(Karen Koop CDU: So viel Blödsinn, wie Sie da geredet haben, das muss einen ja betroffen machen! – Wolfgang Beuß CDU: Nun kommen Sie mal zur Sache!)
Der eine Hauptkritikpunkt aus der Sicht der SPD, aber auch aller Experten ist also – wie wir feststellen – die überhastete Einführung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen bereits zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes im August, also in drei Monaten. Die 18 am Schulversuch "Selbstverantwortete Schule" beteiligten Schulen hatten ursprünglich ein Jahr Zeit, Entwicklungsvereinbarungen mit der Behörde für Bildung und Sport zu treffen. Ohne Auswertung dieses Schulversuches, ohne öffentliche Erörterung der Erfahrungen und der Ergebnisse sollen die Schulleitungen sämtlicher Schulen im Hauruck-Verfahren bis zum 1. August 2006 die Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit der Schulaufsicht abschließen. Kein anderes Bundesland, meine Damen und Herren auf der CDU-Seite, hat diesen Zeitdruck im Gesetz vorgesehen.
Nordhein-Westfalen beispielsweise will eine Zeitschiene von drei Jahren zulassen. Und hierzu muss man wissen, dass der Schulversuch in Nordrhein-Westfalen schon drei Jahre läuft. Das heißt also, das CDU-regierte NordrheinWestfalen gibt seinen Schulen insgesamt sechs Jahre Zeit und das CDU-regierte Hamburg wartet nicht einmal ab, bis ein ganzes Schuljahr vorüber ist. Das ist doch ein viel zu kurzer Zeitraum, um die von mir vorhin erwähnte Vereinbarungs- und Vertrauenskultur in den Schulen zu entwickeln und zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen. Ich nenne so etwas unprofessionell.
Die SPD-Fraktion beantragt daher, den Zwang zum Abschluss von Ziel- und Leistungsvereinbarungen um ein Jahr aufzuschieben. Hierzu passt im Übrigen, dass die Hamburger Schulleitungen erst die Ziel- und Leistungsvereinbarungen abschließen und festlegen sollen, was sie denn nun durchführen wollen und sich erst dann fortbilden dürfen, wie man diesen ganzen Prozess eigentlich verantwortlich steuert und ihn, auch mit den betreffenden Personen, ausführt. Hierzu sagt Ihr Experte, Herr Dr. Habeck, ich zitiere, Herr Beuß:
"denn das ist sicher und das wissen wir, gelingen wird das Ganze nur, wenn Schulleitungen für diese anspruchsvolle Aufgabe ordentlich ausgebildet sind.
Ein weiterer Grund für die ablehnende Haltung in den Schulen und auch von uns war die von der Behörde für Bildung und Sport geplante und völlig unzureichende Beteiligung der Akteure. Veränderungen von Schulen in solchen Dimensionen erfordern logischerweise das Mitnehmen aller am Schulleben Beteiligten. Der Entwurf an sich und die Senatsanhörung haben hierzu deutlich gemacht, was die Senatorin davon hält, nämlich nichts. Dabei lebt doch die Selbstverantwortete Schule gerade von der Kooperation, dem Engagement, der Motivation und der Kompetenz aller am Schulleben Beteiligten. Sie benötigt die demokratische Beteiligung aller. Ein Gesetz
in dieser Form braucht Glaubwürdigkeit und Mitnahme. Wer Mitverantwortung will, Herr Heinemann, der muss auch Mitentscheidungen garantieren, denn das ist das Wesentliche.
Die CDU will immerhin zugestehen, dass die Schulkonferenz über die Ziel- und Leistungsvereinbarungen berät. Aber, Herr Heinemann, darüber entscheiden darf sie nicht, denn das ist im Gesetz nicht enthalten.
Glaubwürdigkeit war vorhin das Stichwort, meine Damen und Herren von der CDU. Wir von der SPD beantragen daher, den Punkt des Mitentscheidens durch die Schulkonferenz in das Gesetz aufzunehmen.
Wenn Sie es also ernst meinen, dann stimmen Sie doch unserer Änderung zu. Bekennen Sie sich zur Kultur des Vertrauens. Lösen Sie sich von der Ideologie des Topdown. Ansonsten schaffen Sie es nicht, dass Ihr Gesetzentwurf die Beteiligten ermutigt. Sie fühlen sich dann nämlich nicht mitgenommen und nicht eingebunden. Dann müssen doch eigentlich bei Ihnen, wenn es um die Schulleiter geht, die Alarmglocken läuten. Aber wahrscheinlich denken Sie wieder nur "Augen zu und durch" und das ist sowieso alles nur Gejammer. Ihr Professor Schley, den Sie vorhin zitiert haben, hat deutlich erklärt, ich zitiere, Herr Heinemann:
Wenn die Betreffenden sagen, es zwingt uns nur in die Knie, es belastet uns, es beschwert uns, dann ist genau das Gegenteil erreicht."
Neben diesen zwei Hauptforderungen – erstens mehr Zeit für die Beteiligten und zweitens mehr Mitbestimmung für die Betroffenen – gibt es zwei weitere Forderungen, die ich kurz begründen will.
Die Forderung der SPD-Fraktion, die Schulpflicht nicht zu verkürzen, hat der Schulausschuss nach eingehender Beratung ausgesetzt. Das hatten wir beantragt und diskutiert. Daraufhin wollten wir diese Problematik überprüfen. Nun hat die CDU-Fraktion erkannt, dass wir Recht hatten, und folgt dieser Forderung.
Die vierte Veränderung wollen Sie aber anscheinend nicht mitmachen und hierfür möchte ich nochmals werben. Wir fordern die Beibehaltung der Vertrauensausschüsse. Während der Vertrauensausschuss in erster Linie die Aufgabe hat, die kollegiale Zusammenarbeit zu fördern und Probleme innerhalb der Lehrerschaft zu lösen – so ist das im alten Gesetz enthalten – hat der Personalrat vielmehr die Aufgabe, Probleme zwischen den Beschäftigten und den Dienstvorgesetzten zu lösen. Die Aufgaben sind nämlich nicht deckungsgleich. Es bedarf dieser Ausschüsse. Das bestätigen Ihnen auch alle Schulleitungen, wenn Sie mit ihnen sprechen würden.
Der guten Form halber erwähne ich noch, dass wir auch ohne erneuten Antrag – wie auch schon im Schulausschuss geschehen – die Kostenpflichtigkeit von Unterricht
und das Büchergeld weiterhin ablehnen, auch wenn das heute nicht auf der Tagesordnung steht. Ich finde, das passt jetzt nicht zur Systematik der ganzen Materie, aber muss noch einmal gesagt werden.
Schließlich erwarten wir – das sind dann die erwähnten Punkte im Rahmen von Eckpunkten, wenn man sich mehr Zeit für ein solches Gesetz nähme –, dass die Schulaufsicht ihre bisherige Rolle entscheidend ändert. Wir erwarten nach wie vor, dass die Schulinspektion eher zum kritischen Freund der Schulen wird, als zum Kritikaster, und dass die BBS, Frau Senatorin, in dem Maße, wie sie die Verwaltung jetzt dezentral an die Schulen überträgt, auch den Schulen hinterher das Personal überlässt, damit die Schulen und deren Personal auch wirklich entlastet werden. Hierbei soll auch geprüft werden, inwieweit Schulleitungen im Rahmen des Gesetzes an sich entlastet werden können. Das Gesetz bietet hierfür schon Möglichkeiten.
Zuletzt möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass es doch sinnvoll wäre, dass Selbstverantwortete Schulen selbst darüber entscheiden dürfen sollten, ob sie in der dritten und vierten Klasse Noten- oder Berichtszeugnisse ausgeben. Das ist doch eigentlich für eine Selbstverantwortete Schule selbstverständlich und gehört eigentlich zu ihrem Profil dazu. Warum können die das nicht entscheiden?
Abschließend und zusammenfassend stelle ich für die Fraktion fest: Wir als Sozialdemokraten hätten Ihnen für dieses Gesetz in der Tat die Hand zur Zustimmung gereicht, weil wir schon viel länger als Sie über diese Form der Weiterentwicklung der Schulpolitik nachdenken. Wir sehen diese Chance für die Aufbruchsstimmung in den Schulen bei allen Beteiligten, aber hierzu hätten Sie diese drei wesentlichen Punkte ändern müssen. Noch haben Sie die Chance dazu. Greifen Sie zu! Wir würden dann mitmachen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorab vielleicht gleich etwas zum Vertrauensausschuss. Im Prinzip wollen wir den beiden Anträgen der SPD zustimmen. Aber ich finde, dass dieser Punkt hinsichtlich des Vertrauensausschusses ein bisschen schwierig ist, weil das zwei parallele Gremien sind. Ich bin der Meinung, dass es auf Dauer schwierig sein wird, wenn sich dann wirklich Personalräte installiert haben. Aber das ist ein Spezialteil.
Ich will jetzt noch einmal ganz grundsätzlich sagen, dass es heute in meinem Beitrag nicht um das "ob", sondern nur um das "wie" geht. Das ist auch letztendlich von der SPD schon betont worden. Wir haben alle über die letzten Jahre daran gearbeitet, dass die Autonomie der Schule – die demokratische Schule, wie wir sie nennen, – entwickelt wird. Ich möchte auch Professor Schley aus der Schulausschussanhörung gern erwähnen. Er hat den schönen Satz gesagt, ich zitiere:
Diese einfache Aussage für die Entwicklung einer selbstverwalteten oder wie wir sagen autonomen Schule gibt
eigentlich schon das Thema vor, nämlich die Art und Weise, wie leider die Schulsenatorin ihre Politik gestaltet hat, überrumpelnd und bevormundend.
In dem politischen Ziel sind wir uns doch einig, nämlich, dass wir eigentlich davon überzeugt sind, dass wir die Entwicklung wollen, aber sie mit diesem Stil nicht zu erreichen ist.
Wenn Sie zurückblicken – Herr Buss hat das schon angesprochen –, ist die Schulreform schon lange von Rotgrün begonnen worden. Sie haben den Faden aufgenommen, dass man die Reform doch gemeinsam mit den Schulen weiter entwickeln müsste. Das haben Sie aber nicht gemacht. Sie nicht speziell, Herr Heinemann, aber die Schulsenatorin hat doch erst einmal ordentlich überrumpelt und bevormundet. Das ist immer schade, weil dann das Gelingen einer guten Idee gefährdet ist. Besser wäre es, hinzuhören und hinzuschauen. Die vielen Stellungnahmen der Elternkammer, der Lehrer, der Schulleiter und der Experten in der Schulausschussanhörung haben alle deutlich gemacht, an welchen Stellen die Schulreform hakt.
Es geht um Demokratie, um Ressourcen und um Zeit. Das sind eigentlich die drei Punkte, bei denen es hakt. Wenn eines der Punkte nicht im Lot ist, dann ist auch das Boot nicht im Lot und steuert in Untiefen.
Was die Demokratie betrifft: Wenn Sie die Schülerinnen und Lehrerinnen sowie die Eltern nicht mit im Boot haben, dann nützt die ganze Selbständigkeit nichts. Fehlt es an Ressourcen, dann kommt der Prozess an den entscheidenden Stellen zum Erliegen. Und wenn die Zeit für die Umsetzung zu kurz bemessen ist, wie bei vielen Projekten, die auf dem Weg sind – ich denke nur an die Umsetzung Abitur nach zwölf Jahren, was auch ein stümperhaftes Einführen war –, dann wird der ganze Prozess stressig und die Ablehnung bei den Akteuren in der Schule ist vorgegeben.
Schauen wir uns doch einmal genau an, wie es mit der Demokratie aussieht. Die Schulsenatorin hat wochenlang keinen Hehl daraus gemacht, dass sie bei den entscheidenden Fragen nicht auf demokratische Prozesse in der Schule setzt. Die Schulkonferenz, die ihr anscheinend fremd ist, sollte nach ihrem Willen bei zentralen Entscheidungen keine Rolle spielen. Wochenlang wurden diese Vorschläge der Eltern und Lehrer nicht gehört.
Erst Kollege Heinemann, der mit der Entwicklung der Vorschläge in der Schulbehörde reichlich wenig zu tun hat, durfte dann der Senatorin wieder medienwirksam in den Arm fallen. Hinsichtlich der Elternkammer hat er erklärt, dass es jetzt eine leichte Veränderung gibt. Das reicht aber natürlich noch nicht.
Wie sieht es mit den Ressourcen aus? Eine ganze Reihe von Aufgaben und Verantwortung gehen von der Schulbehörde in die Schulen. Die Schulen haben jetzt Verwaltungsaufgaben hinsichtlich Budget, Einstellungen von Lehrern, und so weiter zu lösen. Aber was passiert mit den Ressourcen? Die Schulbehörde behält weit über 400 Stellen. Das kann es doch nicht sein und siehe da, Herr Heinemann, der Robin Hood der Schulen, kommt auf den Plan und erklärt: "Liebe Schulbehörde, prüfe doch bitte, ob du irgendwann ein bisschen von deinen Ressourcen abgeben kannst".
Hier rufe ich Ihnen wieder mit der Elternkammer zu: Wenn Sie den Schulen jetzt schon mehr Aufgaben ge
ben, warum überlassen Sie ihnen dann nicht auch die Ressourcen? Warum machen Sie das nicht in der richtigen Reihenfolge?
Der letzte Punkt ist die Frage der Zeit. Hier kann man Ihnen nur entgegnen, dass Sie den Schulen schlichtweg keine Zeit lassen. Wenn man die Pressemeldung der CDU in der Schulbehörde liest, dann erhält man den Eindruck, als hätten die Schulen sich schon jahrelang mit der Selbstverwalteten Schule beschäftigt. Das ist aber nicht der Fall und nur in den Schulleitungen bedingt richtig. Hier schreiben Sie sich die Realität ein bisschen schön. Ich glaube, dass Sie zu wenig in den Schulen sind.
Die Bürgerschaft hat sich auch – und das war keine Großzügigkeit, Herr Heinemann, – von Anhörung zu Anhörung dort durchgehetzt und ich frage mich, wie nützlich und sinnvoll das für die Umsetzung der Reform ist. Wenn sich weit über 100 Schulleiter darüber beschweren, dann können das nicht alles GEW-gesteuerte Spinner sein. Das sollten Sie etwas ernster nehmen, Herr Heinemann.
Zu den Beruflichen Schulen sage ich nichts mehr. Hierüber ist genug ausgeführt worden. Hier können wir sowieso nicht zustimmen.