Protocol of the Session on April 12, 2006

Hören Sie einmal lieber zu.

Die Langzeitarbeitslosigkeit wird im nächsten Monat um mehrere 1000 Menschen steigen und damit in Hamburg den höchsten Stand seit Anfang der Neunzigerjahre erreicht haben. Das geht auf Ihr Konto. Sie kürzen die Mittel und dann sagen Sie, das langweilt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Die vielen Betroffenen langweilt das gar nicht, die sind schwer betroffen. Es interessiert Sie vielleicht nicht, aber Sie spalten die Stadt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir müssen uns jetzt noch einmal mit der ernst zu nehmenden Sorge von Herrn Heinemann beschäftigen, dass möglicherweise alternative qualifizierende Ausbildungsgänge das duale System schwächen könnten.

Eine solche Schwarz-Weiß-Sicht hilft nicht weiter. Auf der einen Seite ist natürlich alles zu tun, um die duale Ausbildung hochzuhalten. Die Situation in Frankreich zeigt im Übrigen, wie erfolgreich dieses System weiterhin ist. Aber wir können nicht verleugnen, dass es während der letzten

Jahre strukturell zu erheblichen Defiziten gekommen ist. Ich will Sie einmal ein bisschen über den Personenkreis aufklären, über den wir hier sprechen. Es gibt eine große Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die wir nicht mehr mit dem dualen System erreichen. Wir haben in dieser Stadt rund 10 000 arbeitslose junge Menschen unter 25 Jahren. 6142 haben keine Berufsausbildung und 2000 haben keinen Schulabschluss. Diesen Menschen müssen wir eine Perspektive geben.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Diese Perspektive nehmen Sie ihnen. Deswegen ist es zynisch, den Zugang zur Qualifikation zu erschweren. Schauen wir uns an, wie viele der 10 000 arbeitslosen jungen Menschen, die eine qualifizierende Schulbildung hatten, arbeitslos geworden sind; das sind 3107. Schauen wir uns an, wie viele mit einer Berufsfachschulausbildung oder nach dem Besuch einer teilqualifizierenden Berufsfachschule arbeitslos sind; das sind nur 197. Das heißt, diese Zahlen sind nicht unmittelbar übertragbar auf die genaue Arbeitslosenquote. Man müsste die genauen Zahlen derjenigen wissen, die eine Berufsfachschule besuchen. Die Zahlen stehen uns so nicht zur Verfügung. Aber das Indiz, dass nur 197 junge Menschen unter 25 Jahren mit einer teilqualifizierenden Berufsfachschulausbildung, einem wichtigen Zugang in das Arbeitsleben, arbeitslos ist, ist doch schlagend.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Diesen wichtigen Zugang zu erschweren, müssen Sie besser und anders begründen, als Sie es hier getan haben, sonst ist es zynisch.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Herr Buss hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, ich fühle mich gezwungen, einiges anzusprechen, weil der Kollege Dees noch einmal auf die fachliche Problematik eingegangen ist.

Ich möchte genau das zurückgeben, Frau Senatorin, was Sie gerade im Plenum gesagt haben. Vor dem Hintergrund, den meine Kolleginnen Frau Ernst und Frau Goetsch von der GAL hier angeführt haben, war das, was Sie zu diesem Thema gesagt haben, eine unterirdische Sonntagsrede. Frau Senatorin, was Sie eben zu einem so wichtigen und problematischen Feld, das in dieser Stadt sehr viele Menschen angeht, vorgetragen haben, waren nur Worthülsen. Das ist unglaublich.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir haben in Deutschland seit zehn Tagen die Diskussion zum Thema Integration. Wir hören populistische Themen,

(Karen Koop CDU: Thesen!)

zum Glück aus anderen Bundesländern. Aber Sie sagen, bei einem Fall wie der Rütli-Schule sind wir außen vor, wir kümmern uns früher darum. Frau Senatorin, gerade Sie müssten viel mehr wissen. Sie haben eben gezeigt, dass Sie nicht wissen, wie es um die jungen Menschen steht, die keine Anschlussperspektive haben und denen Sie über die duale Ausbildung keine Perspektiven bieten. Dazu sind Sie wieder einmal völlig sprachlos geblieben. Das ist ein erneutes Armutszeugnis dafür, dass Sie dieses Thema überhaupt nicht durchdringen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst stelle ich fest, dass die Große Anfrage, Drucksache 18/3606, besprochen worden ist.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 18/3606 und 18/4047 an den Schulausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte den GAL-Antrag aus der Drucksache 18/4047 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit so abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 34. Drucksache 18/3987, Antrag der CDU-Fraktion: Denkmale an Orten Hamburger Fußballgeschichte errichten.

[Antrag der Fraktion der CDU: Denkmale an Orten Hamburger Fußballgeschichte errichten – Drucksache 18/3987 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/4067 ein Antrag der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der GAL: Sporthistorischen Stadtrundgang für Hamburg entwickeln – Drucksache 18/4067 –]

Diesen möchte die GAL-Fraktion an den Sportausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Wankum.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist nicht nur Tor zur Welt, wachsende Stadt, Medienstadt und nicht zuletzt – dank der Elbphilharmonie – demnächst hoffentlich auch Musik- und Kulturstadt, sondern auch Sportstadt und das deutlich seit über 100 Jahren.

Für diesen Titel unserer Metropole stehen die großen Sportveranstaltungen von internationalem und nationalem Rang: das Tennisturnier am Rothenbaum als einziges deutsches Turnier der Master-Serie, das in diesem Jahr bereits zum hundertsten Male ausgetragen wird, das Deutsche Derby, die Cyclassics, das heute zu den zehn wichtigsten Radrennen der Welt zählt, der TriathlonWeltcup Holsten City Man, der in knapp zwei Wochen zum 21. Mal stattfindende Hamburger Marathon und das Final-Four-Handball-Turnier um den deutschen Handballpokal, dessen Vertrag dieser Tage bis 2012 verlängert wurde. Das nicht nur, weil der HSV-Handball zum ersten Mal seit langem wieder den deutschen Pokal nach Hamburg geholt hat, wozu wir ihm von dieser Stelle herzlich gratulieren,

(Beifall bei der CDU)

sondern natürlich auch noch zahlreiche andere Wettbewerbe auf dem Wasser und auf dem Lande.

Hamburg verdient den Titel "Sportstadt" aber auch des Breitensports wegen.

(Beifall bei der CDU)

Mit knapp einer halben Million Mitgliedern in fast 800 Sportvereinen ist der Hamburger Sportbund die größte Personenvereinigung dieser Stadt. Über 28 Prozent der

Hamburger Bevölkerung gehören einem der im Hamburger Sportbund organisierten Vereine an. Damit ist Hamburg unter den Stadtstaaten die unbestrittene Nummer eins.

Unsere Pläne für die Zukunft unserer Sportstadt gehen aber weit darüber hinaus. Nachdem Hamburg bei der Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012 in der nationalen Vorauswahl zugunsten Leipzigs hat zurückstehen müssen, wollen wir weiterhin mit aller Kraft darauf hinarbeiten, Hamburg zum Austragungsort olympischer Sommerspiele zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind davon überzeugt, dass unser Konzept letztlich die Welt überzeugen wird. In diesem Jahr aber regiert zunächst einmal König Fußball auch in unserer Stadt.

Als Austragungsort von vier Vorrundenspielen und einem Viertelfinalspiel der Fußballweltmeisterschaft wird die Welt auf Hamburg, ja, wird die Welt auf Hamburg-Altona gucken. Darüber hinaus werden zahlreiche Fußballfans aus aller Welt in diese Stadt kommen und die Wirtschaft der Stadt stärken. Die Mannschaft der USA wird in unserer Stadt sogar ihr Hauptquartier aufschlagen.

All das unterstützt unser erfolgreiches Stadtmarketingkonzept international. Dieses gibt uns Anlass, daran zu erinnern, dass Hamburg einschließlich des bis 1938 damals noch preußischen Altona als Sportstadt eine mehr als hundertjährige Tradition hat.

So war der Hamburger Fußball Club von 1888 einer der ersten reinen Fußballclubs auf dem europäischen Festland. Im Jahre 1919 schlossen sich drei Vereine – der SC Germania, der FC Falke und der Hamburger Fußball Club von 1888 – zum Hamburger Sport-Verein e. V. zusammen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Gründung des Berliner SC Germania 1888, der sich als ältester Fußballclub Deutschlands schmückt, in dasselbe Jahr fällt wie die Gründung des Hambur- ger FC.

Als im Jahre 1900 der Deutsche Fußballbund gegründet wurde, saßen bereits acht Vereine aus Hamburg und Altona mit am Tisch. Das Endspiel der ersten im Jahre 1903 vom DFB ausgerichteten Deutschen Meisterschaft zwischen dem FC Leipzig und dem deutschen FC Germania Prag fand am 31. Mai vor ungefähr 2000 Fußballfans auf dem Kleinen Exerzierplatz in Altona statt. Damals schrieb Altona Fußballgeschichte, das erste Kapitel in einer Geschichte, die sich bis heute zu einer Massenbewegung auswuchs.

Als einziger Verein spielt der HSV seit Gründung der Bundesliga als Dino in derselben. Seit es eine Deutsche Fußballmeisterschaft gibt, hat der HSV bereits sechs und – seit dem Wochenende kann man wieder davon träumen – vielleicht bald sieben gewonnen. Auf jeden Fall wird der HSV – so Gott will – im nächsten Jahr in der Champignons League wieder nach dem greifen, was er 1983 in Athen zuletzt errungen hat.

(Beifall bei der CDU)

Dort, wo ab 1910 zunächst der Hamburger Fußball Club und dann der HSV gespielt haben, und dort, wo die erste deutsche Fußballmeisterschaft ausgetragen wurde, erinnert heute nichts mehr an diese Stätten. Das Stadion am Rothenbaum, in dem ich als Kind den Großen habe zusehen können, ist vor sieben Jahren endgültig Wohn- und

Geschäftshäusern gewichen. Auf dem Gelände des ehemaligen Exerzierplatzes stehen seit langem Gewerbegebäude.