Wie sieht denn dieses Märchen Klimaschutz aus? Wissen Sie, wie viele Atomkraftwerke Sie bauen müssten, wenn Sie in Europa 10 Prozent des Ölbedarfs durch Kernenergie ersetzen wollten? 2000 Stück und das bei einer völlig ungeklärten Entsorgung von radioaktiven Materialien, die für die nächsten 50, 100, 1 Million Jahre strahlen werden und weggesteckt werden müssen. Das nennen Sie einen
Wie billig ist denn Atomstrom? Versuchen Sie einmal, in Deutschland eine Pommesbude aufzumachen. Da brauchen Sie für alle Schäden, die Ihnen und Ihren Kunden entstehen könnten, eine Haftpflichtversicherung. Wie ist das denn bei Atomkraftbetreibern? Die müssen für denkbare Schäden in voller Höhe keine Versicherung abschließen. Jetzt gucken Sie sich einmal an, was in Tschernobyl passiert ist. Da ist in einem Radius von 30 Kilometern alles evakuiert worden, dort wird für die nächsten Jahrzehnte nichts mehr stattfinden können.
Gucken Sie sich Biblis A und B im Rhein-Main-Gebiet an. Evakuieren Sie einmal 30 Kilometer um Biblis A und B alles, dann können Sie Frankfurt räumen, Mainz räumen, Wiesbaden räumen. Sie müssen Millionen von Menschen evakuieren, das Bankenzentrum in Deutschland, das Börsenviertel und was sonst noch räumen und dann entschädigen Sie das einmal. Das muss die Atomenergie nicht durch Versicherungen wie alle anderen machen. Das wird der Staat tun müssen und das wird zur automatischen Zahlungsunfähigkeit dieses Landes führen, falls dieser Fall eintreten wird. Und dann kommen Sie mir und sagen, Atomstrom sei billig.
Der Weg ist ganz klar: Wir brauchen drei Säulen. Wir brauchen erneuerbare Energien, wir brauchen Energieeinsparung und wir brauchen energieeffiziente Geräte. Und eines ist klar: In dem Moment, wo die Atomkraft weiter läuft, wird Energieeffizienz und Einsparung von Energie nicht möglich sein,
denn Atomkraftwerke können Sie nicht von heute auf morgen an- und abknipsen. Die produzieren eine riesige Menge und dann müssen Sie zusehen, wie Sie diesen Strom loswerden. Unsere Nachbarn in Belgien haben da eine ganz gute Lösung gefunden. Sie beleuchten nachts ihre Autobahnen, denn irgendwo muss das Zeug ja hin. In Deutschland hatten wir auch einmal eine tolle Lösung. Da haben wir Nachtspeicheröfen betrieben, die absolut unwirtschaftlichste Möglichkeit, eine Wohnung oder ein Haus zu heizen. Gucken Sie sich Frankreich an mit dem großen Atomstromanteil. Da werden die Häuser nicht gedämmt, da wird eine Klimaanlage und eine ordentliche Heizung eingebaut und mal wieder ordentlich Strom verbraucht.
Eines ist klar: Wir brauchen in 50 Jahren eine andere Energieversorgung. Sie ist technisch und wirtschaftlich möglich, aber in dem Moment, wo die Atomkraft länger läuft, werden wir diesen Weg nicht erreichen und deshalb führt am Atomausstieg auch aus wirtschaftlichen Gründen kein Weg vorbei. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schon wiederholt gesagt worden: Vor genau 20 Jahren hat sich der bisher größte nukleare Unfall ereignet. Die Ereignisse sind unvergessen, sonst
würden wir hier und heute nicht darüber reden. Die gesundheitlichen, gesellschaftlichen und auch psychosozialen Folgen sind bis heute immens und den Opfern – auch das ist schon geäußert worden – gebührt unser Respekt.
Damals wurde am 1. Mai in Hamburg vom damaligen Umweltsenator Curilla ein Krisenstab einberufen. Wie gebannt haben wir auf die Zahlen und Ergebnisse aus unserer Umgebung gewartet, nachdem uns unerwartet hohe Werte aus Bayern gemeldet worden waren. In der Folge setzte eine in der deutschen Öffentlichkeit durch Fakten und radiologische Kenntnisse nicht gerechtfertigte Verunsicherung und Verängstigung ein. Selbst einige Ärzte rieten damals Schwangeren zum Schwangerschaftsabbruch, eine aus der Rückschau durch nichts zu rechtfertigende Fehleinschätzung. Nicht den seriösen Fachleuten wurde geglaubt, sondern selbsternannten Pseudoexperten und Panikmachern.
Ich habe damals an Gutachten, unter anderem auch für die Gesundheitsbehörde in Hamburg, mitgearbeitet und potenzielle Strahlenexpositionen mit konservativen Modellen abgeschätzt.
Ein Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde hat mit diesen Werten dann Tote durch Tschernobyl für Hamburg ausgerechnet. Auf meine Vorhaltung, dass man so etwas doch nicht machen könne, sagte er mir: Da halten Sie sich mal raus, davon verstehen Sie nichts, das ist Politik,
(Antje Möller GAL: So eine peinliche Rede, un- glaublich! – Jens Kerstan GAL: Das ist wirklich peinlich!)
Mir hat die Gesundheitssenatorin Maring Leid getan. Mit so einer Zuarbeit ist es fast unmöglich, noch seriöse Entscheidungen zu treffen.
Wir haben nach wie vor ein Problem damit, über Risiken vernünftig miteinander zu reden und zu diskutieren. Jeder Raucher wird mittlerweile wissen, dass er ein erhöhtes Risiko eingeht,
Lungenkrebs zu bekommen, aber das heißt nicht, dass er ihn tatsächlich bekommen wird. Dieses ist immanent bei dem Begriff Risiko immer ein Problem.
Wir haben bei der Strahlenwirkung immer zwei Aspekte zu sehen; Herr Petersen wird das wissen: den deterministischen, den sicheren, und den stochastischen, den unsicheren Wert, der mit Wahrscheinlichkeiten verknüpft ist. Für diese Ermittlung werden Qualitätsansprüche gestellt, Kontrollgruppen gefordert. Wenn ich eine Gruppe untersuche und eine erhöhte Lungenkrebsrate finde, wird erwartet, dass ich auch weiß, wie viele Raucher mit welchen Gewohnheiten in dieser Gruppe sind, bevor ich dieses seriös anderen vermitteln kann. Über so etwas gibt es Diskussionen und manchmal auch Streit. Mit diesen so ermittelten Risikozahlen anschließend Hochrechnungen vorzunehmen, ist unseriös und strittig.
nur die richtigen Lehren ziehen, wenn wir redlich daran gehen. Es darf nicht verniedlicht werden, es darf aber auch nicht dramatisiert werden. Nur dann kommen wir zu vernünftigen Entscheidungen und vernünftige Entscheidungen sind in unserem gemeinsamen Interesse.
Wenn Sie, Herr Maaß, in Ihrem Antrag auch über technische Risiken sprechen, dann ist das Potenzial zwar unbestritten, wir haben aber die Sicherheitstechnik. Technische Risiken lassen sich durch technische Sicherheitseinrichtungen auch reduzieren und am Ende müssen wir Risikovergleiche anstellen …
… und unter dem Strich abwägen und nur dann kommen wir zu vernünftigen Entscheidungen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Rede habe ich – ich möchte freundlich sein, Herr Stehr – einfach nicht verstanden.
Ich weiß nicht, was das sollte, ich weiß nicht, was Sie aussagen wollten, ich weiß nicht, wie Sie in diesem Zusammenhang ein statistisches Experiment durchführen wollten; es war alles völlig daneben.
Erstens: Wo wären wir denn bei der Entwicklung erneuerbarer Energien, wo wären wir denn bei der Entwicklung von Einsparpotenzialen, wenn nur ein Teil dessen, was in die Sackgasse Kernenergie gesteckt worden ist – ich erinnere an den Schnellen Brüter, an die Brütertechnologie insgesamt – in diese andere Energiegewinnung gesteckt worden wäre? Wo stünden wir heute? Die Wirtschaft, insbesondere in Hamburg, stünde bei weitem besser da.
Zweitens ein Punkt, über den noch überhaupt nicht gesprochen worden ist: Energiegewinnung hat auch etwas zu tun – es sei denn, wir sprechen über erneuerbare Energien – mit Verknappung von Ressourcen. Welche Ressource steckt man denn in Kernspaltungsreaktoren? Und Uran ist weltweit fast noch knapper als Öl.
Das ist kein Unsinn. – Uran, das zu vernünftigen Preisen abbaubar ist und zu vernünftigen Preisen eingesetzt werden kann, wird schneller knapp und wenn wir weiter in diese Technologie einsteigen, geht es eher zu Ende und
wird entsprechend teurer als Öl. Das heißt, wir würden uns auch an dieser Stelle, wirtschaftlich gesehen, wieder in die Abhängigkeit von anderen begeben, in der wir im Moment schon in Bezug auf die erschöpfbaren Energieressourcen sind. Auch hier wäre es ein weiterer Irrweg, dort weiter zu investieren.
Drittens: Wenn ich höre, dass die Laufzeit der jetzigen Kernkraftwerke verlängert werden soll, dann läutet bei mir im Hinterkopf: "und neue sollen gebaut werden". Wenn ich dann den Wirtschaftssenator höre, dass in die Erforschung weiterer Sicherheitstechnologien investiert werden soll, dann kann das nur denselben Zweck haben. Man muss aber auch berücksichtigen, wie die Entsorgung der ganzen Geschichte aussieht, was die in Wirklichkeit kostet und wer diese Kosten übernimmt. Dieser Punkt müsste näher betrachtet werden.