Protocol of the Session on June 28, 2006

(Christian Maaß GAL: Das war ja wohl argumen- tiert von uns!)

Auch bei Ihnen hat es doch Obdachlosigkeit gegeben. Es sind doch genau die von Ihnen geschaffenen Strukturen,

(Nebahat Güçlü GAL: Machen Sie Ihren Fehler doch nicht wett! – Zuruf von der GAL: Hören Sie zu!)

die wir mit diesem Konzept beseitigen, die wir hier reformieren. – Ich habe ganz gut zugehört.

(Zurufe von der SPD und der GAL)

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Ihre Ideen sind immer wieder die gleichen. Mehr Geld, mehr Personal und noch viel schneller alles. Ich glaube, solide Sozialpolitik sieht anders aus.

(Beifall bei der CDU – Doris Mandel SPD: Unsere Idee ist, dass der Senat seine Versprechen hält! – Claudius Lieven GAL: Sie können sich an Ihren eigenen Ansprüchen messen!)

Warum haben wir dieses Fachstellenkonzept eingeführt? Weil eine eigene Wohnung die Grundlage für ein selbst bestimmtes Leben ist, weil eine eigene Wohnung für die Integration in die Gesellschaft wichtig ist, weil eben gerade und auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten Wohnungslosigkeit durch die Arbeit dieser Fachstellen vermieden werden kann und wohnungslose Menschen wieder in ihre eigene Wohnung gebracht werden können.

(Doris Mandel SPD: Ja, dann fangt doch mal an!)

Zur Umsetzung dieser neuen Aufgaben haben die Fachstellen zusätzlich zu den in den Bezirken vorhandenen Stellen, immerhin 38,5 der früheren Bezirksstellen zur Wohnungssicherung, noch einmal 55 Stellen Sozialarbeit aus der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz erhalten. Frau Gregersen, ich weiß nicht, ob das, wie Sie das genannt haben, abschreckende Leistungen durch hohe Hürden sind. Ich finde an dieser Stelle ist das ein ausgesprochen großes, niedrigschwelliges Angebot, genau für diese Zielgruppe.

(Beifall bei der CDU)

Diese Fachstellen arbeiten auch nicht isoliert, sondern sie sind eingebettet in ein großes Netz von ergänzenden Dienst- und Beratungsleistungen anderer Träger. Wichtigster Kooperationspartner sind die sozialen Beratungsstellen. Dort gibt es offene Sprechstunden für Obdachlose, intensive Betreuung in wirklich allen Fällen, in denen es notwendig ist. Erstmals in jedem Stadtteil Straßensozialarbeit für obdachlose, auf der Straße lebende Menschen. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Beitrag zur Integration der Menschen in das Hilfesystem, immer mit dem Ziel, diese Menschen in Wohnraum zu vermitteln, das darf man nicht aus dem Auge verlieren. Im ersten Tätigkeitsjahr der Fachstellen sind, wie ich finde, viele Herausforderungen erfolgreich bewältigt worden. Mit der Umsetzung des Sozialgesetzbuches II gelang es in Zusammenarbeit mit der ARGE völlig neue Regelungen zur Übernahme von Mietschulden oder zur Direktüberweisung der Mieten zu treffen und auch umzusetzen. Mit pflegen & wohnen wurden Verfahren zur Bewilligung und zur Zuweisung von Menschen in die öffentliche Unterbringung entwickelt und auch vereinbart. In Zusammenarbeit mit den Wohnungsämtern wurde mit den am Kooperationsvertrag beteiligten Wohnungsunternehmen, übrigens in Wirklichkeit eine Revolution, dieser Kooperationsvertrag, erfolgreich daran gearbeitet, Strukturen zur Wohnungsvermittlung aufzubauen. Trotz des Streiks im öffentlichen Dienst konnte den Betroffenen in den Fachstellen geholfen werden. Alle Beteiligten und insbesondere die Fachstellen haben diese wirklich großen Herausforderungen gemeistert und können für das erste Jahr hier trotz der Einarbeitungsphase auf Erfolge zurückblicken.

Sie haben gesagt, es gibt gar keine Zahlen. Ich finde, es gibt eine ausgesprochen eindrucksvolle Zahl. Im Zeitraum von Juli 2005 bis März 2006 konnte in 2339 Fällen die Wohnung gesichert werden. Frau Gregersen, ist das nichts? Ich finde, das ist ein gigantischer Erfolg. Da hängen viele Menschen, viele Familien daran.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt, genau für 2339 Haushalte und die in ihnen lebenden Menschen konnte drohender Wohnungsverlust,

(Doris Mandel SPD: Ja, das hat es doch immer gegeben! Das ist doch nicht neu!)

eventuell auch Obdachlosigkeit verhindert werden. Der größte Teil der Personen in öffentlicher Unterbringung ist inzwischen nach dem Dreistufenmodell der Wohnungswirtschaft in Vermittlungsverfahren gebracht worden. Im Rahmen des aktivierenden Sozialmanagements wurden den betroffenen Menschen 1686 Mal weiterführende Hilfen vermittelt und in Kürze wird die zwölfmonatige Betreuung der Haushalte in Stufe 3 durch Träger zur Verfügung stehen. Damit wird es erstmals möglich sein, Menschen, die bislang bei den Wohnungsunternehmen überhaupt keine Akzeptanz fanden und zum Teil bereits langjährig in öffentlicher Unterbringung lebten, auch in Wohnraum zu vermitteln. Noch einmal, das ist eine revolutionäre Entwicklung, denn in Wirklichkeit hat es für diese Gruppe kaum Möglichkeiten gegeben, in regulärem Wohnraum unterzukommen. Ich glaube, dass wir alle zusammen die Erfolge in der Arbeit der Fachstellen nicht von der Hand weisen können. Naturgemäß gibt es bei einem Projekt solcher Größenordnung kontinuierliche Steuerungsbedarfe. Deshalb begleitet meine Behörde diesen Prozess der Umsetzung des Fachstellenkonzeptes auch ausgesprochen intensiv. Alle zwei Monate tagt eine Lenkungsgruppe, an der neben den betroffenen Behörden die Verbände und die Wohnungswirtschaft beteiligt sind. Monatlich treffen sich die Leitungen der Fachstellen in meiner Behörde, um über diese Steuerungsbedarfe zu beraten. Um insgesamt die Steuerungsmöglichkeiten zu verbessern, wurde für die Fachstellen ein umfassendes Controlling-System eingeführt. Wir wissen auch, dass die Wohnungsvermittlung nach dem Kooperationsvertrag noch nicht zufrieden stellend ist. Hier werden in weiteren Gesprächen mit allen Beteiligten die Ursachen geklärt und behoben. Daran, da können Sie sicher sein, arbeiten wir sehr intensiv. Ich fasse zusammen. Mit den Fachstellen bieten wir schnelle, effektive Hilfen für wohnungslose Menschen, für Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, und zwar aus einer Hand. Das vereinfacht übrigens ganz viel für die Menschen, weil sie nicht mehr sieben verschiedene Orte aufsuchen müssen. Die Betroffenen müssen sich nicht mehr unterschiedlichste Anlaufstellen suchen. Das vereinfacht das Verfahren und das geschieht ganz im Sinne und im Interesse der wohnungslosen Menschen. Mit Hilfe der Straßensozialarbeit erreichen wir auch diejenigen, die sich nicht selbst bei einer Fachstelle melden. Diese präventive Arbeit hilft, Wohnungslosigkeit effektiver als bisher zu verhindern. Die Vermittlung in weiterführende Hilfen durch die Fachstellen gewährleistet, dass ein Wohnungserhalt oder Wohnungsbezug langfristig gesichert werden kann und Drehtüreffekte vermieden werden. So wurde die Bewilligung von ambulanten und stationären Hilfen für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten nach dem Paragraphen 67 ff. SGB II den Fachstellen zugeordnet, um auch hier intensivere Hilfen anbieten zu können. Ich könnte Ihnen, Herr Grund, darüber hinaus noch viel erzählen über das Winternotprogramm und die Erfolge, die damit auch verbunden sind, diese Menschen in regulärem Wohnraum unterzubringen. Auch das ist auf einem guten Weg. Ich finde die Gesamtergebnisse zeigen, dass wir uns mit der Umsetzung dieses Fachstellenkonzeptes auf einen richtigen Weg begeben

(Doris Mandel SPD: Ja, dann kann man das doch auch im Ausschuss beraten!)

und dieses Hilfesystem ganz entscheidend verbessert haben.

(Beifall bei der CDU)

Frau Gregersen, Sie haben das Wort.

Frau Schnieber-Jastram, fangen wir an mit dem Letzten, was Sie sagten, die Wohnungssicherung. Es ist wichtig, dass diese stattfindet. Aber Wohnungssicherung gab es schon immer und das ist nichts Neues und das ist auch nicht neu und durch das Fachstellenkonzept von Ihnen verbessert worden. Aber die Zusammenarbeit zur Wohnungssicherung mit den Gerichten müsste auf jeden Fall noch erweitert und ausgebaut werden.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Sie haben gesagt, Sie haben das Fachstellenkonzept eingeführt. Richtig. Sie haben es vor einem Jahr erst eingeführt – wir haben lange darauf gewartet. Aber es war schon weit vor Ihnen in Vorbereitung. Ich war selbst Gast bei einer Anhörung im Bezirk Nord, wo ein Modellprojekt des Fachstellenkonzepts erst einmal ausprobiert werden sollte. Sie haben es nicht im Modell durchgeführt, Sie haben es für die ganze Stadt eingeführt und Sie wollten es nicht vorher testen. Dann muss man auch damit leben, dass es Fehler und Schwächen gibt. Die gibt es wirklich. Sie sprachen eben an, die Niedrigschwelligkeit gäbe es. Aber die Niedrigschwelligkeit gibt es nicht immer. Sie sagen, es kann jemand niedrigschwellig in die soziale Kontaktstelle gehen. Die gibt es in jedem Bezirk, das finde ich auch prima. Da kann auch jeder hingehen. Aber sobald er eine Beratung zum Beispiel nach Paragraph 67 braucht, muss er ins Bezirksamt Mitte, wenn er einen bezirklichen Bezug hat oder ohne eben nach Altona, um die Bewilligung zu erhalten. Wenn jemand zum Beispiel in Rahlstedt obdachlos ist und in die Kontaktstelle geht, die am Wandsbeker ZOB ist, die ich mir auch angesehen habe, dann kann man dem nur sagen: "Schön, dass Sie da sind, ich darf Ihnen aber erst helfen, wenn Sie es geschafft haben nach Altona zu kommen." Ich habe in der Zeit, in der ich hier als sozialpolitische Sprecherin tätig bin, sehr viele Obdachloseneinrichtungen besucht. Mir ist dabei ganz klar geworden, dass die Menschen, die zum Bespiel bei Frauenzimmer oder anderswo untergebracht sind, es nicht oder nur äußerst selten schaffen, diesen Weg zu gehen. Zwei Wochen lang geben die Mitarbeiterinnen vom Frauenzimmer ihren Klientinnen wieder und wieder die Bitte mit auf den Weg, sich im zuständigen Amt zu melden, wir brauchen eine Bewilligung. Die Menschen schaffen es nicht. Dann muss man sie teils an die Hand nehmen und mit ihnen zum Amt gehen, damit sie diesen Weg bewältigen. Wir reden über Menschen, die teilweise lange auf der Straße gelebt haben oder psychische Probleme haben. Diese Menschen muss man vielleicht auch anders an die Hand nehmen. Wenn ich aber ein psychisches Problem hebe, dann brauche ich auch noch eine Hilfe nach Paragraph 41. Dann muss ich auch noch zur ARGE oder zum Sozialamt für diese Bewilligung und den Weg bewältige ich natürlich auch noch alleine. Von daher ist die Niedrigschwelligkeit, von der Sie reden, wirklich nicht gegeben.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich finde es gut, dass wir über Menschen, die betreut werden, demnächst im Sozialausschuss sprechen. Es ist Ihre Idee gewesen, Herr Schira. Es ist toll, dass diese Idee in den Sozialausschuss getragen wird und wir dazu eine Anhörung machen. Warum sprechen wir nicht aber auch über die Schwachstellen des Fachstellenkonzeptes, nachdem es ein Jahr läuft, und versuchen gemeinsam Lösungen zu finden? Ich habe die Hoffnung, dass es auch bei Ihnen Menschen gibt, die hier an Lösungsansätzen interessiert sind und etwas verbessern wollen und nicht sagen, das ist gute Politik und die ist so, wie wir sie uns vorstellen. Ich hoffe wirklich, Herr von Frankenberg, dass Sie sich einiges davon nicht so vorstellen, wie es praktiziert wird. Vielen Dank!

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Herr von Frankenberg hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist mehrfach das Thema Überweisung angesprochen worden. Deswegen wollte ich dazu kurz ein paar Worte sagen. Unseres Erachtens ist eine Überweisung zurzeit nicht erforderlich. Die Große Anfrage ist gut und ausführlich beantwortet. Wir haben in der Sitzung am 28. März zuletzt über das Fachstellenkonzept im Sozialausschuss gesprochen.

(Martina Gregersen GAL: Damals wussten Sie fast alles nicht!)

Wir haben heute und hier darüber gesprochen. Insofern ist die Überweisung nicht erforderlich. Das Thema als solches verlässt uns natürlich nicht. Wir werden weiterhin das Thema im Auge behalten und zu gegebener Zeit auch sicherlich im Sozialausschuss noch einmal darüber sprechen. Eine Überweisung hier und heute erscheint mir wenig sachgerecht. Dankeschön!

(Beifall bei der CDU)

Frau Brinkmann hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr von Frankenberg! Die CDU hat nie Interesse soziale Themen im Sozialausschuss zu beraten.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – "Oh"-Rufe von der CDU)

Der Sozialausschuss, und das können Sie, Herr Reinert,

(Wolfhard Ploog CDU: Das ging ja voll daneben!)

nachsehen, hat Dank unseres Antrages heute von Herrn Kienscherf einen einzigen Tagesordnungspunkt, den wir behandeln können. Es gibt keinen anderen Ausschuss, in dem so viel abgelehnt wird und in dem es so viel nicht für notwendig erachtet wird, darüber zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben zuletzt, wie Sie gesagt haben, am 28. März im Ausschuss darüber beraten und dort wurde uns von der Sozialsenatorin versprochen, dass wenn die Ausschreibung für die dritte Kategorie der Obdachlosen für den Trägerauftrag fertig ist, er uns zugesandt wird und wir

dann darüber diskutieren. Warum kann man die Große Anfrage denn dann nicht zusammen damit diskutieren? Das ist wirklich sehr fragwürdig und sehr eindeutig für uns, weshalb das nicht geht.

Frau Senatorin, Sie haben sich gefragt, warum immer so eine negative oder kritische Gestaltung der Reden unsererseits kommt, wenn wir über soziale Themen reden. Da kann ich Ihnen nur antworten, Sie haben offensichtlich Wahrnehmungsstörungen

(Zurufe von der CDU)

und da müssen wir Sie zum Teil darauf hinweisen und müssen die Dinge richtig stellen. Sie haben zum Schluss gesagt, ich könnte Ihnen jetzt noch ganz viel erzählen aber ich höre jetzt auf. Erzählen, das ist das entlarvende Wort.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Erzählen tut man Geschichten. Aber Sie hätten einmal berichten sollen. Berichten tut man Fakten. Die Fakten waren in der Großen Anfrage von Frau Gregersen alle vorhanden. Die sind eindeutig dargestellt worden.

(Beifall von Doris Mandel SPD)