Protocol of the Session on April 12, 2006

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Dann überweisen Sie mal!)

Ich werde Ihnen genau erklären, warum wir das nicht überweisen werden. Wir sind uns trotz allem, glaube ich, alle einig, dass wir künftig von einbürgerungswilligen Menschen mehr erwarten müssen als bisher. Aber viele Menschen in Deutschland haben diese Erwartungen auch schon erfüllt. Auch das möchte ich hier sagen. Aber viele auch nicht. Man kann erwarten, dass Neubürger Kenntnisse über Kultur, Rechtsordnung und Wertekanon, der auch Gleichberechtigung, Toleranz und Religionsfreiheit beinhaltet, erwerben und nachweisen können. Nicht nur die deutsche Sprache, sondern insbesondere auch das Verständnis – und meine Betonung liegt auf Verständnis – für unsere freiheitlich, demokratische Grundordnung ist wichtig, damit auch die innere Hinwendung zu unserem Staat und auch zu Europa besser vorankommt. Sprache ist ein Schlüssel, aber nicht der alleinige.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Nicht jedes Beispiel ist ein gutes Beispiel. Sonst gilt es, Versammlungen gelegentlich auf der Seite aufzulösen. Das gilt natürlich für diese Seite auch. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie es denn auch täten. Fahren Sie bitte fort, Frau Machaczek.

Nichtsdestotrotz freut es mich, dass Herr Schäuble wohl ein Einsehen zeigt und die Sprachkurse nicht kürzen will. Er wollte sie kürzen, weil die Kurse nicht angenommen wurden und genau da müssen wir natürlich einhaken und dafür sorgen, dass künftig alle, die Einbürgerung wollen und es Not tut – nicht bei allen tut es Not –, dass sie diese Kurse auch besuchen, damit sie später auch einbürgerungsfähig werden

(Beifall bei Wolfhard Ploog CDU)

und Bürger Deutschlands werden können. Der Tenor Ihres Antrags ist völlig in Ordnung. Wir gehen da auch in die gleiche Richtung.

(Gerhard Lein SPD: Was?)

Aber was Sie in den ersten beiden Punkten Ihres Antrages vom Senat fordern, ist aus unserer Sicht erledigt oder Arbeit, die auf anderen Ebenen gemacht werden muss. Die Behörde für Soziales hat in einer Informationskampagne im September 2005 auf Teilnahmemöglichkeiten an den Integrationskursen nach dem Zuwanderungsgesetz hingewiesen und die Integrationszentren und auch andere Multiplikatoren dieser Stadt wurden gebeten, Zuwanderer entsprechend zu beraten und zu integrieren. Sie wissen, dass die Verantwortung für die länger in Deutschland lebenden Ausländer beim Bund liegt. Aber wir setzen alles daran, dass jeder, der es möchte, einen Integrationskurs belegen kann und es gibt in Hamburg keine Wartezeiten.

(Doris Mandel SPD: Das stimmt doch nicht!)

Zu Ihrem zweiten Punkt ist zu sagen, dass wir ein bundesweit einheitliches System wollen. Gemäß Paragraph 43 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz werden im Orientierungskurs Kenntnisse der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte Deutschlands vermittelt. Ob dieses Grundangebot ausreicht, wird zurzeit vom Bundesamt für Migration geklärt.

(Glocke)

Frau Abgeordnete Koop, Sie waren möglicherweise außerhalb des Saales, als ich vorhin auf das Einstellen von Unterhaltungen hinwies. Fahren Sie bitte fort, Frau Machaczek.

Das Bundesamt für Migration ermittelt das und auch dort wird zurzeit geprüft, wie ein einheitliches Verfahren durchgeführt werden kann. Dahin geht unser Antrag heute, denn der Bund ist unser Adressat und nicht primär der Senat. Auf der letzten Sitzung – das hat Frau Özoguz gerade gesagt – wurde moniert, dass es keine Zielvorgaben gibt. Ich finde, als Parlament können wir heute unserem Innensenator diese Zielvorgaben mitgeben, wobei ich weiß, dass er das inhaltlich nicht nötig hat, aber wir als Parlament sollten dieses als ein Zeichen setzen und dann werden wir sehen, was mitgebracht wird und dann können wir von mir aus auch gerne im Innenausschuss darüber diskutieren.

(Beifall bei der CDU – Olaf Ohlsen CDU: Wunder- bar!)

Ich fasse zusammen. Für die CDU gilt Folgendes: Wir wollen grundsätzlich Kurse für Einbürgerungswillige, die Sprache, Kultur und Staatsbürgerkunde vermitteln. Wir wollen, dass die Kenntnisse in geeigneter Form geprüft werden. Sie brauchen uns nicht Böswilligkeit zu unterstellen. Ich muss sagen, dass manche Dinge auch mehr zur Belustigung als zur Ernsthaftigkeit beigetragen haben, wenn der eine oder andere Test vielleicht übertrieben war. Aber, ich denke, dort wird die Innenministerkonferenz sicherlich eine einheitliche Lösung finden.

Wichtig ist auch, dass wir die Unterschiedlichkeit der Menschen anerkennen und deswegen in solch einem Test unterschiedliche Bildungsniveaus berücksichtigt werden sollen. Das haben wir beschlossen und erwarten vom Senat, dass er uns einen Vorschlag auf den Antrag bringt, wie wir würdige Einbürgerungsakte in Hamburg machen können. Wir möchten gerne, wenn die Bürger ihr Zertifikat bekommen, dass wir sie auch wirklich willkommen heißen und die Zugehörigkeit zu unserem Staat dann auch von uns aus dokumentiert wird.

Wir wollen ein einheitliches Verfahren für ganz Deutschland. Es gibt keine Einzelfalllösungen nach Gusto eines Bundeslandes. Es gibt keine Bürgerschaft hamburgischer, berlinerischer oder bayerischer Herkunft. Es gibt die deutsche Staatsbürgerschaft, die gleichsam sogar die Staatsbürgerschaft für 25 europäische Staaten macht. Insofern bitten wir Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich gebe das Wort der Abgeordneten Güçlü.

(Olaf Ohlsen CDU: Der Innensenator muss wohl nicht noch in die Bütt, oder?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, möchte ich doch etwas korrigieren. Frau Machaczek, ich glaube, Sie haben hier Dinge zusammengeworfen, die eigentlich ganz fein säuberlich getrennt voneinander gehören. Das heißt, wenn wir uns über Sprachkursangebote unterhalten, wenn Sie die meinen, dann sind die Angebote, die hier von der Sozialbehörde finanziert und

angeboten werden, natürlich nicht zu mischen mit den Integrationskursen, die das Bundesamt anbietet. Hier muss ganz deutlich gesagt werden, dass es dabei um zwei ganz unterschiedliche Zielgruppen geht, meine Damen und Herren. Bei den Integrationskursen des Bundes geht es hauptsächlich um Neuzuwanderer, die per Gesetz einen Rechtsanspruch auf die Teilnahme in den Kursen haben. Wir wissen, dass es eine große Gruppe von Menschen gibt, die so genannten länger hier Lebenden, die gerade nicht an diesen Kursen teilnehmen können beziehungsweise immer nur im Rahmen verfügbarer Plätze. Aber wir unterhalten uns heute über Einbürgerungen und, ich glaube, das ist die erste Debatte, die wir darüber gemeinsam führen. Ich muss ehrlich sagen, dass es mich doch ein wenig verwundert. Wir haben momentan im Land eine sehr hitzige Debatte: Gesinnungstests in Baden-Württemberg, Wissenstests in anderen Bundesländern und tagtäglich überschlagen sich immer neue Vorschläge, immer neue Ideen.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Meine Damen und Herren! Kommunikation ist etwas Wunderbares, aber in diesem Saal bitte ohne Geräusch. Frau Güçlü, fahren Sie bitte fort.

– Danke. Man bekommt den Eindruck, dass doch etwas passiert sein muss, denn warum haben wir auf einmal solch einen Handlungsbedarf, bestehende Regelungen, die sich bisher durchaus bewährt haben, ändern zu wollen beziehungsweise Vorschläge zu machen. Ich habe in all meinen Recherchen nichts finden können, was einen Handlungsansatz in irgendeiner Form rechtfertigt. Ich glaube, wenn wir uns wirklich einmal angucken, wie die Lebenssituation von eingewanderten Menschen aussieht, dann gibt es durchaus andere Bereiche, die mehr Aufmerksamkeit verdienen, als im Moment weitere Hürden bei der Einbürgerung zu schaffen.

(Beifall bei der GAL)

Ich erinnere nur an unsere Debatte heute in der Aktuellen Stunde und auch zu der Situation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund im Ausbildungs- und Berufssystem. Ich glaube, das sind die Themen, die den Menschen auf der Seele brennen, das sind die Themen, die unsere Gesellschaft spalten. In Bezug auf die Einbürgerung haben wir eine sehr gute Regelung und es gibt eigentlich keinen Anlass, hier etwas zu verändern.

(Beifall bei der GAL)

Was wir allerdings durchaus auch befürworten – und das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen –, ist, dass hier endlich eine bundeseinheitliche Regelung gefunden wird. Deswegen möchte ich das unterstützen, was Frau Özoguz auch gesagt hat, wenn unser Innensenator im Mai bei der Innenministerkonferenz Hamburg in dieser Hinsicht vertritt, wird es darum gehen, auch deutlich zu machen, was Hamburg in dieser Frage möchte.

Ich glaube, deswegen wäre es ganz wichtig – und da richte ich mich ganz besonders an die CDU-Fraktion –, dass Sie die Anträge überweisen und dass wir gemeinsam im Innenausschuss und auch mitberatend im Sozialausschuss darüber diskutieren können und sich wirklich einmal angucken, was sind die bisherigen Regelungen,

welche haben sich bewährt, welche nicht und gibt es hier tatsächlich Handlungsbedarf.

Ich möchte Ihnen kurz aufzählen, was unsere bisherigen Regelungen sind, denn ich habe den Eindruck, dass jede und jeder ganz unterschiedliche Vorstellungen im Kopf hat.

Wir haben in Hamburg einen ganz klar formulierten Anforderungskatalog, den alle Einbürgerungswilligen erfüllen müssen. Da ist zuerst zu nennen, dass alle ihren rechtmäßigen Aufenthalt acht Jahre hier haben müssen, wobei es eine kleine Ausnahme für Menschen gibt, die an den Integrationskursen teilgenommen und diese erfolgreich abgeschlossen haben. Bei diesen Menschen ist diese Frist auf sieben Jahre reduziert. Sie müssen alle ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten können, das heißt, sowohl den eigenen als auch den der ganzen Familie ohne Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld II oder anderen sozialen Leistungen. Sie müssen ausreichende Deutschkenntnisse nachweisen, sie müssen ihre alte Staatsangehörigkeit aufgeben, sie dürfen sich keiner Straftat schuldig gemacht haben, sie müssen hier gut integriert sein, sie müssen ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung abgeben

(Olaf Ohlsen CDU: Das ist auch in Ordnung!)

und – wie Frau Özoguz es schon sagte – nach Paragraph 10 des Staatsangehörigkeitsgesetzes müssen sie eine Loyalitätserklärung abgeben, die ihre innere Hinwendung zur Bundesrepublik prüft. Es wird eine regelhafte Anfrage beim Verfassungsschutz gemacht, um zu prüfen, ob es Gründe gibt, die gegen eine Einbürgerung sprechen. Sie müssen 255 Euro bezahlen und glauben Sie mir, bei einer Familie mit mehreren Köpfen summiert sich das ganz schön. Zusätzlich bietet das Zuwanderungsgesetz im Rahmen seiner Sicherheitsmaßnahmen Möglichkeiten, in Einzelfällen die Einbürgerung natürlich zu verweigern, wenn Sicherheitsgründe dagegen sprechen.

All diese Kriterien sind das bisher bestehende Instrumentarium. Diese Kriterien haben sich bisher bewährt. Meine Fraktion sieht hier keinen Anlass für weitere Verschärfung und weitere Hürden.

(Beifall bei der GAL)

Zum Punkt Sicherheit möchte ich eins noch erwähnen: Ich bin der Überzeugung, egal welches …

(Glocke)

Frau Abgeordnete, einen Moment. Ich muss um etwas Ruhe und ein wenig Konzentration bei den Abgeordneten bitten. Die Kommunikation, insbesondere um den Abgeordneten Ernst herum, nimmt Formen an, die nicht tolerabel sind. Fahren Sie bitte fort, Frau Güçlü.

– Danke. In Bezug auf den Sicherheitsaspekt möchte ich noch einmal sagen, dass es hier um Einbürgerung geht. Das heißt, selbst wenn aus Sicherheitsgründen einer Person die Einbürgerung versagt wird, heißt das nicht, dass diese Person nicht mehr im Lande wäre. Es geht nur um die Einbürgerung. Das heißt, das Argument, radikale Gesinnung damit zu bekämpfen, ist doch ziemlich lächerlich.

(Beifall bei der GAL)

Ich bin auch überzeugt, wer plietsch genug ist, weiß sich durch Tests, seien es Einbürgerungstests oder auch Kurse, durchzumogeln. Mit solch einem Instrument da zu filtern, halte ich für alles andere als tatsächlich möglich.

Was wir allerdings richtig finden – auch das hat Frau Özoguz schon angesprochen –, ist, zu prüfen, inwieweit im Rahmen der bestehenden Instrumente – hier habe ich ganz besonders die Orientierungskurse im Blick, die im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes möglich sind – Spielräume bestehen, um dieses Angebot auszuweiten. Ich glaube, es macht mehr Sinn, bestehende Instrumente zu prüfen und zu öffnen, auch für andere Zielgruppen, als immer wieder zusätzlich das zwölfte, dreizehnte Instrument zu schaffen, also mit doppeltem, dreifachem und vierfachem Boden. Hier bin ich tatsächlich der Überzeugung, dass es durchaus möglich ist, auch was die inhaltliche Gestaltung der Orientierungskurse anbelangt. Bisher haben wir die Möglichkeit, dass jeder Träger, der diese Kurse anbietet, selbst entscheidet, welches der verschiedenen Module, die beim Bundesamt zugelassen sind, angewandt wird. Es macht durchaus Sinn, Inhalte zu Fragen der Toleranz und der Gleichberechtigung von Mann und Frau verbindlich festzuschreiben. Wir sind aber dagegen, dass die Einbürgerung von der Teilnahme an einem Kurs abhängig gemacht wird. Wir sind der Überzeugung, dass das freiwillig sein muss. Wir sind der Überzeugung, dass die Kriterien, die wir bisher haben, dahingehend ausreichen.

Ein anderer Aspekt ist in diesem Zusammenhang auch nicht ganz unwichtig: Wir haben vorhin von Frau Özoguz gehört, dass die Einbürgerungsanträge sowohl bundesweit, aber auch hier in Hamburg, seit 2000 und 2001 dramatisch zurückgehen. Der Bundestrend ist in Hamburg …

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Es hilft gar nichts, wenn auf der rechten Seite jetzt Ruhe herrscht und auf der linken Seite das Ganze fortgesetzt wird. Bei der Unruhe ist die Abgeordnete sonst nur schlecht zu verstehen. Ich glaube, es liegt im Interesse aller, insbesondere der Sportfans unter uns, dass wir hier zügig fortfahren. Bitte, Frau Abgeordnete.

Vielen Dank, ich werde auch versuchen, mich kurz zu fassen, wenn Sie mir die Möglichkeit dazu geben, aber wenn Sie ständig laut sind, wird das nicht funktionieren.