Aber auch in anderen Bereichen des Fachstellenkonzepts haben Sie, Frau Schnieber-Jastram, Ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Für die Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf gibt es bisher kaum Wohnraumversorgung. Das Ausschreibungsverfahren für Angebote der verbesserten Wohnungsintegration dieser Personen ist nach einem Jahr immer noch nicht abgeschlossen.
Es gibt Verzögerungen bei den Schulungen der Mitarbeiter des neuen Hilfesystems. Diese sollen erst Ende 2006 abgeschlossen sein, das muss man sich vorstellen, eineinhalb Jahre nachdem das Konzept gestartet wurde. Erfolgt die Beratung denn so lange auf der Basis von Halbwissen?
Beim Erstkontakt der betroffenen Menschen mit den Fachstellen wird in den Bezirken uneinheitlich verfahren. Ich frage mich, wie Sie auf diese Weise ein zielgerichtetes und qualitätsgesichertes Handeln in den Bezirken überhaupt sicherstellen wollten.
Auch sonst arbeiten die Bezirke sehr, sehr unterschiedlich. Von Januar bis März 2006 wurde in den Bezirken durchschnittlich nur in 14 Fällen ein Hausbesuch zur Wohnungssicherung durchgeführt. Ein Bezirk war dabei sehr fleißig, ein anderer Bezirk führte lediglich zwei Hausbesuche durch. Kann man so Wohnungssicherung betreiben?
Die Zusammenarbeit zwischen den bezirklichen Fachstellen und den sozialen Beratungsstellen ist sehr mangelhaft. In Ihrer Antwort auf die Große Anfrage reden Sie es schön – Zitat:
"Die jeweils vereinbarten Formen der Kooperation zwischen den Fachstellen und den Sozialen Beratungsstellen geben ausreichend Möglichkeit zur ständigen Weiterentwicklung."
Dieses Zitat könnte einen schon schmunzeln lassen, wenn es nicht um eine gute Zusammenarbeit zum Wohle von Menschen ginge.
Es gibt auch keine regelhafte Information der bezirklichen Fachstellen durch die Gerichte über vollstreckbare Räumungstitel. Aber wie wollen Sie Wohnungsverlust verhindern, was ein Ziel des Fachstellenkonzepts ist?
Der Vorteil, unbürokratisch eine soziale Kontaktstelle aufsuchen zu können, wird durch die Tatsache konterkariert, dass zur Bewilligung von Beratungs- und Hilfeleistungen umständlich die zentrale Fachstelle in HamburgAltona aufgesucht werden muss. Vorabbewilligungen sind grundsätzlich nicht möglich. Schafft der Hilfe Suchende diesen Weg nicht, dann kann ihm eben nicht geholfen werden. Aber Sie müssen sich das einmal vorstellen: Für viele Menschen in sozialen Problemlagen oder mit psychischen Problemen ist ein Gang zum Amt – dann auch noch nach Hamburg-Altona, zu bestimmten Öffnungszeiten und mit teurem Fahrgeld verbunden – ein sehr, sehr hoher Angang. Dadurch ist die Niedrigschwelligkeit der sozialen Beratungsstelle meiner Meinung nach sehr gefährdet. Wer fit genug ist, dem kann geholfen werden, wer das nicht schafft, der fällt heraus.
Und Sie planen auch noch in weiteren Bereichen, die Niedrigschwelligkeit abzubauen. Dabei ist ein Wesensmerkmal der Hilfen zum Leben in Paragraph 67 die
Frau Schnieber-Jastram, es gibt Straßensozialarbeiter, die laufen draußen herum, sie treffen Obdachlose und bauen den Kontakt zu ihnen auf. Wenn sie es dann über mehrere Wochen und Monate schaffen, im Kontakt mit dem Obdachlosen zu bleiben und ihm dann zu sagen, sie können auf einen Kaffee vorbeikommen, dann ist das niedrigschwellig. Aber für jedes weitere Hilfeangebot, das dann über diesen Kaffee hinausgeht, muss dieser Mensch, der wirklich ämterscheu ist und der erst einmal niedrigschwellige Hilfe braucht, ein Amt aufsuchen. Glauben Sie wirklich, dass er das macht und dass das klappt? Nein, das wird nicht klappen und somit fallen diese Leute aus dem Hilfesystem heraus. Wenn Sie diesen Menschen wirklich helfen wollen, dann bauen Sie endlich diese Hürden ab.
Ich habe heute einen sehr schönen Spruch gehört: Das sind doch keine niedrigschwelligen Leistungen mehr, das sind abschreckende Leistungen durch hohe Hürden. Ich musste schmunzeln. Aber bitte nehmen Sie das als Arbeitsaufgabe mit, Frau Schnieder-Jastram.
Sie sagen, es gibt keine Wartelisten für Einzelcontainerunterbringung wie zum Beispiel die an der Hamburger Straße. Es mag die Wartelisten nicht geben, aber es wäre auch schwierig, solche umzusetzen. Oder wie soll man Menschen auf der Straße, wenn sie endlich ihren Platz bekommen könnten, anrufen oder ihnen einen Brief schreiben? Fakt ist aber, dass täglich mindestens drei Bewerber, teilweise täglich bis zu zehn, aus Platzmangel weggeschickt werden müssen. Sie planen leider nicht, dieses niedrigschwellige Angebot zu erhalten oder Hürden abzubauen. Nein, Sie möchten auch noch, dass jemand, der in diese Einrichtung kommt, vorher ins Amt muss, um sich die Bewilligung dafür zu holen. Schade.
Für psychisch kranke Obdachlose gibt es kein ausreichendes medizinisches Straßenangebot. Der Senat unternimmt keine Anstrengung, den Betroffenen durch aufsuchende Arbeit medizinische Hilfe und Beratungsleistung zuzuführen. Der Hinweis in Ihrer Antwort auf die teils langjährigen Erfahrungen von Sozialarbeitern mit psychisch Kranken ist weder Lösung noch Hilfe. Für mich klingt das wie Hohn. Auch der Verweis auf die medizinische Regelversorgung ist Hohn. Jeder weiß, dass medizinische Regelangebote von Obdachlosen kaum bis gar nicht angenommen und obdachlose Menschen allgemein auch nicht als sehr wartezimmertauglich angesehen werden. Auch hier kann man also wieder sparen – diesmal auf Kosten der Gesundheit.
Die Krankenstube für Obdachlose hat eine Auslastung von 99 Prozent. Trotzdem ist keine Erweiterung oder Unterstützung vorgesehen. – Schade.
Über die Vermittlung pflegebedürftiger, älterer und dementer Wohnungslose in Heime haben Sie auch keine Zahlen; schon wieder keine Zahlen, also wieder ein Problem weniger und man könnte sparen.
Der ganze Misserfolg des neuen Wohnungssystems zeigt sich aber bei der öffentlichen Unterbringung von Wohnungslosen. Die Tendenz ist seit Juli 2005 steigend. Eigentlich hatte man das Ziel, mehr Leute in Wohnraum
zur bringen. Jetzt sind aber rund 10 Prozent mehr bei "pflegen & wohnen" untergebracht – auch hier sind Sie durchgefallen. Und es kommen nicht immer mehr, weil die Angebote bei "pflegen & wohnen" so toll sind, Frau Schnieber-Jastram. Manche Menschen verlassen die Zwei-, Vier- oder Sechsbettzimmer auch ganz schnell wieder, weil sie sich die mit teils schwierigen Menschen teilen müssen. Sie gehen wieder auf die Straße oder in Abhängigkeiten oder nehmen andere sich bietende Möglichkeiten wahr.
Das gilt auch für Jugendliche. Für jungendliche Wohnungslose ab 18 Jahren bieten Sie nichts Gruppenspezifisches. Das ist ein fataler Fehler. Wenn diese meist problembelasteten jungen Menschen auf der Straße leben und Hilfe brauchen und in eine Massenunterkunft – ich nenne jetzt einmal das Pik As – gehen, glauben Sie wirklich, dass sie dort ernsthaft bleiben werden? Oder gehen die jungen Menschen dann wieder auf die Straße, tauchen bei dubiosen Freunden unter oder prostituieren sich eventuell? Sie müssten darüber nachdenken, ob Sie das wirklich möchten, und sich Sorgen darum machen, dass sich dieses verfestigen kann.
Frau Schnieber-Jastram, ich hoffe, dass Sie Ihre Hausaufgaben machen. Ich erinnere Sie an einen Spruch, den Sie sehr häufig anwenden: Hilfe für diejenigen, die Hilfe brauchen. Ich frage Sie, wie lange Sie die betroffenen Menschen noch warten lassen wollen. Die Leute brauchen Ihre Hilfe. Bauen Sie keine Hürden auf, bauen Sie Hürden ab und helfen Sie bitte. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt gute Anfragen und es gibt nicht ganz so gute Anfragen.
Nicht besonders sinnvoll finde ich zum Beispiel den Fortsetzungsroman "Abfrage von Daten, Bestandsaufnahme von Wahlkreisen", diese dicken Wälzer, die uns immer wieder beglücken. Das wollte ich immer einmal gesagt haben. Ich finde das ausgesprochen unsinnvolle Datenfriedhöfe und ABM für die Verwaltung.
Jetzt möchte ich einmal zu einer guten Anfrage kommen. Auch wenn ich eben kritische Töne vernommen habe, möchte ich Ihnen durchaus sagen, dass ich Ihre Anfrage durchaus gut finde.
Was allerdings zu einer guten Anfrage gehört, finde ich noch viel besser: Sie haben sehr gute Antworten bekommen, auch wenn Sie das vielleicht so nicht mitbekommen haben.
Der kritische Ton Ihrer Rede erschien mir so, dass Sie sich vielleicht ein bisschen im Detail verfangen haben, aber nicht die grundlegenden Veränderungen oder Ver
Wir befinden uns heute in einem hoch problematischen Bereich, das wissen alle, und man muss feststellen, der Trend ist positiv. Die Antworten zeigen, die Fachstellen sind personell und organisatorisch sowie strukturell sehr gut aufgestellt. Es ist ein gutes Konzept, ein vernetzter moderner Ansatz und ein modernes Verwaltungsmanagement. Wir haben mittlerweile eine gute Dokumentation, eine gute Datenlage. Das müssten Sie aus der Antwort auf die Anfrage erkannt haben. Insofern verstehe ich die kritischen Töne nicht ganz so gut. Hier wird Sozialpolitik gemacht, wie wir sie uns vorstellen.
Mit den Fachstellen verfügt jeder Hamburger Bezirk für die Wohnungsnotfälle eine bürgernahe und umfassende Hilfe aus einer Hand für die wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen. Wichtig ist, dass dies aus einer Hand geschieht. Das heißt, es müssen die Menschen, denen es vielleicht sowieso nicht gut geht und sich mit der Verwaltung nicht gut auskennen, nicht von einem zum anderen laufen, sondern sie erhalten die Hilfe aus einer Hand. Das ist außerordentlich wichtig.
Die Bündelung der verschiedenen Zuständigkeiten ist in meinen Augen ein sehr großer Schritt, aber nicht nur für die Menschen, die Hilfe suchen, sondern auch für die Verwaltungsabläufe.
Ein weiterer Schwerpunkt dieser Aufgaben ist die Wohnungssicherung. Das heißt, es wird vorsorgende Arbeit geleistet und es wird nicht hinterher, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, irgendetwas verbessert, sondern es wird im Vorwege gearbeitet, was auch sehr sinnvoll ist.
Ein wichtiger Ansatz ist in dem Zusammenhang die Straßensozialarbeit. Ich bin sicher, dieses wichtige Thema wird weiter intensiviert.
Ich habe entnehmen können, dass die Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen großen Stellenwert hat. Das finde ich sehr wichtig. Durch Neuorganisation und Umstellung sind von der Behörde auf die Fachstellen über 50 Stellen übertragen worden, das ist ebenfalls eine starke personelle Versetzung. Ich habe mich sehr gefreut, der Anfrage zu entnehmen, dass alle auf dem Posten sind und es nicht so ist wie in früheren Zeiten, als wir gigantische Stellen hatten und es in Wirklichkeit niemanden gab.
Für die Einrichtung der Fachstellen sind erhebliche neue Finanzmittel zur Verfügung gestellt worden. Auch das möchte ich nicht unerwähnt lassen. Insofern ist das Ganze auf einem sehr guten Weg.
Auch die Kooperation mit der Wohnungswirtschaft ist früher immer der Schwachpunkt gewesen, sie kam nicht richtig voran, hat aber mittlerweile geklappt. Auch dort wird hervorragende Arbeit geleistet. Vielen Dank dafür.
Ich komme jetzt zu einem Thema, das einige von Ihnen nicht so gern hören: Wie war es früher, was wurde versäumt? Seit 1987 gab es die Forderung des Deutschen Städtetages, in die Richtung zu gehen. 1999 gab es Große Anfragen, die dokumentieren, es bewegte sich nichts, es tat sich nichts, es war schwierig, es klappte nicht. Das ist auch ein schwieriges Thema. Ich kann verstehen, dass
alles nicht einfach ist. Gerade die Kooperation mit der Wohnungswirtschaft war misslungen und es wurde vorbereitet, geprüft, aber es kam nicht wirklich voran. Wer ist vorangekommen? – Der CDU-Senat ist vorangekommen und das finde ich gut.