Protocol of the Session on May 31, 2006

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie haben im Gefolge der Handelskammer dort ein Großprojekt aufgeblasen, das nur etwas werden kann, wenn wirklich 150 000 Menschen dahin kommen. Sie haben noch nicht geklärt, was Sie da eigentlich zeigen wollen. Sie haben bisher nur jemanden, der irgendwelche Events betreiben will, mehr gibt es noch nicht.

Wenn das aber so ist und wir wollen, dass alles dennoch ein Erfolg wird, dann müssen wir sicherstellen, dass die BallinStadt in den Kulturraum Hafen eingebunden wird. Dann müssen wir einen Nutzen daraus ziehen, dass wir 30 Millionen Euro ins Tamm-Museum stecken, dass wir das Museum der Arbeit dazu gewonnen haben, aber auch Geld dahin geben, dass das Hafenmuseum bei den 50er Schuppen entsteht und die BallinStadt ihre Zuschauer findet.

Wenn man das aber will, muss es zwingend eine Circleline geben, also eine touristische Möglichkeit, all das zu bewerben und zu erfahren. Wenn diese Fahrt aber durch die lange Fahrtdauer für die Barkassenbetriebe so teuer wird, dass es sich für sie nicht mehr lohnt, das zu passablen Preisen zu machen, dann findet das einfach nicht mehr statt und wir sitzen da mit unseren investierten 15 Millionen ohne Zuschauer, denn so sehr drängeln sich die New Yorker noch nicht danach, unbedingt die Veddel zu erfahren; da muss schon ein bisschen mehr angeboten werden. Es war auch eine Schnapsidee, dass alle New Yorker auf die Veddel kommen. Als die Handelskammer Werbeveranstaltungen dazu in New York gemacht hat, kam kaum jemand und es kam erst recht kein Geld.

Herr Senator Freytag sagt jetzt, das ginge nicht mit den EFRE-Mitteln, denn die seien schon anderswo gebunden und da ginge es um soziale Zwecke. Bei der Belebung der Veddel geht es auch darum, den Kulturraum Hafen, der gleichzeitig auch noch ein Lebensraum für Leute ist, zu beleben und ihm eine wirtschaftliche Perspektive zu geben. Diese Perspektive zu fördern, das wären sinnvoll verwendete EFRE-Mittel und nicht etwa verschwendete.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Besonders lustig finde ich das Argument, 11 Millionen für vier Minuten. In Sachen U 4 wenden Sie 255 Millionen für wahrscheinlich zwei Minuten auf; das ist doch ein Erfolg.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Das ist 'ne andere Dimension!)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer den SPD-Antrag aus der Drucksache 18/4329 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir kommen zu Punkt 48 der Tagesordnung, dem Antrag der GAL-Fraktion: Beteiligung von Jugendlichen an der Politik verbessern – Wahlalter 16 in den "neuen" Bezirken!

[Antrag der Fraktion der GAL: Beteiligung von Jugendlichen an der Politik

verbessern – Wahlalter 16 in den "neuen" Bezirken! – Drucksache 18/4282 –]

Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache federführend an den Verfassungsausschuss und mitberatend an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? Herr Sarrazin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema Jugendbeteiligung wird leider oftmals noch unterschätzt. Weil das aber niemand zugeben möchte, ist es oft nur eine Vorlage für ergebnislose Sonntagsreden. Ein Beispiel dafür habe ich gestern im Internet gefunden. Zitat:

"Kinder und Jugendliche in politische, planerische und zukunftsorientierte Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse einzubeziehen, ist für die Zukunftsfähigkeit eines demokratischen Gemeinwesens unverzichtbar. … Frühzeitige Heranführung von Kindern und Jugendlichen an Politik ist ein wichtiger Grundbaustein in der Entwicklung des Politikverständnisses."

Meine Damen und Herren von der SPD und von der CDU, ich werde Ihnen nicht vorwerfen, dass in Ihrem Koalitionsvertrag richtige Sätze stehen. Ich kann nach dieser Lektüre aber der CDU leider auch nicht mehr vorwerfen, sie wüsste nicht, worum es hier gerade geht. Aber umso mehr werde ich Ihnen vorwerfen, dass Sie, wenn Sie unseren Antrag ablehnen, Ihre eigenen schönen Sonntagsreden zur Jugendbeteiligung nicht zu Ende denken,

(Beifall bei der GAL – Wolfhard Ploog CDU: Das ist aber sehr keck von Ihnen formuliert!)

und dass Sie ignorieren, welche Instrumente für eine verbesserte Beteiligung von Jugendlichen und von Kindern tatsächlich geboten sind.

Wir haben heute schon das Wahlrecht diskutiert. Auch jetzt geht es darum, dass tausende von Menschen in dieser Stadt vom Wahlrecht – also einem der wesentlichen Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger – ausgeschlossen sind. Wir wissen, Menschen unter 18 Jahren sind nicht zu dumm zum Wählen, sie sind genauso wie wir alle in diesem Hause Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.

(Zuruf von der CDU)

Das Wahlrecht ab 16 Jahren ist eine Antwort auf diese Erkenntnis.

(Zuruf von der CDU)

Es ist aber auch eine Antwort auf die Erkenntnis, dass man schon vor dem Alter von 18 Jahren ein Zoon Politikon sein kann und keinesfalls mit 18 Jahren plötzlich ein politisch denkender Mensch sein muss.

Unser Grundgesetz regelt in Artikel 20 die Grundlagen unserer Staatsstruktur. Es sagt – Sie kennen den Satz bestimmt und werden jetzt sicherlich aufmerksam zuhören –:

"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen … ausgeübt."

Das Grundgesetz sagt logischerweise nicht, die Staatsgewalt ginge vom Volke ab einem Alter von 18 Jahren aus. Artikel 38 Absatz 1 regelt die Wahlrechtsgrundsätze.

Dieser Artikel regelt, wie Sie wissen, die allgemeine und natürlich freie, gleiche und geheime Wahl.

Erst der zweite Absatz schränkt dieses für die Wahlen zum Bundestag ein. Was heißt das aber nun für uns?

(Olaf Ohlsen CDU: Das heißt gar nichts! – Wolfhard Ploog CDU: Sie springen zu kurz!)

Herr Ohlsen sagt, das Grundgesetz sagt gar nichts. Ich denke, die CDU ist gegen rechtsfreie Räume in dieser Stadt. Vor dem Hintergrund ist das eine interessante Aussage.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Sie haben ja oft Probleme mit Gerichten. Aber nicht deswegen habe ich gedacht, ich trage das noch einmal in den Worten eines Gerichts vor. Das Verwaltungsgericht Hannover hat 1997 mit der Begründung, die ich gleich zitiere, eine Klage gegen das Kommunalwahlalter von 16 Jahren in Niedersachsen abgelehnt. Zitat:

"Das Grundgesetz garantiert jedem Bürger allgemeine, freie, gleiche und geheime Wahlen. Das Alterserfordernis für die Wahlberechtigung ist eine verfassungsmäßige Einschränkung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl. Das Erfordernis eines Wahlalters ist zulässig und geboten, …

jetzt kommt das Entscheidende –

… darf aber nicht willkürlich festgesetzt werden.“

Verstehen Sie, was das heißt?

(Wolfhard Ploog CDU: Ja, das haben wir! Frau Peschel-Gutzeit lässt grüßen!)

Das war vor meiner Zeit, aber ich kann Ihnen sagen, was das wirklich heißt.

(Wolfhard Ploog CDU: Frau Peschel-Gutzeit kann es Ihnen erklären, die wollte schon die Säuglinge durch die Eltern wählen lassen!)

Herr Ploog, schön, dass Sie Ideen aufgreifen. Lassen Sie uns nach einer Sitzung im Eingabenausschuss in Ruhe darüber diskutieren.

Was hat das Verwaltungsgericht Hannover, als es diesen Beschluss mit dieser Begründung gefällt hat, gesagt? – Ein Mindestwahlalter darf nicht willkürlich festgesetzt werden. Man darf sich nicht so einfach aus dem Ärmel schütteln, man fände, Jugendliche seien noch zu doof zum Wählen, vielleicht seien sie noch zu jung, vielleicht wollten sie das auch gar nicht und deswegen sagen wir jetzt einfach 18 Jahre.

Es ist auch ein bisschen getrickst, Herr Voet van Vormizeele, unseren Vorschlag aus dem Sonderausschuss Verwaltungsreform, der ermöglichen möchte, dass Sechzehnjährige als zugewählte Bürger schon in der Bezirksversammlung mitarbeiten, als Testballon zur eigenen Sache aufzublasen.

Wenn Sie dem Anspruch dieser Rechtsetzung gerecht werden wollen, müssten Sie hier gleich nachweisen – jetzt hören Sie bitte zu –, warum Jugendliche im Alter von 16 Jahren aus Ihrer Sicht angeblich noch nicht die notwendige Reife besitzen, um eine Wahlentscheidung zu fällen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich bin gespannt, was gleich von Ihnen kommen wird. Ich möchte es ganz offen sagen. Ich kenne keine einzige entwicklungspsychologische oder andere wissenschaftliche Darstellung, die bestreitet, dass Jugendliche mit 16 Jahren die notwendige Reife besitzen. Im Gegenteil. Es gibt eine Vielzahl von Arbeiten, die genau belegen, dass Jugendliche die notwendige Reife besitzen. Deswegen ist es aus unserer Sicht moralisch geboten, zumindest bei den Bezirkswahlen in Zukunft ab 16 Jahren Jugendliche mit entscheiden zu lassen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Christian Maaß GAL: Die CDU benimmt sich wie fünfzehnjährige Schuljungs!)

Sie kennen unseren wunderbaren Parteibeschluss, der besagt, in einem weiteren Schritt würden wir gern über das Wahlalter von 14 Jahren bei Bezirkswahlen nachdenken. Das können wir gern machen, wenn wir dann endlich mit Ihnen in Diskussionen über die wissenschaftlichen Studien über die moralische und kognitive Fähigkeit einsteigen würden, wenn Sie unseren Antrag zum Beispiel an den Ausschuss überweisen würden.

Aber, meine Damen und Herren, es geht nicht nur um Moral. Deswegen versuche ich es mit pragmatischen Argumenten, denn Sie sind gerade sehr pragmatisch aufgelegt. Das freut mich. Wir können heute zum Beispiel alle gemeinsam an der Shell-Studie ablesen

(Heiterkeit bei Karen Koop CDU)