Das, was dem Senat vorschwebt, nämlich leitende Beamte oder Dezernenten zusätzlich mit diesen Aufgaben, mit der Verantwortung für ein Regionalgebiet zu betrauen, das wird sicherlich nicht das ersetzen können, was Ortsamtsleiter bisher geleistet haben.
Kommen wir zum Reformziel Stärkung der Bezirksversammlungen. Der Senat hatte zwar in seinem Gesetzentwurf an der einen oder anderen Stelle Verbesserungen vorgesehen, aber eben auch an wesentlichen Stellen eine Beschneidung bezirklicher Rechte. Daran haben wir gearbeitet. Im Senatsdeutsch hieß es dann Konkretisierung der Rechte der Bezirke. Deshalb hat die heutige Beschlussvorlage zum Bezirksverwaltungsgesetz an den entscheidenden Punkten nicht mehr viel gemeinsam mit der Senatsfassung. Ich denke, das ist gut so.
Erst durch die gemeinschaftlichen Anstrengungen der drei Fraktionen, und ich glaube, das war hier wirklich das Wichtigste, was wir erreicht haben, ist es gelungen, das zu verwirklichen, was der Senat nur versprochen hat, nämlich eine Stärkung der Bezirke und der Bezirksversammlungen.
Ich will gar nicht verhehlen, dass der Senatsentwurf auch viele Verbesserungen schon enthalten hat. Beispiel Anhörungsrecht bei Standortentscheidungen oder auch die Vorgabe, dass Fachbehörden endlich fristgerecht oder überhaupt zu einer Frist die Vorlagen der Bezirke beantworten. Das ist gar keine Frage, daran hat es gemangelt. Da sind früher viele Fehler gemacht worden.
Es gibt eben auch eine ganze Menge Kritikpunkte. Das haben uns die Vorsitzenden aller Bezirksfraktionen in der Anhörung im Sonderausschuss deutlich gemacht. Über alle Parteigrenzen hinweg gab es Kritik am Senatsentwurf und im Mittelpunkt der Kritik standen vor allem die Entscheidungs- und Mitwirkungsrechte der Bezirksversammlungen.
Als Schwächung und nicht als Stärkung haben die Bezirksfraktionen empfunden, was der Senat dazu vorgeschlagen hat.
Während nun die Entscheidung über die Organisation seiner Verwaltung und damit über die Entflechtung und Kundenorientierung in der Kompetenz des Senats liegt und die Bürgerschaft hier lediglich Appelle an den Senat richten kann – das werden wir nachher auch mit dem Antrag, den die GAL eingebracht hat, wie im Ausschuss wieder machen –, obliegt es dem Parlament, das Bezirksverwaltungsgesetz zu beschließen. Insofern liegt es an uns, bei der Stärkung der örtlichen Gremien das umzusetzen, was wir erwartet haben.
Wir haben die Kritik aus den Fraktionen sehr ernst genommen. Ich bin meinem Kollegen, Herrn Voet van Vormizeele und seiner Fraktion dankbar, dass wir diese Kritik am Senatsentwurf gemeinsam in Form von Nachbesserungen umsetzen konnten.
Wir konnten gemeinsam Korrekturen aushandeln, die die Schwächungen an den Stellen, wo sie vorgesehen waren, vereiteln und die Handlungsfähigkeit der Bezirksversammlungen auch gegenüber dem Status quo, dem 1997 von CDU und GAL beschlossenen Gesetz, stärken. So wird es – wie der Senat es vorhatte – keine Beschränkung der Mitwirkungsrechte der Bezirksversammlungen auf Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung geben, sondern die Bezirksversammlungen können in allen Angelegenheiten, für die die Bezirksämter zuständig sind, bindende Beschlüsse fassen, wie wir es in einem neuen Paragraphen 19 Absatz 2 gemeinsam beschließen werden.
Es wird künftig Gesetzesrang haben, dass Fraktionen der Bezirksversammlungen Anfragen an den Senat richten können. Die Wahl eines Bezirksamtsleiters durch eine Bezirksversammlung wird künftig für den Senat verbindlich sein. Nur dienstrechtliche Voraussetzungen können noch Hinderungsgrund für eine Bestellung des von der Bezirksversammlung gewählten Kandidaten sein.
Darüber hinaus haben sich die Fraktionen auch darauf verständigt – Sie hatten das ausgeführt –, dass die Bezirke und die Bezirksversammlungen künftig in die hamburgische Verfassung aufgenommen werden und ihnen damit der Rang zugebilligt wird, der ihnen faktisch seit vielen Jahren zusteht. Den Antrag, denke ich, werden wir heute gemeinsam an den Verfassungsausschuss überweisen, um dann die Verfassung hoffentlich nach der Sommerpause entsprechend zu ändern.
Es gibt noch viele Punkte, auf die man eingehen könnte. Ich will das jetzt nicht tun. Ich möchte zum Schluss mit dem Appell enden, dass wir auch bei anderen Vorhaben, vielleicht auch bei anderen Vorhaben, die wir heute schon diskutiert haben, öfter die Chance nutzen sollten, gemeinsam so zu arbeiten wie im Sonderausschuss und zusammen Lösungen zu finden, die am Ende für alle das beste Ergebnis bringen.
Verwaltungsreform. Es ist schon mehrfach gesagt worden, dass wir eine Reihe von Drucksachen jetzt an einem Punkt zusammen beraten und das hat auch seinen Sinn, weil das ja alles zusammengehört. Wenn man sich dieses Vorhaben Verwaltungsreform ansieht und das auch über die Zeit beobachtet hat, dann kommt es einem ein bisschen vor wie mit Herrn Tur Tur, das ist der Scheinriese aus der Geschichte von Jim Knopf: Je näher sie kam, desto kleiner wurde sie.
Wir haben am Anfang der Wahlperiode große Worte gehört. Es war die Rede von einer Jahrhundertreform, von einer Reform der hamburgischen Verwaltung an Haupt und Gliedern. Die Verwaltungsreform war neben der wachsenden Stadt eines von zwei großen Vorhaben. Damit wollte der allein regierende CDU-Senat tatsächlich ein eindeutiges Zeichen seiner Gestaltungskraft setzen.
Aber wenn man genauer hinsieht, dann ist das tatsächlich sogar ein Stück mit mehreren Scheinriesen in der Besetzung. Wir haben zunächst einmal den Bürgermeister als Scheinriesen Nummer 1, weil er sich ja besonders stark beim Thema Veränderung der Gebietesgrenzen engagiert hat. Im September 2003 die große visionäre Rede vor dem Überseeclub. Da waren es noch 22 Bezirke, die es werden sollten. Das wollte dann niemand in der Stadt. Dann wurde lange Zeit nach der letzten Bürgerschaftswahl die Zahl von 15 diskutiert. Das wurde lange diskutiert.
Damit konnte sich der Bürgermeister auch nicht durchsetzen gegen seine eigene Partei. Dann waren es schließlich neun, weil man zutreffend erkannt hatte, dass der Bezirk Wandsbek etwas größer ist als die anderen Bezirke. Dagegen war der Bezirk Wandsbek und nun sind wir dabei angekommen, dass es sieben Bezirke bleiben sollen. Dann war nur noch davon die Rede, dass es an drei Stellen Veränderungen geben sollte, notwendige Korrekturen an den bewährten Grenzen war dann das Stichwort. Dann kam natürlich noch der Aufstand der "Finkenwerderaner" dazwischen. Da waren es nur noch zwei kleine Veränderungen.
Diese Geschichte ist wirklich genau die Geschichte des Scheinriesen. Sie wird genau gezeichnet. Diese beiden Veränderungen machen eigentlich deutlich, dass dieser Wille, unbedingt die Gestaltungskraft zu demonstrieren, an Bezirksgrenzen immer noch präsent ist. Ich kann das wirklich deutlich sagen: Wilhelmsburg wechselt den einen Bezirk und im Schanzenviertel wechseln ein paar Häuserblocks und der Schanzenpark den Bezirk. Ich kann das aus eigener Anschauung sagen, weil ich selber lange Jahre im Schanzenviertel und im Bezirk Eimsbüttel für diesen Bereich zuständig war.
Natürlich war es so, wenn man über den Schanzenpark beraten hat, dass Leute aus dem Bezirk Mitte kamen, die sagten, das ist aber auch mein Park. Ich wohne dort direkt um die Ecke und warum entscheidet ihr in Eimsbüttel alleine über die Zukunft des Schanzenparks? Nur, wenn man jetzt sagt, Altona ist zuständig und man schafft nur noch eine viel längere Grenze, die dann wieder solche Probleme bringt, dann ist damit kein Problem gelöst. Es wird in einigen Jahren so sein, dass sich die Leute fragen, wie es zu diesen unsinnigen Grenzen kam. Dann
wird man sagen, dass es damals diesen Bürgermeister von Beust gab, der hier unbedingt eine Duftmarke setzen wollte.
(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Olaf Ohlsen CDU: Sie haben es immer noch nicht begriffen!)
Es tritt auf die Bühne der zweite Scheinriese, das ist der Finanzsenator Peiner, der tatsächlich mit großen Ansagen Entflechtung von Aufgaben, Durchführungsaufgaben eindeutig an die Bezirke und die Landesbehörden sollen sich konzentrieren auf die ministeriellen Aufgaben, der trat auf die Bühne mit dieser Ansage. Das ist auch wirklich ein sehr gutes Ziel, das ich auch eindeutig unterstütze.
Wir haben sehr viele Vorschläge gemacht, wie man diesem Ziel auch näher kommen kann, wo es aus unserer Erfahrung heraus Möglichkeiten gibt, die Verwaltung zu entflechten, wo man Möglichkeiten schaffen kann, auch die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern zu verbessern, weil sie sich nämlich an die Bezirksversammlungen wenden können. Die sind dann auch zuständig und müssen nicht immer nur sagen, wir können ihnen leider nicht helfen, sondern sie können sagen, ja, sie sind an der richtigen Stelle, wir helfen ihnen. Dafür haben wir viele Vorschläge gemacht, aber der Finanzsenator ist dann an den Widerständen im Senat gescheitert. Das beste Beispiel ist die untere Straßenverkehrsbehörde, die Behörde, die für die Anordnung zum Beispiel von Parkverboten oder vielen anderen kleinteiligen Verkehrsregelungen zuständig ist, die natürlich das besondere Interesse vor Ort finden und wo viele Leute hinkommen und sagen, kann man das nicht besser regeln, kann man nicht eine Situation auf einem Schulweg verbessern, kann man nicht eine Parkregelung verändern. Dann wird immer gesagt, da müssen wir uns leider an die Polizei wenden und die Polizei sagt, das interessiert uns herzlich wenig, was ihr im Bezirk macht.
Das ist wirklich ein sehr herausragendes Beispiel gewesen, wo der Finanzsenator letztlich zum Scheinriesen wurde und dann an den internen Widerständen scheiterte, nämlich an den Widerständen des Scheinriesen Nummer 3, das ist der Innensenator.
Es ist doch schon sonderbar, wenn diese Verlagerung von Zuständigkeiten von der Polizei zum Bezirksamt daran scheitert, dass es ein politisches Ziel ist, die nominelle Zahl von Polizistinnen und Polizisten in dieser Stadt möglichst hochzuhalten, ohne dass das irgendeinen Einfluss auf die tatsächliche Sicherheit in dieser Stadt hätte, weil es für die Sicherheit in dieser Stadt total egal ist, ob diese Polizisten, die schlicht in der Verwaltung arbeiten, jetzt bei der Polizei sind oder ob diese Stellen dann zu den Bezirksämtern wandern.
Ein Innensenator, dessen Erfolgsbilanz davon abhängig ist, dass die nominelle Zahl von Stellen in einem solchen Punkt gleich bleibt, der entpuppt sich wirklich als echter Scheinriese.
(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Michael Neumann SPD: Aber wir sind schon mal daran gescheitert, dass die Zahl zu weit unten war!)
Wir haben als dritten Block das Thema Bezirksverwaltungsgesetz. Ich schließe mich dem an, was meine Vorredner gesagt haben, was die gute Zusammenarbeit betraf. Wir haben einige Veränderungen, insbesondere der Bezirksversammlungen erreicht, die sehr wichtig sind, die aber kein Selbstzweck sind, sondern sie betreffen wieder das Thema, wie kompetent die Bezirksversammlungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern auftreten können. Sind das Gremien, die nichts zu sagen haben oder sind das Gremien, die die Verantwortung tragen, die dann auch sagen müssen, wenn sie ein Anliegen nicht teilen, die sich nicht dahinter verstecken können, dass sie sagen, wir sind überhaupt nicht zuständig, sondern die dann auch die Kompetenz haben, das Bezirksamt zu binden und zu sagen, so macht ihr das. Wenn man einem Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern nicht folgen will, dann muss man eben auch sagen, nein, das wollen wir nicht.
Wir haben sichergestellt, dass die Bezirksversammlungen diese Kompetenz auch behalten, und zwar dadurch, dass wir den Entwurf des Senates abgeändert haben und die Bezirksversammlungen nicht nur für grundsätzliche Fragen zuständig sind. Wir haben eine zweite ganz wichtige Stärkung erreicht und das ist eine neue Stärkung, die es vorher nicht gegeben hat, dass die Bezirksversammlungen eindeutig dafür zuständig sind, den Bezirksamtsleiter zu wählen und der Senat diese Wahl nicht konterkarieren kann. Die Bezirksversammlungen tragen die politische Verantwortung. Wir haben eine Reihe von weiteren Verbesserungen erreicht, die auch auf Initiative der Grünen eingebracht wurden, zum Beispiel ist unser Vorschlag übernommen worden, dass jetzt auch Sechzehn- und Siebzehnjährige in den Ausschüssen der Bezirksversammlungen als zugewählte Bürgerinnen und Bürger mitarbeiten können. Wir sehen das als wichtigen Schritt hin zum Wahlrecht für Sechzehnjährige für die Bezirksversammlungen. Wir hatten das kürzlich als Antrag. Sie können sicher sein, dass wir damit wiederkommen werden. Das sind wichtige Punkte, die haben wir erreicht.
Wir haben immer wieder beharrlich gesagt: Halten Sie fest an der Position des Ortsamtsleiters. Der Ortsamtsleiter hat zwar nicht mehr diese große Bedeutung als Verwaltungsleiter, aber er hat eine sehr wichtige Bedeutung als Anbindung des Ortsausschusses. Der Ortsausschuss soll ja die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort sicherstellen. Er hat eine wichtige Bedeutung als Ansprechpartner für die örtliche Wirtschaft, für die Vereine vor Ort. An diesen Anforderungen sollte man festhalten und dafür sollte man auch die Stelle des Ortsamtsleiter beibehalten. Diese Argumentation konnte nicht verfangen beim Senat, weil er sich das Ziel gesetzt hat, formell die Dreistufigkeit in Hamburg abzuschaffen,
obwohl sie – das ist auch schon zutreffend von Herrn Voet van Vormizeele gesagt worden – faktisch schon längst weg ist, aber es musste dieses Symbol Ortsamtsleiter fallen. Dennoch konnte sich der Senat diesen zutreffenden Argumenten nicht verschließen. Man liest jetzt in der Drucksache, die die Aufgabenverteilung innerhalb der Bezirksämter regelt, dass es eine solche Funktion geben muss, dass jemand genau diese Aufgaben wahrnehmen muss. Das ist schon eine interessante Leistung, einerseits einen solchen Aufgabenträger abzuschaffen
Es gibt auch einen zweiten Punkt, den ich kritisch anmerken will. Der Senat hatte vorgeschlagen, dass Anfragen an Senatsbehörden binnen Monatsfrist beantwortet werden sollen. Das ist sicherlich ein richtiger Schritt gewesen. Der Senat war nur nicht soweit gegangen, dieses Recht auch als Oppositionsrecht für die Bezirksversammlungen auszustatten. Das sollte nur per Mehrheit gehen. Das wäre sicherlich absurd gewesen, denn Anfragen sind immer das Instrument der Opposition. Wir haben erreicht – und das ist ein ganz wichtiger Schritt –, dass nicht die Mehrheit notwendig ist, sondern dass fünf Abgeordnete reichen, aber es bleibt ein Rätsel auf Ihrer Seite, warum dieses Recht nicht allen Fraktionen, die dann ja auch drei Abgeordnete sein müssen, zugestanden wird.
Trotzdem ist dieses Gesetz vernünftig und wir sehen das in der positiven Tradition des im Herbst 1997 von CDU und GAL beschlossenen Gesetzes, in der Tradition, die auch schon länger geht, der Stärkung der Bezirksversammlungen. Sie sind direkt gewählt von den Bürgerinnen und Bürgern und müssen deswegen auch echte Kompetenzen haben. Wir finden es auch vernünftig, dass über Regelungen zum Umgang der Parteien untereinander ein Konsens gefunden wird. Das ist richtig und wichtig, dass solche Regelungen im Konsens entwickelt werden. Deswegen ist es auch richtig, dass hier alle Fraktionen Zugeständnisse machen und dass auch wir Zugeständnisse bei der Suche nach dieser gemeinsamen Lösung gemacht haben.
Ich finde, dies ist eine Haltung, die die CDU auch an den Tag gelegt hat, eine sehr kompromissbereite Haltung, die Ihnen beim Wahlrecht gut zu Gesicht stünde.
(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Michael Neumann SPD: Da hat er Recht! Das gilt auch für den Domplatz!)