Herr Beuß, Sie haben gesagt, Sie wollen Nachhaltigkeit in der Finanzierung der Hochschulen schaffen. Also von
den Studiengebühren geht ja erstmal ein Riesenteil aus meiner Sicht in die Bürokratie, die Sie aufbauen müssen. Sie brauchen ja zum Beispiel für die Verrechnung zwischen den einzelnen Bundesländern Personal. Sie wissen genau, dass mindestens ein Drittel dieser Gebühren für die Verrechnung innerhalb Hamburgs in zusätzliche Bürokratie gehen wird, und Sie sind doch sonst immer für den Abbau von Bürokratie, hier bauen Sie welche auf.
Auch mit Ihrem Ausfallfonds, den Sie jetzt mit Ihrem Antrag neu begründen wollen, das ist doch der falsche Ansatz. Die Frage ist doch, warum eigentlich der Staat nicht die Verantwortung für nicht zurückgezahlte Kredite übernimmt. Sie, der Staat, Sie wollen doch Studiengebühren einführen. Warum wälzen Sie das Risiko der Rückzahlung auf die Hochschulen ab? Dann stehen Sie doch dazu und sagen, dass das Risiko dann beim Staat liegt oder bei den Banken, die die Kredite geben.
Ich möchte zum Schluss noch auf eine Studentin aus der Ukraine zurückkommen, die in der Öffentlichen Anhörung gesagt hat, dass es für Studierende aus dem Ausland künftig schwer sein wird in Hamburg zu studieren, weil sie Studiengebühren zahlen und ihren Lebensunterhalt finanzieren müssen. Und ich finde es falsch, dass Sie keine einheitliche Regelung für alle Hochschulen hinsichtlich der Frage, wie mit bedürftigen ausländischen Studenten umgegangen werden soll, festlegen. Dass Sie das den Hochschulen überlassen, wie sie mit bedürftigen Studenten umgehen, kann nicht eine Lösung sein. Und Sie wissen auch ganz genau, Herr Beuß, dass das eine schwierige Lage ist für die Hochschulen, ausländische Studierende zuzulassen, von denen sie dann am Ende nicht wissen, ob sie die Gelder zurückbekommen oder nicht. Eine einheitliche Lösung für bedürftige Studierende wäre hier eine gute Regelung gewesen. Hamburg ist eine weltoffene Stadt und ich glaube, dass künftig nur noch Kinder reicher Leute hier studieren werden.
Und Sie wissen ganz genau, dass eine einheitliche Regelung Rechtssicherheit für die Hochschulen geschaffen hätte, und ich finde, dass Sie sich doch noch einmal mit dem Senator an einen Tisch setzen und ihn überzeugen sollten, dass er noch einmal eine Korrektur vornimmt. Fazit, ihr Gesetz ist unsozial, familienfeindlich und nicht zukunftsweisend. Wir werden es ablehnen und sind der Meinung, dass ein Erststudium aus den Gründen, die ich genannt habe, künftig auch in Hamburg kostenfrei bleiben sollte.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist ja schon symptomatisch, dass wir erst heute Änderungsanträge von der CDU-Fraktion bekommen. Und es ist natürlich auch symptomatisch, dass bisher im ganzen relativ kurzen Verfahren zu diesem Gesetz Herr Beuß als wissenschaftspolitischer Sprecher inhaltlich noch keinen Ton zu diesem Gesetz gesagt hat.
Aber eigentlich hat er immer noch nicht die Frage beantwortet, warum wir eigentlich Studiengebühren einführen müssen. Es wird nur auf die Finanzierungsfrage reduziert und das ist sicherlich zu kurz gegriffen und auf die Lösung dieser Frage werde ich ganz am Ende kommen.
Eigentlich haben wir hier eine gesellschaftliche Frage und eine Generationenfrage. Wie kann es eigentlich sein, dass die Generation, die in den 70er Jahren massiv davon profitiert hat, dass die Studiengebühren abgeschafft worden sind, jetzt wieder Studiengebühren einführt, ohne dass sie selbst irgendeinen Beitrag leistet.
Tatsächlich wird hier von bestimmten Leuten verlangt, dass die nun durch Studiengebühren betroffene Generation wirklich alles privat zahlt und für alles privat vorsorgt. Das ist bei der Alters- und Gesundheitsvorsorge schon so. Das ist faktisch bei der Arbeitslosigkeit so und nun soll das eben auch bei ihrer Ausbildung der Fall sein. Die ältere Generation besteht allerdings noch auf die Erfüllung des so genannten Generationenvertrages, der sich für die betroffene Generation leider nur als Vertrag zu Lasten Dritter entpuppt.
Ja, Herr Beuß, damit nehmen Sie nämlich dieser Generation tatsächlich den Mut. Den Mut ein Studium aufzunehmen und auch den Mut,
nach dem Abschluss eine eigene Existenz und eine eigene Familie zu gründen. Sie haben vielleicht schon einmal von dem Begriff von der Rushhour des Lebens gehört. Damit ist gemeint, dass nach Ende des Studiums eigentlich alles in fünf Jahren geschehen muss. Der Berufseinstieg, die Anfänge zur Altersabsicherung und die Familiengründung. Wie glauben Sie eigentlich, wie sich eine weitere Belastung bei diesen Menschen auswirken wird? An welchem Ende wird wohl der rationale Mensch sparen? Ja, das wird sich natürlich massiv gegen die Familien und gegen den Kinderwunsch richten.
Ihr Gesetzentwurf gleicht nun einer wunderbaren PowerPoint-Präsentation mit vielen bunten Bildern und – wie wir gehört haben – Meilensteinen. Damit sollen alle Probleme der Hochschulen gelöst werden. Aber es ist wie mit jeder PowerPoint-Präsentation, je besser die Präsentation, desto schlechter der Inhalt.
Der Gesetzentwurf sieht nun vor, für alle Studierenden 500 Euro Studiengebühren im Semester einzuführen. Ein Rechtsanspruch auf bessere Lehre ist damit übrigens nicht verbunden. Und es gibt damit natürlich auch keinen Anreiz für eine wirklich bessere Lehre.
Ach ja, ich vergaß. Herr Beuß, natürlich. Sie haben sich ja ein soziales Kreditmodell ausgedacht. Oder vielleicht
doch nicht? Ähnlich wie nämlich die Regelung zu den Gebühren ist auch das Kreditmodell absolut rudimentär geregelt. Es gibt viele Versprechungen und keine Garantien. Der Zinssatz soll unter 5 Prozent liegen. Da bis heute nichts Konkretes vorliegt, können wir überhaupt nicht sagen, ob das stimmt. Und das bedeutet in der Konsequenz, dass ein Mensch, der einen Kredit aufnehmen muss, weil er nicht sofort zahlen kann, statt 5000 Euro über 10 000 Euro zahlen muss. Frei nach dem Motto, wer hat, dem wird gegeben, fördern Sie also soziale Ungleichheit.
Verschwiegen wird aber in dem Gesetzentwurf, dass schon heute die Studierenden und ihre Familien im Schnitt 42 000 Euro für ein Studium zahlen, und zwar über die Lebenshaltungskosten, die von ihnen getragen werden. Die Regelung über die Zinsen bei den Krediten wird deswegen auch von einem bekannten Verfassungsrechtler – und er ist wirklich nicht bekannt dafür, dass er besonders links ist – Professor Pieroth aus Münster für verfassungswidrig erachtet. Denn die Zinsen stellen den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar und nur ein Inflationsausgleich wäre zulässig. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in einer aktuellen Entscheidung zu Langzeitstudiengebühren in Baden-Württemberg festgestellt, dass Gebühren nicht die Ziele des BAföGs konterkarieren dürfen. Das heißt in der Konsequenz, dass BAföG-Empfänger nämlich eben gerade hiervon befreit werden müssen. Nun hat die CDU heute zwei grandiose Änderungsanträge vorgelegt und eine Kappungsgrenze von 17 000 Euro vorgeschlagen.
Ja, genau, Herr Beuß. Toll, wirklich toll. Da ist sogar die NRW-Regierung mit der FDP-Beteiligung weiter als Sie. Muss man mal klar sagen.
Die haben nämlich eine Kappungsgrenze von 10 000 Euro und es damit zumindest sichergestellt, dass die BAföG-Empfängerinnen und BAföG-Empfänger nicht härter durch die Studiengebühren belastet werden. Davon sind Sie weit entfernt mit Ihren Änderungsvorschlägen.
Zugleich schränkt natürlich ein solcher Kredit und der damit verbundene Schuldenberg massiv die Kreditwürdigkeit nach dem Abschluss eines Studiums ein. Der Weg in die Selbstständigkeit wird für diese Personen massiv erschwert. Denn nicht nur die deutsche Bevölkerung, auch deutsche Banken haben eine gänzlich andere Mentalität als die Amerikaner. Wir haben also, wie wir so nett gesagt haben, hier ein Studium mit angeschlossener Privatinsolvenz.
Die Einführung der Studiengebühren führt nun bei einigen an den Hochschulen zu Dollarzeichen – Verzeihung Eurozeichen – in den Augen und, so behaupten auch Sie, die Unterfinanzierung der Hochschulen könnte damit behoben werden. Das ist natürlich unmöglich. Selbst Ihre eigenen Schätzungen gehen davon aus, dass Sie nur eine Einnahmesteigerung von 46 Millionen Euro hinbekommen. Das sind 8 Prozent des Etats der Hochschulen. Um uns wieder in das Mittelklassefeld der OECD-Natio
(Wolfgang Beuß CDU: Sie reden hier, als wären Sie beim Karneval! – Michael Neumann SPD: Karneval ist doch bei Herrn Engels!)
Sie haben das während des gesamten Verfahrens zu Studiengebühren nicht gemacht. Jetzt wäre es einmal an der Zeit.
Diese Finanzierung der Hochschulen kann sicherlich kein Land alleine meistern, wir bräuchten eine Bundesbeteiligung. Aber genau diese Möglichkeit wird gerade abgeschnitten durch die Föderalismusreform. Das heißt Sie selbst schaufeln das Grab für die Hochschulen, indem Sie diese Föderalismusreform durchführen möchten.
Den vorausschauenden Verantwortlichen an den Hochschulen treibt übrigens der Gesetzentwurf den Angstschweiß auf die Stirn. Denn es gibt noch mehr Absonderlichkeiten in diesem Gesetz. Und das ist das Ausfallrisiko für die Kredite. Das müssen nämlich die Hochschulen übernehmen, nicht die Banken, oder vielleicht hier, unsere Stadt. Nein, die Hochschulen selbst.
Und die absonderliche Begründung ist, dass die Hochschulen für den Erfolg ihrer Absolventen auf dem Arbeitsmarkt zuständig seien. Also die Hochschulen sind für die Arbeitsmarktentwicklung zuständig. Das ist schon eine interessante Auffassung von politischer Verantwortung.