Protocol of the Session on May 26, 2004

Also: Wie entwickeln sich die Schülerzahlen in den Schulkreisen? Welche Standorte gibt es dort? Wie sind die bisherigen Frequenzen? Wie ist der bauliche Zustand der Schulen und was ist sonst noch wichtig zu wissen? Es liegt dann in der Verantwortung der Gremien vor Ort, diese Verantwortung, die sie mit dem Verfahren bekommen, zu nutzen. Eines muss klar sein: Ein einfaches "weiter so" oder gar eine Stellungnahme nach dem Sankt-Florians-Prinzip würden das Ziel verfehlen.

Es ist anschließend Aufgabe der Bildungsbehörde, die Stellungnahmen auszuwerten und mit eigenen Erkenntnissen zum Entwurf der neuen Schulstandortplanung für die Jahre 2005 bis 2015 zusammenzufassen. Dieser Entwurf wird natürlich erneut in den Gremien vor Ort diskutiert, um dann am Ende in der Deputation und in der Bürgerschaft beraten zu werden.

Einen derart breiten Beteiligungsprozess hat es in der Hamburger Schulpolitik noch nicht gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte bereits heute meinen Dank auch an die Mitarbeiter der Bildungsbehörde aussprechen, die in den nächsten Monaten hierfür die äußerst komplexe Vorarbeit leisten müssen.

Dieser umfangreiche Beteiligungsprozess hat einen kleinen Schönheitsfehler, den ich bei dieser Gelegenheit ganz offen ansprechen möchte. Die Zeit bis zum Jahresende ist äußerst knapp. Es werden den jeweiligen Gremien nach den Sommerferien daher nur wenige Wochen für ihre jeweiligen Stellungnahmen verbleiben. In unserem Antrag haben wir aus diesem Grunde auch die Behörde gebeten, die Terminplanung schon jetzt vorzulegen, damit sich die Gremien darauf einstellen können. Auch in der Bürgerschaft werden wir im Interesse der Betroffenen intensiv, aber zügig beraten müssen. Ich glaube, das werden wir auch gemeinsam hinbekommen.

Erlauben Sie abschließend drei Bemerkungen zum Antrag der SPD. Erstens: Für die Jahre 1995 bis 2004 – das sollten Sie wissen – existiert eine Schulstandortplanung, sodass es überhaupt keinen Grund gibt, auf aktuelle schulstrukturelle und schulorganisatorische Maßnahmen zu verzichten. Dass so viele Maßnahmen notwendig sind, liegt daran, dass die bisherige Schulstandortplanung leider nur unzureichend an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst wurde.

(Bernd Reinert CDU: Richtig!)

Die CDU hat schon 1998 eine solche Aktualisierung beantragt. Sie wurde damals von ihren beiden Fraktionen abgelehnt. Liebe Frau Ernst, ich verstehe beim besten Willen nicht die populistische Presseerklärung von gestern oder vorgestern. Die von Ihnen benannte Grunderneuerung der Schule Sengelmannstraße ist keine Geldverschwendung der CDU, sondern sie wurde von SPD und GAL in das Grunderneuerungsprogramm 1998 eingestellt

(Bernd Reinert CDU: Hört! Hört!)

und danach in dem bisher leider üblichen langen Planungszeitraum umgesetzt.

Da Sie 1998 gleichzeitig die Aktualisierung der Schulstandortplanung abgelehnt haben, fällt Ihr Vorwurf doppelt auf Sie zurück.

(Beifall bei der CDU)

Wir hingegen machen uns auf den Weg, solche Schildbürgerstreiche künftig zu vermeiden. Das ist die Wahrheit, um die es hier geht.

Zweitens: Ich bin davon überzeugt, dass die Senatorin und die Deputation die anstehende Schulentwicklungsplanung bei ihrer Entscheidung am 9. Juni sehr wohl im Blick haben und auch entsprechend sensibel vorgehen werden. Die Stellungnahmen der Betroffenen werden detailliert ausgewertet und viele Gespräche werden geführt. Bereits heute hat die Senatorin entschieden, dass die Standorte Katharinenkirche und Moorburg

(Beifall bei Inge Ehlers CDU)

der Deputation nicht vorgeschlagen werden und damit sicher erhalten bleiben.

Weitere Gespräche zu anderen Standorten werden noch in den nächsten Tagen geführt. So, denke ich, gehört sich das für einen breiten Beteiligungsprozess.

Zum Dritten möchte ich Ihnen ein Zitat aus der Bürgerschaftssitzung vom 11. Mai 2000 nicht vorenthalten. Mein Kollege Wolfgang Beuß hat damals ebenfalls ein Moratorium bei der Schulorganisation in St. Georg beantragt, um eine Gesamtlösung für den Stadtteil zu erarbeiten. Die SPD-Schulsenatorin Ute Pape hatte damals geantwortet:

"Die Schulstandortplanung findet in jedem Jahre statt. Sie richtet sich aus an den Anmeldezahlen für die verschiedenen Standorte und aus an den daraus zu ziehenden Konsequenzen. Das wird auch in Zukunft so bleiben."

Dem gibt es nichts hinzuzufügen. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Ernst.

Frau Präsidentin! Herr Heinemann, liebe Kolleginnen von Kollegen von der CDU, erst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Einsicht.

(Wolfhard Ploog CDU: Zu welcher?)

Sie haben hier vor zwei Wochen einen ähnlich lautenden Antrag der SPD-Fraktion abgelehnt, ja, noch nicht einmal an den Schulausschuss überwiesen, obwohl wir gefordert haben, dass von der Behörde ein Schulentwicklungskonzept für Hamburg vorgelegt werden soll. Herzlichen Glückwunsch, dass Sie nach zwei Wochen auch dieser Erkenntnis gefolgt sind.

(Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Wir sind froh, dass es überhaupt diese Einsicht gibt. Es ist natürlich ein Beispiel für ritualisierte Parlamentsabläufe, wenn die Anträge der Opposition abgelehnt werden, obwohl man sie richtig findet.

(Wolfgang Beuß CDU: Das kennen Sie doch. Das wird seit 40 Jahren gemacht!)

Ich glaube, dass das einer der Gründe für die Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger ist. Wer die Debatte vor zwei Wochen verfolgt hat und Ihre Rede heute, würde sich jedenfalls sehr wundern und sich seine Gedanken machen.

Die SPD macht sich diese Haltung nicht zu Eigen. Wir werden daher heute Ihrem Antrag zustimmen,

(Beifall bei Klaus-Peter Hesse und Wolfgang Beuß, beide CDU)

weil wir es richtig finden, dass Sie die Schulsenatorin endlich auffordern, hier mit einem Gesamtkonzept zu kommen. Herr Heinemann, leider setzen Sie die Realität des Jahres 2004 nicht in Verbindung zu Ihrem eigenen Antrag. Faktisch wurden in diesem Jahr so viele Maßnahmen wie nie zuvor in den vergangenen Jahren vorgeschlagen. Der Grund ist natürlich der, dass seit einigen Jahren deutlich wird, dass diese zentrale Schulentwicklungsplanung vorgelegt werden muss. Stattdessen haben Sie sich in diesem Jahr entschieden, sich von Einzelfall- zu Einzelfallentscheidung zu hangeln. Das ist Ihnen in den letzten Wochen etwas um die Ohren geflogen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei Christa Goetsch GAL)

Nun hat die Schulsenatorin vor der heutigen Parlamentsdebatte schnell noch eine Pressemitteilung herausgegeben

(Wolfgang Beuß CDU: Was heißt denn schnell?)

und an zwei entscheidenden Stellen diese Einzelfallentscheidung korrigiert. Ich möchte zu den beiden noch etwas sagen, weil das die größten Irrsinnsentscheidungen waren, die vorgeschlagen wurden. Da wurde zur Schule Moorburg gesagt, sie solle auslaufen. Ich habe es auch gestern schon im Ausschuss gesagt. Moorburg ist von der Hafenerweiterung betroffen und für Moorburg gibt es eine Zusage des Vorvorgängersenats, hier weiterhin Infrastrukturmaßnahmen durchzuführen, damit man diesen Ort nicht in seiner Existenz gefährdet. Davon sind Sie abgewichen. Das ist für den politischen Umgang eine schwierige Frage. Wir haben eben im Parlament über Industriepolitik geredet, eine Politik, bei der man breite Mehrheiten braucht, Bürgerinnen und Bürgern das eine oder andere auch einmal zumutet und dann zu einem Kompromiss kommt. Wenn dann nach einem Regierungswechsel ein Senat leichtfertig solche Zusagen, die für viele sehr viel Wert haben, nicht einhält, dann haben Sie ein Problem mit Ihrer Glaubwürdigkeit bei weiteren Entscheidungen, die Sie auch treffen würden.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke GAL: – Inge Ehlers CDU: Sie müssen mal zuhö- ren!)

Das zweite Beispiel sieht nichts anderes vor. Sie haben ernsthaft vorgeschlagen, die Schule Bei der Katharinenkirche solle auslaufen. Nun wird das heute zurückgenommen. In der Pressemitteilung der Senatorin steht, die Schule Bei der Katharinenkirche würde im Zuge der Entwicklung der HafenCity eine neue Perspektive erhalten. Welche Erkenntnis! Wenn die CDU eine Bürgerbeteiligung braucht, um das zu merken, dann haben Sie in Ihrer Fraktion noch einiges zu arbeiten.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und bei Christia- ne Blömeke GAL)

Es gibt keine Veröffentlichungen, in denen nicht auf die wachsende Stadt hingewiesen wird, und Sie haben noch nicht gemerkt, dass Schulplanung vielleicht auch ein Bestandteil der wachsenden Stadt sein könnte. Herzlichen Glückwunsch! Ich glaube, bei Ihnen ist die Bürgerbeteiligung wirklich wichtig, weil Sie sonst zentrale Politikbereiche vollständig ausblenden.

(Beifall bei der SPD)

Nun klang das so: Weitere Gespräche werden geführt. In der Pressemitteilung der Senatorin steht: Das war es nun erst einmal. Ich denke, auch die anderen Schulstandorte, die strittig sind, sollten für das Jahr 2004 ausgenommen werden.

Es gibt beispielsweise die Schule Schierenberg, die zum siebten Mal hintereinander als "Umweltschule in Europa" ausgezeichnet worden ist. Diese Schule soll es nach Ihren Vorstellungen nicht mehr geben. Weiterhin gibt es die Schule Sengelmannstraße, in die fast 4 Millionen Euro investiert worden sind. Sie können doch nicht ernsthaft sagen, Sie hätten das fortgeführt, weil der Vorgängersenat das in ein Grunderneuerungsprogramm geschrieben hat, wenn Sie in diesem Jahr vorhaben, diese Schule auslaufen zu lassen. Es gibt das Gymnasium Langenhorn, an dem es genauso viele Anmeldungen gibt wie am benachbarten Gymnasium Alstertal.

Diese Beispiele zeigen, dass unser Antrag, in diesem Jahr ein Moratorium zu machen, richtig ist und Ihnen helfen würde, einen großen Teil Ihrer Entscheidungen auf fundiertere Füße zu stellen und zu korrigieren.

(Beifall bei der SPD und bei Christiane Blömeke GAL)

Ich glaube, dass Ihnen das eine Jahr nicht schaden würde, um für erhebliche Akzeptanz einer Schulpolitik zu sorgen. Jeder weiß, dass es schwierig ist, wenn es um den sensiblen Bereich von Schulschließungen geht.

Auch die Antwort auf meine Kleine Anfrage zeigt, dass die eine Hand in der Behörde nicht weiß, was die andere tut. Für die Schulen, die in diesem Jahr für schulorganisatorische und schulstrukturelle Maßnahmen vorgeschlagen wurden, sind in den letzten zwei, drei Jahren 9 Millionen Euro für Grundinstandsetzungen ausgegeben worden. Gleichzeitig, das muss man wissen, beklagt die Behörde in diesem Deckungskreis ein 50-Millionen-Euro-Loch. Sie sollten sich diese Zeit gönnen, nicht nur, um Stadtplanung und Schulpolitik miteinander abzustimmen, sondern um auch den verschiedenen Abteilungen der Schulbehörde Gelegenheit zu geben, miteinander zu reden und ihre Planung miteinander abzustimmen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)