Protocol of the Session on May 31, 2006

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Doch, Sie haben noch etwas anderes geschaffen und das drückt dann auch ein bisschen die Geisteshaltung aus, wie man in dieser Stadt bei der Realisierung solcher Projekte vorgeht. Im letzten Jahr nach der gescheiterten olympischen Bewerbung ist eine traditionelle Veranstaltung in Hamburg, das Leichtathletikmeeting am Hammer

Park, nach 24 Jahren eingegangen. Leichtathletik ist die klassische olympische Disziplin, es kamen 5000 Zuschauer und das Leichtathletikmeeting hatte einen guten Ruf. Es ist eingegangen, weil den Direktoren mitgeteilt wurde, dass die 25 000 Euro Staatszuwendung nicht mehr zur Verfügung ständen. Damit ist eine Veranstaltung, die 24 Jahre vom Engagement der Bürger gelebt hat, totgemacht worden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Am letzten Sonntag – ich habe nichts gegen die Sanierung von Sportstätten – geht der Erste Bürgermeister nach Flottbek und guckt sich das Deutsche Derby an.

(Zurufe von der SPD: Ja!)

Dann geht er an Herrn Darboven und Herrn Aust vorbei und sagt, Ihr Rasen ist in einem katastrophalen Zustand – ich glaube, das heißt dort Parcours –, ich sage Ihnen zu, 600 000 Euro zu spenden, damit das im nächsten Jahr wieder ordentlich aussieht. 25 000 Euro sind nicht da, um eine hochattraktive Leichtathletikveranstaltung weiter in Hamburg zu halten, aber 600 000 Euro zur Sanierung des Parcours werden vom Ersten Bürgermeister zwischen 14 und 15 Uhr mal eben so versprochen. Das ist die Realität in dieser Stadt.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Michael Neumann SPD: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren! Das ist die gefährliche Arroganz, von der selbst die "WELT am SONNTAG" spricht.

Es gibt noch einen zweiten Punkt, da greife ich in den Bereich Stadtentwicklung.

(Egbert von Frankenberg CDU: Reden Sie mal zum Thema!)

Es geht um eine marktgetriebene Momentaufnahme und um den temporären Marketingeffekt im Hinblick auf Wachstum in dieser Stadt. Ich greife noch einmal, wenn mir die Zeit es erlaubt, in den Bereich Stadtentwicklung. Wir alle begrüßen die Entwicklung vom Jungfernstieg zur HafenCity über den Domplatz,

(Olaf Ohlsen CDU: Aber Sie doch nicht, Herr Dobritz!)

eine hochattraktive neue Meile. Aber im Mittelpunkt dieser hochattraktiven merkantilen Meile soll etwas nicht Merkantiles entstehen, nämlich die Domplatzbebauung. Dort soll das Parlament untergebracht werden, ein Haus der Kultur, die Bibliothek und, und, und. Und was kommt dorthin einfach durch die Vorgabe, dass dort nur eine begrenzte Miete zu realisieren ist, die nur 50 Prozent dessen beträgt, was die Stadt selbst im Überseezentrum den Investoren zusichert? Es kommt ein Glaspalast dorthin,

(Olaf Ohlsen CDU: McDonalds!)

und zwar ein Glaspalast, den man in Ostberlin früher im Volksmund Erichs Lampenladen genannt hat. Es kommt Oles Lampenladen dorthin und das ist die Arroganz, wie man mit bestimmten Dingen in dieser Stadt umgeht und was bei Ihnen Priorität hat.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Zum ersten Thema liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann

kommen wir zum zweiten, von der GAL-Fraktion angemeldeten Thema:

Die Abwicklung des Naturschutzes geht weiter

Das Wort erhält Herr Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Umweltsenator hat uns unlängst mit gewohnt stolzgeschwellter Brust die Bilanz seiner Naturschutzpolitik präsentiert, wonach 8 Prozent der Hamburger Fläche unter Naturschutz stünden und diese Fläche im vergangenen Jahr auch noch gewachsen sei. Was hat es aber wirklich mit dieser angeblichen Wachstumsbranche Naturschutz in unserer Stadt auf sich?

Bei genauerer Betrachtung ist diese angeblich wachsende Naturschutzfläche leider nicht mehr als ein ziemlich dürftiges Alibi. Den einzigen Zuwachs, den es an Naturschutzgebietsfläche gegeben hat, war die Ausweisung der Reste des Mühlenberger Loches zum Naturschutzgebiet. Das ist nicht etwa aufgrund des großen Drucks des Umweltsenators geschehen, sondern auf Druck der EU-Kommission und damit auch der Wirtschaftsbehörde, weil sie gefürchtet hat, dass dadurch die Werkerweiterung in Gefahr geraten könnte.

Netto aber hat sich die Naturschutzfläche in Hamburg reduziert, denn in der ganzen Stadt wurden Landschaftsschutzverordnungen ausgehebelt, um Bauvorhaben auf der grünen Wiese umzusetzen. Das ist leider Realität und nicht das Märchen vom Naturschutzparadies Hamburg. Das nimmt Ihnen in dieser Stadt, Herr Senator Freytag, mittlerweile niemand mehr ab.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Mit solchen Vorhaben setzen Sie auch die Lebensqualität in der Stadt aufs Spiel. Ich will folgende Beispiele nennen: Bergstedt, Wohldorf-Ohlstedt, aber neuerdings auch – Herr Dobritz hat es gerade angesprochen – den Altonaer Volkspark, dessen Norden zu einem Gewerbegebiet mit dem Namen "Sportpark" umfunktioniert werden soll. Mit einem Park wird das dann aber ungefähr so viel zu tun haben wie ein Industriepark oder ein Entsorgungspark. Vielleicht ist das die Vorstellung, die Sie von Parks haben.

In der Realität verliert Hamburg damit Grünflächen. Jedes Jahr gibt es 3000 Bäume weniger auf öffentlichen Flächen dieser Stadt, weil der Senat die Mittel zum Nachpflanzen spart und weil die Stadt nicht darauf setzt, konsequent Konversionsflächen für Bauvorhaben zu nutzen, sondern auf die grüne Wiese geht. Grün reden, schwarz asphaltieren, das ist und bleibt leider Ihre Devise, Herr Senator Freytag.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Michael Neumann SPD: Das sind Rotlichtzeiten!)

Dieser Verbrauch von Freiflächen ist nur die eine Entwicklungslinie in der Anti-Naturschutzpolitik; eine zweite ist die Abschaffung der Eigenständigkeit von Naturschutz- und Grünämtern. Die Fürsprecher für den Naturschutz werden innerhalb der Verwaltung gezielt geschwächt. Das betrifft zum einen sowohl die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, aber auch die Ebene der Bezirke. Die Verwaltung der Naturschutzgebiete – das ist eines der Beispiele – soll dezentralisiert werden. Wozu das führt, konnten wir bereits im Bezirk Bergedorf betrachten, wo es zynischerweise gerade der Bezirk war, der ein

gesetzlich geschütztes Biotop vernichtet hat, weil anscheinend niemand in dieser Verwaltung gewusst hat, dass dieses Gebiet geschützt ist. Das ist organisierte Verantwortungslosigkeit zulasten des Naturschutzes. Leider ist es das, was Sie offenbar mit Ihrer Verwaltungsreform wollen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Herr Senator Freytag setzt sich dabei nicht nur über die Meinung der Naturschutzverbände und auch des unabhängigen Naturschutzrats seiner Behörde hinweg – das kennen wir ja schon, das wäre nichts Neues –, sondern auch über ein Gutachten, das er selbst in Auftrag gegeben hat, und – ganz bemerkenswert – über die Umweltpolitiker seiner eigenen Fraktion. Es waren die CDUAbgeordneten – das rechne ich ihnen auch hoch an –, die im Umweltausschuss für einen einstimmigen Beschluss gesorgt hatten, wonach die großen Naturschutzgebiete weiterhin in der Stadtentwicklungs- und Umweltbehörde betreut werden sollen. Was macht der Senator? Er macht das glatte Gegenteil.

Mit Ihrem Vorgehen schaden Sie nicht nur der Natur, Herr Senator Freytag, sondern Ihre Umweltpolitiker laufen mittlerweile wie gerupfte Wachtelkönige herum. Sie sollten sich überlegen, ob das richtig ist, Herr Senator.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Mit dem jüngsten Vorhaben, dem Naturschutzgesetz, das vorgestellt wurde, deutet sich eine dritte Entwicklungslinie an: Mit der Novellierung des Hamburgischen Naturschutzgesetzes sollen die gesetzlichen Grundlagen des Naturschutzes entscheidend geschwächt werden. Um einen Punkt herauszugreifen: Wenn das Klagerecht der anerkannten Naturschutzverbände tatsächlich kassiert wird, wie es der Senat plant, und sich die CDU dazu auf Bundesebene für die Abschaffung des Bundesverbandsklagerechts einsetzt, dann wird der straflose Bruch von Naturschutzrecht möglich, denn wo kein Kläger ist, ist kein Richter.

Ich komme zum Schluss mit folgender Bemerkung: Die einzige Person, die sich in diesen Tagen über die Naturschutzpolitik des Senats freut, ist Frau Ahrons. Das sagt, glaube ich, alles aus. Dass die Umweltpolitiker in der CDU-Fraktion düpiert werden und die Wirtschaftspolitiker triumphieren, ist Ihre Umweltpolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL und bei Doris Mandel und Dr. Mathias Petersen, beide SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Engels.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war eine in tiefem Moll gehaltene Rede zum Natur- und Umweltschutz in dieser Stadt. Das ist insofern ein bisschen unglücklich, als – natürlich bedingt durch die Jahreszeit und die Wetterbedingungen – Hamburg so grünt und blüht wie seit Jahren nicht mehr.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Ihnen ist ja nichts zu blöd!)

Da Herr Neumann mit einem geistreichen Zwischenruf meinte, mir sei nichts zu blöde, sage ich auch dazu, dass

es natürlich nicht allein das Verdienst des Senats ist, aber der Senat hat dazu beigetragen.

(Zurufe von der SPD und der GAL)

Das Thema Baumschutz wurde genannt. Das Gesunderhalten unserer Bäume hat natürlich auch das Fällen toter Bäume und das Absägen toter Äste bedingt und deswegen ist Hamburg zusätzlich grün geworden.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Ich bitte Sie, zum parlamentarischen Sprachgebrauch zurückzukommen und um ein bisschen mehr Ruhe. – Herr Engels, bitte.

Aufgrund dieser Maßnahmen hat es in dieser Stadt ein zusätzliches Aufatmen zu Grün und Frische gegeben und im Übrigen dank des Regens in diesem Mai auch zu mehr Sauberkeit in der Stadt geführt.

(Lachen bei der GAL)

Die Prozentzahlen wurden schon genannt. Wir brauchen uns im Vergleich insbesondere zum norddeutschen Umland überhaupt nicht zu verstecken. Hamburg hat mit knapp 8 Prozent bei weitem die meisten Naturschutzgebiete in Norddeutschland. Ich nenne Ihnen andere Beispiele: Bremen 2 Prozent, Berlin 5 Prozent, das Bundesland Niedersachen 3 Prozent. Nein, Hamburg braucht sich seiner Naturschutzpolitik überhaupt nicht zu schämen. Im Gegenteil. Wir können stolz darauf sein.