Protocol of the Session on February 23, 2006

Wir haben in Hamburg bisher 427 Vögel eingesammelt, davon 159 untersucht. Alle waren negativ.

Zur Frage der Medikamentenaufstockung ist zunächst einmal zu sagen, dass wir bei der Bevorratung der Medikamente keinen Zusammenhang zur jetzigen Vogelgrippe, zur Tierseuche haben. Es ist auch nicht richtig, dass der Nationale Influenzapandemieplan oder der WHO Pandemieplan einen Versorgungsgrad von 20 Prozent mit diesen so genannten antiviralen Medikamenten empfohlen hat. Tatsächlich empfiehlt der Nationale Pandemieplan ein Erkrankungsszenario, nach dem 15 bis 30 Prozent der Bevölkerung in einer solchen Pandemie erkranken würden.

Alle 16 Länder haben sich im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz im Juni letzten Jahres einstimmig darauf geeinigt, von einer Erkrankungsrate von 15 Prozent auszugehen und ein besonderes Risiko von wiederum 30 Prozent dieser 15 Prozent aufgrund von schweren Begleiterkrankungen zugrunde zu legen und deshalb zahlenmäßig für 4,5 Prozent der Bevölkerung Medikamente einzulagern.

Um einem Missverständnis vorzubeugen: Das heißt nicht, dass wir für eine bestimmte festgelegte Zahl von Personen, zum Beispiel für die oberen Zehntausend, Medikamente haben und für die anderen nicht, sondern wir haben ein Erkrankungsszenario zugrunde gelegt, nach dem 4,5 Prozent der Bevölkerung aufgrund von Begleiterkrankungen mit einem schweren Krankheitsverlauf zu rechnen hätte. Für alle diese Menschen, die mit einem schweren Krankheitsverlauf rechnen müssen, haben wir Medikamente eingelagert. Dies ist bisher der Konsens aller Bundesländer gewesen, der allerdings in den letzten Tagen durch verschiedene Äußerungen unterschiedlichster Herkunft infrage gestellt worden ist. Deshalb trifft sich heute unter anderem die Gesundheitsministerkonferenz. Hamburg hält diese Bevorratung weiterhin für sachlich und medizinisch richtig. Aber es ist auch klar, dass wir keine Insellösung wollen, das heißt, wenn man sich heute im Rahmen der Länder auf andere Bevorratungsstrategien einigt, bin ich sicher, dass auch Hamburg diesen Konsens mitmachen wird.

Zur zweiten Frage, der Frage nach der Information der Bevölkerung. Mein Eindruck ist, dass wir bundesweit im Moment eher ein Informationsgewitter haben, das auf den Bürger einprasselt. Wir haben jede Menge TelefonHotlines, wir haben Internet-Angebote und täglich Presse- und Fernsehberichte. Auch wir in Hamburg haben eine Info-Hotline für Fragen rund um die Vogelgrippe unter 428 37 24 24 eingerichtet.

(Thomas Böwer SPD und Klaus-Peter Hesse CDU: Würden Sie das noch einmal wiederholen?)

428 37 24 24. Wir haben außerdem die Tote-VogelHotline unter 428 37 29 02 eingerichtet.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ich stelle mit einer gewissen Befriedigung fest, dass auch hier die Panik noch nicht um sich gegriffen hat. Ich danke dem hohen Haus für diese Besonnenheit.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Daneben haben auch wir ständig die Öffentlichkeit über Internet und Presseerklärungen informiert. Um Informationen an den Mann zu bringen, gehört aber auch immer eine Aufnahmebereitschaft desjenigen dazu, der Informationen bekommt. Genau hier sehe ich ein Risiko durch das derzeitige Informationsgewitter, dass nämlich die Leute sagen, Augen und Ohren zu. Dann ist das Ergebnis, dass trotz Informationsflut wichtige Botschaften nicht mehr ankommen.

Eingedenk all dieses haben wir sowohl mit der BBS als auch mit der BSF im Hinblick auf die Betreuungseinrichtungen gesprochen. Wir wollen allerdings den morgigen Tag mit der Krisenstabssitzung abwarten, weil wir morgen im Krisenstab noch einmal über eine Veränderung der Empfehlung zum Umgang mit toten Vögeln beraten werden und insofern möglicherweise morgen eine gegenüber dem heutigen Stand veränderte Situation mit veränderten Empfehlungen eintritt. Auch hieran sieht man, dass sich in diesem Feld, dem Thema Vogelgrippe, im Grunde genommen täglich neue Sachstände ergeben und ergeben können, die dann auch nicht mit einer einmaligen Information zu erledigen sind.

Eine Nachfrage der Abgeordneten Husen.

Danke, Herr Präsident. Welche Maßnahmen werden getroffen, wenn in Hamburg infizierte Wildvögel gefunden werden? Vor allem würde mich interessieren – da die Debatte in Mecklenburg-Vorpommern um die Keulung von Nutztierbeständen geht –, wer in Hamburg konkret für die Keulung der Nutztierbestände zuständig ist.

Herr Staatsrat.

Wenn in Hamburg tote Wildvögel mit Vogelgrippe gefunden werden, womit wir im Prinzip rechnen, weil wir mit unseren Maßnahmen nur eine Entwicklung in der Natur verfolgen, die wir zwar versuchen aufzuhalten und zu begrenzen, aber wir haben sie nicht voll in der Hand, dann würden diese Vögel – wie im Übrigen jetzt auch – eingesammelt, entsprechend mit Schutzanzügen, natürlich untersucht und dann einer Vernichtung, sprich Verbrennung zugeführt werden. Auch darüber wird aber ständig weiter beraten, wie man damit umgeht. Es geht dabei weniger darum, dass herumliegende tote Vögel eine Gefahr für die Menschen darstellen, sondern man will damit Infektionsherde für weitere Vögel reduzieren.

Zu der zweiten Frage, was die Tötung angeht, sind für die Durchführung die Geflügelhalter selber im Zusammenwirken mit den örtlichen Veterinären zuständig. Das sind in Hamburg die Bezirksämter. Wir haben für die Möglichkeiten, Geflügel zu töten, zentral Vorsorge getroffen. An der Stelle will ich nur sagen, dass wir in Hamburg neun kommerzielle Geflügelhalterbetriebe und 277 Hobbygeflügelhaltung mit 4000 Tieren haben. Allein im Bereich der Insel Rügen handelt es sich, glaube ich, um vier Millionen Tiere, das heißt, Sie können sehen, dass die Frage Nutzgeflügel und Nutzgeflügeltötung, Keulung für Hamburg sicherlich überhaupt nicht vergleichbar ist mit der Situation in den Agrarflächenländern.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Warnholz.

Herr Staatsrat! Welche Personen und Institutionen gehören dem Krisenstab an und welche Verbindungen hat Hamburg nach Berlin?

(Dr. Willfried Maier GAL: ICE, 90 Minuten!)

Herr Staatsrat.

Ich hätte jetzt fast gesagt, traditionell gute Verbindungen, zumindest zum Teil oder seit den Wahlen verbesserte Verbindungen. Wir haben vorhin eine Telefonkonferenz des nationalen Krisenstabes gemacht, an der ich teilgenommen habe, das heißt es findet ein ständiger Austausch mit dem Bundesministerien, aber auch mit den anderen Länderministerien statt.

Dann zu der Frage, wer im Krisenstab ist. Im Krisenstab ist federführend die Gesundheitsbehörde als zuständige Behörde und dazu für die Durchführung die Bezirksämter. Dann die Feuerwehr, die Polizei, die Wasserschutzpolizei sowie die Katastrophenabteilung der Behörde für Inneres. Darüber hinaus kann dieser Personenkreis anlassbezogen erweitert werden. Es sind auch unsere Fachkräfte des Instituts für Hygiene und Umwelt, die zur Gesund

heitsbehörde dazugehören, die die Untersuchungen machen mit in diesem Krisenstab vertreten.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Maaß.

Herr Staatsrat, unter welchen Voraussetzungen werden Keulungen angeordnet werden und in welchem Umkreis von Fundorten infizierter Tiere?

Herr Staatsrat.

Der Fund eines infizierten Wildvogels erfordert keine Keulung von Nutzgeflügelbeständen. Die Regelung des im Übrigen auf EU-Ebene vorgegebenen Plans, der dann in Deutschland mit entsprechenden Folgen umgesetzt wird, sieht die Keulung für den Fall vor, dass ein Nutzflügelbestand betroffen wird. Wir haben ja auch die Situation, dass wir in Südostasien Länder haben, in denen die Wildvögel infiziert sind. Auch das führt nicht dazu, dass dort saubere, seuchenfreie Nutzgeflügelbestände gekeult werden. Es könnte zu der Situation kommen, wenn ein Wildvogel gefunden wird und eine Sperrzone um den Fundort errichtet wird – eine Sperrzone für Nutzgeflügeltransporte, nicht für Menschen und auch nicht für Wirtschaftsverkehr, sondern für Geflügelhalter, Geflügeltransporte –, dass dann Geflügelbetriebe innerhalb dieser Sperrzone sagen: Da ich mit den Tieren nichts mehr machen kann, da ich sie nicht bewegen darf, kann eine Situation entstehen, die zusammen mit der Haltung im Stall dazu führt, dass man dann auch diese Nutztierbestände tötet. Aber aus seuchenhygienischer Sicht gibt es die Erforderlichkeit nur beim Ausbruch innerhalb eines Nutzflügelbestandes.

Eine zweite Nachfrage des Abgeordneten Maaß.

Gelten die Alsterschwäne auch als Nutzgeflügel in dem geschilderten Sinne und wie wird im Sommer mit den Alsterschwänen verfahren?

Die Alsterschwäne stellen in der Tat ein tragisches Risiko dar.

(Thomas Böwer SPD: Nein!)

Die Alsterschwäne sind Wildgeflügel, das wir aber im Moment quasi in dem Zelt wie ein Nutzgeflügel halten, um es zu schützen. Deshalb gelten für die Alsterschwäne trotzdem nicht die Regeln für Nutzgeflügel. Würde es zu einer Infektion im Bestand der Alsterschwäne dort im Zelt kommen, müsste gleichwohl der gesamte Bestand gekeult werden, zumal man dazu sagen muss, dass natürlich dadurch, dass die Schwäne ohnehin sehr empfindlich sind, und wenn die auf engem Raum in dem Zelt zusammen sind und dort Infektionen auftreten würden, der Bestand insgesamt ohnehin sehr schnell durch die Seuche betroffen wäre.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Beuß.

Herr Staatsrat, halten Sie – ähnlich wie Frau Höhn das angedeutet hat – möglicherweise die Austragung der Fußballweltmeisterschaft durch das

Ausbrechen der Vogelgrippe in Deutschland für gefährdet?

(Dr. Willfried Maier GAL: Wenn die Bälle infiziert sind!)

Herr Staatsrat.

Nein. Der Ausbruch der Geflügelpest hat keinen Einfluss auf die Durchführung der Weltmeisterschaft.

(Dr. Willfried Maier GAL: Wenn der erste Fußball infiziert ist!)

Es führt auch nicht dazu, dass die Teams aus Südostasien nicht einreisen dürften, obwohl es dort in den Ländern zum Teil Geflügelpest gibt.

Eine Nachfrage der Abgeordneten Mandel.

Herr Staatsrat, könnte man in einem Ausnahmefall wie bei den Alsterschwänen nicht auch die Tiere und die Allgemeinheit dadurch schützen, dass man die Alsterschwäne vorsorglich impft?

Herr Staatsrat.

Wir sind in dieser Frage in der Prüfung. Das Problem der Impfung ist, dass es möglicherweise die Alsterschwäne schützen würde, allerdings nicht vor einer Infektion, sondern vor dem Ausbruch der Erkrankung. Das Ergebnis ist, dass dieser Keim dann in den Tieren leben und von den Tieren ausgeschieden werden könnte und man insofern sogar einen verdeckten Infektionsherd hätte, den man nicht mehr feststellen kann, weil man in den Blutuntersuchungen der Schwäne nicht unterscheiden könnte, ob es eine tatsächliche Viruserkrankung oder die Impfung ist. Das heißt, das Thema Impfung ist sehr heikel. Wir haben heute Mittag sehr ausführlich darüber gesprochen. Für Zootiere kommt es in Betracht. Nach der derzeitigen Lage käme es für die Alsterschwäne nicht in Betracht, aber ich kann Ihnen nicht versprechen, dass diese Einschätzung tatsächlich auf Dauer so bleibt. Es wäre auch eine andere Situation vorstellbar, aber es ist eben kein echter Schutz und vor allem ist es kein Schutz vor einer Weiterverbreitung der Keime.

Eine Nachfrage der Abgeordneten Möller.

Ich möchte noch einmal auf das Mediengewitter zurückkommen, das Sie vorhin angesprochen haben. Ist denn der Senat dabei, eine Information – ähnlich wie wir sie jetzt hier bekommen – sachlicher Art und dem aktuellen Sachstand jeweils entsprechend für die Stadt vorzubereiten, das heißt auch für die Schulen, Kindergärten, andere Einrichtungen, für die es wichtig ist oder bleiben Sie bei den Hotlines?

Herr Staatsrat.

Frau Möller, Ihr Ziel ist absolut richtig, Ihre Wahrnehmung ist nicht ganz richtig, weil wir tatsächlich ein Teil dieses Informationsgewitters sind,