zeigt, dass wir durchaus Entwicklungspotenziale haben. Insbesondere im Bereich der Medizintechnik, der die ganze Metropolregion umfasst, haben wir seit einiger Zeit zweistellige Zuwachsraten. Das sind Punkte, auf denen man aufbauen kann, und diese gilt es zu erhalten. Die Basis der Hamburger Wirtschaft ist auch die Industrie und wir Hamburger Sozialdemokraten stehen an der Seite der Industriebetriebe und hoffen, dass es uns gelingt, diese zu erhalten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Senat propagiert das Leitbild der "Wachsenden Stadt" und möchte gern die wirtschaftsfreundlichste Metropole in Deutschland sein. Und wie Herr Mattner schwärmte, hat er bei der Lektüre der Antwort auf diese Große Anfrage dort auch alle entsprechenden Punkte gefunden.
Wenn man selber in diese Große Anfrage hineinschaut, dann fragt man sich wirklich, ob man das Gleiche gelesen hat wie Herr Mattner, denn was in dieser Großen Anfrage steht, ist eigentlich kalter Kaffee. Letztendlich ist es eine Beschreibung des Ist-Zustands, eine Beschreibung von Schwerpunktsetzungen, die alle vorherigen Senate auch
schon so gemacht haben. Das einzig Neue ist, dass man einen schönen neudeutschen Begriff gefunden hat, den man Cluster nennt, und meint, jetzt sei die Sache erledigt. Ansonsten beschränkt man sich auf das Malen schöner Bilder, aber konkrete Maßnahmen und ähnliche Dinge sind nicht zu finden. Das fand ich sehr enttäuschend, denn wenn Sie wirklich eine wachsende Stadt haben wollen, dann brauchen Sie natürlich auch etwas Neues.
Aber auf welchen dieser Gebiete liegt denn der eigene Schwerpunkt der Union? Der Luftfahrt-Cluster, wie Sie es nennen, ist auch schon ein paar Jahre alt.
Der Hafen ist seit Jahrhunderten ein Motor der hamburgischen Wirtschaft. Bei Life-Science haben Sie einfach eine bestehende Agentur von der Zuständigkeit der Gesundheitsbehörde in die Wissenschaftsbehörde verschoben und sie anders genannt. Das sind mit Sicherheit keine neuen Weichenstellungen, die diese Stadt voranbringen.
Herr Mattner schreit immer "Gewerbeflächen, Gewerbeflächen" dazwischen. Herr Mattner, Sie haben ausgeführt, dass es möglich sei, neue Industrieflächen auszuweisen. Wenn Sie aber einmal in der Kommission für Bodenordnung gewesen wären, dann würden Sie feststellen, dass alle für Industrie ausgewiesenen Flächen seit Jahren mehr oder weniger unverkäuflich in den Regalen – im übertragenen Sinne – der Stadt liegen bleiben, weil es so gut wie überhaupt keine neuen Industrieansiedlungen in dieser Stadt gibt. Allerdings werden solche Industrieflächen vorrangig für den Einzelhandel – da kennen Sie sich natürlich sehr gut aus – umgewidmet. Und wenn man das ständig macht, dann muss man natürlich neue Industrieflächen ausweisen, weil es sonst immer weniger werden. Aber das ist keine Strategie, die diese Stadt voranbringt.
(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Dr. Andreas Mattner CDU: Das ist doch ein Mär- chen, was Sie hier erzählen!)
Ich möchte noch einmal auf den Begriff Cluster zurückkommen, ein wirtschaftswissenschaftliches Konzept, das Sie hier so beschwören. Wenn man sich Ihre Ausführungen dazu anhört, hat man den Eindruck, dass Sie gar nicht verstanden haben, was das ist und was in einem Cluster eigentlich passiert. Ein Cluster bedeutet nicht nur einen Haufen von Unternehmen aus der gleichen Branche, der sich irgendwo zusammenballt, sondern da muss noch etwas Zusätzliches dazukommen. Es muss eine dynamische Branche sein, eine Vielzahl unterschiedlichster Firmen agieren untereinander, es entsteht eine selbstständige Dynamik, die dann einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Standorten bietet, wo es vielleicht auch viele dieser Unternehmen gibt. Wie aus dieser Beschreibung schon deutlich wird, braucht ein existierender Cluster keinerlei wirtschaftspolitische Eingriffe mehr, denn dann ist eine Selbstdynamik geschaffen worden. Es wäre sogar ein Mitnahmeeffekt oder reine Geldverschwendung, wenn die Politik in solche Bereiche noch Geld investiert. Es muss darum gehen, neue Cluster anzustoßen und nicht in existierendes Geld zu versenken.
Genau das ist allerdings Ihre Strategie. Sie gucken sich die Bereiche an, in denen Hamburg bereits stark ist, und sagen, jetzt packen wir da noch mehr Geld hinein, zum Beispiel in den so genannten neuen China-Cluster. Natürlich ist Hamburg in diesem Bereich ziemlich stark und auch schon länger führend. Dass Sie sich darum kümmern, ist lobenswert, aber mit Sicherheit werden Sie dort nichts wesentlich Neues schaffen, das uns voranbringt.
Was Sie hier vorzuweisen haben, ist mager und kalter Kaffee. Es ist Industriepolitik von gestern. Sie schaffen es auch nicht, Schwerpunkte zu setzen. Sie haben inzwischen sechs bis sieben Cluster definiert. Das sind ein bisschen viele Schwerpunkte für eine Industrieregion, da wäre weniger mehr. Aber diese Erfahrungen machen Sie im Haushalt ja auch. Sie haben im Haushalt als Schwerpunkt in der letzten Legislatur Justiz, Inneres, Verkehr und Bildung deklariert. Alle großen Ausgabenblöcke eines Bundeslandes sind damit Schwerpunkt. Dann kann man natürlich keine Mittel konzentrieren, man kann nicht sparen und dann kommt man nicht weiter voran. Das wird an der fehlenden Haushaltskonsolidierung deutlich.
Sie verzetteln sich ebenso in der Wirtschaftsförderung und das sieht man ganz besonders dann, wenn Sie wirklich einmal konkret werden. Sie wollen sich nicht nur um zukunftsträchtige Branchen kümmern, sondern wenn Sie von Investitionshemmnissen sprechen, dann wollen Sie sich offenbar besonders um energieintensive Industrien kümmern. Und da sind dann solche Instrumente wie Ökosteuer, EEG und das Emissionshandelsgesetz aus Ihrer Sicht ein Investitionshemmnis. Das ist der Blick von gestern auf die Zukunftsfragen von heute, denn um welche Branchen geht es dort? Es geht um die Stahl- und die Aluminiumindustrie, alles große Branchen des 20. Jahrhunderts, die aber im 21. Jahrhundert die Wirtschaft in den entwickelten Industriestaaten nicht weiter voranbringen werden.
Ein großes Problem in Deutschland sind die Erhaltungssubventionen, nämlich Altes, über das die Entwicklung hinweggegangen ist, auf Deubel komm raus erhalten zu wollen. Sie können aber nicht Mittel in das Alte stecken und gleichzeitig Neues fördern; dafür reichen die Mittel nicht.
Das wirklich Schlimme dabei ist, dass die wirtschaftspolitischen Ansätze, die dieses Land und auch diese Stadt voranbringen, einer solchen strukturkonservativen Industriepolitik aus Ihrer Sicht im Weg sind.
Wenn man sich anguckt, was das Ökosteuergesetz, das Kraft-Wärme-Kopplung-Gesetz, das EEG und andere Gesetze bewirkt haben, dann ist das die Branche der erneuerbaren Energien in Deutschland, in der wir in den letzten 20 Jahren zum Weltmarktführer geworden sind,
Sie wollen jetzt diese moderne und zukunftsgerichtete Industrie kappen wie ein junges Pflänzlein, um die Dinosaurierindustrien von gestern zu erhalten, von denen wir schon heute wissen, dass sie in dieser Stadt und in diesem Land keine Zukunft haben werden. Da sind Sie wirklich falsch gepolt und Sie sollten dort ein bisschen mehr wirtschaftspolitischen Sachverstand walten lassen.
Anscheinend haben Sie gar nicht begriffen, dass Sie damit sogar einen Ihrer eigenen propagierten Cluster aus Ihrem Regierungsprogramm verhindern. Sie haben in Ihrem Regierungsprogramm neben den bereits erwähnten Clustern auch den neuen Cluster erneuerbare Energien und Brennstoffzellentechnologie aufgenommen. Aber Sie wollen jetzt alle Instrumente, die diesen Bereich voranbringen, ersatzlos streichen.
Ich habe zwar mitbekommen, dass die CDU-Fraktion an der Erstellung dieses Regierungsprogramms nicht sonderlich beteiligt war, aber so offenkundig sollten Sie den Autoren dieses Papiers doch nicht in den Rücken fallen, Herr Mattner.
Von daher ist diese Große Anfrage relativ enttäuschend. Es steht nichts Neues drin, wir hören im Grunde genommen nur Wahlkampfreden. Es wäre wirklich sinnvoll, mit der Arbeit anzufangen und konkrete Konzepte vorzulegen. Darüber könnten wir auch sinnvoll reden. Aber solche Debatten wie heute sind Schaufensterdebatten und haben für die Wirtschaftspolitik in dieser Stadt keinerlei Bedeutung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei den Kollegen Mattner, Frau Ahrons und den übrigen Initiatoren der Großen Anfrage dafür bedanken, dass das Thema "Industrie in Hamburg" hier im Parlament auch einmal debattiert wird. Wir debattieren zu häufig nur über die Felder Dienstleistungen, Logistik, Medien. Aber dass wir über Industrie im Parlament debattieren, ist auch wichtig, denn wir haben eine ganze Reihe von Perlen in Hamburg, die ich gleich einmal nennen möchte.
Ich möchte aber vorweg noch sagen, dass ich mich über die Rede von Ihnen, Herr Egloff, sehr gefreut habe. Ich hoffe, diese Bemerkung schadet Ihnen jetzt nicht innerhalb der Fraktion,